3R146/24y – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht durch den Senatspräsidenten Mag. Iby als Vorsitzenden sowie die Richterin Mag. a Müller und den Kommerzialrat Langenbach, MBA, in der Rechtssache der klagenden Partei A* , geb. **, Selbständiger, **, vertreten durch Dr. Klaus Maleschitz, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Dr. B*, Rechtsanwalt, **, als zu C* des Landesgerichtes Wiener Neustadt bestellter Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der D* GmbH , FN **, vertreten durch Dr. Thomas Wanek und Dr Helmut Hoberger, Rechtsanwälte in Perchtoldsdorf, wegen Feststellung einer Forderung (Streitwert EUR 135.000), über die Berufung der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Wiener Neustadt vom 12.6.2024, **-75 (Berufungsinteresse: EUR 103.000), in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:
Spruch
I. Der Eventualantrag der beklagten Partei auf Anberaumung einer mündlichen Berufungsverhandlung wird zurückgewiesen.
II. Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 3.912,42 (darin enthalten EUR 652,07 USt) bestimmten Kosten der Berufungsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
Das Erstgericht ging von folgendem Sachverhalt aus (die bekämpften Feststellungen sind durch Hervorhebung gekennzeichnet):
Der Beklagte wurde am 16.9.2021 zu C* des Landesgerichtes Wiener Neustadt zum Masseverwalter in der Insolvenz der D* GmbH (Schuldnerin) bestellt.
Der Kläger hatte die Schuldnerin 2020 mit diversen Umbau- und Sanierungsarbeiten beauftragt.
Nachdem es zuerst zu Gesprächen zwischen dem Kläger und dem Geschäftsführer der Schuldnerin gekommen war, wurde der Inhalt dieser Gespräche vom Geschäftsführer der Schuldnerin in ein schriftliches Anbot (Nr. 010120 vom 15.1.2020) aufgenommen. Dieses Anbot wurde durch das Anbot 010220 ersetzt, das der Kläger handschriftlich überarbeitete und so an die Schuldnerin übermittelte. Da jedoch diese Änderungen nicht eingearbeitet wurden, hat er dies schließlich selbst übernommen. Das Ergebnis war der überarbeitete Anbotsentwurf 050320 vom 26.3.2020, den der Kläger mit E-Mail vom 19.5.2020 gemeinsam mit dem Anbotstext 010220 an die Schuldnerin übermittelte. [Bekämpfte Feststellung 1 ]
Der Geschäftsführer der Schuldnerin paraphierte und unterfertigte das Angebot ./C, das den ausdrücklichen Hinweis enthält, dass es (mit Ausnahme der Positionsbezeichnungen) das Angebot 010220 ersetzt und fünfzehn näher beschriebene Leistungspositionen mit teilweise ausgewiesenen Einheitspreisen beinhaltet: 1. neue Kalt- und Warmwasserleitung in Küche, WC und Bad mit Ablauf in den Keller – EUR 8.750; 2. neue E-Installationen mit Dimmfunktion-Schaltern – EUR 12.000; 3. Verspachteln und Ausmalen der gesamten Wohnung – EUR 19.350; 4. Deckenabhängen – EUR 7.850, 5. Infrarotheizung – EUR 6.500 abzüglich eines pauschalen Nachlasses von EUR 3.000; 6. Schönbrunner Tafel – EUR 4.717, 7. Standardparkett neu verlegen – EUR 3.280; 8. Türen und Fenster sanieren und streichen – EUR 5.200; 9. Montage der beigestellten Sanitärgegenstände - ohne Einheitspreis; 10. Boden-Wand Fliesen in Bad und WC – EUR 12.284; 11. Kachelofen reinigen und versetzen - ohne Einheitspreis; 12. Anschlüsse für Klima samt Kondensatleitungen - ohne Einheitspreis; 13. vorhandene Tür als Sicherheitstür aufarbeiten - ohne Einheitspreis; 14. Alarmanlage – EUR 600; 15. Sanierung Keller - ohne Einheitspreis). In der Leistungsbeschreibung heisst es (auszugsweise): „ […] Die Abrechnung erfolgt positionsweise als Pauschalfixpreis.“
Nach den Positionen ist ein Angebotspauschalpreis von EUR 75.600 abzüglich eines Sondernachlasses von EUR 10.600 (= EUR 65.000) ausgewiesen.
Dieser Preistabelle folgt eine dreiseitige Aufstellung mit einer detaillierteren Darstellung der zu erbringenden Arbeiten, jedoch ohne dazu ausgewiesene Preise.
Diese Aufstellung wird gefolgt von einer Regiepreisliste, ausdrücklich bezeichnet als »NICHT INKL.«, und letztlich einem »Pauschalpreis pro m²« von EUR 585 für 189 m², abzüglich eines Sondernachlasses von EUR 34.965, sodass ein »ANBOTSPAUSCHALPREIS« von EUR 75.600 ausgewiesen wird, mit dem Hinweis »Preise verstehen sich in Euro (OHNE Umsatzsteuer)«.
Zahlungskonditionen oder Ziele sind darin nicht enthalten.
./2 ist ein vom Geschäftsführer der Schuldnerin nachträglich überarbeitetes und paraphiertes Angebot, in dem als Präambel Klarstellungen enthalten sind, die sich auf nicht davon umfasste Leistungen beziehen. Dieses Änderungsangebot wurde vom Kläger nicht angenommen. [Bekämpfte Feststellung 2 ]
Während der Ausführung der Arbeiten kam es zu Änderungen durch den Kläger bezüglich der Raumaufteilung zwischen Schlaf- und Badezimmer, wobei über die damit verbundenen Kosten nicht gesprochen wurde.
Die Schuldnerin legte insgesamt 5 Teilrechnungen. Der Kläger hat auf diese Teilrechnungen Zahlungen von brutto EUR 26.000 an die Schuldnerin geleistet. Weitere EUR 15.000 zahlte er einer Subunternehmerin der Schuldnerin, damit diese nicht die Arbeit einstellt.
Von diesem Auftrag erklärte der Beklagte mit Schreiben vom 25.11.2021 den Rücktritt. Das Unternehmen der Schuldnerin wurde am 16.9.2022 wegen Masseinsuffizienz geschlossen.
Die Schuldnerin hat folgende, mit den in [./C] angebotenen Positionen korrespondierende Leistungen nicht oder nicht vollständig erbracht [es folgt eine tabellarische Aufzählung der Positionen 1 bis 15 mit verbaler Beschreibung der fehlenden/mangelhaften Arbeiten, Einheitspreis laut ./C, Fertigstellungsgrad und Werklohn entsprechend dem Fertigstellungsgrad von insgesamt EUR 12.204,63. [Bekämpfte Feststellung 3 ].
Der Kläger hat, um die Leistungen nach [./C] fertigstellen zu lassen, Aufwendungen von jedenfalls EUR 233.760 brutto zu tragen.
Der Klägerbegehrt die Feststellung, dass ihm im Insolvenzverfahren der Schuldnerin eine Forderung von EUR 135.000 zustehe. Diese setze sich aus einer Überzahlung von zumindest EUR 17.000 und einem Schaden iHv EUR 118.000 zusammen, der durch den Rücktritt des Beklagten entstanden sei und ihm nach § 21 Abs 2 IO zustehe. Der Kläger habe die Schuldnerin mit der Generalsanierung seiner Wohnung beauftragt. Als Werklohn seien pauschal EUR 65.000 netto/EUR 78.000 brutto vereinbart worden. Er habe lediglich zwei Mauerdurchbrüche zusätzlich in Auftrag gegeben, die keinen besonderen Aufwand dargestellt haben und mit EUR 1.800 brutto zu entlohnen gewesen seien. Die Schuldnerin habe ihm keine Preiserhöhungen angezeigt und keine Kostenwarnung abgegeben. Die Bauarbeiten seien ohne Verschulden des Klägers ins Stocken geraten. Die geschuldeten Leistungen seien schlecht oder gar nicht ausgeführt worden. Die Schuldnerin habe Zwischenabrechnungen gelegt, für die der Kläger EUR 56.000 an die Schuldnerin geleistet habe. Infolge der unvollständigen Leistungserbringung liege eine Überzahlung von zumindest EUR 17.000 vor. Die Fertigstellung der von der Schuldnerin geschuldeten Leistungen koste mindestens EUR 140.000 (zuletzt ON 49 S. 3: EUR 295.950). Davon seien EUR 22.000 abzuziehen, die unter Berücksichtigung des vereinbarten Werklohns und der bereits geleisteten Zahlungen auch bei Fertigstellung durch die Schuldnerin fällig geworden wären. Ihm sei daher ein Schaden von EUR 118.000 entstanden.
Der Beklagte bestritt das Klagebegehren und wendete ein, dass der Angebotspauschalpreis EUR 75.600 netto betragen habe. Es sei seitens des Klägers zu Leistungsänderungen gekommen. Auf die Teilrechnungen habe er nur EUR 25.000 bezahlt. Für die von der Schuldnerin mängelfrei erbrachten Leistungen hafte der Schlussrechnungsbetrag von EUR 124.100,02 unberichtigt aus, der compensando eingewendet werde. Die Höhe des Schadens werde bestritten. Positionen, für die der Kläger Deckungsgeschäfte geltend mache, seien vom Auftrag der Schuldnerin nicht umfasst gewesen.
Mit dem angefochtenen Urteil vom 12.6.2024 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses (ON 76) sprach das Erstgericht aus, dass 1. die Forderung des Klägers mit EUR 103.000 zu Recht, 2. die bis zur Höhe des Feststellungsbegehrens eingewandte Kompensandoforderung nicht zu Recht bestehe und verpflichtete die Beklagte zum Kostenersatz und den Kläger zum anteiligen Barauslagenersatz. Es traf dazu neben dem eingangs bereits zusammengefassten Sachverhalt die auf den Urteilsseiten 1 bis 2 und 6 bis 12 wiedergegebenen Feststellungen, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird.
Rechtlich kam es zum Ergebnis, dass sich der von der Schuldnerin geschuldete Leistungsumfang aus ./C ergebe und die Parteien sich auf einen Bruttowerklohn von EUR 78.000 geeinigt haben. Da die Schuldnerin die von ihr geschuldeten Arbeitsleistungen nicht oder nur schlecht erbracht habe entfalle ihr Werklohnanspruch in dem Ausmaß, in dem sie die Leistung angeboten, jedoch nicht erbracht habe. Eine Überzahlung liege nicht vor. Der Kläger müsse, um den geschuldeten Endzustand herzustellen EUR 233.760 aufwenden, von denen er jedoch nur EUR 140.000 geltend mache. Da er noch EUR 37.000 (= vereinbarter Werklohn EUR 78.000 – geleisteter Zahlungen EUR 26.000 + EUR 15.000) an die Schuldnerin für die Herstellung des Endzustands zu zahlen gehabt hätte, sei ihm ein Schaden von EUR 103.000 entstanden.
Dagegen richtet sich die Berufung des Beklagten aus den Berufungsgründen der unrichtigen Tatsachenfeststellung aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung samt sekundärer Feststellungsmängel mit einem auf Klagsabweisung gerichteten Abänderungs-, in eventu Aufhebungsantrag. In eventu wird die Anberaumung einer mündlichen Berufungsverhandlung beantragt.
Der Kläger beantragt, der Berufung keine Folge zu geben.
Der Antrag des Beklagten auf Anberaumung einer mündlichen Berufungsverhandlung war zurückzuweisen: Seit der Aufhebung des § 492 ZPO durch das BudBG 2009 besteht kein Antragsrecht der Parteien mehr. Für die amtswegige Anberaumung einer mündlichen Berufungsverhandlung fehlt es an den Voraussetzungen des § 480 Abs 1 ZPO, sodass der Berufungssenat in nichtöffentlicher Sitzung entscheidet.
Rechtliche Beurteilung
Die Berufung ist nicht berechtigt.
1.1 In seiner Beweisrüge begehrt der Berufungswerber anstelle der hervorgehobenen Feststellungen [ F1 ] bis [ F3 ] folgende Ersatzfeststellungen:
„Nachdem es zuerst zu Gesprächen zwischen dem Kläger und dem Geschäftsführer der Schuldnerin gekommen war, wurde der Inhalt dieser Gespräche vom Geschäftsführer der Schuldnerin in ein schriftliches Anbot (Nr. 010120 vom 15.1.2020) aufgenommen. Dieses Anbot wurde durch Anbot 010220 ersetzt, das der Kläger handschriftlich überarbeitete und so an die Schuldnerin übermittelte. Die angebotenen Leistungen wurden dann über Wunsch des Klägers ergänzt und erweitert. Das Ergebnis war das schriftliche Angebot vom 01.05.2020 mit der Nummer 060420, welches der Geschäftsführer der Schuldnerin paraphierte und unterfertigte (Beilage ./2). Dieses Angebot wurde vom Kläger konkludent angenommen.“ [anstelle von F1 ]
„Beilage ./2 ist ein vom Geschäftsführer der Schuldnerin überarbeitetes und paraphiertes Angebot, in dem als Präambel Klarstellungen enthalten sind. Dieses Änderungsangebot wurde vom Kläger konkludent angenommen.“ [anstelle von F2 ]
„Die Arbeiten wurden zur Gänze laut dem Angebot vom 01.05.2020 (Beilage ./2) von der Schuldnerin ordnungsgemäß erbracht. Die Arbeiten in den Positionen 02.03, 03.04, 03.13, 03.2203.27, 03.30, 03.35, 03.38, 03.42, 03.48, 03.52, 03.53, 03.57 bis 03.60, 03.63, 03.69 und 03.77 waren zwar vom Auftrag an die Schuldnerin umfasst gewesen und nicht ausgeführt worden, allerdings entweder erst nach gerechtfertigter Arbeitseinstellung durch die Schuldnerin zu erbringen gewesen oder wegen fehlender Vorleistungen oder Materialbeistellung durch den Kläger nicht erbracht worden. Die übrigen Sonderwünsche des Klägers waren nicht vertragsgegenständlich.“ [anstelle von F3 ]
1.2Eine ordnungsgemäße Beweisrüge liegt nur dann vor, wenn klar ersichtlich ist, durch welche Tatsachen sich der Berufungswerber für beschwert erachtet, infolge welcher unrichtigen Beweiswürdigung sie getroffen wurden, welche Feststellungen stattdessen begehrt werden und auf Grund welcher Beweismittel die begehrten Feststellungen getroffen werden könnten (RS0041835 [T4]). Diesen Anforderungen wird die Berufung nur teilweise gerecht, weil der Berufungswerber Ersatzfeststellungen begehrt, die von den bekämpften Teilen nicht umfasst sind, über diese hinausgehen oder mit diesen nicht in Widerspruch stehen.
1.3.1 Die bekämpfte F1 betrifft die Genese der Vereinbarung. Die ersten beiden Sätze der bekämpften F1 sind mit den ersten beiden Sätzen der begehrten Ersatzfeststellung ident. Bereits aus diesen Sätzen ergibt sich, dass das von der Schuldnerin gelegten Angebot vom Kläger überarbeitet wurde. Der dritte Satz der bekämpften F1 ( „Da jedoch diese Änderungen nicht eingearbeitet wurden, hat er dies schließlich selbst übernommen“ ) präzisiert die ersten beiden Sätze. Ob es sich dabei um eine Ergänzung oder eine Erweiterung – wie als dritter Satz der Ersatzfeststellung begehrt („ Die angebotenen Leistungen wurden dann über Wunsch des Klägers ergänzt und erweitert.“) – handelt, ist einerseits rechtlich irrelevant, weil es darum geht, ob diese Überarbeitung des Entwurfs durch den Kläger von der Schuldnerin angenommen wurde. Andererseits besteht auch hier kein inhaltlicher Widerspruch zum bekämpften dritten Satz der F1.
1.3.2 Das Erstgericht gelangte im vierten Satz der bekämpften F1 zur Überzeugung, dass das Verhandlungsergebnis der Angebotsentwurf 050320 vom 26.3.2020 war und nicht – wie im ersten Satz der bekämpften F2 zum Ausdruck gebracht – das Angebot ./2, das vom Kläger nicht angenommen wurde.
Der Berufungswerber verweist zur Begründung der begehrten Ersatzfeststellung, dass das Verhandlungsergebnis das schriftliche Angebot vom 01.05.2020 mit der Nummer 060420 gewesen sei, auf die Aussagen des Geschäftsführers der Schuldnerin und des Zeugen E*.
Das als Tatsacheninstanz fungierende Gericht hat nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung nach seiner persönlichen Überzeugung zu beurteilen, ob ein Beweis gelungen ist oder nicht. Die Überzeugungsbildung bei der richterlichen Beweiswürdigung hat die Ergebnisse der gesamten Verhandlung miteinzubeziehen ( Rechberger/Klicka in Rechberger/Klicka 5§ 272 ZPO Rz 1). Das Regelbeweismaß der ZPO ist dabei die hohe Wahrscheinlichkeit, wobei es letztlich auf die subjektiven Komponenten der richterlichen Überzeugung ankommt. Dem anlässlich der Verhandlung gewonnenen persönlichen Eindruck des Erstrichters von der Glaubwürdigkeit der vernommenen Personen kommt maßgebliche Bedeutung zu. Der bloße Umstand, dass ein anderer Geschehensablauf möglich ist oder war, ist für sich nicht geeignet, Bedenken gegen die erstgerichtliche Beweiswürdigung zu erwecken. Für eine wirksame Bekämpfung der Beweiswürdigung des Erstgerichts und der von ihm getroffenen Tatsachenfeststellungen genügt es auch nicht, bloß auf einzelne für den Prozessstandpunkt des Berufungswerbers günstige Beweismittel zu verweisen und darzulegen, dass auf Basis der vorliegenden Beweisergebnisse auch andere Rückschlüsse als jene, die das Erstgericht gezogen hat, möglich gewesen wären. Vielmehr muss aufgezeigt werden, dass zwingende oder wenigstens bedeutend überzeugendere Beweisergebnisse für andere Feststellungen vorliegen und das Erstgericht diesen und nicht anderen Beweismitteln Glauben hätte schenken müssen (vgl Pimmer in Fasching/Konecny 3§ 467 ZPO Rz 40/2 mwN; RS0043175; vgl RI0100099).
Das Erstgericht hat (auch) diesen Satz der bekämpften Feststellung in seiner Beweiswürdigung (Rz 49 - 54) ausführlich und überzeugend begründet. Es hat dabei den mit ./Q vorgelegten Mailverkehr im Zusammenhang mit der Auftragserteilung - ergänzt durch Aussagen des Klägers und des ehemaligen Geschäftsführers der Schuldnerin - gewürdigt und auch seinen persönlichen Eindruck einfließen lassen. Ist es nun auf Basis der Beweisführung zum Ergebnis gekommen, dass den Ausführungen des Klägers zu folgen ist, dann bestehen gegen diese, vom Erstgericht auch überzeugend begründete Beweiswürdigung keine Bedenken, zumal sich weder aus dem Mailverkehr ./Q noch aus einer anderen Urkunde die Übermittlung der ./2 an den Kläger als vom Beklagten behauptetes Verhandlungsergebnis ergibt, was in Hinblick auf die ansonsten umfangreiche Dokumentation der Verhandlungen auffällig ist.
Die Frage, ob eine Partei nach § 377 ZPO unter Eid zu vernehmen ist, ist eine in das Gebiet der Beweiswürdigung fallende Frage des Ermessens des Gerichtes, die unter Beachtung aller maßgebenden Umstände pflichtgemäß zu beurteilen ist. Hier hat – jeweils über Antrag der Parteienvertreter - eine nachträgliche Beeidigung des Klägers und des Geschäftsführers der Schuldnerin stattgefunden, der das Erstgericht in seiner Beweiswürdigung jeweils keine wesentliche Bedeutung eingeräumt hat. Dass der Geschäftsführer der Schuldnerin aussagte, dieses überarbeitete Angebot dem Kläger persönlich übergeben zu haben, überzeugt nicht in Hinblick auf den umfangreichen Mailverkehr, der die Vertragsverhandlung dokumentiert, und steht im Widerspruch zur Aussage des Klägers, dieses Angebot erst im Verfahren erhalten zu haben (vgl ON 29.2 S. 12). Im Übrigen hat der Berufungswerber die Feststellung nicht bekämpft, dass der Geschäftsführer das Angebot ./C paraphierte und unterfertigte, das den Hinweis enthält, das Angebot 010220 mit Ausnahme der Positionsbezeichnungen zu ersetzen. Die Schuldnerin hat in der Teilrechnung vom 16.02.2021 (./N, S.3) links unter der Anschrift unter dem Begriff „Teilrechnung" auf die Beilage ./C mit dem Hinweis „Angebot Nr.: 050320 vom 26.03.2020" verwiesen und die vom ehemaligen Geschäftsführer der Schuldnerin paraphierte und unterfertigte Beilage ./C angeschlossen, woraus nur der Schluss gezogen werden kann, dass sogar die Schuldnerin noch am 16.02.2021 davon ausging, dass sich die vertragliche Verpflichtung aus ./C und nicht ./2 ergibt.
Auch aus der Aussage des Zeugen E* (ON 47.2 S. 3) kann die gewünschte Feststellung nicht abgeleitet werden, gab er doch einerseits an, vom Angebot in ./2 nichts zu wissen und dass man ihm erzählt habe , dass noch „einiges dazugekommen“ sei. Da es sich somit um keine unmittelbare Wahrnehmung des Zeugen handelt und überdies offenbleibt, was genau als zusätzliche Leistung hinzugekommen sein soll, ist die Aussage nicht geeignet, die gewünschte Ersatzfeststellung zu tragen.
Auch der Zeuge F*, ein für bautechnische Angelegenheiten zuständiger ehemaliger Angestellter der Schuldnerin, gab an, ./C verfasst zu haben, aber den ersten Teil des Anbots ./2 [wo auf das letzte Angebot vom 050420 und die Übermittlung einer „Letztfassung“ Bezug genommen wird] nicht einordnen zu können, da die dort verwendeten Formulierungen nicht von ihm stammen (ON 43.2, S.6).
1.3.3 Mit dem fünften Satz der Ersatzfeststellung zu F1 („ Dieses Angebot wurde vom Kläger konkludent angenommen.“) und dem zweiten Satz in der Ersatzfeststellung zu F2 (Dieses Änderungsangebot wurde vom Kläger konkludent angenommen.“) begehrt der Berufungswerber in Wahrheit eine rechtliche Beurteilung, da auch die Auslegung als konkludente Willenserklärung eine Rechtsfrage darstellt. Der Berufungswerber lässt aber offen, auf Basis welcher Tatsachen auf eine solche konkludente Angebotsannahme zu schließen ist. Sekundäre Feststellungsmängel werden in diesen Zusammenhang nicht geltend gemacht (vgl Berufung S. 15 erster und fünfter Absatz).
1.3.4 Der Beklagte begehrt anstelle von F3 die Ersatzfeststellung, dass die laut ./2 geschuldeten Leistungen ordnungsgemäß erbracht worden und 16 näher bezeichneten Positionen vom Auftrag umfasst gewesen aber nicht ausgeführt worden seien, weil diese erst nach „gerechtfertigter Arbeitseinstellung“ durch die Schuldnerin zu erbringen gewesen wären oder wegen fehlender Vorleistungen oder Materialbeistellung nicht erbracht worden seien. Die „übrigen“ Sonderwünsche seien nicht vertragsgegenständlich.
Der Berufungswerber verweist zur Begründung der begehrten Ersatzfeststellung auf die Aussagen des Geschäftsführers der Schuldnerin und der Zeugen G* (zu Keller und Sanitäreinrichtungen) und F* (zu Fenstern und Türstöcken).
Zunächst ist darauf zu verweisen, dass sich der geschuldete Leistungsumfang aus den in ./C beschriebenen Positionen ergibt (← 1.3.2). Bei den einzelnen Positionen findet sich teilweise der Hinweise, dass sie den Positionen des (ursprünglichen) Angebots 010220 [./ Q.3, S.3] entsprechen (zB Pos 1 in ./ C: „Entspricht den Positionen 2.3, 3.4, 3.5, 3.6“ ).
Dem zweitem und drittem Satz der begehrten Ersatzfeststellung zu 3 stehen keine korrespondierenden Feststellungen des Erstgerichts gegenüber. Fehlende Feststellungen sind aber (nur) als sekundäre Feststellungsmängel und nicht im Rahmen der Tatsachenrüge geltend zu machen.
Inhaltlich ist anzumerken, dass sich weder in ./C noch in ./2 die vom Berufungswerber in der Ersatzfeststellung genannten Positionen mit den Nummern 03.13, 03.22, 03.27, 03.30, 03.35, 03.38, 03.42, 03.48, 03.52, 03.53, 03.57 bis 03.60, 03.63, 03.69 und 03.77 finden, sondern nur die Positionen 2.3 (= laut Anbot 010220: „Herstellen Vorsatzschalen WCs samt Unterbau sowie erf. im Badezimmer samt Nebenarbeiten“ ) und 3.4 (= laut Anbot 010220: „Herstellen Kanalrohrleitungen für 2x WC 1x Dusche, 3x Handwaschbecken, 1x Badewanne, sowie wenn technisch möglich 1x Küche bis WC – Bestand“ ). Eine Zuordnung zu einzelnen geschuldeten Leistungen, die – auch nach dem Vorbringen des Beklagten - geschuldet waren aber tatsächlich unterblieben sind, ist daher nicht möglich.
Offen bleibt auch, welche konkreten Leistungen „Sonderwünsche“ des Klägers gewesen sein sollen.
Der Berufungswerber setzt sich auch nicht damit auseinander, dass die Feststellungen zum jeweiligen Ausführungsgrad auf dem - vom Beklagten inhaltlich nicht bekämpften – Gutachten beruhen und der Auftrag an den Sachverständigen lautete, die tatsächlich erbrachten Leistungen jenen gegenüberzustellen, die im Angebot ./C und im Angebot ./ 2 (!) beschrieben sind, soweit vom Kläger deren Nichtausführung behauptet wurde. Insofern ist auch unter Zugrundelegung der laut ./2 geschuldeten Leistungen von einer unvollständigen Leistungserbringung auszugehen.
1.4Das Berufungsgericht übernimmt daher auch die bekämpften erstgerichtlichen Feststellungen als Ergebnis einer unbedenklichen Beweiswürdigung und legt sie seiner weiteren Beurteilung zugrunde (§ 498 ZPO).
2. Ausgehend vom festgestellten Sachverhalt ist auch die Rechtsrüge des Berufungswerbers nicht berechtigt:
2.1§ 21 Abs 1 IO berechtigt den Insolvenzverwalter, von beidseitig noch nicht vollständig erfüllten Verträgen zurückzutreten. Die Bestimmung ist auch auf Werk- und Werklieferungsverträge anzuwenden ( Widhalm-Budak in Konecny, Kommentar zu den Insolvenzgesetzen, § 21 IO Rz 40).
Ein Vertrag ist iS § 21 Abs 1 IO noch nicht vollständig erfüllt, wenn zwar geleistet wurde, die Leistung jedoch mangelhaft, also mit einem Sach- oder einem Rechtsmangel behaftet war, sodass der Vertragspartner noch Gewährleistungsansprüche hat. Es darf auch das Entgelt noch nicht vollständig bezahlt worden sein. Erfüllungsansprüche in Form der Verbesserung müssen offen sein ( Widhalm-BudakaaO, § 21 IO Rz 172).
Soweit der Berufungswerber noch in der Berufung behauptet, die geschuldete Leistung ordnungsgemäß erbracht zu haben, entfernt er sich vom festgestellten Sachverhalt. Das Beweisverfahren hat ergeben, dass das Angebot ./C angenommen und die darin genannten Leistungen für einen Pauschalfixpreis von EUR 78.000 brutto herzustellen waren. Soweit sich der Beklagte in der Berufung auf einen „widersprüchlichen“ Werkvertrag und „Sowiesokosten“ bezieht, verstößt er gegen das Neuerungsverbot.
Da weiters unstrittig ist, dass der Kläger weder die – vor Rücktritt gelegten - Teilrechnungen noch die - nach Rücktritt gelegte - Schlussrechnung beglichen hat, liegt ein von beiden Seiten noch nicht vollständig erfüllter Werkvertrag vor (vgl Perner in Koller/Lovrek/Spitzer, IO 2 § 21 Rz 14).
2.2 Was die Gründe der unterbliebenen Fertigstellung betrifft, hat das Beweisverfahren nicht ergeben, dass die unvollendet gebliebenen Leistungen auf Zusatzwünschen des Klägers beruhen oder dass es zu Verzögerungen aufgrund von umfangreichen Umplanungen gekommen ist. Vielmehr steht unbekämpft fest, dass es während der Ausführung (nur) zu einer Änderung der Raumaufteilung zwischen Schlaf- und Badezimmer gekommen ist und dass über die damit verbunden Kosten nicht gesprochen wurde (ON 75 Rz 41). Dass die – auch nach dem Vorbringen des Berufungswerbers - geschuldete Montage von bereitgestellten Sanitärgegenständen unterblieben ist, ist eine Konsequenz der von der Schuldnerin geschuldeten aber nicht erfolgten Herstellung der entsprechenden Anschlüsse und Leitungen und der Nicht-Verlegung der Fliesen.
Die Parteien haben zwar eine positionsweise Abrechnung vereinbart, doch ergibt sich aus den Feststellungen, dass in den Teilrechnungen keine Zuordnung zu abgerechneten Positionen erfolgte und nur die Position 5 (= Infrarotheizung laut ./C) zu 100% erfüllt wurde, sodass der Umstand, dass der Kläger nur EUR 26.000 auf die von der Schuldnerin gelegten Teilrechnungen bezahlt hat, nicht zu der vom Beklagten noch in der Berufung behaupteten „gerechtfertigten Arbeitseinstellung“ führen konnte.
Die behaupteten sekundären Feststellungsmängel hinsichtlich der Bereitstellung des (nicht näher bezeichneten oder einzelnen Positionen zugeordneten) Materials und „aus welcher Sphäre die mangelhafte Fertigstellung des Werks verursacht wurde“, bestehen somit nicht.
Da niemand im Verfahren erster Instanz behauptet hat, dass der Schaden des Klägers auf eine Warnpflichtverletzung der Schuldnerin zurückzuführen ist, und auch der Beklagte in seiner Berufung davon ausgeht, dass sich der Anspruch des Klägers aus § 21 Abs 2 IO ableitet, liegt auch diesbezüglich kein sekundärer Feststellungsmangel vor. „Sowiesokosten“ hat der Beklagte im Verfahren erster Instanz nicht behauptet.
2.3Der am 25.11.2021 erfolgte Rücktritt des Insolvenzverwalters vom Vertrag zwischen dem Kläger und der Schuldnerin bewirkt, dass die weitere Erfüllung endgültig unterbleibt und dass der Kläger gemäß § 21 Abs 2 IO den Ersatz des ihm dadurch verursachten Schadens als Insolvenzgläubiger verlangen kann. Es sind jene Nachteile ersatzfähig, die durch den Rücktritt verursacht und vom Schutzbereich des Vertrags erfasst werden. Das Erfüllungsinteresse ergibt sich bei subjektiv-konkreter Berechnung aus der Differenz der im Deckungsgeschäft geschuldeten zu der im aufgelösten Geschäft vereinbarten Gegenleistung und bei objektiv-abstrakter Berechnung aus der Differenz zwischen dem Marktpreis und der vereinbarten Gegenleistung ( PerneraaO, § 21 IO Rz 40, 47 ff). Bei der Berechnung des Schadens ist der Wert des bereits Empfangenen im Sinne der Differenztheorie abzuziehen. Jeder Teil behält die ihm bereits erbrachten Leistungen. Soweit der Vertragspartner unter Bedachtnahme auf die von beiden Seiten bisher erbrachten Leistungen auf Kosten des anderen bereichert wäre, steht dem Anderen noch ein Ausgleichsanspruch zu. Nach herrschender Rechtsprechung sind bei Berechnung dieses „Bereicherungsanspruchs“ die erbrachten Leistungen nach ihrer vertragsgemäßen Vergütung zu bewerten. Bei einem Werkvertrag besteht die Bereicherung damit in der Regel in der Differenz des vertraglich geschuldeten Werklohns abzüglich der Kosten der Ersatzvornahme (und Verspätungsschaden). Der Vertragspartner soll letztlich damit nicht mehr leisten müssen als bei vertragsgemäßer Erfüllung. Er kann daher den für die Ersatzvornahme dem Dritten zu zahlenden Werklohn in Abzug bringen (vgl Widhalm-Budak aaO, Rz 288, 308 und 309).
2.4 Das Beweisverfahren hat ergeben, dass der Kläger EUR 233.760 brutto aufwenden muss, um das von der Schuldnerin geschuldete Werk fertigstellen zu lassen, für welches er der Schuldnerin nur EUR 78.000 brutto hätte zahlen müssen.
Die Differenz zwischen dem (Marktpreis des) Deckungsgeschäfts (= EUR 233.760) und der vereinbarten Gegenleistung (= 78.000) beträgt somit EUR 155.760. Der Kläger behauptet jedoch lediglich einen – in der angemeldeten Forderung enthaltenen – Schaden iHv EUR 118.000. Das Erstgericht hat – auf Basis einer anderen Schadensberechnung einen Schaden iHv EUR 103.000 bejaht und ausgesprochen, dass die Forderung des Klägers mit EUR 103.000 zu Recht bestehe. Das Vorliegen der im Verfahren erster Instanz ebenfalls behaupteten Überzahlung von „zumindest“ EUR 17.000 hat es verneint.
2.5Richtig ist, dass das Erstgericht die bis zur Höhe der Klagsforderung eingewandte Forderung der Schuldnerin aus der offenen Schlussrechnung vom 8.12.2021 als nicht zu Recht bestehend erkannt hat: Wie bereits ausgeführt (← 2.3) bewirkt der Rücktritt nach § 21 Abs 1 IO, dass die weitere Erfüllung endgültig unterbleibt, sodass der Beklagte schon deshalb keinen Anspruch auf den offenen Werklohn hat, der allerdings im Ausmaß der vertraglichen Vereinbarung ohnehin bei der Berechnung des Schadens in Abzug gebracht wurde. Lediglich bei der Berechnung des Schadens des Vertragspartners der Schuldnerin (hier: des Klägers) ist der Wert des bereits Empfangenen im Sinne der Differenztheorie abzuziehen. Jeder Teil behält die ihm bereits erbrachten Leistungen. Hier steht fest, dass der Kläger der Schuldnerin EUR 26.000 gezahlt hat, dafür aber Leistungen erhalten hat, die lediglich EUR 12.204,63 wert sind.
2.6Da der Schaden des Klägers tatsächlich über EUR 103.000 liegt und der Beklagte mangels eines Erfüllungsanspruchs bei einem Rücktritt nach § 21 Abs 1 IO auch keine Gegenforderung in Höhe der Schlussrechnungssumme erheben kann, war der Berufung des Beklagten daher nicht Folge zu geben.
3.Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens gründet auf den §§ 41 und 50 ZPO. Das Berufungsinteresse beträgt jedoch EUR 103.000, woraus sich ein dem Kläger zustehender Kostenersatz von EUR 1.303,10 zzgl dreifachem Einheitssatz von EUR 1.954,65 zzgl ERV Folgeeingabezuschlag iHv EUR 2,60, insgesamt EUR 3.912,42 (darin enthalten EUR 652,07 USt) ergibt.
4.Ein Ausspruch über den Wert des Entscheidungsgegenstandes erübrigt sich (vgl RS0113703), dieser liegt hier über EUR 30.000, .
5.Die ordentliche Revision war nicht zuzulassen, weil keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO vorliegt.