JudikaturOLG Wien

21Bs411/24f – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
20. März 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat durch die Einzelrichterin Mag. Sanda in der Strafsache gegen A*wegen § 27 Abs 1 SMG über dessen Beschwerde gegen den Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 8. Oktober 2024, GZ **-5, nichtöffentlich den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Das gegen A* von der Staatsanwaltschaft Wien zu zu ** geführte Ermittlungsverfahren wegen § 27 Abs 1 StGB wurde nach Einlangen des Abschlussberichts am 25.9.2024 (ON 2.1) und nach am gleichen Tag durchgeführter Verfügung der Neuzuteilung, da es sich beim Beschuldigten um einen jungen Erwachsenen handelt, mit Verfügung vom 30.9.2024 gemäß § 190 Z 2 StPO eingestellt (ON 1.2, ON 3).

Am 3.10.2024 (ON 4.2) beantragte A* die Zuerkennung eines Kostenbeitrags gemäß § 196a Abs 1 StPO unter Anschluss einer Leistungsaufstellung über 2.473,01 Euro (inkl. 20 % USt). Diese Leistungsaufstellung beinhaltet eine Vollmachtsbekanntgabe samt Antrag auf Gewährung von Akteneinsicht - diese war bislang nicht aktenkundig und wurde mit der Beschwerde vorgelegt (ON 6.5) -, eine bei der PI ** am 27.8.2024 durchgeführte Akteneinsicht, ein Einstellungsantrag samt Stellungnahme (ON 2.9), die Begleitung zur polizeilichen Vernehmung (die Anwesenheit bei der Vernehmung des A* wurde durch die Konzipientin bestätigt [ON 6.7], sie wurde bei der Vernehmung jedoch nicht protokolliert [AS 1 in ON 2.5]), einen Erfolgszuschlag und den Antrag gemäß § 196a StPO sowie an Barauslagen ERV-Kosten in Höhe von 2,60 Euro.

Mit dem angefochtenen Beschluss bestimmte die Einzelrichterin den gemäß § 196a Abs 1 StPO vom Bund zu tragenden Beitrag zu den Kosten der Verteidigung im Ermittlungsverfahren mit insgesamt 200 Euro und wies die Buchhaltungsagentur des Bundes an, diesen Beitrag nach Rechtskraft des Beschlusses auf das Konto der Verteidiger Machac Häussler zu überweisen (ON 5).

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen fristgerecht eingebrachte Beschwerde des A*, in der der zugesprochene Betrag als nicht angemessen beurteilt wird und ein angemessener Kostenersatz beantragt wird (ON 6.2), ist nicht berechtigt.

Nach § 196a Abs 1 StPO hat der Bund, wenn ein Ermittlungsverfahren gemäß § 108 oder § 190 StPO eingestellt wird, dem Beschuldigten auf Antrag einen Beitrag zu den Kosten der Verteidigung zu leisten. Der Beitrag umfasst die nötig gewesenen und vom Beschuldigten bestrittenen baren Auslagen und außer im Fall des § 61 Abs 2 StPO auch einen Beitrag zu den Kosten des Verteidigers, dessen sich der Beschuldigte bedient. Der Beitrag ist unter Bedachtnahme auf den Umfang der Ermittlungen, die Komplexität der zu lösenden Tat- und Rechtsfragen und das Ausmaß des notwendigen oder zweckmäßigen Einsatzes des Verteidigers festzusetzen. Er darf den Betrag von 6.000 Euro nicht übersteigen.

Das Höchstmaß des Beitrags kann bei Verfahren, die durch außergewöhnlichen Umfang oder besondere Komplexität ausgezeichnet sind, sowie im Fall der Überschreitung der Höchstdauer des Ermittlungsverfahrens um die Hälfte überschritten und im Fall extremen Umfangs des Verfahrens auf das Doppelte erhöht werden (§ 196a Abs 2 StPO).

Nach den Erläuterungen zur Regierungsvorlage soll der Pauschalkostenbeitrag in einem Höchstbetrag der Grundstufe (Stufe 1) in Höhe von 6.000 Euro für all jene Verteidigungsfälle zur Verfügung stehen, die nicht außergewöhnlich oder extrem sind. Da die Bandbreite der Verfahren, die in diese Kategorie fallen, von ganz einfachen Verteidigungsfällen wie zB gefährlichen Drohungen bis hin zu nicht ausufernd komplexen Wirtschaftsstrafsachen reicht, kann sich der Betrag je nach Umfang der Ermittlungen und Komplexität der zu lösenden Tat- und Rechtsfragen dem im Gesetz vorgesehenen Höchstbetrag annähern bzw sich von diesem weiter entfernen. Die Kriterien des Umfangs der Ermittlungen und der Komplexität der zu lösenden Tat- und Rechtsfragen sind an Hand des konkreten Ermittlungsverfahrens zu gewichten und gehen Hand in Hand mit dem Ausmaß des notwendigen oder zweckmäßigen Einsatzes des Verteidigers. Ausschlaggebend sind daher insbesondere der sich auf die Verteidigung durchschlagende Aufwand bei den Ermittlungsmaßnahmen, die Anzahl der Verfahrensbeteiligten sowie die Gestaltung des dem Ermittlungsverfahren zugrunde liegenden, in seiner Komplexität variablen Sachverhalts, bei dem auch entsprechende, das Ermittlungsverfahren aufwändig gestaltende, erschwerende Umstände zu berücksichtigen sind. Zudem hat die Bemessung des Verteidigerkostenbeitrags immer auch unter dem Blickwinkel der Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit der Verteidigung bzw der einzelnen Verteidigungshandlungen zu erfolgen. Grundsätzlich wird davon ausgegangen, dass ein durchschnittliches Standardverfahren im Regelfall eine Besprechung, eine Vollmachtsbekanntgabe bzw einen Antrag auf Akteneinsicht, ein angemessenes Aktenstudium bzw Vorbereitungstätigkeit und eine Teilnahme an einer Vernehmung in der Dauer von zwei Stunden umfasst und damit unter Heranziehung der Kostenansätze der Allgemeinen Honorar-Kriterien (AHK) von rund 3.000 Euro an Aufwand für die Verteidigung verursachen wird, wobei in dieser Berechnung zwar der Einheitssatz Berücksichtigung findet, die vom ÖRAK in den AHK verankerten (Erfolgs- und Erschwernis-)Zuschläge, die in der hier in Rede stehenden Leistungsaufstellung mit 686,08 Euro (ohne USt) veranschlagt wurden, jedoch außer Betracht zu bleiben haben (2557 BlgNR 27. GP 5).

Bei Verfahren, die – wie gegenständlich – in die bezirksgerichtliche Zuständigkeit fallen, erscheint angesichts deren zu erwartender im Regelfall geringerer Komplexität und auch der kürzeren Verfahrensdauer in diesem Sinne eine Reduktion der Ausgangsbasis auf die Hälfte des Durchschnittswerts, sohin 1.500,- Euro, angemessen (vgl. auch S 5 der Erl. zur RV 2557 der Beilagen XXVII.GP).

Ausgehend von diesen Prämissen gibt auch die Neueinführung des Verteidigerkostenbeitrags im Ermittlungsverfahren nach § 196a StPO bzw. die Novellierung des § 393a StPO durch BGBl. I Nr.96/2024, keinen Anlass, von der ständigen Rechtsprechung abzuweichen, wonach bei ganz einfachen Verteidigungsfällen der Einstieg mit etwa 10% des Höchstbetrages (der Stufe 1) anzusetzen ist (vgl Lendl WK-StPO § 393a Rz 10).

Im Anwendung der genannten Kriterien ist dem Erstgericht beizupflichten, dass das gegenständliche Verfahren den als Beispiel genannten „Standardfall“ merklich unterschreitet, insbesondere ein äußerst geringer Aktenumfang, eine geringe tatsächliche und rechtliche Komplexität sowie eine besonders kurze Verfahrensdauer vorliegt und der Akt bis zur Einstellung des Ermittlungsverfahrens lediglich eine Ordnungsnummer, beinhaltend den Abschlussbericht samt Vernehmung des damals Beschuldigten und den bereits erwähnten Antrag auf Einstellung umfasste. Der Umfang der durchgeführten Beweisaufnahme bewegt sich ebenfalls im untersten Bereich, wurde im Rahmen der durch die Polizei geführten Ermittlungen nicht einmal ein Zeuge vernommen und erstreckte sich - neben dem Aktenstudium - die einzige aus dem Akt ergebende zweckmäßige Verteidigungshandlung auf die nicht protokollierten Anwesenheit der Verteidigung bei der Beschuldigtenvernehmung, die laut Protokoll lediglich 2 Minuten dauerte, da sich der Beschuldigte auf die schriftliche Stellungnahme (ON 2.9), die zwei Seiten umfasst, berief (ON 2.5).

Ausgehend von den dargestellten Bemessungskriterien und Abzug der in der Leistungsaufstellung enthaltenen und vom Bund nicht zu ersetzenden Kosten für den Erfolgszuschlag erweist sich der von der Einzelrichterin des Landesgerichts bestimmte Betrag zu den Kosten der Verteidigung von 200 Euro nicht korrekturbedürftig.