JudikaturOLG Wien

15R151/24x – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
Schadenersatzrecht
27. Februar 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien erkennt als Berufungsgericht durch den Senatspräsidenten Mag. Schaller als Vorsitzenden sowie den Richter Mag. Nigl und die Richterin Mag. Felbab in der Rechtssache der klagenden Partei A* , geb. **, **, vertreten durch Posch, Schausberger Lutz Rechtsanwälte GmbH in Wels, wider die beklagten Parteien 1. B* , FN **, **, 2. C* AG , FN **, **, beide vertreten durch Urbanek Lind Schmied Reisch Rechtsanwälte OG in St. Pölten, und 3. D* GmbH Co KG , FN **, **, 4. E* AG , ***, **, beide vertreten durch Mag. Thomas Reisch, Rechtsanwalt in Wien, wegen EUR 150.012,40 s.A. und Feststellung (Gesamtstreitwert EUR 160.012,40), über die Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Korneuburg vom 2.7.2024, ***, in nicht öffentlicher Sitzung zu Recht:

Spruch

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, (1.) den erst- und zweitbeklagten Parteien sowie (2.) den dritt- und viertbeklagten Parteien binnen 14 Tagen jeweils deren mit EUR 4.538,64 (darin enthalten EUR 756,44 USt) bestimmten Kosten ihrer Berufungsbeantwortung zu ersetzen.

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Erstbeklagte ist die Betreiberin des Landesklinikums F* und bei der Zweitbeklagten haftpflichtversichert. Die Drittbeklagte betreibt das G*; ihr Haftpflichtversicherer ist die Viertbeklagte.

Der Kläger begehrte mit Klage vom 7.11.2023 von den Beklagten zur ungeteilten Hand die Zahlung von EUR 100.000 an Schmerzengeld, EUR 50.012,40 an Pflegeaufwand ab September 2021, abzüglich eines ab Jänner 2022 erhaltenen Pflegegeldes, sowie die Feststellung der solidarischen Haftung aller Beklagten für sämtliche zukünftige, derzeit nicht bekannte Schäden aus dem Schadensereignis vom 16.8.2021 (bewertet mit EUR 10.000).

Der Kläger sei von 11.8.2021 bis 24.8.2021 auf einem Reha-Aufenthalt bei der Drittbeklagten gewesen. Am 16.8.2021 sei er gestürzt. Der Kläger habe - wie sich erst Tage später herausgestellt habe - einen Schlaganfall erlitten. Er sei bei der Drittbeklagten erst am nächsten Tag, am 17.8.2021, auf der Krankenstation ärztlich untersucht und danach in das von der Erstbeklagten betriebene Krankenhaus überstellt worden. Dort sei – entgegen der entsprechenden Indikation – grob schuldhaft kein Schlaganfall festgestellt und der Kläger wieder zur Drittbeklagten entlassen worden. Schon am 17.8.2021 seien große Auffälligkeiten beim Kläger vorgelegen, und zwar eine drastische Verschlechterung seines Gesundheitszustandes, insbesondere ein erheblicher Sprach- und Bewegungsverlust sowie eine Inkontinenz. Am 18.8.2021 sei der Kläger erneut in das Krankenhaus der Erstbeklagten gebracht worden, dennoch sei bis zur Entlassung am 23.8.2021 kein Schlaganfall befundet worden. Am 24.8.2021 sei der Kläger in das Klinikum H* verbracht worden, wo nach Durchführung eines MRT die Diagnose eines subakuten ischämischen Stammganglieninfarkts sowie einer mikroangiopathischen Ätiologie gestellt worden sei. Der Kläger habe daher bereits am 16.8.2021 einen Schlaganfall erlitten. Bei einer umgehenden Behandlung hätte die erhebliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Klägers vermieden, jedenfalls aber minimiert, werden können; jetzt habe der Kläger Pflegestufe 3, auch deutliche kognitive Defizite und einen Behinderungsgrad von 100 %. Der Kläger werde bis an sein Lebensende ein Pflegefall bleiben, sodass jedenfalls Dauerfolgen vorlägen und Spätfolgen zu erwarten seien.

Die Beklagten bestritten das Klagebegehren dem Grunde und der Höhe nach. Die Zweitbeklagte wandte überdies ihre mangelnde Passivlegitimation ein.

Zur Sache führten die Erst- und Zweitbeklagte aus, dass beim Kläger keine drastische Verschlechterung des Gesundheitszustandes ersichtlich gewesen sei. Da bei keiner der CT-Untersuchungen am 17.8. und 18.8.2021 ein Ischämieareal festzustellen gewesen sei, sei auch kein Insultgeschehen am 16.8.2021 möglich; selbst wenn dies so gewesen wäre – was bestritten bleibe – hätte es keine therapeutische Konsequenz bei einer Behandlung ab 17.8.2021 gehabt.

Die Dritt- und Viertbeklagte brachten vor, dass der Kläger, der bereits zahlreiche Vordiagnosen gehabt habe, bei der Drittbeklagten stationär zur Rehabilitation aufgenommen worden sei, um das Gleichgewicht und die Gangsicherheit zu verbessern. Am 16.8.2021 sei der Kläger gestürzt und bereits über Nacht auf der Pflegestation gewesen. An den nächsten beiden Tagen sei der Kläger jeweils zur weiteren Abklärung in das von der Erstbeklagten betriebene Krankenhaus gebracht worden. Weder im neurologischen Status noch in der CT hätten sich Hinweise auf ein rezentes intracranielles Geschehen ergeben. Die CCT am 17.8. und 18.8.2021 hätten keine Hinweise auf ein neuerliches cerebrales Geschehen, jedoch die neue Diagnose eines NPH (Normdruck-Hydrozephalus) geliefert. Nachdem sich die Stand- und Gangataxie sowie die bestehende Inkontinenz verschlechtert und seit 23.8.2021 eine Dysarthrie bestanden habe, sei der Kläger abermals am 23.8.2021 in das Krankenhaus der Erstbeklagten transferiert worden. Im Labor habe sich ein erhöhter CK Wert und CRP Wert gezeigt (beide bereits rückläufig). Im neurologischen Status des begutachtenden Neurologen habe sich kein Hinweis auf ein akutes cerebrales Geschehen gezeigt, sodass keine neuerliche cerebrale Bildgebung erfolgt sei. Am 24.8.2021 sei der Kläger von der Drittbeklagten an das Krankenhaus H* transferiert worden. Der Kläger sei während seines Aufenthaltes bei der Drittbeklagten lege artis behandelt worden.

Mit dem angefochtenen Urteil wies das Erstgericht das Klagebegehren zur Gänze ab und verpflichtete den Kläger zum Kostenersatz. Es traf auf Seiten 3 bis 5 der Urteilsausfertigung die folgenden Feststellungen:

„Der Kläger war ab 13.8.2021 bei der Drittbeklagten für eine neurologische Rehabilitation infolge einer Polyneuropathie, die zu einer Verschlechterung seines Allgemeinzustandes mit vermehrten Schwindelgefühlen geführt hatte.

Am Abend des 16.08.2021 stürzte er. Es kann nicht festgestellt werden, dass er zu diesem Zeitpunkt einen Schlaganfall erlitten hat.

Der Kläger wurde daraufhin ärztlich untersucht und am Folgetag in das Landesklinikum F* zu weiteren Untersuchungen gebracht. Dort wurde am 17.8.2021 eine CT-Untersuchung des Gehirns vorgenommen, die keine frischen Auffälligkeiten ergab.

Auch am nächsten Tag, dem 18.8.2021, wurde der Kläger ins Landesklinikum zur CT-Untersuchung gebracht, die einen unveränderten Zustand zum Vortag ergab; bei der Untersuchung wurden keine neurologischen Defizite beschrieben.

Beim zweiten CT ergaben sich unverändert im Bereich der Extremitäten keine Schlaganfallanzeichen.

Als sich die Gang- und Standsicherheit des Klägers am 23.8.2021 verschlechterte und er auch undeutlich sprach, wurde er abermals in das Landeskrankenhaus F* in die Notaufnahme gebracht. Bei dieser Untersuchung wurden keine Hinweise für eine halbseitige Lähmung gefunden und auch sonst keine eindeutigen Hinweise für einen frischen Schlaganfall.

Am 24.8.2021 wurde der Kläger im Krankenhaus H* aufgenommen, wobei auch hier keine rezente Halbseitensymptomatik vorlag, aber eine Verschlechterung der Mobilität beim Gehen mit dem Rollmobil.

Am 27.8.2021 wurde eine MRT-Untersuchung durchgeführt, die kleinfleckige, nicht frische, subakute Durchblutungsstörungen im Stammganglienbereich ergab. Auch diese Untersuchung ergab nicht, dass der Kläger am 16.8.2021 einen Schlaganfall erlitten hätte.

Vielmehr ist davon auszugehen, dass der Kläger im Zeitraum zwischen 18.8. und 27.8.2021 kleinere Schlaganfallereignisse bzw mehrere kleinere Ereignisse hatte („subakute Schlaganfälle“). Solches Auftreten nicht klinisch manifestierter Durchblutungsstörungen im Gehirn, die ausschließlich bei der Bildgebung festgestellt werden können, ist ein bekanntes neurologisches Phänomen.

Ohne klinischem Korrelat ergibt sich keine Therapie für einen Schlaganfall, insbesondere Lyse. Eine Lyse hätte, selbst wenn rein fiktiv am 16.8.2021 eine Durchblutungsstörung des Gehirns festgestellt worden wäre, niemals stattfinden dürfen, da diese aufgrund des hohen Nebenwirkungsprofils nur dann gemacht wird, wenn ein neurologisches Defizit zu verbessern ist. Dies war beim Kläger nicht gegeben, da die Gangstörung und die Gangunsicherheit und das allgemein schlechte Zustandsbild nicht auf ein frisches zerebrales Geschehen, sondern auf die vorbestehende neurologische Erkrankung zurückzuführen waren.

Auch eine undeutliche Sprechweise ergibt, wenn das Akut-CT des Gehirns negativ ist, aufgrund der fehlenden therapeutischen Konsequenz keinen zwingenden Grund, eine MRT-Untersuchung des Gehirns durchzuführen.

Am 27.8.2021 wurde beim Kläger ein subakuter Schlaganfall im Stammganglienbereich rechts ausschließlich bildgebend diagnostiziert; dieser hatte kein eindeutiges neurologisches Substrat, welches eine andere Maßnahme erfordert hätte. Die Konsequenz des bildgebenden Befundes war die langfristige Umstellung der Blutverdünnung auf ein stärker blutverdünnendes Medikament. Bei dieser Maßnahme wurde keine Zeit versäumt, da trotz der Umstellung ja bereits in den Tagen und Wochen zuvor eine Blutverdünnung vorgelegen hatte.

Der Kläger erlitt somit einen bildgebend nachgewiesenen subakuten Schlaganfall im Bereich der Stammganglien ohne einer manifesten neurologischen Ausfallssymptomatik, da diese von Neurologen an drei verschiedenen Fachabteilungen nicht festgestellt werden konnte.

Es bestand beim Kläger keine klinische Symptomatik, welche einem Schlaganfall entsprechen würde. Die allgemeinen Veränderungen in diesen Tagen sind nicht für einen Schlaganfall charakteristisch gewesen und wurden auch von keinem Neurologen diagnostiziert.

Beim Kläger ist zwar ein bildgebend nachgewiesener Schlaganfall in den Tagen vor dem 27.8.2021 aufgetreten, aber nicht vor dem 17. bzw 18.8.2021, da die bildgebenden Untersuchungen zu diesem Zeitpunkt korrekt durchgeführt und auch fachgerecht befundet wurden.

Die in * vorübergehend festgestellte Verschlechterung des Selbstständigkeitsscores kann nicht auf den Schlaganfall zurückgeführt werden. Hierbei wäre ein so schweres neurologisches Defizit vorliegend gewesen, dass dies mit Sicherheit den Ärzten aufgefallen und entsprechend dokumentiert worden wäre. Es kann daher nicht festgestellt werden, dass die Ärzte der Drittbeklagten eine sofortige Behandlung eines Schlaganfalles unterlassen haben und diese Behandlung den nunmehr verschlechterten Zustand des Klägers verhindert hätte. Es kann auch nicht festgestellt werden, dass das Landesklinikum F* beim Kläger bei den von ihm durchgeführten Untersuchungen einen Schlaganfall hätte diagnostizieren müssen.“

Rechtlich führte das Erstgericht aus, dass ein schuldhaftes Verhalten der Ärzte der Drittbeklagten nicht nachweisbar sei, weil der Kläger weder nachweisbar am 16.8.2021 einen Schlaganfall erlitten habe, noch für den Fall, dass er einen solchen erlitten hätte, die Ärzte eine notwendige Behandlung unterlassen hätten. Dies gelte auch für die Ärzte des von der Erstbeklagten betriebenen Landesklinikums F*, die einen nicht vorhandenen Schlaganfall logischerweise nicht hätten diagnostizieren können; selbst bei einer allfälligen Fehldiagnose hätte dies im gegenständlichen Fall zu keinen negativen Folgen für den Kläger geführt. Das Klagebegehren sei daher abzuweisen.

Dagegen richtet sich die Berufung des Klägers wegen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das Urteil dahin abzuändern, dass dem Klagebegehren stattgegeben werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagten beantragen jeweils, der Berufung nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Berufung ist nicht berechtigt.

1. Mängelrüge

1.1 Der Kläger rügt als Verfahrensmangel die Nichtbeiziehung eines Sachverständigen aus dem Fachgebiet der Radiologie. Dies habe der Kläger in der Tagsatzung vom 20.6.2024 zum Beweis dafür beantragt, dass die im Krankenhaus der Erstbeklagten angefertigten CT-Bilder nicht ordnungsgemäß befundet worden seien und die Schnittführung nicht so gestaltet worden sei, dass ein Schlaganfall habe erkannt werden können. Das Erstgericht habe dies mit der unzutreffenden Begründung abgelehnt, dass das Vorbringen verspätet gewesen wäre und offensichtlich nur dazu diene, den nachvollziehbaren Aussagen des neurologischen Sachverständigen nicht folgen zu müssen.

Die zugrundeliegenden Radiologiebefunde hätten jedoch erstmals in der genannten Tagsatzung mit dem neurologischen Sachverständigen erörtert werden können. Dass es nicht in sein Fachgebiet falle, eine Fehldiagnose auszuschließen, sei dem Kläger zuvor nicht bekannt gewesen.

Das eingeholte neurologische Sachverständigengutachten sei in diesem Punkt auch unschlüssig, denn wenn der Sachverständige angebe, dass die Beurteilung der radiologischen Befunde nicht in sein Fachgebiet falle, dann hätte er dazu auch nicht angeben dürfen, dass die Vorgänge ordnungsgemäß vorgenommen worden wären.

1.1.1 Im Rahmen der mündlichen Gutachtenserörterung gab der Sachverständige auf erstmalige diesbezügliche Frage des Klagevertreters an, dass es richtig sei, dass bei falscher Schnittführung ein Infarkt unter Umständen nicht am CT-Bild erkannt werden könne. Die I* sei in dieser Hinsicht sehr streng und gebe bestimmte Schnittführungen und Sequenzführungen vor, die österreichweit eingehalten würden. Im konkreten Befund sei auch angegeben, dass diese standardisierten Schnittführungen eingehalten worden seien. Die Beurteilung, ob die Abteilung eine Fehldiagnose erstellt habe, würde sein Fachgebiet überschreiten. Auf Einwand der Gegenseite ergänzte der Sachverständige, dass die nachfolgende MRT-Untersuchung aber grundsätzlich die Korrektheit der erfolgten CT-Befundung indiziere.

Ohne weiteres Vorbringen stellte der Kläger im Anschluss an die mündliche Gutachtenserörterung den „Antrag auf Beiziehung eines radiologischen Sachverständigen zum Beweis dafür, dass die in F* gemachten CT-Bilder nicht ordnungsgemäß befundet worden sind und die Schnittführung nicht so gestaltet wurde, dass ein Schlaganfall erkannt werden kann.“

1.1.2 Ein Verfahrensmangel kann nur dann zur Aufhebung des angefochtenen Urteils führen, wenn er wesentlich für die Entscheidung war und sich auf diese auswirken konnte. Dem Beweisantrag fehlt es hier an der notwendigen rechtlichen Relevanz. Unbestritten steht fest, dass sich ohne klinischem Korrelat keine Therapienotwendigkeit für einen Schlaganfall ergeben hätte, insbesondere auch nicht für eine Lyse-Therapie. Eine Lyse hätte - selbst wenn rein fiktiv am 16.8.2021 eine Durchblutungsstörung des Gehirns festgestellt worden wäre - hier niemals stattfinden dürfen, weil diese aufgrund des hohen Nebenwirkungsprofils nur dann gemacht wird, wenn ein neurologisches Defizit zu verbessern ist. Dies lag beim Kläger aber nicht vor.

Selbst wenn man daher von einem beim Kläger am 16.8.2021 eingetretenen und auch am gleichen Tag bildgebend erkannten Schlaganfall ausginge, hätte sich am weiteren Verlauf mangels möglicher bzw erforderlicher Therapie nichts geändert; ebenso nicht, wenn man eine Fehldiagnose und ein vorwerfbares Nichterkennen annehmen würde.

1.1.3 Der Kläger hat in erster Instanz auch nicht dargetan, aufgrund welcher konkreten Anhaltspunkte er hier eine falsche Schnittführung und damit ein falsches Ergebnis bei den CT-Bildern vermute, obwohl der Sachverständige in der mündlichen Erörterung auch ausführte, dass die nachfolgende, in H* stattgefundene MRT-Untersuchung die Korrektheit der in F* erfolgten CT-Befundung grundsätzlich indiziere.

Das Gericht kann davon ausgehen, dass Sachverständige so weitreichende Kenntnisse haben, um beurteilen zu können, ob ihre Fachkenntnisse im Einzelfall zur endgültigen Einschätzung ausreichen, und ist es auch deren Aufgabe anzuzeigen, ob weitere Gutachten und Untersuchungen benötigt werden, um eine abschließende Stellungnahme zu den an sie herangetragenen Fragen abgeben zu können (SVSlg 39.532; 44.354; 44.354; 44.375; 50.079; 52.457; RI0100128). Im vorliegenden Fall gab der Sachverständige die abschließende Beurteilung ab, dass das Geschehen als schicksalshafte Erkrankung der kleinen Gefäße des Gehirns einzustufen ist. Die Beiziehung eines radiologischen Sachverständigen hielt er nicht für erforderlich (siehe ON 25.3 S 5).

1.1.4 Ob die Beweisführung auch grob schuldhaft verspätet war und zu einer erheblichen Verfahrensverzögerung geführt hätte, kann daher dahingestellt bleiben.

1.1.5 Die Frage der Schlüssigkeit eines Sachverständigengutachtens fällt in den Bereich der Beweiswürdigung (vgl RS0113643). Eine Beweisrüge hat der Kläger jedoch nicht erhoben.

1.2 Als weiteren Verfahrensmangel releviert der Kläger die unterlassene Einvernahme von 14 beantragten Ärzten der Erst- und Drittbeklagten, die allesamt in den Behandlungsprozess des Klägers eingebunden gewesen seien und die entsprechenden Dokumentationen vorgenommen hätten; dies ergebe sich aus den im Verfahren vorgelegten Beilagen, die nahezu ausschließlich aus den relevanten medizinischen Dokumentationen bestünden. Die Zeugen seien zum Beweis dafür beantragt worden, dass beim Kläger tatsächlich Zeichen eines Schlaganfalles vorgelegen hätten und dies bei der Erst- bzw Drittbeklagten hätten auffallen müssen.

Die Aussage des Sachverständigen im schriftlichen Gutachten „Die in * vorübergehend festgestellte Verschlechterung des Selbstständigkeitsscores Barthel-Index kann nicht auf den Schlaganfall zurückgeführt werden. Hierbei wäre ein so schweres neurologisches Defizit vorliegend gewesen, dass dies mit Sicherheit den Ärzten aufgefallen und entsprechend dokumentiert worden wäre.“ stelle eine unzulässige und vorgreifende Beweiswürdigung dar. Das Erstgericht habe diese Ausführungen übernommen. Ohne die unmittelbare Aussage der dokumentierenden Ärzte könne nicht beurteilt werden, ob die Dokumentationen tatsächlich ordnungsgemäß vorgenommen worden seien. Aufgrund der Zeugenaussagen hätte das Erstgericht feststellen können, dass den Ärzten der Schlaganfall tatsächlich aufgefallen und es zu fehlerhaften ärztlichen Dokumentationen gekommen sei.

1.2.1 Auch hier steht die bereits oben unter 1.1.2 dargestellte fehlende rechtliche Relevanz (keine Therapiemöglichkeit) einem Verfahrensmangel entgegen.

1.2.2 Überdies hat ein von einer Partei gestellter Beweisantrag die Tatsache, die bewiesen werden soll, also das Beweisthema, im Einzelnen genau zu bezeichnen (RS0039882; §§ 226 Abs 1 und 239 Abs 1 ZPO). Das Übergehen eines Beweisantrags, dem es an der Bezeichnung eines erheblichen Beweisthemas fehlt, vermag einen wesentlichen Verfahrensmangel nicht zu verwirklichen, weil dieser Beweis nicht aufzunehmen war (vgl 3 Ob 236/14y Pkt 1.2.).

1.2.3 Der Kläger begehrte in erster Instanz die Einvernahme der beantragten Ärzte nur allgemein damit, dass die von ihnen gewonnenen Eindrücke jedenfalls von Bedeutung wären und die vorgelegten Krankenunterlagen dafür nicht ausreichten. Der Aufforderung des Erstgerichts, die Beweisthemen zu konkretisieren, kam der Kläger nicht nach. Insbesondere brachte er nicht vor, dass fehlerhafte Dokumentationen vorliegen würden und tatsächlich wahrnehmbare Zeichen eines Schlaganfalls vorgelegen wären.

1.2.4 Ein sachverständiger Zeuge iSd § 350 ZPO hat seine Sachkunde nur als Erkenntnisquelle für Tatsachen zu benützen, aber keine Bewertungen und Schlüsse vorzunehmen, weswegen er idR kein Sachverständigengutachten zu entkräften vermag (RS0040598; Rechberger/Klick a in Rechberger/KlickaZPO 5§ 350 ZPO Rz 1). Die Einvernahme eines behandelnden Arztes kann dann erforderlich sein, wenn dadurch eine Verbreiterung der Entscheidungsgrundlage auf Sachverhaltsebene zu erwarten ist, die sodann vom gerichtlich bestellten Sachverständigen in seinem Gutachten zu berücksichtigen wäre. Zu solchen bestimmten Tatsachen waren die Zeugen in erster Instanz aber eben nicht beantragt.

1.2.5 Soweit der Kläger erneut Widersprüche im Sachverständigengutachten anspricht, ist er auf die Ausführungen zu oben 1.1.5 zu verweisen.

1.2.6 Eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens liegt daher insgesamt nicht vor.

2. Rechtsrüge

2.1 In der Rechtsrüge rügt der Kläger ausschließlich als sekundären Feststellungsmangel die fehlende Feststellung "Die im Landesklinikum F* angefertigten CT-Bilder sind nicht ordnungsgemäß befundet worden. Die Schnittführung wurde nicht so gestaltet, dass ein Schlaganfall erkannt werden kann.". Das Erstgericht treffe zu den angesprochenen CT-Bildern gar keine Feststellungen. Die begehrte Tatsachenfeststellung stütze sich auf das vom Erstgericht nicht eingeholte, aber vom Kläger beantragte radiologische Sachverständigengutachten.

2.2 Tatsächlich hat das Erstgericht aber Feststellungen zu den CT-Untersuchungen getroffen: „...in das Landesklinikum F* zu weiteren Untersuchungen gebracht. Dort wurde am 17.8.2021 eine CT-Untersuchung des Gehirns vorgenommen, die keine frischen Auffälligkeiten ergab. Auch am nächsten Tag, dem 18.08.2021, wurde der Kläger ins Landesklinikum zur CT-Untersuchung gebracht, die einen unveränderten Zustand zum Vortag ergab; bei der Untersuchung wurden keine neurologischen Defizite beschrieben. Beim zweiten CT ergaben sich unverändert im Bereich der Extremitäten keine Schlaganfallanzeichen.“ sowie „Beim Kläger ist zwar ein bildgebend nachgewiesener Schlaganfall in den Tagen vor dem 27.8.2021 aufgetreten, aber nicht vor dem 17. bzw 18.8.2021, da die bildgebenden Untersuchungen zu diesem Zeitpunkt korrekt durchgeführt und auch fachgerecht befundet wurden.“

2.3 Die Feststellungsgrundlage ist nur dann mangelhaft, wenn Tatsachen fehlen, die für die rechtliche Beurteilung wesentlich sind und dies Umstände betrifft, die nach dem Vorbringen der Partei und den Ergebnissen des Verfahrens zu prüfen waren (RS0053317). Wenn zu einem bestimmten Thema (positive oder negative) Tatsachenfeststellungen getroffen wurden, mögen diese auch von den Vorstellungen des Rechtsmittelwerbers abweichen, können diesbezüglich keine rechtlichen Feststellungsmängel erfolgreich geltend gemacht werden; es ist nämlich ein Akt der Beweiswürdigung, wenn die vom Rechtsmittelwerber gewünschten (abweichenden) Feststellungen nicht getroffen werden (vgl RS0053317 [T1, T3]).

2.4 Ein sekundärer Feststellungsmangel liegt hier aufgrund der gegenteilig getroffenen Feststellungen nicht vor.

Eine darüber hinausgehende Rechtsrüge wurde nicht erhoben.

3. Der Berufung war daher insgesamt ein Erfolg zu versagen.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 50, 41 ZPO.

5. Da beim vorliegenden gemischten Begehren schon der in einem Geldbetrag bestehende Teil des Entscheidungsgegenstandes EUR 30.000 übersteigt, hatte kein Bewertungsausspruch nach § 500 Abs 2 ZPO zu erfolgen ( Kodek in Rechberger/Klicka, ZPO 5§ 500 Rz 5; RS0042277).

6. Mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO war die ordentliche Revision nicht zuzulassen.