JudikaturOLG Wien

33R20/25s – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
Zivilrecht
20. Februar 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien erkennt als Berufungs- gericht durch den Senatspräsidenten MMMag. Frank als Vorsitzenden sowie den Richter Mag. Einberger und den Kommerzialrat Ing. Karall in der Rechtssache der klagenden Partei A* , geboren am **, **, vertreten durch Mag. Thomas Hansa, Rechtsanwalt in Freistadt, wider die beklagte Partei B* GmbH , FN **, **, vertreten durch Mag. Peter Abmayer, Rechtsanwalt in Wien, wegen EUR 95.445,65 sA, über die Berufung der beklagten Partei gegen das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 12.12.2024, **-44, in nicht öffentlicher Sitzung zu Recht:

Spruch

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei deren mit EUR 3.884,22 (darin enthalten EUR 647,37 USt) bestimmte Berufungsbeantwortungskosten binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit Klage vom 24.8.2023 begehrte die Klägerin EUR 95.445,65 sA. Sie brachte zusammengefasst vor, sie habe der Beklagten für die Dauer von 7 Jahren einen Betrag von EUR 66.933,87 zu einem vereinbarten jährlichen Zinssatz von 5,2 % zur Verfügung gestellt. Die Rückzahlung des Kapitals samt der Zinsen iHv EUR 28.511,78 hätte am 1.5.2023 erfolgen sollen, sei von der Beklagten jedoch zu Unrecht mit der Behauptung verweigert worden, es liege ein Nachrangdarlehen vor, das sie mangels positiven Eingenkapitals weder tilgen könne noch müsse. Tatsächlich sei eine Nachrangabrede nicht getroffen worden. Die Klägerin habe das Investment auf Anraten ihres Finanzberaters getätigt, der der Beklagten zuzurechnen sei. Dieser habe die Veranlagung als sichere Geldanlage ohne Risiko beschrieben und zugesagt, dass sie am Ende der Laufzeit EUR 95.445,65 herausbekommen werde. Unterlagen, aus denen sich Risikohinweise und die Nachrangigkeit des Darlehens ergeben hätten sollen, habe sie nicht erhalten.

Die Beklagte bestritt, beantragte Klagsabweisung und replizierte im Wesentlichen, die Klägerin habe ihr den Betrag als Nachrangdarlehen zugezählt. Die Fälligkeit der Rückzahlung erfordere daher ein positives Eigenkapital der Beklagten und ausreichende Liquidität, was derzeit nicht gegeben sei. Darauf sei in einem Exposee deutlich hingewiesen worden. Allenfalls abweichende Erklärungen des Finanzberaters der Klägerin seien ihr nicht zurechenbar. Zudem unterlägen die Geschäfte der Klägerin dem BWG, sie verfüge aber über keine entsprechende Konzession. Zumindest die Zinsvereinbarung sei daher gemäß § 100 BWG nichtig.

Mit dem angefochtenen Urteil gab das Erstgericht der Klage statt. Es stellte den aus Seiten 5 bis 12 der Urteilsausfertigung ersichtlichen Sachverhalt fest, auf den zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird. Rechtlich folgerte es, nach den der Klägerin übergebenen Vertragsunterlagen habe sie der Beklagten ein Darlehen zu den von ihr behaupteten Konditionen gewährt. Eine Nach-rangabrede sei darin nicht getroffen worden, sodass die Klägerin zu Recht die Rückzahlung des Kapitals samt der vereinbarten Zinsen begehre.

Dagegen richtet sich die Berufung der Beklagten aus den Gründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens, der unrichtigen Tatsachenfeststellungen aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahingehend abzuändern, dass die Klage abgewiesen werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Klägerin stellt in ihrer Berufungsbeantwortung den Antrag, diesem Rechtsmittel nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Berufung ist nicht berechtigt .

1. Zur Mängelrüge:

Als Verfahrensmangel rügt die Berufungswerberin die unterbliebene Einvernahme des Zeugen C*. Dessen aktuelle Zustellanschrift habe sie zwar nicht in Erfahrung bringen können, doch hätte das Erstgericht seinen Aufenthalt durch staatliche bzw hoheitliche (Zwangs-) Maßnahmen feststellen müssen.

Abgesehen davon, dass die Berufungswerberin einen darauf gerichteten Antrag in erster Instanz gar nicht gestellt hat, ist es im streitigen Verfahren Aufgabe des Beweisführers, eine ladungsfähige Anschrift des beantragten Zeugen bekannt zu geben ( Spitzer in Kodek/Oberhammer , ZPO-ON § 329 ZPO Rz 2; Frauenberger in Fasching/Konecny 3 § 329 ZPO Rz 2; 4 Ob 542/95). Eine (amtswegige) Ausforschung von Zeugen durch das Gericht ist in der ZPO nicht vorgesehen (vgl Rassi in Fasching/Konecny 3 § 180 ZPO Rz 35 [FN 32]; MietSlg 48.613). Der gerügte Verfahrensmangel liegt daher nicht vor.

2. Zur Beweisrüge:

2.1. Die Berufungswerberin ficht zunächst die Feststellung an, wonach der Klägerin das Exposee (Beilage ./3) vor dem gegenständlichen Verfahren nicht bekannt war. Stattdessen begehrt sie die Ersatzfeststellung, das Exposee sei der Klägerin (schon) vor dem Verfahren bekannt und Grundlage ihres Vertragsabschlusses gewesen.

Das Erstgericht hat die bekämpfte Feststellung mit der glaubwürdigen Aussage der Klägerin und den Angaben des Zeugen D*, des Finanzberaters, begründet, der sich nicht mehr erinnern konnte, ob er das Exposee mit ihr besprochen hat (US 14). Darauf geht die Berufungswerberin nicht ein. Die Aussage des Zeugen E* hat das Erstgericht dabei – entgegen der Berufung – nicht mit Stillschweigen übergangen, sondern ausdrücklich in seine beweiswürdigenden Überlegungen zur Frage miteinbezogen, welche Urkunden vor Vertragsabschluss übermittelt wurden (US 15, 4. Abs). Dagegen bestehen keine Bedenken. Im Übrigen bezieht sich die Aussage des Zeugen E*, auf die die Berufungswerberin offenbar rekurriert, auf ein Gespräch nach Ablauf der Rückzahlungsfrist (ON 38, S 11, 2. Abs). Selbst wenn dieses so stattgefunden haben sollte, wäre damit nicht bewiesen, dass die Klägerin bereits vor Vertragsabschluss über die Beilage ./3 verfügte.

Die angefochtene Feststellung wird daher vom Berufungsgericht übernommen. Soweit die Berufungswerberin in diesem Kontext den ersatzlosen Entfall zweier weiterer Feststellungen zum Herstellungsdatum des Exposees und zur Frage fordert, ob die Klägerin über die Nachrangigkeit des Darlehens mündlich aufgeklärt wurde, führt sie die Beweisrüge nicht dem Gesetz entsprechend aus (RS0041835 [T3]).

2.2. Weiters bekämpft die Berufungswerberin die Feststellung, dass der Klägerin die Seiten 3 bis 9 der Beilage ./8 und insbesondere die dort enthaltenen Risikohinweise vor dem gegenständlichen Gerichtsverfahren nicht bekannt waren und ihr auch nicht übermittelt wurden. Stattdessen begehrt sie die Ersatzfeststellung: „Der Klägerin waren die Warnhinweise in Blg./ 8 über die Nachrangigkeit des gewährten Darlehens und die Gefahr auch eines Totalausfalls aufgrund der Warnhinweise bekannt, sie hat dies mit ihrer eigenen Unterschrift bestätigt und die Gefahr eines Totalausfalls der Rückzahlung des Darlehens bei ihrer Entscheidung wohl miteinkalkuliert. Sie hat somit eine schriftliche Aufklärung erhalten, auch wenn D* als Abschlussmittler mit ihr die Details nicht besprochen haben sollte.“

Mit ihrer dagegen gerichteten Argumentation, alleine die Unterschrift der Klägerin auf der Beilage ./8 beweise, dass sie diese in Händen gehabt habe, übersieht die Berufungswerberin jedoch, dass sich die Unterschrift auf Seite 2 befindet. Ein Nachweis, dass der Klägerin die gesamte Urkunde vorlag, ist damit nicht erbracht ( Bittner in Fasching/Konecny ³ § 294 ZPO Rz 2; vgl auch RS0078934 und Einberger , ÖBl 2021, 141), sodass auch diese Beweisrüge nicht überzeugt.

3. Zur Rechtsrüge:

Die Berufungswerberin bringt vor, die Klägerin habe das Darlehen in Gewinnerzielungsabsicht gewährt, sodass ein Bankgeschäft iSd § 1 Abs 1 Z 3 BWG vorliege. Da sie jedoch über keine Konzession als Kreditinstitut verfüge, sei gemäß § 100 Abs 1 BWG jedenfalls die Zinsvereinbarung nichtig.

Nach § 1 Abs 1 BWG ist ein Bankgeschäft allerdings nur die gewerbliche Vergabe von Gelddarlehen (Kreditgeschäft; Z 3). Eine einmalige Tätigkeit, die bloß deshalb ausgeübt wurde, weil sich von außen die Gelegenheit dazu bot, ist grundsätzlich nicht gewerblich in diesem Sinne, es sei denn, es lägen objektive Anhaltspunkte für Wiederholungsabsicht vor (VwGH 2013/17/0242; RS0121134).

Bei der Klägerin handelt es sich um eine private Anlegerin. Die klagsgegenständliche Finanzkonstruktion wurde ihr von ihrem Versicherungsvertreter, der gleichzeitig als Vertriebspartner der Beklagten agierte, anlässlich der Durchsicht bestehender Verträge als besser verzinste Alternative zu einer Lebensversicherung empfohlen. Angesichts dieses Sachverhalts und der von außen an die Klägerin herangetragenen Investitionsgelegenheit fehlen jegliche Anhaltspunkte für Wiederholungsabsicht (vgl 8 Ob 72/07g), sodass die Rechtsrüge fehlschlägt.

Der unberechtigten Berufung war somit ein Erfolg zu versagen.

4. Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 Abs 1 ZPO. Bei einem Streitwert von EUR 95.445,65 beträgt die Entlohnung für die Berufungsbeantwortung jedoch nur EUR 3.884,22.

5. Die ordentliche Revision ist mangels erheblicher Rechtsfragen iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig.