Das Oberlandesgericht Wien hat durch die Senatspräsidentin Mag. Frohner als Vorsitzende sowie die Richterinnen Mag. Bruzek und Mag. Heindl als weitere Senatsmitglieder in der Strafsache gegen A*und weitere Beschuldigte wegen § 307 Abs 1 und 2 erster Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Beschwerde der B* C* D* E* F* G* gegen den Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen * vom 14. November 2016, GZ *, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Der Beschwerde wird Folge gegeben, der Spruchpunkt 1.) des angefochtenen Beschlusses - der im Übrigen unberührt bleibt - aufgehoben und der Einspruch wegen Rechtsverletzung der H* GmbH abgewiesen .
Begründung :
Die I* C* D* E* F* G* (im Folgenden kurz: Staatsanwaltschaft) führt zur Zahl * seit 11. Mai 2016 ein Ermittlungsverfahren gegen A* wegen § 153 Abs 1 und 3 erster Fall StGB, gegen Dr. J* K* und L* wegen §§ 153 Abs 1 und 3 erster Fall iVm § 12 dritter Fall; 307 Abs 1 und 2 erster Fall StGB, gegen UT wegen §§ 153 Abs 1 und 3 erster Fall; 304 Abs 1 und 2 erster Fall StGB (S 1 im AB-Bogen) sowie seit 9. August 2016 gegen die H* GmbH wegen §§ 153 Abs 1 und 3 erster Fall iVm § 12 dritter Fall; 307 Abs 1 und 2 erster Fall StGB iVm § 3 VbVG (S 8 im AB-Bogen).
Laut Bericht des M* D* N* F* O* (ON 2) seien verdächtig, in der Zeit von 2003 bis zumindest 2013 in P*
A./ Dr. J* K* und L*
1./ in einer noch festzustellenden Anzahl von Angriffen bislang unbekannten Amtsträgern (UT) des Landes * für die pflichtwidrige Vornahme von Amtsgeschäften, nämlich für die wiederholte Schaltung von Inseraten in der von der H* GmbH herausgegebenen Zeitschrift „Q*“ und Bezahlung des gesamten Rechnungsbetrags aus Landesmitteln, einen Vorteil in Form einer „Provision“ in Höhe von 20 % des jeweiligen Nettoumsatzes der vom Land * bezahlten Inserate, somit in einem (zumindest) EUR 3.000,- übersteigenden Wert, für einen Dritten, nämlich für die politische Partei „R* S*“, gewährt zu haben;
2./ zur Ausführung der unter B./2./ genannten strafbaren Handlung dadurch beigetragen zu haben, dass sie infolge der am 15. September 1998 mit T* „U* S*“ abgeschlossenen Zusatzvereinbarung die „Provision“ in Höhe von 20 % des Nettoumsatzes an die „U* S*“ überwiesen haben, obwohl sie es für gewiss hielten, dass die UT durch die Schaltung und Bezahlung der Inserate, die ihnen zukommenden Befugnisse zumindest bedingt vorsätzlich missbrauchten;
B./ bislang UT
1./ für die parteiliche bzw pflichtwidrige Vornahme des unter Punkt A./1./ umschriebenen Amtsgeschäfts einen Vorteil in einem (zumindest) 3.000,- Euro übersteigenden Wert für einen Dritten, nämlich für die „U* S*“ angenommen zu haben;
2./ ihre Befugnisse, über Vermögen des Landes * zu verfügen bzw dieses zu verpflichten, in unvertretbarer Weise wissentlich missbraucht und dadurch dem Land * einen Vermögensschaden zumindest in der Höhe einer 20%igen Provision, jedenfalls aber in einem 5.000,- übersteigenden Betrag, zugefügt zu haben.
Aufgrund dieser Verdachtslage beantragte die Staatsanwaltschaft die gerichtliche Bewilligung der Anordnung der Durchsuchung sämtlicher von der H* GmbH benutzten Räume samt dazugehörender Nebenräumlichkeiten in ** P*, **platz **, und legte dem Gericht eine vorbereitete Anordnung der Durchsuchung vor (ON 5).
Mit Beschluss vom 14. Juli 2016 bewilligte das Landesgericht * gemäß §§ 117 Z 2, 119 Abs 1, 120 Abs 1 erster Satz StPO die Durchsuchung der genannten Räumlichkeiten und verwies zur Begründung dieser Maßnahme auf die im Antrag der Staatsanwaltschaft * getätigten Ausführungen.
Am 14. Juli 2016 erteilte die Staatsanwaltschaft dem V* D* N* F* O* die Anordnung, die gerichtlich bewilligte Durchsuchung durchzuführen (S 5 im AB-Bogen).
Die Durchsuchung der Geschäftsadresse der H* GmbH wurde am 22. Juli 2016 von 9 Uhr 55 bis 16 Uhr 48 durchgeführt. Bei der Durchsuchung der Büroräumlichkeiten war Dr. J* K*, Prokurist der H* GmbH, anwesend. Um 15 Uhr 30 äußerte er den Wunsch, die Räumlichkeiten der H* GmbH zu verlassen. Obwohl ihm die die Durchsuchung durchführenden Beamten rieten, anwesend zu bleiben, um sein Hausrecht überwachen zu können, entfernte er sich um 15 Uhr 40. Dr. K* kam gegen 16 Uhr 30 wieder zurück und unterfertigte nach ausführlicher Belehrung über seine Rechte das Sicherstellungsprotokoll, ohne dieses einer inhaltlichen Prüfung unterzogen zu haben (S 9 in ON 8).
Mit am 5. August 2016elektronisch eingebrachtem Schriftsatz erhob die H* GmbH Widerspruch gegen die Sicherstellung sämtlicher bei der Durchsuchung am 22. Juli 2016 sichergestellten Gegenstände und beantragte, diese bei Gericht zu hinterlegen. Begründend brachte sie im Wesentlichen vor, dass sie im Zeitraum von 1998 bis 2013 alleinige Eigentümerin, Medieninhaberin und Herausgeberin der Wochenzeitung „Q*“ gewesen sei. Bei der H* GmbH handle es sich daher um ein Medienunternehmen iSd § 1 Abs 1 Z 6 MedienG. Im Hinblick auf den Schutz des Redaktionsgeheimnisses nach § 31 MedienG bestehe an den sichergestellten Aufzeichnungen und Datenträgern ein gesetzlich anerkanntes Recht auf Verschwiegenheit, das bei sonstiger Nichtigkeit nicht durch Sicherstellung umgangen werden dürfe.Die Staatsanwaltschaft „nahm“ den Widerspruch „nicht an“ und teilte hiezu mit Schreiben vom 9. August 2016 (S 7 im AB-Bogen) mit, dass der selbstständig vertretungsbefugte Prokurist Dr. K* als Vertreter der Medieninhaberin iSd § 121 Abs 2 StPO bei der Durchsuchung der Räumlichkeiten anwesend gewesen und von ihm kein Widerspruch gegen die Sicherstellung gemäß § 112 Abs 1 StPO erhoben worden sei. § 112 Abs 1 StPO sei dahingehend aufzufassen, dass ein solcher Widerspruch vor der Sicherstellung zu erfolgen habe, zumal nach der Sicherstellung (ohne erhobenen Widerspruch) bereits mit der Sichtung der Unterlagen bzw Daten begonnen werden könne und der Widerspruch daher ins Leere laufen würde. Der erhobene Widerspruch sei sohin als verspätet zu werten. Dessen ungeachtet seien der Geschäftsführer L* und der Prokurist Dr. J* K* dringend verdächtig, das Verbrechen der Bestechung nach § 307 Abs 1 und 2 erster Fall StGB und das Vergehen der Untreue als Beitragstäter nach § 153 Abs 1 und 3 erster Fall iVm § 12 dritter Fall StGB begangen zu haben. Die Genannten seien Entscheidungsträger nach § 2 Abs 1 Z 1 VbVG. Nach § 3 Abs 1 Z 1 und Abs 2 VbVG sei der Verband H* GmbH unmittelbar für das Handeln der Entscheidungsträger verantwortlich, weswegen auch gegen den Verband ein dringender Verdacht bestehe. Eine Verletzung des Redaktionsgeheimnisses iSd § 144 Abs 3 StPO liege nicht vor.
Unter einem leitete die Staatsanwaltschaft auch gegen die H* GmbH als Beschuldigte wegen §§ 153 Abs 1 und 3 erster Fall iVm § 12 dritter Fall; 307 Abs 1 und 2 erster Fall StGB iVm § 3 VbVG ein Ermittlungsverfahren ein (S 8 im AB-Bogen).
Mit elektronisch eingebrachtem Schriftsatz vom 24. August 2016 erhob die H* GmbH Einspruch wegen Rechtsverletzung (ON 12). Begründend führte sie aus, dass die Ansicht der Staatsanwaltschaft, ein Widerspruch gegen die Sicherstellung müsse vor der Sicherstellung erfolgen, andernfalls er "als verspätet zu werten sei", im Widerspruch zum Gesetz stehe. Sie begehrte die Feststellung der Rechtsverletzung und beantragte, der Staatsanwaltschaft aufzutragen, die sichergestellten schriftlichen Aufzeichnungen und Datenträger auf geeignete Art und Weise gegen unbefugte Einsichtnahme oder Veränderung zu sichern und bei Gericht zu hinterlegen (ON 12).
In ihrer Stellungnahme vom 30. August 2016 sprach sich die Staatsanwaltschaft zu diesem Begehren ablehnend aus (ON 13).
Mit dem nunmehr angefochtenen Beschluss stellte das Erstgericht - hier interessierend - fest, dass die Staatsanwaltschaft durch die infolge des Widerspruchs der H* GmbH vom 1. August 2016 (übermittelt am 5. August 2016) nicht durchgeführte Hinterlegung der bei der Durchsuchung am 22. Juli 2016 sichergestellten schriftlichen Aufzeichnungen und Datenträger bei Gericht, die Einspruchswerberin in ihren nach § 157 Abs 1 Z 4 und Abs 2 StPO gewährten subjektiven Rechten gemäß § 106 Abs 1 StPO verletzt habe. Begründend führte das Erstgericht aus, dass die Ansicht der Staatsanwaltschaft, wonach der erst am 1. August 2016 und somit mehr als eine Woche nach Durchführung der am 22. Juli 2016 erfolgten Sicherstellung erhobene Widerspruch verspätet sei, nicht geteilt werden könne. Dr. K* sei selbstständig vertretungsbefugter Prokurist der Einspruchswerberin. Dr. K* sei berechtigt gewesen, im Namen und mit Wirksamkeit für die Einspruchswerberin gegen die Sicherstellung der Unterlagen und Daten Widerspruch iSd § 112 StPO zu erheben. Die Nichterhebung des Widerspruchs im Zeitpunkt der Sicherstellung habe für die Einspruchswerberin jedoch keine Präklusionsfolgen. Es lasse sich aus der StPO nicht ableiten, dass ein nach der Sicherstellung erfolgter Widerspruch verspätet sei, zumal sich der Zweck des Widerspruchs, nämlich eine unbefugte Einsichtnahme oder Veränderung der sichergestellten Unterlagen oder Daten zu verhindern, auch noch nach bereits erfolgter Sicherstellung erreichen lasse.
Gegen den Spruchpunkt 1.) des Beschlusses richtet sich die Beschwerde der Staatsanwaltschaft (ON 24), der Berechtigung zukommt.
Nach § 112 Abs 1 StPO sind immer dann, wenn die von der Sicherstellung betroffene oder anwesende Person, auch wenn sie selbst der Tat beschuldigt ist, der Sicherstellung von schriftlichen Aufzeichnungen oder Datenträgern unter Berufung auf ein gesetzlich anerkanntes Recht auf Verschwiegenheit, das bei sonstiger Nichtigkeit nicht durch Sicherstellung umgangen werden darf, widerspricht, diese Unterlagen auf geeignete Art und Weise gegen unbefugte Einsichtnahme oder Veränderung zu sichern und bei Gericht zu hinterlegen. Auf Antrag des Betroffenen sind die Unterlagen jedoch bei der Staatsanwaltschaft zu hinterlegen, die sie vom Ermittlungsakt getrennt aufzubewahren hat. In beiden Fällen dürfen die Unterlagen von der Staatsanwaltschaft oder der Kriminalpolizei nicht eingesehen werden, solange nicht über die Einsicht nach den folgenden Absätzen entschieden worden ist.
Gemäß § 112 Abs 2 StPO ist der Betroffene in weiterer Folge aufzufordern, binnen einer angemessenen, 14 Tage nicht unterschreitenden Frist jene Teile der Aufzeichnungen oder Datenträger konkret zu bezeichnen, deren Offenlegung eine Umgehung seiner Verschwiegenheit bedeuten würde; zu diesem Zweck ist er berechtigt, in die hinterlegten Unterlagen Einsicht zu nehmen. Unterlässt der Betroffene eine solche Bezeichnung, so sind die Unterlagen zum Akt zu nehmen und auszuwerten. Anderenfalls hat das Gericht, im Falle eines Antrags nach § 112 Abs 1 vorletzter Satz StPO jedoch die Staatsanwaltschaft, die Unterlagen unter Beiziehung des Betroffenen sowie gegebenenfalls geeigneter Hilfskräfte oder eines Sachverständigen zu sichten und anzuordnen, ob und in welchem Umfang sie zum Akt genommen werden dürfen. Unterlagen, die nicht zum Akt genommen werden, sind den Betroffenen auszufolgen. Aus deren Sichtung gewonnene Erkenntnisse dürfen bei sonstiger Nichtigkeit nicht für weitere Ermittlungen oder als Beweis verwendet werden.
Nach § 112 Abs 3 StPO kann der Betroffene gegen die Anordnung der Staatsanwaltschaft Einspruch erheben, in welchem Fall die Unterlagen dem Gericht vorzulegen sind, das zu entscheiden hat, ob und in welchem Umfang sie zum Akt genommen werden dürfen; § 112 Abs 2 letzter Satz StPO gilt.
§ 112 StPO regelt das Verfahren des Widerspruchs des Betroffenen (des Inhabers oder einer sonst anwesenden Person) gegen die Sicherstellung von schriftlichen Aufzeichnungen oder Datenträgern. Ein solcher Widerspruch kann nur bei Eingriffen in die geistige Amtsverschwiegenheit (§ 155 Abs 1 Z 1 StPO) oder ein anerkanntes Recht auf Verschwiegenheit nach § 157 Abs 1 Z 2 bis 5 StPO (Aussageverweigerung für Angehörige bestimmter Berufsgruppen über das, was ihnen in dieser Eigenschaft bekanntgeworden ist, und Wahlgeheimnis) erhoben werden, weil nur in diesen Fällen der Schutz des Geheimnisbereiches den Strafverfolgungsinteressen vorgeht. Ein solches Recht darf bei sonstiger Nichtigkeit nicht durch Sicherstellung umgangen werden. Zur Erhebung des Widerspruchs sind auch jene Personen berechtigt, die das Anwesenheitsrecht des jeweiligen Geheimnisträgers substituieren. Bei Rechtsanwälten, Notaren und Wirtschaftstreuhändern ist diese „vertretungsweise“ Möglichkeit der Erhebung des Widerspruchs auch dadurch gewährleistet, dass der Durchsuchung zwingend ein – zum Widerspruch berechtigter – Vertreter der jeweiligen Kammer beizuziehen ist.
Im Fall eines zulässigen Widerspruchs gegen die sofortige Durchsicht abgenommener Aufzeichnungen in Form schriftlicher Unterlagen oder auf Datenträgern gespeicherter Informationen sind diese von der Kriminalpolizei (oder vom selbst einschreitenden Staatsanwalt) auf geeignete Art und Weise gegen unbefugte Einsichtnahme oder Veränderung zu sichern (zu versiegeln) und umgehend bei Gericht zu hinterlegen. Auf Antrag des Betroffenen sind die Unterlagen jedoch bei der Staatsanwaltschaft zu hinterlegen und bei dieser getrennt vom Ermittlungsakt aufzubewahren. Grund für einen solchen Antrag könnte etwa die Erwartung sein, dadurch rascher wieder über für die Berufsausübung notwendige Unterlagen verfügen zu können. In beiden Fällen dürfen die Unterlagen vor der Staatsanwaltschaft oder Kriminalpolizei nicht eingesehen werden, solange nicht nach den Bestimmungen im Sinne des § 112 Abs 2 und 3 StPO über die Einsicht entschieden worden ist ( Kroschl in Schmölzer/Mühlbacher, StPO Praxiskommentar § 112 StPO Rz 1 ff). Widerspricht der Betroffene nicht, kann sofort Einsicht genommen werden ( Tipold/Zerbes, WK- StPO § 112 Rz 11).
Die Bestimmung des § 112 StPO gilt per analogiam auch für das in § 31 Abs 1 MedienG normierte Redaktionsgeheimnis (OGH 13 Os 130/10g, 136/10i).
Die H* GmbH war von 1998 bis 2013 alleinige Eigentümerin, Medieninhaberin und Herausgeberin der Wochenzeitung „Q*“. Bei der Durchsuchung der Berufsräumlichkeiten von berufsbedingt zur Aussageverweigerung berechtigten Personen, das sind unter anderem die Räume von Medieninhabern (§ 157 Abs 1 Z 4 StPO) ist von Amts wegen der Medieninhaber oder ein von ihm namhaft gemachter Vertreter beizuziehen ( Tipold/Zerbes , WK-StPO § 121 Rz 11).
Dr. J* K*, welcher die H* GmbH seit 15. September 1998 als Prokurist selbstständig vertritt (siehe Auszug aus dem Firmenbuch; S 81 in ON 2) und Chefredakteur der Q* war (S 93 in ON 2), war bei der Durchsuchung der Räumlichkeiten der H* GmbH anwesend. Der Bestimmung des § 121 Abs 2 StPO wurde durch die Beiziehung des Dr. K* genüge getan.
Beurteilungsmaßstab des Widerspruchs im Zeitpunkt, in dem er erhoben wird, ist ausschließlich, ob es sich beim Widersprechenden um eine von der Sicherstellung betroffene oder dabei anwesende Person handelt und sich diese auf ein gesetzlich anerkanntes Recht auf Verschwiegenheit beruft, das bei sonstiger Nichtigkeit nicht durch Sicherstellung umgangen werden darf. Ob die sicherzustellenden Aufzeichnungen oder Daten tatsächlich dem Berufsgeheimnis unterliegen, ist erst im weiteren Verfahren durch Sichtung zu klären.
Betroffen ist die Person, die die Aufzeichnungen und Datenträger in ihrer Verfügungsmacht hat. Bei den anwesenden Personen handelt es sich vor allem um Mitarbeiter, wie Konzipienten oder sonstige Kanzleimitarbeiter der Berufsgeheimnisträger, die bei dessen Abwesenheit dessen Widerspruchsrecht vertretungsweise ausüben ( Tipold/Zerbes , WK-StPO § 112 Rz 10/1)
Dr. K* wäre als Vertreter der von der Sicherstellung betroffenen juristischen Person, der auch bei der Durchsuchung anwesend war, jedenfalls unter Hinweis auf das Redaktionsgeheimnis befugt gewesen, der sofortigen Durchsicht der Unterlagen und Datenträger zu widersprechen. Er unterfertigte das Sicherstellungsprotokoll jedoch, ohne einen solchen Widerspruch erhoben zu haben.
Das Gesetz enthält keine Regelung, innerhalb welcher Frist die von der Sicherstellung betroffene oder dabei anwesende Person der Sicherstellung von Unterlagen und Datenträgern zu widersprechen hat.
Zweck des Widerspruchs und der Hinterlegung ist, dass die Unterlagen von der Staatsanwaltschaft oder der Kriminalpolizei nicht eingesehen werden dürfen, solange nicht über die Einsicht nach Maßgabe des § 112 StPO entschieden worden ist. Wille des Gesetzgebers ist es daher, dass durch Erhebung eines Widerspruchs verhindert wird, dass die Strafverfolgungsbehörde Kenntnis von einem Material erlangt, welches dem Geheimnisschutz unterliegt und darauf aufbauend weitere Ermittlungsmaßnahmen setzt. Widerspricht der Betroffene nicht, kann sofort in die Unterlagen Einsicht genommen werden. Auch wenn § 112 StPO keine Frist normiert, ist die Bestimmung, um dem Willen des Gesetzgebers gerecht zu werden, so auszulegen, dass der Betroffene (oder die bei der Durchsuchung anwesende Person) den Widerspruch unverzüglich (dh in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit der Durchsuchung bzw der Kenntnis von derselben) erheben muss. Nur bei unverzüglicher Erhebung des Widerspruchs kann der Geheimnisträger die sofortige Durchsicht der Unterlagen verhindern und die Hinterlegung bei Gericht erwirken.
Nachdem ein Widerspruch nicht unverzüglich ausgesprochen wurde, ist die Einspruchswerberin des Rechts auf Erhebung eines Widerspruchs verlustig geworden.
Da die Ermittlungsbehörde somit den verspäteten Widerspruch zutreffend nicht angenommen hat (vgl OLG Wien 22 Bs 287/13m; 23 Bs 165/12a; 18 Bs 216/15v, wonach die Ermittlungsbehörden völlig unsubstantiierten im Sinn von offenkundig unzulässigen Widersprüchen faktisch keine Folge zu leisten haben), liegt die von der Einspruchswerberin behauptete Rechtsverletzung nicht vor, weswegen spruchgemäß zu entscheiden ist.
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