JudikaturOLG Linz

5Ns22/25m – OLG Linz Entscheidung

Entscheidung
11. September 2025

Kopf

Der Präsident des Oberlandesgerichtes Linz Dr. Helmut Katzmayr fasst in der Strafsache gegen A*wegen des Vergehens der Verleumdung nach § 297 Abs 1 StGB (Hv* des Landesgerichtes B*) über die Anzeige der Ausgeschlossenheit der Präsidentin und aller Richterinnen und Richter des Landesgerichtes B* folgenden

B ESCHLUSS:

Spruch

Die Präsidentin des Landesgerichtes B* Mag. a C* ist von der Entscheidung über die Ausgeschlossenheit von Richterinnen und Richtern des Landesgerichtes Landesgerichtes B* im Verfahren Hv* des Landesgerichtes B* (Strafantrag der Staatsanwaltschaft Salzburg vom 11. Juli 2025, St*)

nicht ausgeschlossen .

Text

BEGRÜNDUNG:

Zu Hv* des Landesgerichtes B* ist über den Strafantrag der Staatsanwaltschaft Salzburg vom 11. Juli 2025, St*, hinsichtlich A* wegen des Vergehens der Verleumdung nach § 297 Abs 1 StGB zu entscheiden.

A* habe am 14. Mai 2025 in B* Dr. D* E* dadurch der Gefahr einer behördlichen Verfolgung ausgesetzt, dass er in seiner schriftlichen Beschwerde vom 14. Mai 2025 behauptet habe, dass Dr. D* E* als Richter des Landesgerichtes B* in der Verhandlung am 16. September 2022 eine voreingenommene und respektlose Haltung gezeigt habe, ihn unter massiven psychischen Druck gesetzt habe, ihm die Möglichkeit einer angemessenen Äußerung verweigert habe, seine Aussagen zu seinen Ungunsten verdreht habe und ihn als „Schwein“ beschimpft habe, ihn somit einer von Amts wegen zu verfolgenden, mit ein Jahr übersteigender Freiheitsstrafe bedrohten Handlung, nämlich des Verbrechens des Missbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 StGB und der Verletzung von Standespflichten falsch verdächtigt habe, obwohl er gewusst habe (§ 5 Abs. 3), dass die Verdächtigung falsch sei.

In dieser Strafsache haben – mit Ausnahme von Mag. F*, Mag. G* LL.M., Mag. H*, Mag. I* und Mag. J* – alle Richterinnen und Richter des Landesgerichtes B* (einschließlich der Sprengelrichterin Mag. K*) ihre Ausgeschlossenheit im Sinne des § 43 Abs 1 Z 3 StPO angezeigt.

Auch die Präsidentin Mag. C* verweist in ihrer Stellungnahme vom 28.8.2025, NS* LG B*, für sich auf den Anschein einer bestehenden Befangenheit. Das vorliegende kollegiale Verhältnis zu dem als Zeugen zu vernehmenden Dr. E* und die aller Voraussicht nach erforderliche Einvernahme der/des in der Hauptverhandlung anwesenden Staatsanwältin/Staatsanwalts und einer Schreibkraft des Landesgerichts B* insbesondere zu den vom Beschuldigten gegen Dr. E* erhobenen Vorwürfen, seien bei objektiver Betrachtung geeignet, den Anschein einer Voreingenommenheit ihrer Person, aber auch der weiteren Richterinnen und Richtern des Landesgerichtes B* zu erwecken.

Rechtliche Beurteilung

Hiezu war zu erwägen:

Gemäß § 43 Abs 1 Z 3 StPO ist ein Richter vom gesamten Verfahren ausgeschlossen, wenn Gründe vorliegen, die geeignet sind, seine volle Unvoreingenommenheit und Unparteilichkeit in Zweifel zu ziehen. Diese Bestimmung stellt auf den äußeren Anschein ab, entscheidend ist nicht die subjektive Ansicht des betroffenen Richters oder eines Ablehnenden, sondern die Frage, ob die äußeren Umstände geeignet sind, bei einem verständig würdigenden objektiven Beurteiler naheliegende Zweifel an der unvoreingenommenen und unparteilichen Dienstverrichtung zu wecken ( Lässig , WK-StPO § 43 Rz 10). Aus Z 3 sind in erster Linie persönliche Beziehungen des Richters zu einer Prozesspartei, deren Vertreter oder einer Beweisperson beachtlich, wobei der Dauer und der Intensität des Naheverhältnisses maßgebliche Bedeutung zukommt (vgl OGH 13 Ns 22/02, 13 Ns 8/03, 11 Os 46/03).

Bloße persönliche Kontakt des dienstlichen Begegnungsverhältnisses zwischen Richtern stellen für sich alleine keinen Grund dar, Zweifel an der vollen Unbefangenheit zu wecken ( Lässig, WK-StPO § 43 Rz 15 unter Bezug auf OGH 15 Ns 19/01; zuletzt auch OGH 504 Präs 26/25w). Selbiges hat auch für dienstliche Kontakte zu Schriftführern des selben Gerichts oder zu beim selben Gericht als Sitzungsvertreter einschreitenden Staatsanwälten, die als Zeugen zu vernehmen sind, zu gelten. Die Zugehörigkeit zum selben Richterkollegium sowie ein laufender dienstlicher Kontakt sind daher für sich alleine gesehen nicht geeignet, die volle Unbefangenheit der Präsidentin des Landesgerichtes B* aus Sicht eines objektiven Beurteilers in Zweifel zu setzten. Mit Ausnahme explizit geregelter Fälle (wie § 9 AHG oder § 79 JN) geht der Gesetzgeber davon aus, dass im Grundsatz in allen anderen Fällen – vorbehaltlich von besonderen (und dann jeweils individuell gegründeten) Umständen des Einzelfalls – Gerichte in der Lage sind, auch dann unparteiisch zu entscheiden, wenn ein anderer Richter (auch des selben Gerichts) Partei oder sonstiger Beteiligter eines Verfahrens ist (dazu ausführlich OGH 504 Präs 26/25w).

Der bloße Umstand, dass der von der angeklagten Verleumdung als mutmaßliches Opfer betroffene Richter am selben Gerichts tätig und im Verfahren zum Tatvorwurf des Täters zu befragen sein wird, reicht daher bei verständiger Würdigung ebenso wenig aus, die Unparteilichkeit des Gerichts bzw. der dort im konkreten Fall zur Entscheidung berufenen Richter in Zweifel zu ziehen, wie der Umstand, dass in diesem Verfahren (allenfalls) auch eine Schriftführerin des Gerichts und/oder am Gericht als Sitzungvertreterin tätige Staatsanwältin in diesem Verfahren einvernommen werden sollen. Vielmehr müssten andere Faktoren hinzutreten, die eine tatsächliche Befangenheit oder auch nur den Anschein einer solchen begründen könnten (vgl. RIS-Justiz RS0097132 [T2], RS0096967 [T1]).

Die von der Präsidentin des Landesgerichtes B* relevierten Umstände einer Zugehörigkeit zum selben Richterkollegium sowie laufender dienstlicher Kontakte sind für sich alleine daher nicht geeignet, die volle Unbefangenheit zur Entscheidung über die Ausgeschlossenheit von Berufsrichtern zur Führung des Verfahrens Hv* des Landesgerichtes B* (Strafantrag der Staatsanwaltschaft Salzburg vom 11. Juli 2025, St*) aus Sicht eines objektiven Beurteilers in Zweifel zu setzten. Ob bei den Richterinnen und Richtern des Landesgerichtes B* im jeweiligen Einzelfall weitergehene besondere Umstände zur Begründung einer Ausgeschlossenheit vorliegen sollten, ist durch die Präsidentin des Landesgerichtes B* zu beurteilen.

Gegen diese Entscheidung steht ein selbstständiges Rechtsmittel nicht zu (§ 45 Abs 3 StPO).