JudikaturOLG Linz

2R70/25i – OLG Linz Entscheidung

Entscheidung
Schadenersatzrecht
03. Juni 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Linz als Berufungsgericht hat durch die Richter Mag. Bernhard Telfser als Vorsitzenden sowie Mag. Christine Mayrhofer und Dr. Werner Gratzl in der Rechtssache des Klägers A* , geboren am **, Tischler und Landwirt, **, **, vertreten durch die Dr. Schartner § Mag. Kofler Rechtsanwälte GmbH in 5541 Altenmarkt im Pongau, gegen die beklagte Partei B* mbH , FN **, **straße **, **, vertreten durch Dr. Iris Harrer-Hörzinger, Rechtsanwältin in 5020 Salzburg, wegen (restlich) EUR 130.000,00 s.A., über die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Landesgerichts Salzburg vom 31. März 2025, Cg*-19 (Berufungsstreitwert EUR 79.159,48), in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit EUR 3.823,02 (darin EUR 637,17 USt) bestimmten Kosten der Berufungsbeantwortung zu ersetzen.

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.

Text

entscheidungsgründe:

Der Kläger wurde am 7.8.2007 bei der operativen Entfernung eines Bindehauttumors im Krankenhaus der Beklagten durch einen Behandlungsfehler an der Hornhaut des linken Auges verletzt; die Beklagte anerkannte die Haftung für die nachteiligen Folgen.

Er wandte sich an die ** Patientenvertretung, die im Einvernehmen mit der Beklagten augenfachärztliche Gutachten vom 28.4.2008 und vom 22.2.2014, und, nach einer Hornhauttransplantation am 25.2.2016, vom 30.10.2017 und vom 11.2.2023 einholte. Die Beklagte leistete daraufhin von Februar 2009 bis einschließlich November 2022 neun Schmerzengeldakonti von rechnerisch insgesamt EUR 53.260,00, deren Geldwert, aufgewertet nach VPI 2005 im November 2024 (Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz) insgesamt EUR 71.732,18 ausmacht.

Als Folgen der thermischen Hornhautschädigung am linken Auge verblieb dem Kläger eine zentrale Hornhautnarbe, eine herabgesetzte Sehschärfe, ein irregulärer Astigmatismus (Stabsichtigkeit), eine konzentrische Gesichtsfeldeinschränkung links und eine Keratoconjunctivitis sicca (trockenes Auge) links mehr als rechts. Bis 12.9.2007 hatte er aufgrund dieser Verletzungen zwei Tage starke, fünf Tage mittelstarke und 14 Tage leichte Schmerzen zu erdulden, ab diesem Zeitpunkt zunächst zwei Tage leichte Schmerzen pro Monat. Als Therapie wurde ihm eine Keratoplastik (Hornhautübertragung) empfohlen, die mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer Besserung des Zustandes führen würde.

Nach der am 25.2.2016 durchgeführten Hornhauttransplantation, die mit drei Tagen starken, drei Tagen mittelstarken und zehn Tagen leichten Schmerzen einherging, blieb er am linken Auge mit zehn Dioptrien stark kurzsichtig; es blieben neben der Minderung der Sehschärfe eine hohe unregelmäßige Hornhautverkrümmung, ein herabhängendes Oberlid und eine verengte Lidspalte. Bei reizfrei eingeheiltem, leicht verkipptem Hornhauttransplantat war ein End- und Dauerzustand erreicht. Durch die aus der Verletzung notwendige Hornhautübertragung kam es zu einer Zunahme eines vorhandenen Sicca-Syndroms (trockenes Auge). Dadurch besteht ein ständiges Ungemach (Fremdkörpergefühl, Brennen, Kratzen) am linken Auge; er blieb auch vermehrt blendungs- und lichtempfindlich und verlor das räumliche Sehen. Die verletzungsbedingte Fehlsichtigkeit von zehn Dioptrien Kurzsichtigkeit links und unregelmäßiger Hornhautverkrümmung mit fünf Zylinderdioptrien ist durch eine Brille nicht korrigierbar, weil der Dioptrienunterschied zwischen den Augen zu groß ist. Zum Ausgleich ist eine spezielle Kontaktlinse (Sklerallinse) notwendig, die der Kläger aber nur mäßig gut verträgt. Verwendet er keine Kontaktlinse, ist er funktionell einäugig. Die am linken Auge zum Erreichen einer brauchbaren Sehschärfe notwendige, besonders große, formstabile Kontaktlinse wird mit jedem Lidschlag auf der Hornhautoberfläche verschoben, was wegen des reduzierten Tränenfilms nur eingeschränkt funktioniert. Mit der Sklerallinse ist ein Visus von 0,8 erreichbar. Der Kläger muss sie alle drei Stunden herausnehmen und reinigen, bei eingesetzter Sklerallinse mehrmals befeuchtend eintropfen.

Ab 1.4.2016 hatte er bis auf Weiteres drei Tage leichte Schmerzen pro Monat zu erdulden. Auch für die Zeit ab 1.1.2023 hat der Kläger bis auf Weiteres drei Tage leichte Schmerzen pro Monat zu erdulden. Auf die im Zeitpunkt 1.1.2023 anzunehmende statistische Lebenserwartung des Klägers von 29 Jahren und vier Monaten hochgerechnet sind dies 1.044 Tage an leichten Schmerzen bis zum Lebensende.

Der Kläger ist in seinem ursprünglichen Beruf als Tischler nur eingeschränkt arbeitsfähig. Durch die starke Belastung durch feinen Holzstaub (Schleifen, Schneiden mit der Kreissäge) und Lösungsmitteldämpfe (Lacke, Beizen) entsteht ein starker Reiz am linken Auge mit Verschlechterung des Sehens und des Fremdkörpergefühls. Der Kläger muss die Kontaktlinse daher oft herausnehmen, reinigen und wieder einsetzen. Arbeitet er ohne Kontaktlinse, um die Beschwerden zu verhindern, ist er funktionell einäugig; dann ist die Bedienung von schnell rotierenden Maschinen, wie z.B. Kreissägen, wegen der erhöhten Verletzungsgefahr problematisch. Auch im Familienbetrieb der Landwirtschaft kann er seit der Operation vom 7.8.2007 wegen der Einschränkungen am linken Auge nur mehr leichte Arbeiten verrichten. Hobbies, die er vor der Operation vom 7.8.2007 regelmäßig pflegte, nämlich Skifahren, Schwimmen und Laufen, kann er nicht mehr ausüben.

Spätfolgen, die zwar nicht sehr wahrscheinlich, aber nicht auszuschließen sind, sind in Form einer Spätabstoßung der übertragenen Hornhaut, einer Hornhauttrübung, der Entwicklung eines Grünen Stars und einer vorzeitigen Trübung der Augenlinse als Folge der cortisonhaltigen Augentropfen möglich.

Der Kläger begehrt mit der Klage vom 10.6.2024 ein weiteres Schmerzengeld von EUR 130.000,00 und Aufwandersatz von durchschnittlich EUR 700,00 pro Jahr für die Jahre 2022 und 2023. Das zuletzt eingeholte Gutachten habe ergeben, dass u.a. aufgrund des negativen Behandlungserfolgs ein Dauerzustand eingetreten sei und die Schmerzperioden ab 1.1.2023 mit 1.044 Tagen leichter Schmerzen anzusetzen seien, woraus sich bereits rein rechnerisch ein Betrag von 125.280,00 ergebe; im Zuge der Globalbemessung sei großzügig vorzugehen. Die Zahlungen in der Vergangenheit seien jeweils einvernehmlich für bestimmte Zeiträume geleistet worden; eine Globalbemessung hätte zu keinem veränderten Betrag geführt.

Die Beklagte bestritt, beantragte die Abweisung der Klage und wendete ein, nachdem ein Endzustand erreicht sei, sei eine Globalbemessung vorzunehmen, die geleisteten Akontozahlungen seien dabei aufgewertet (auf EUR 69.159,48) abzuziehen. Das begehrte Schmerzengeld sei überhöht, eine Bemessung nach Tagessätzen finde nicht statt.

Über das – auf EUR 763,66 eingeschränkte - Begehren auf Aufwandersatz fällte das Erstgericht in der Tagsatzung vom 8.11.2024 ein Teilanerkenntnisurteil.

Mit dem angefochtenen Endurteil erkannte das Erstgericht die Beklagte schuldig, dem Kläger EUR 50.840,52 s.A. zu bezahlen und wies das Mehrbegehren von EUR 79.159,48 s.A. ab. Dabei traf es die auf den US 8 bis 11 wiedergegebenen Tatsachenfeststellungen, deren wesentlicher Inhalt eingangs wiedergegeben wurde.

In rechtlicher Hinsicht führte es aus, eine Teilbemessung sei zulässig, wenn noch kein Dauer- und Endzustand vorliege; dann komme in der Folge eine ergänzende Bemessung in Betracht. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Bemessung sei der Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz, wobei die seit der Verletzung eingetretene Geldentwertung zu berücksichtigen sei. Frühere Teilzahlungen seien bei der endgültigen Bemessung entsprechend der inzwischen gesunkenen Kaufkraft des Geldwerts aufzuwerten und anzurechnen. Schmerzperioden dienten nur zur Orientierung als Bemessungshilfe. Für die festgestellten Verletzungen und Folgen erachtete es ein Schmerzengeld von insgesamt EUR 120.000,00 für angemessen, wovon die bereits geleisteten Teilzahlungen, aufgewertet auf den Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung, aber begrenzt mit dem Betrag, dessen Anrechnung die Beklagte einwende, daher EUR 69.159,48, abzuziehen seien.

Gegen die Teilabweisung richtet sich die Berufung des Klägers aus dem Berufungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit einem auf gänzliche Klagestattgabe gerichteten Abänderungs- und einem hilfsweise gestellten Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag.

Die Beklagte tritt dem mit ihrer Berufungsbeantwortung entgegen.

Die Berufung ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Als sekundären Feststellungsmangel macht die Berufung geltend, das Erstgericht hätte ergänzend feststellen müssen, dass der Kläger bei Regen nicht mehr mit dem Auto fahren und mangels vorhandener Sichtwinkel auch keinen LKW oder ein Motorrad steuern könne. Daraus ergäben sich erhebliche Einschränkungen in der Lebensführung des Klägers auch im Hinblick auf diese Tätigkeiten, so insbesondere bei der Ausübung seiner Hobbies und künftiger potentieller Arbeitstätigkeiten.

Feststellungsmängel setzen voraus, dass bereits im Verfahren erster Instanz ein entsprechendes Tatsachenvorbringen erstattet wurde (RIS Justiz RS0053317 [T2]), was auf die nunmehrigen Behauptungen nicht zutrifft – nach dem Klagevorbringen sei bei der Globalbemessung zu berücksichtigen, dass der Kläger seinen sportlichen Aktivitäten nicht mehr nachgehen könne und er die Bewirtschaftung seines Hofes habe aufgeben müssen (ON1, S.2). Allein dazu wurde die Parteieneinvernahme durchgeführt (ON 10.2., S. 3). Überdies stehen die Einschränkungen der Sehfähigkeit fest und es erscheint daher entbehrlich, sämtliche damit verbundenen Einschränkungen bei verschiedenen Tätigkeiten im Einzelnen festzustellen. Dass und aus welchem Grund für den Kläger der Verlust gerade dieser Fähigkeiten zu noch überdurchschnittlichen Beeinträchtigungen führten, behauptet auch die Berufung nicht.

Der Berufungsstandpunkt, hier wäre wegen der nachträglichen Operation eine gestaffelte Berechnung vorzunehmen, bei der keine Aufwertung der Zahlungen nötig sei, weil mit den bereits erfolgten Zahlungen ein schon vergangener Zeitraum abgedeckt worden sei, zielt offenbar darauf ab, das Schmerzengeld dann, wenn zunächst eine Teilbemessung erfolgte, für die folgenden Zeiträume völlig unabhängig davon zu bemessen. Das widerspricht aber dem Grundsatz der Globalbemessung des Schmerzengeldes: Das Schmerzengeld hat die Aufgabe, eine Globalentschädigung für alle durch die eingetretenen und nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartenden körperlichen und seelischen Beeinträchtigungen zu gewähren, um dem Beschädigten als Abgeltung für entgangene und allenfalls noch entgehende Lebensfreude die Möglichkeit gewisser, die Lebensqualität erhöhender Anschaffungen zu eröffnen; maßgebend sind Art, Dauer und Intensität der Schmerzempfindungen nach deren Gesamtbild, wobei auch auf das Bewusstsein eines Dauerschadens Bedacht zu nehmen ist (RIS Justiz RS0031055 [T10]). In diesem Sinne ist eine Globalbemessung lediglich dann nicht vorzunehmen, wenn noch gar kein Dauer-(End-)Zustand vorliegt, weshalb die Verletzungsfolgen noch nicht oder noch nicht in vollem Umfang und mit hinreichender Sicherheit überblickt werden können; wenn Schmerzen in ihren Auswirkungen für den Verletzten zum Zeitpunkt des Schlusses der Verhandlung erster Instanz noch gar nicht oder nicht endgültig überschaubar erschienen; wenn der Kläger nachweist, dass ihm gegenüber dem Vorprozess und der dort vorgenommenen Globalbemessung weitere, aus der damaligen Sicht nicht abschätzbare Schmerzbeeinträchtigungen entstanden seien (RS0031235 [T 7]; 3 Ob 241/10b uva). Auch bei Zuspruch in mehreren Teilbeträgen darf im Ergebnis nicht mehr zugesprochen werden als bei einer Bemessung in einem Betrag (RIS Justiz RS0031323; vgl. RS0031064). Maßgeblicher Zeitpunkt für die Bemessung des Schmerzengeldes ist der Schluss der mündlichen Verhandlung in erster Instanz, wobei die seit dem Unfall eingetretene Geldentwertung zu berücksichtigen ist. Frühere Teilzahlungen sind deshalb bei der endgültigen Bemessung des Schmerzengeldes entsprechend der inzwischen gesunkenen Kaufkraft des Geldwertes aufzuwerten und anzurechnen (5 Ob 50/21w mwN; RIS Justiz RS0031242). Die vorzunehmende Globalbemessung hat daher sowohl alle Verletzungsfolgen als auch die bisherigen Teilzahlungen zu berücksichtigen.

Gegen die Höhe des ausgemittelten Gesamtschmerzengeldes führt die Berufung erneut ins Treffen, dieser Betrag decke nicht einmal die Schmerzperioden ab 1.1.2023 – 1.044 Tage leichte Schmerzen – ab und könne umso weniger auch Schmerzen während davor liegender Zeiten abgelten. Bedacht zu nehmen sei überdies auf das Unlustgefühl wegen der künftigen Einschränkungen, die Beeinträchtigung des Allgemeinbefindens und die seelischen Schmerzen. Aus einer eigentlich harmlosen Operation auf einem Auge fast blind hervorzugehen, sei schwierig zu verarbeiten, auch, weil der Kläger die Landwirtschaft nicht mehr betreuen, er seinen Hobbies nicht mehr nachgehen könne und in seiner Berufungstätigkeit eingeschränkt sei.

Bereits das Erstgericht wies zutreffend darauf hin, dass es sich bei festgestellten Schmerzperioden lediglich um einen Bemessungshilfe und keineswegs um eine Berechnungsmethode handelt (RIS Justiz RS0122794). Bei der Bemessung des Schmerzengeldes ist einerseits auf die Umstände des Einzelfalls abzustellen, andererseits zur Vermeidung einer völligen Ungleichmäßigkeit der Rechtsprechung ein objektiver Maßstab anzulegen. Der von der Judikatur ganz allgemein gezogene Rahmen darf für die Bemessung im Einzelfall nicht gesprengt werden (RIS Justiz RS0031075). Tendenziell erscheint es geboten, das Schmerzengeld nicht zu knapp zu bemessen (RIS Justiz RS0031075 [T 4]; 8 Ob 16/21t), wobei allein aufgrund der inflationsbereinigten Geldentwertung die Zuerkennung von im Vergleich zu früheren Schmerzengeldzusprüchen höheren Beträgen gerechtfertigt ist (vgl. RS0031075 [T 4, T10]; 1 Ob 31/20w; 2 Ob 32/21a). Nach der Rechtsprechung widerspricht es aber dem Wesen des Schmerzengeldes, die künftigen Schmerzen im Sinne von Tagessätzen zu erfassen und auf die statistische Lebenserwartung des oder der Verletzten mit den für ihn/sie statistisch zu erwartenden, verbleibenden Lebensjahren zu multiplizieren; vielmehr ist das künftig zu erwartende Schmerzengeschehen in der Globalbemessung mitzuberücksichtigen und bei ihr als weiterer Beurteilungsfaktor heranzuziehen. Abschätzbare künftige Schmerzen sind nicht auf die Lebenserwartung des Geschädigten hochzurechnen (OLG Wien 16 R 49/17v; 11 R 133/24w; OLG Innsbruck Danzl, HB Schmerzengeld (Stand 1.3.2019, rdb.at) Rz 1.37 uHa OLG Innsbruck 1 R 182/09p).

Die Rechtsprechung hatte sich bereits wiederholt mit Augenverletzungen, auch dem vollständigen oder fast vollständigen Verlust der Sehfähigkeit an einem oder beiden Augen und auch mit anderen dauernden Folgen, wie einem ständigen Fremdkörpergefühl oder Kratzen, auseinanderzusetzen. Dabei ist zu bemerken, dass etwa der Verlust der Sehfähigkeit eines Auges als gravierend, an beiden Augen aber noch als deutlich schwerwiegender eingeschätzt wird (vgl. 2 Ob 206/17h: bei Verlust eines Auges EUR 40.000,00 uHa 2 Ob 55/12w: bei Herabsetzung der Sehleistung um 90% bei beiden Augen EUR 75.000,00). Die Herabsetzung der Sehschärfe auf 20% an einem Auge durch eine schwere Horn- und Bindehautverbrennung mit gestörter Wundheilung, schalenförmiger Linsentrübung, vermehrter Blendempfindlichkeit, Verlust des dreidimensionalen Sehens, aber nur geringfügiger Beeinträchtigung des äußeren Erscheinungsbildes erschien dem OLG Linz zu 6 R 149/16y eine Schmerzengeldausmittlung in Höhe der begehrten EUR 29.930,00 als (gerade noch) angemessen. Mit EUR 50.000,00 mittelte dieses Gericht zu 6 R 37/18f das einem zum Verletzungszeitpunkt 14jährigen angemessene Schmerzengeld aus, der (durch einen Feuerwerkskörper) am linken Auge funktionell erblindete, sich insgesamt sieben operativen Eingriffen und mehreren kleinen Naht- und Wimpernkorrekturen sowie einer stationären Behandlung wegen einer sehr schmerzhaften Infektion auf dem Implantat unterziehen musste; erheblich kosmetisch entstellt wurde und bei dem weiterhin in regelmäßigen Abständen nachwachsende kratzende, fehlgestellte Wimpern augenärztlich entfernt werden müssen, und bei dem sich die akute Augenoperation auch negativ auf einen nicht kausalen, aber kausal zu verschiebenden Tumoreingriff am Bein auswirkte.

Zu 8 Ob 35/13z führte das Höchstgericht zum vom OLG Innsbruck (1 R 232/12w) bestätigten Zuspruch eines Schmerzengeldes von EUR 65.000,00 an einen dann pensionierten Angestellten und Bauleiter aufgrund praktischer Erblindung an einem Auge mit verschwommenem Sehen und Doppelbildern, der den nun zu hohen Augeninnendruck mit Tropfen behandeln kann, aber an einem ständigen Reizzustand leidet, aus, der zuerkannte Betrag erscheine zwar im Vergleich mit früheren höchstgerichtlichen Entscheidungen zu mehr oder weniger ähnlichen Verletzungsfolgen hoch, das sei aber darin begründet, dass bei dem zum Unfallzeitpunk erst 24-jährigen Kläger nicht nur der bloße Funktionsverlust eines Auges, sondern lebenslang ständig wiederkehrende Schmerzen und Missempfindungen und die damit einhergehende psychischen Belastung einzubeziehen seien.

Aus einer (misslungenen) augenfachärztlichen Behandlung, die zu einem für die Patientin unvorhersehbaren irreversiblen kompletten Sehverlust an einem Auge und zu massiven Beeinträchtigungen in der Lebensführung der 30-jährigen führte, resultierte ein Schmerzengeldzuspruch von EUR 20.400,00 (OLG Wien 14 R 214/12m; valorisiert rund EUR 29.000,00).

Erst im Herbst 2024 bestätigte das OLG Wien zu 11 R 133/24w die ausreichende Schmerzengeldabfindung einer damals 18-jährigen mit außergerichtlich geleisteten EUR 40.000,00. Die Klägerin war durch einen Verkehrsunfall am rechtem Auge praktisch erblindet, hatte mehrere Behandlungen über sich ergehen lassen müssen; es verblieben auch eine sichtbare Schielstellung – die Pupille wandert immer wieder nach außen – und eine dauerhafte Gefühlsstörung (Taubheit und Missempfindung bei Berührung rechts oberhalb der Braue). Als Folge entwickelte sie eine akute Belastungsreaktion mit Suizidgedanken, in der Folge eine Anpassungsstörung mit längerer depressiver Reaktion.

Der Verlust des Sehvermögens an einem Auge (bis auf Lichtprojektionen), zwei notwendige Operationen nach der Erstversorgung und als Dauerfolge auch ein ständiges Fremdkörpergefühl und Kratzen, eine Schrumpfung des Auges, möglicherweise Divergenzstellung, also ein nach außen stehendes Auge, das zu einem Nichtverwenden des Auges und möglicherweise dessen Entnahme und Einsetzen einer Prothese führen wird, führte 2007 zu einem Schmerzengeldzuspruch von EUR 70.000,00 (OLG Wien 13 R 183/07p, valorisiert rund EUR 111.000,00).

Auch dem Kläger verblieben nach der Hornhauttransplantation neben der Dauerfolge der schwachen Sehfähigkeit des linken Auges, die für sich zu einer funktionellen Einäugigkeit führt, durch eine Verstärkung des „trockenen Auges“ ein ständiges Fremdkörpergefühl, Brennen, Kratzen, eine verengte Lidspalte und ein herabhängendes Oberlid. Die funktionelle Einäugigkeit ist, wenn auch unter Schwierigkeiten, immerhin stundenweise durch eine Kontaktlinse verbesserbar. Auch er kann Hobbies nicht mehr und seine Berufstätigkeit nur mehr sehr eingeschränkt ausüben; zum Verletzungszeitpunkt war er rund 35 Jahre alt. So wie ein deutlicher Unterschied zwischen verbleibender Einäugigkeit und beidseitigem Sehverlust (vgl. 2 Ob 206/17h) zu erkennen ist, kann aber auch die, wenn auch nur temporäre, Verbesserbarkeit der funktionellen Einäugigkeit nicht unberücksichtigt bleiben. Bei Gegenüberstellung mit den angeführten Schmerzengeldzusprüchen, auch mit dem zuletzt angeführten Zuspruch, der hinsichtlich der Dauerfolgen bis auf die temporäre Verbesserbarkeit vergleichbar erscheint, wird deutlich, dass der vom Kläger geforderte Betrag im Verhältnis zu vergleichbaren Zusprüchen überhöht und das vom Erstgericht ausgemittelte Schmerzengeld einer Erhöhung nicht zugänglich ist.

Das Berufungsargument, eine pauschale Aufwertung von Schmerzengeldzusprüchen nach dem VPI werde den heute anzuwendenden Relationen nicht gänzlich gerecht, weil die Rechtsprechung in den letzten Jahrzehnten bei der Bewertung von Dauerfolgen die Komponente des psychischen Leids stärker als früher in den Vordergrund rücke, kann sinnvoll nur als Kritik an einer Orientierung der Bemessung an Jahrzehnte zurückliegenden Schmerzengeldzusprüchen, wenn auch aufgewertet nach dem VPI, verstanden werden. Das Erstgericht nahm aber auf solche zurückliegenden Zusprüche offenbar gar nicht Bezug, sodass die Kritik ins Leere geht. Die vom Berufungssenat vergleichsweise herangezogenen Entscheidungen stammen aus dem Zeitraum seit 2007 und zeigen in dieser Zeit keinen erheblichen Anstieg der Bewertung der psychischen Komponente. Die davon älteste Entscheidung kann hinsichtlich der Folgen als Orientierung dienen, gelangt aber ohnehin auch nach Valorisierung zu einem noch geringeren Zuspruch.

Der Berufung kann daher nicht gefolgt werden.

Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens gründet auf den §§ 50, 41 ZPO. Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, weil den zu lösenden Rechtsfragen keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt.