3R20/25v – OLG Linz Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Linz hat als Berufungsgericht durch Senatspräsident Mag. Hans Peter Frixeder als Vorsitzenden sowie Mag. Carina Habringer-Koller und Dr. Gert Schernthanner in der Rechtssache der Klägerin A* Aktiengesellschaft , **, **, vertreten durch die MUSEY rechtsanwalt gmbh in Salzburg, gegen den Beklagten Dr. B* , geboren am **, Arzt, **, **straße **, vertreten durch Dr. Gabriela Schrenk, Rechtsanwältin in Salzburg, wegen EUR 28.095,89 sA über die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 3. Jänner 2025, Cg*-21, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Die Klägerin ist schuldig, dem Beklagten die mit EUR 3.007,02 (darin EUR 501,17 USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
Am 29. Jänner 2023 gegen 19.00 Uhr brach in der Sauna eines Chalets in C*, deren Eigentümerin die D* C* E* GmbH ist, ein Brand aus. Der Beklagte hatte zu diesem Zeitpunkt das Chalet für sich und seine Familienmitglieder gemietet. Die Klägerin war damals Gebäude- und Inhaltssachversicherer und bezahlte im Rahmen der Schadensregulierung EUR 28.095,89 an die D* C* E* GmbH.
Die Klägerin begehrt vom Beklagten die Zahlung dieses Betrags. Der Beklagte oder ein Familienmitglied habe einen Saunaeimer aus Holz auf den Saunaofen gestellt. Der Saunaofen sei entweder in Betrieb gewesen oder eingeschaltet worden, obwohl sich der Holzeimer auf diesem befunden habe.
Der Beklagte bestritt . Weder er noch ein Familienmitglied habe die Sauna benützt oder den Holzeimer auf den Saunaofen gestellt.
Mit dem angefochtenen Urteil wies das Erstgericht die Klage ab. Dieser Entscheidung legte es den auf den US 2 und 3 festgestellten Sachverhalt zugrunde, auf den verwiesen wird (§ 500a ZPO). Folgende Feststellungen sind hervorzuheben:
Die im ersten Obergeschoß des Chalets befindliche Sauna bestand aus einem Vorraum und einer durch eine Tür abgegrenzten Saunakabine. Im Vorraum befand sich rechts neben der Tür zur Saunakabine ein elektronisches Display. Ob die Sauna durch Betätigung eines dort befindlichen Schalters oder durch Drücken eines dort befindlichen Knopfes aktiviert werden konnte, steht nicht fest.
Der Beklagte bezog am 28. Jänner 2023 gegen 17.00/17.30 Uhr mit 10 Familienmitgliedern - darunter seine beiden ** geborenen Enkeltöchter - das Chalet. Eine Einweisung in die Bedienung der Sauna erhielt er nicht. Er selbst erteilte seinen Familienmitgliedern auch keine Einweisung.
Gegen 17.30/18.00 Uhr desselben Tages ging der Beklagte in den Vorraum der Sauna. Er betätigte einen Schalter am elektronischen Display, deaktivierte diesen jedoch bereits nach wenigen Sekunden. Die Saunakabine betrat er nicht, er warf aber einen Blick in die Kabine. Dass er dabei einen am Saunaofen stehenden Holzeimer wahrgenommen hätte, konnte nicht festgestellt werden.
Zu einem nicht näher feststehenden Zeitpunkt zwischen 28. Jänner 2023 gegen 17.30/18.00 Uhr und 29. Jänner 2023 gegen 19.00 Uhr gingen die Enkeltöchter des Beklagten in den Vorraum und auch in die Saunakabine. Sie sahen den auf dem Saunaofen abgestellten Holzeimer.
Zum Zeitpunkt des Brandausbruchs war ein Holzeimer auf dem Saunaofen abgestellt. Die Sauna war aktiviert. Wer den Holzeimer auf den Saunaofen stellte und wann, steht nicht fest. Es steht auch nicht fest, wer die Sauna aktivierte und wann.
In rechtlicher Hinsicht ging das Erstgericht von der Anwendbarkeit österreichischen Rechts aus. § 1111 ABGB normiere eine verschuldensabhängige Haftung des Bestandnehmers. Dieser habe auch für das Verschulden ihm zurechenbarer Personen einzustehen. Die Pflichtverletzung seitens des Bestandnehmers und den Schaden habe die Klägerin zu beweisen. § 1298 ABGB betreffe nur das Verschulden. Ausgehend von den Negativfeststellungen sei der Klägerin der Beweis des Kausalzusammenhangs zwischen dem Verhalten des Beklagten oder dessen Familienmitglieder und dem Schaden nicht gelungen.
Dagegen richtet sich die Berufung der Klägerin wegen unrichtiger Tatsachenfeststellung aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit einem auf Klagsstattgabe gerichteten Abänderungsantrag. Hilfsweise wird ein Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag gestellt.
Mit seiner Berufungsbeantwortung strebt der Beklagte die Bestätigung des Ersturteils an.
Die Berufung ist nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
I. Zur Tatsachenrüge:
1. Die Klägerin bekämpft die zur Frage, wer die Sauna zu welchem Zeitpunkt eingeschaltet hat, getroffene Negativfeststellung. Sie begehrt die Ersatzfeststellung, dass entweder der Beklagte selbst oder eine Person, der er Zutritt gewährt hat, während der Bestandzeit die Sauna aktiviert hat.
„Grundlage dafür“ sei die Aussage des Zeugen F*, der ausschließen habe können, dass ein Mitarbeiter ihrer Versicherungsnehmerin während der Bestandzeit im Chalet gewesen sei. Demgemäß komme als „Aktivierer“ der Sauna nur der Beklagte oder eine ihm zurechenbare Person in Frage. Diesen Umstand habe das Erstgericht überhaupt nicht bedacht. Das Beweisverfahren habe ergeben, dass kein Personal der Versicherungsnehmerin der Klägerin während der Bestandzeit im Chalet gewesen sei.
2.1. Eine ordnungsgemäße Beweisrüge liegt nur dann vor, wenn klar ersichtlich ist, durch welche Tatsachenfeststellungen sich der Berufungswerber für beschwert erachtet, infolge welcher unrichtigen Beweiswürdigung sie getroffen wurden, welche Feststellungen stattdessen begehrt werden und aufgrund welcher Beweismittel die begehrten Feststellungen getroffen werden könnten. Um die Beweisrüge in der Berufung auszuführen, muss der Rechtsmittelwerber also deutlich zum Ausdruck bringen, welche konkrete Feststellung bekämpft wird, infolge welcher unrichtigen Beweiswürdigung sie getroffen wurde, welche Feststellung begehrt wird und aufgrund welcher Beweisergebnisse und Erwägungen die begehrte Feststellung zu treffen gewesen wäre (RS0041835; Kodek in Rechberger/Klicka 5 § 471 ZPO Rz 15).
2.2. Das Erstgericht hat im Rahmen der Beweiswürdigung umfassend und ausführlich dargelegt, aufgrund welcher Beweisergebnisse und Erwägungen es die bekämpfte Negativfeststellung getroffen hat. Mit den Ausführungen des Erstgerichtes setzt sich die Klägerin nicht auseinander. Sie zeigt nicht auf, warum dem Erstgericht eine unrichtige Beweiswürdigung anzulasten sein soll. Ihr Argument (für die ihrerseits begehrte Ersatzfeststellung) erschöpft sich in den Angaben des Zeugen F*. Dass das Erstgericht dessen Angaben nicht „bedacht“ habe, ist nicht richtig. Das Erstgericht ist auf dessen Angaben eingegangen (vgl US 7) und hat diese auch berücksichtigt. Es hat festgehalten, dass es überzeugt sei, dass nach dem Check-In des Beklagten und seiner Familie kein Reinigungspersonal der Versicherungsnehmerin der Klägerin im Chalet gewesen sei. Die Erwägungen des Erstgerichtes, dass und warum ein Aktivieren der Sauna im Rahmen der Reinigung vor dem Check-In des Beklagten und seiner Familie nicht ausgeschlossen werden könne (vgl US 9 und 10), lässt die Klägerin unberücksichtigt. Sie legt nicht dar, warum diese unrichtig sein sollen. Die Tatsachenrüge ist damit nicht ordnungsgemäß ausgeführt.
II. Zur Rechtsrüge:
1. Die Klägerin verweist auf § 1298 ABGB. Das Erstgericht hätte die Verschuldensabwägung nicht zum Nachteil ihrer Versicherungsnehmerin vornehmen dürfen. Insofern habe der Beklagte auch nichts vorgebracht, sodass „allfällige diesbezüglich“ getroffene Feststellungen überschießend seien. Die Kausalität sei zu ihren Gunsten zu „erfassen“, sei die Sauna doch während der Bestandzeit um 19.00 Uhr des 29. Jänner 2023 aktiviert gewesen.
Ausgehend von den Angaben des Zeugen F* hätte das Erstgericht ergänzend feststellen müssen, dass jedenfalls ein Bewohner des Chalets während der Bestandzeit die Sauna aktiviert habe.
2.1. Die Feststellungsgrundlage ist nur dann mangelhaft, wenn Tatsachen fehlen, die für die rechtliche Beurteilung wesentlich sind, und dies Umstände betrifft, die nach dem Vorbringen der Parteien und den Ergebnissen des Verfahrens zu prüfen waren (RS0053317). Werden zu einem bestimmten Thema (positive oder negative) Feststellungen getroffen, so ist es ein Akt der Beweiswürdigung, wenn die vom Rechtsmittelwerber gewünschten (abweichenden) Feststellungen nicht getroffen werden (RS0053317 [T3]).
2.2. Das Erstgericht konnte nicht feststellen, wer wann die Sauna aktiviert hat (US 3). Es hat dies - wie bereits dargelegt - in der Beweiswürdigung umfassend begründet und unter anderem nicht ausgeschlossen, dass die Sauna (vor dem Check-In des Beklagten und seiner Familie) versehentlich vom Reinigungspersonal der Versicherungsnehmerin der Klägerin (anlässlich der gründlichen Reinigung des elektronischen Displays der Sauna) aktiviert wurde.
Das Erstgericht hat somit zum von der Klägerin angesprochenen Thema ausreichende (von den Vorstellungen der Klägerin allerdings abweichende) Feststellungen getroffen, sodass ein sekundärer Feststellungsmangel nicht vorliegt.
3.1. Zwischen den Parteien ist (zu Recht) unstrittig, dass österreichisches Recht zur Anwendung gelangt.
3.2. Das Erstgericht hat bereits ausgeführt, dass der Bestandnehmer nur für die verschuldete Beschädigung der Bestandsache haftet (RS0020671; Prader , MRG 6.13 § 1111 ABGB E 7). Den Mieter trifft gemäß § 1298 ABGB hinsichtlich des Entschuldungsbeweises die Beweislast (RS0020652; Prader , MRG 6.13 § 1111 ABGB E 7). Das Erstgericht hat auch bereits darauf verwiesen, dass es Sache des Geschädigten bleibt, die Pflichtverletzung und den dadurch verursachten Schaden zu beweisen; für den Nachweis der Kausalität reicht die überwiegende Verursachungswahrscheinlichkeit seitens des Bestandnehmers (1 Ob 74/09b; Prader , MRG 6.13 § 1111 ABGB E 8). Dagegen wendet sich die Klägerin in ihrer Berufung nicht.
Das Erstgericht hat nicht eine Verschuldensabwägung (zu Ungunsten der Klägerin) vorgenommen. Eine solche stellt sich ausgehend von den Feststellungen auch nicht. Dies gilt auch für die von der Klägerin angesprochene Kausalität. Das Erstgericht konnte nicht feststellen, wer wann die Sauna aktiviert und wer wann den Holzeimer auf den Saunaofen gestellt hat. Damit steht eine Pflichtverletzung bzw. Sorgfaltswidrigkeit des Beklagten oder einer ihm zurechenbaren Person nicht fest. Das Ersturteil ist daher nicht korrekturbedürftig.
III. Ergebnis, Kosten, Zulassung:
1. Der Berufung war kein Erfolg zuzuerkennen.
Mit seiner in der Berufungsbeantwortung wohl angesprochenen Tatsachenrüge ist der Beklagte darauf zu verweisen.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 50, 41 ZPO.
3. Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da die Entscheidung des Berufungsgerichtes nicht von der Lösung erheblicher, im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO qualifizierter Rechtsfragen abhängig war.