JudikaturOLG Linz

6R13/25m – OLG Linz Entscheidung

Entscheidung
13. Februar 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Linz als Rekursgericht hat durch die Senatspräsidentin Mag. Edeltraud Kraupa als Vorsitzende sowie Dr. Karin Gusenleitner-Helm und Mag. Hermann Holzweber in der Firmenbuchsache der im Firmenbuch des Landesgerichtes Wels zu FN ** eingetragenen A* B* C* KG , **, **, wegen Änderung im Stand der Kommanditisten, über den Rekurs der Gesellschaft, des minderjährigen D* C* und des Vaters Mag. E* C* gegen den Beschluss des Landesgerichtes Wels vom 24. Jänner 2025, Fr*, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:

Spruch

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird dahin abgeändert, dass folgende Eintragungen im Firmenbuch bewilligt werden:

KOMMANDITIST/IN

F F* C*, geb. **

**, **

Haftsumme EUR 5.000,00

Funktion gelöscht

H D* C*, geb. **

**, **

Haftsumme EUR 5.000,00

Rechtsnachfolge nach

F* C*, geb. **

hinsichtlich eines Betrages von EUR 5.000,00

Der Vollzug wird dem Erstgericht aufgetragen.

Der ordentliche Revisionsrekurs ist nicht zulässig.

Text

Begründung:

Im Firmenbuch ist zu FN ** die A* B* C* KG eingetragen. G* C*, die Mutter des am ** geborenen minderjährigen D* C*, ist einzige Komplementärin der Gesellschaft. Kommanditisten sind die Mag. E* C* Steuerberatungsgesellschaft mbH (FN **), deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer Mag. E* C*, der Vater des mj D* C*, ist, sowie H* C* und F* C*.

Mit Antrag vom 12. August 2024 begehrten sämtliche Gesellschafter sowie der mj D* C*, vertreten durch seinen Vater Mag. E* C*, die Löschung des Kommanditisten F* C* sowie die Eintragung des minderjährigen D* C* als Kommanditisten mit einer Haftsumme von EUR 5.000,00 samt Eintragung der Rechtsnachfolge nach F* C* hinsichtlich eines Betrages von EUR 5.000,00.

F* C* hat den ihm gehörigen Kommanditanteil an der A* B* C* KG mit einer Haftsumme von EUR 5.000,00 an seinen Bruder mj D* C*, geboren K*, schenkungsweise übertragen. Diese Schenkung wurde mit rechtskräftigem Beschluss des Bezirksgerichtes Zell am See vom 10. September 2024, Pg*-2, pflegschaftsgerichtlich genehmigt.

Der erstgerichtlichen Aufforderung, den Antrag durch einen Kollisionskurator zu unterfertigen, da die Bestellung eines Kollisionskurators gemäß § 277 ABGB erforderlich sei, wenn ein Elternteil selbst auch an der Gesellschaft beteiligt sei (ON 2), kam die Gesellschaft nicht nach. Vielmehr verwiesen die Gesellschaft und der Vater des mj D* darauf, dass nicht ersichtlich sei, worin eine Interessenkollision bei schenkungsweiser Übertragung eines mit EUR 5.000,00 einbezahlten Kommanditanteiles mit positivem Wert von F* auf D* C* liegen solle. Die Übertragung habe keinerlei Einfluss auf den Kommanditanteil der vom Vater vertretenen GmbH und berühre seine persönlichen Interessen nicht. Dass es bei Beteiligungsverhältnissen zu Kollisionsfällen kommen könne (zB Auflösung der Gesellschaft), stehe fest, einen Automatismus gebe es jedoch nicht, weshalb kein Kollisionskurator beantragt werde.

Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Erstgericht den Antrag auf Eintragung einer Änderung im Stande der Kommanditisten ab.

In rechtlicher Hinsicht verwies das Erstgericht auf die Bestimmung des § 277 ABGB, wonach die Einschaltung eines Kollisionskurators erforderlich sei, wenn ein Elternteil selbst Vertragspartner des Minderjährigen ist und dabei einem Interessenkonflikt unterliege. Diese Konstellation sei bei Beteiligung eines Elternteils an der Gesellschaft gegeben. Die gerichtliche Genehmigung der Vertretungshandlung ersetze die Bestellung des Kollisionskurators nicht. § 277 ABGB greife bei materiellen Interessenkonflikten. Dies könne bei der unmittelbaren Beteiligung eines Elternteils an der Gesellschaft, an der auch der Minderjährige beteiligt ist, gegeben sein. Ebenso, wenn der Elternteil an einer Gesellschaft beteiligt sei, die wiederum am gegenständlichen Unternehmen eine Beteiligung halte. Hier sei der Vater des Minderjährigen mittelbar an der Gesellschaft beteiligt, da er alleiniger Geschäftsführer und Gesellschafter einer Kommanditistin sei. Die Mutter wiederum sei als Komplementärin beteiligt. Hier sei im Hinblick auf einen Gesellschafterwechsel von einer Gesellschaftsvertragsänderung auszugehen. Ein Interessenkonflikt könne ua darin liegen, dass bei der Vertragsänderung eine Vereinbarung getroffen werde, dass der Kommanditist neben der Haftsumme mit einer bedungenen Einlage hafte. Diese sogenannte Pflichteinlage werde zwar regelmäßig der Hafteinlage entsprechen, die Pflichteinlage könne aber auch höher als die Haftsumme sein. Da beide Elternteile des Minderjährigen an der Gesellschaft beteiligt seien und eine Interessengefährdung für den Minderjährigen vorliegen könnte, sei der Antrag abzuweisen gewesen.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der Rekurs der Gesellschaft sowie des mj D*, vertreten durch seine Eltern, und seines Vaters aus dem Rekursgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem auf Bewilligung des Eintragungsbegehrens gerichteten Abänderungsantrag.

Der Rekurs ist berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die Rekurswerber verweisen darauf, dass bei gegenständlicher Konstellation keine Interessenkollision vorliege. Es sei ein Eintritt auf Basis des gültigen Gesellschaftsvertrages vereinbart worden, das Erstgericht unterstelle rein hypothetische Änderungen. Eine präventive Bestellung eines Kurators auf Basis eines fingierten Sachverhalts sei nicht gerechtfertigt.

Voraussetzung der Bestellung eines Kollisionskurators gemäß § 277 Abs 2 ABGB ist der Widerstreit der Interessen einer minderjährigen oder sonst iSd § 21 Abs 1 ABGB schutzberechtigten Person und ihres gesetzlichen Vertreters in einer bestimmten, vom Wirkungskreis des gesetzlichen Vertreters erfassten Angelegenheit (Stefula in KBB 7§ 277 ABGB Rz 7). Die Rechtsprechung unterscheidet zwischen Kollision im formellen und materiellen Sinn. Kollision im formellen Sinn liegt vor, wenn zufolge Gesetz oder behördlicher Verfügung Vertretungsbefugter in bestimmten Angelegenheiten nicht nur zu vertreten, sondern auch im eigenen oder im Namen Dritter zu handeln hätte. Kollision im materiellen Sinn liegt vor, wenn bei Kollision im formellen Sinn zusätzlich noch ein Interessenwiderspruch besteht. Dieser kann sich auch aus den Interessen anderer Personen als des Vertretungsbefugten ergeben, wenn Letzterer geneigt sein könnte, diese Interessen denen des von ihm Vertretenen vorzuziehen (RS0058177; 8 Ob 41/23x).

So wird judiziert, ein Kollisionskurator sei schon dann zu bestellen, wenn aufgrund eines objektiv gegebenen Interessenwiderspruchs eine Gefährdung der Interessen des Minderjährigen möglich ist (RS0107600 [T1]). Andererseits wird auch vertreten, dass kein Kollisionskurator zu bestellen sei, wenn kein Interessengegensatz zu befürchten ist (RS0049033) oder wenn die Interessen des Vertretenen ausreichend vom Gericht wahrgenommen werden können (6 Ob 14/21h [Rz 20]). Es wird aber auch argumentiert, dass ex ante zu beurteilen sei, ob Interessenwidersprüche denkbar sind und die Gefahr einer Interessenkollision als ausreichend betrachtet (4 Ob 72/18 [Pkt 9]; 7 Ob 42/20g [Pkt 2 und 3]).

In der Entscheidung 3 Ob 204/21b (=RS0134058) geht das Höchstgericht von dieser strengen Judikaturlinie insoweit ab, als es „eine denkbare, aber noch in keiner Weise konkret indizierte Möglichkeit, dass es später zu einem Interessenkonflikt kommen könnte“, für eine materielle Kollision nicht (mehr) für ausreichend erachtet. In dieser Entscheidung hatte sich der OGH mit der Frage beschäftigt, ob allein die Gesellschafterstellung von Minderjährigem und Mutter als gesetzliche Vertreterin an derselben GmbH einen Kollisionskurator für die Verwaltung der Geschäftsanteile des Minderjährigen erforderlich macht. Nach ausführlicher Darstellung des gesellschaftsrechtlichen Meinungsstandes in Rechtsprechung und Lehre gelangte der Senat zur bereits obig zitierten Auffassung, dass eine prophylaktische Bestellung eines Kollisionskurators nicht zu rechtfertigen sei (zustimmend Bahar In EF-Z 2022/94 und Eiselsberg/Grünzweig in ecolex 2022, 540).

Zur formellen Kollision müssen also nach dieser jüngsten höchstgerichtlichen Entscheidung besondere Umstände für eine materielle Kollision hinzukommen, eine gemeinsame Gesellschafterstellung per se reicht nicht für die Bestellung eines Kollisionskurators aus. Vor dem Hintergrund, dass davon ausgegangen werden muss, dass die Obsorge entsprechend den Interessen des Kindes ausgeübt wird, Vertretungshandlungen im außerordentlichen Wirtschaftsbetrieb einer pflegschaftsgerichtlichen Genehmigung bedürfen und hier eine solche bezüglich der schenkungsweisen Übertragung von Kommanditanteilen an den Minderjährigen vorliegt, sind die Interessen vom Minderjährigen durch seine gesetzlichen Vertreter unter Aufsicht des Pflegschaftsgerichts ausreichend wahrgenommen. Demnach bedarf es für den Antrag auf Eintragung der Änderung im Stande der Kommanditisten keines Kollisionskurators.

Damit ist aber dem Rekurs Folge zu geben und die beantragte Eintragung zu bewilligen.

Das Erstgericht hat den Beschluss zu vollziehen (§ 20 Abs 2 FBG).

Da Firmenbuchsachen – insbesondere solche, die das Eintragungsverfahren betreffen – in der Regel nicht rein vermögensrechtlich sind, kann eine Bewertung des Entscheidungsgegenstands unterbleiben (RS0110629).

Der Ausspruch über die Unzulässigkeit eines ordentlichen Revisionsrekurses beruht auf § 62 Abs 1 AußStrG; die Beurteilung der Frage, ob genügend und welche Anhaltspunkte für die Notwendigkeit der Bestellung eines Kollisionskurators vorliegen, ist immer eine solche des Einzelfalls und bildet daher in der Regel keine erhebliche Rechtsfrage (RS0127193).