10Bs276/24w – OLG Linz Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Linz hat durch die Richterinnen Dr. Henhofer als Vorsitzende und Mag. Höpfl sowie den Richter Mag. Graf in der Strafsache gegen A*wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 und Abs 2 StGB über die Berufung des Angeklagten wegen Nichtigkeit sowie wegen des Ausspruchs über die Schuld und die Strafe gegen das Urteil des Landesgerichts Steyr vom 14. Oktober 2024, GZ*-6, nach der in Anwesenheit des Oberstaatsanwalts Mag. Zentner sowie des Angeklagten und dessen Verteidigers Mag. Bachinger durchgeführten Berufungsverhandlung am 10. Februar 2025 zu Recht erkannt:
Spruch
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390a Abs 1 StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Entscheidungsgründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der ** geborene A* des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 und Abs 2 StGB schuldig erkannt und hiefür nach § 107 Abs 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von sechs Monaten verurteilt. Gemäß § 43 Abs 1 StGB wurde der Vollzug der verhängten Freiheitsstrafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.
Nach dem Schuldspruch hat der Angeklagte am 14. August 2024 an einem nicht mehr näher feststellbaren Ort in der Slowakei durch die fernmündlich gegenüber B* getätigte Äußerung, wonach er das bereits an seinen Stiefsohn überschriebene Wohnhaus in **, **straße **, anzünden werde, seinen Stiefsohn C* und seine ebenfalls im angeführten Wohnhaus lebende Ehefrau D* mit einer Brandstiftung gefährlich bedroht, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen.
Gegen dieses Urteil richtet sich die wegen Nichtigkeit sowie des Ausspruchs über die Schuld und die Strafe angemeldete- (ON 8) und auch ausgeführte (ON 11) Berufung des Angeklagten, mit der er als primäres Ziel die Aufhebung der Entscheidung anstrebt.
Rechtliche Beurteilung
Die Berufung, zu der die Oberstaatsanwaltschaft eine Stellungnahme abgegeben hat, ist nicht berechtigt.
Bezugspunkt der Mängelrüge nach § 281 Abs 1 Z 5 StPO ist der Ausspruch des Gerichts über entscheidende Tatsachen, wobei - vom Widerspruch zwischen Spruch und Entscheidungsgründen abgesehen - mit diesem Rechtsmittel in fünf verschiedenen Kategorien die Tatsachenfeststellungen oder auch deren Begründung angefochten werden können (vgl RIS-Justiz RS0106268; RS0117264; Ratz in Fuchs/Ratz,WK StPO § 281 Rz 398 ff). Somit zielt das Berufungsvorbringen, wonach das Erstgericht im Zuge der Hauptverhandlung den Umstand unerörtert ließ, ob der Angeklagte damit rechnen musste, dass seine Äußerungen der Gattin und dem Stiefsohn zur Kenntnis gelangen, auf keine der zulässigen Anfechtungskriterien ab. Entgegen der weiteren Kritik in der Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) ist der Schluss von einem gezeigten Verhalten auf ein zugrunde liegendes Wissen und Wollen grundsätzlich nicht zu beanstanden- und bei leugnenden Angeklagten in aller Regel methodisch gar nicht zu ersetzen (RIS-Justiz RS0098671 [T5]). Weil ansonsten keine widersprüchlichen Beweisergebnisse vorliegen und das Erstgericht die Absicht des Angeklagten, dass die Drohung den Bedrohten zur Kenntnis gebracht wird, auch mit dem (im Urteil näher konkretisierten und in der Vergangenheit zur Schau gestellten) Verhalten des Angeklagten begründet hat (US 6), sind die Erwägungen zur jeweiligen Vorsatzform aus dem Blickwinkel der Begründungstauglichkeit nicht zu beanstanden ( Ratz in Fuchs/Ratz,WK StPO § 281 Rz 425; 14 Os 100/08z).
Der Schuldberufung ist vorauszuschicken, dass es sich bei der freien Beweiswürdigung um einen kritisch-psychologischen Vorgang handelt, bei dem durch Subsumierung der Gesamtheit der durchgeführten Beweise in ihren Zusammenhang unter allgemeinen Erfahrungssätze logische Schlussfolgerungen zu gewinnen sind (RIS-Justiz RS0098390). Das Gericht prüft die im Verfahren vorgekommenen Beweismittel in Ansehung ihrer Glaubwürdigkeit und Beweiskraft und kommt aufgrund des Ergebnisses dieses Vorgangs zur Überzeugung vom Vorliegen oder Nichtvorliegen entscheidender Tatsachen, die es im Urteil feststellt. Bei Würdigung der Angaben von Personen, die das Gericht selbst vernommen hat, ist oft der persönliche Eindruck der erkennenden Richter entscheidend. Dieser unmittelbare, lebendige Eindruck, der sich auch auf das Auftreten, die Sprache, die Ausdrucksweise und die Bewegungen einer Person stützen kann, lässt sich nicht immer erschöpfend in Worte kleiden und muss darum im Urteil nicht in allen Einzelheiten dargelegt und wiedergegeben werden (vgl Lendl in Fuchs/Ratzin WK StPO, § 258 Rz 25ff mwN). Daran anknüpfend hat sich das Erstgericht einen persönlichen Eindruck sowohl vom Angeklagten als auch vom Zeugen B* machen können und in weiterer Folge diese Verfahrensergebnisse einer lebensnahen Wertung unterzogen. Insbesondere stützte die Erstrichterin ihre umfassenden und nachvollziehbaren Erwägungen zur objektiven Tatseite auf die – als glaubwürdig befundenen - Angaben des Zeugen B*, der sowohl im Zuge seiner polizeilichen Einvernahme (ON 2.4), als auch bei seiner zeugenschaftlichen Aussage während der Hauptverhandlung (AS 3f in ON 5), keinen Zweifel darüber offen ließ, dass der Angeklagte ihm gegenüber die inkriminierte Wortfolge als Ankündigung – und nicht etwa als Frage - formuliert hat (US 4f). Dass das Gericht letztlich – auch unter Verweis auf die widersprüchlichen Angaben des Angeklagten (US 4) - zum Ergebnis kam, dass nur die Aussagen des Zeugen B* der Wahrheit entsprechen, ist Vorgang der freien Beweiswürdigung. Weil aber nicht nur zwingende, sondern auch Wahrscheinlichkeitsschlüsse das Gericht zu Tatsachenfeststellungen berechtigen (vgl RIS-Justiz RS0098362; Kirchbacher, StPO 15 § 258 Rz 8), der Grundsatz „in dubio pro reo“ keine negative Beweislastregel darstellt, dieser gerade nicht bedeutet, dass sich das Gericht bei mehreren denkbaren Schlussfolgerungen durchwegs für die dem Angeklagten günstigste Variante entscheiden müsste (vgl Kirchbacher, aaO Rz 11) und die Feststellungen des Erstgerichts zur subjektiven Tatseite, das vom äußeren Tatablauf auf den deliktspezifischen Vorsatz schloss und dies auch ausführlich und nachvollziehbar begründete (US 6), nicht korrekturbedürftig waren (vgl RIS-Justiz RS0116882), bleibt entgegen der Ansicht des Angeklagten kein Raum für den Zweifelsgrundsatz ( Lendl in Fuchs/Ratz, WK StPO § 258 Rz 36f), sodass der Schuldspruch Bestand hatte.
Die Darstellung einer Diversionsrüge ist - unter Beachtung der Notwendigkeit des kumulativen Vorliegens der Voraussetzungen nach § 198 StPO - auf der Basis der Urteilsfeststellungen methodisch korrekt zu entwickeln(RIS-Justiz RS0124801; Ratz in Fuchs/Ratz,WK StPO § 281 Rz 659f).Indem der Rechtsmittelwerber bloß behauptet, das Erstgericht hätte keine Feststellungen dazu getroffen, wonach der Angeklagte am 15. August 2024 dem Zeugen B* eine SMS geschickt habe, in welcher er erläutert habe, dass er seine Aussage keineswegs umsetzen wolle, legt er nicht dar, weshalb eine solche Annahme dazu führen sollte, vom Vorliegen sämtlicher Diversionsvoraussetzungen auszugehen. Mag auch ein Geständnis nicht als generelle Voraussetzung für eine diversionelle Erledigung angesehen werden können (RIS-Justiz RS0119093), unterlässt der Rechtsmittelwerber bei seiner (erkennbaren) Kritik, es sei unzutreffend, wenn das Erstgericht ausführt, dass mangels Schuldeinsicht ein diversionelles Vorgehen nicht in Betracht gekommen wäre, jeglichen Hinweis auf Umstände, die unter dem Aspekt spezialpräventiver Notwendigkeit einer Bestrafung eine zumindest bedingte Unrechtseinsicht oder eine partielle Übernahme der Verantwortung (im Rahmen der Hauptverhandlung) für das Bewirken der eine strafrechtliche Haftung begründenden Tatsachen indiziert hätten ( Schroll in Fuchs/Ratz,WK StPO § 198 Rz 36).
Bei der Strafbemessung wertete das Erstgericht mildernd die bisherige Unbescholtenheit, erschwerend hingegen keinen Umstand. Damit wurde der Strafzumessungskatalog vollständig zur Darstellung gebracht.Die relevierte fehlerhafte Gewichtung der Strafzumessungsgründe zulasten des Angeklagten ist nicht auszumachen. Bei Abwägung der Strafzumessungslage und der allgemein im Sinn des § 32 Abs 2 und Abs 3 StGB anzustellenden Erwägungen erweist sich bei einem zur Verfügung stehenden Strafrahmen von bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe die vom Erstgericht gefundene Sanktion in Form einer (bedingt nachgesehenen) Freiheitsstrafe von sechs Monaten schuld- und tatangemessen und keiner Reduktion zugänglich. Die flankierende Bestimmung der Probezeit in Höhe von drei Jahren ist notwendig, um den Angeklagten hinkünftig wieder zu rechtstreuem Verhalten zu motivieren.