3R9/25a – OLG Linz Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Linz hat als Rekursgericht durch Senatspräsident Mag. Hans Peter Frixeder als Vorsitzenden sowie Mag. Carina Habringer-Koller und Dr. Gert Schernthanner in der Rechtssache der Klägerin A* GmbH , **, vertreten durch Dr. Roland Gabl, Rechtsanwalt in Linz, gegen die Beklagte B*-gmbH , **, vertreten durch Mag. Daniel Sallrigler, Rechtsanwalt in Linz, wegen EUR 13.803,67 über den Rekurs der Klägerin (Rekursinteresse EUR 690,18 sA) gegen den Beschluss des Landesgerichtes Linz vom 16. Dezember 2024, GZ1*-39, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:
Spruch
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Klägerin hat die Kosten ihres Rekurses selbst zu tragen.
Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.
Text
Begründung:
Mit ihrer am 31. Oktober 2023 eingebrachten Klage begehrte die Klägerin von der Beklagten Zahlung von EUR 45.709,82 sA, welcher Betrag mit Schriftsatz vom 4. März 2024 auf EUR 30.520,09 sA eingeschränkt wurde.
Zur vorbereitenden Tagsatzung am 25. April 2024 erschien nur der Geschäftsführer der Klägerin, nicht jedoch der Klagevertreter, weshalb über Antrag der Beklagten ein Versäumungsurteil erlassen wurde.
Der am 7. Mai 2024 eingebrachte Wiedereinsetzungsantrag der Klägerin wurde mit Beschluss des Erstgerichtes vom 10. Mai 2024 abgewiesen. In Stattgebung des dagegen erhobenen Rekurses der Klägerin hob dieser Senat den Beschluss auf und trug dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung über den Wiedereinsetzungsantrag nach Verfahrensergänzung auf.
Bei der Befragung von Auskunftspersonen am 3. Oktober 2024 erwähnte der Geschäftsführer der Klägerin die Eröffnung eines Sanierungsverfahrens über das Vermögen der Beklagten.
Bereits am 4. Oktober 2024 brachte die Klägerin einen „Fortsetzungsantrag nach Konkurseröffnung“ gegen Dr. C* als Masseverwalter im Sanierungsverfahren über das Vermögen der Beklagten ein. Sie habe ihre Forderung im Umfang eines Kapitalbetrages von EUR 43.099,94 bzw. von EUR 53.058,57 inklusive Zinsen und Kosten im Insolvenzverfahren angemeldet. Die Gesamtkapitalforderung betrage EUR 26.474,94 (sic). Der Masseverwalter habe lediglich EUR 23.132,50 anerkannt. Das Leistungsbegehren werde „modifiziert auf“ ein Feststellungsbegehren und beantragt, dass gegenüber dem beklagten Masseverwalter das Bestehen einer weiteren Konkursforderung der Klägerin von EUR 29.926,07 festgestellt werde.
Mit Beschluss vom selben Tag trug das Erstgericht der Klägerin die Verbesserung ihres Fortsetzungsantrags dahin auf, den Widerspruch zwischen dem im Fortsetzungsantrag genannten Betrag von EUR 43.099,94 und dem im Verfahren begehrten Betrag von EUR 30.520,09 aufzuklären.
Daraufhin schränkte die Klägerin ihr Begehren zunächst auf EUR 26.474,94 sA ein, wobei dieses auf Zahlung lautete, und folglich auf EUR 13.803,67, welches Begehren wiederum in Form eines Feststellungsbegehrens gegenüber dem Masseverwalter gestellt wurde.
Mit (deklarativem) Beschluss vom 16. November 2024 sprach das Erstgericht aus, dass das Verfahren zufolge Eröffnung des Sanierungsverfahrens ohne Eigenverwaltung über das Vermögen der Beklagten am 28. Juni 2024 (GZ2* des LG Linz) nach § 7 IO unterbrochen ist. Zudem trug es der Klägerin (erneut) die Verbesserung ihres Fortsetzungsantrags binnen 14 Tagen auf. Einerseits möge erklärt werden, ob der Fortsetzungsantrag gegen den Masseverwalter aufrecht bleibe, bzw. dargelegt werden, wie eine Fortsetzung gegen den Masseverwalter mit Blick auf die Aufhebung des Sanierungsverfahrens per 25. Oktober 2024 möglich sein solle. Andererseits möge dargelegt werden, wie die widersprüchlichen Klagseinschränkungen zu verstehen seien.
Die Klägerin nahm keine Verbesserung ihres Fortsetzungsantrags vor.
Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Erstgericht den Fortsetzungsantrag ab. Es verwies darauf, dass mangels Verbesserung nicht ersichtlich sei, gegen wen das Verfahren allenfalls fortzusetzen sei oder „was beantragt“ werde.
Dagegen richtet sich der Rekurs der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, dem Fortsetzungsantrag insofern stattzugeben, dass das Verfahren gegen die Beklage gerichtet auf Zahlung von EUR 690,18 sA fortgesetzt werde.
Die Beklagte und der Masseverwalter im Sanierungsverfahren über das Vermögen der Beklagten haben sich am Rekursverfahren nicht beteiligt.
Rechtliche Beurteilung
I. Zur Rechtsrüge:
1. Die Klägerin verweist darauf, dass sie alles für eine Verfahrensfortsetzung Erforderliche vorgebracht habe. Das Sanierungsverfahren sei auch aufgehoben, sodass der Unterbrechungsgrund weggefallen sei.
2.1.Gemäß § 7 Abs 1 IO werden alle anhängigen Rechtsstreitigkeiten, in denen der Schuldner Kläger oder Beklagter ist - mit Ausnahme der in § 6 Abs 3 IO bezeichneten Streitigkeiten - durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens unterbrochen. Das Verfahren kann vom Insolvenzverwalter, von den Streitgenossen des Schuldners und vom Gegner aufgenommen werden (§ 7 Abs 2 IO). Bei Rechtsstreitigkeiten über Ansprüche, die der Anmeldung im Insolvenzverfahren unterliegen, kann das Verfahren vor Abschluss der Prüfungstagsatzung nach § 7 Abs 3 IO nicht aufgenommen werden. § 7 Abs 3 IO setzt voraus, dass der Anspruch im Konkurs wirklich angemeldet und der Prüfung unterzogen wurde. Eine Wiederaufnahme des unterbrochenen Verfahrens ist ausgeschlossen, solange eine Anmeldung der Forderung im Konkurs nicht erfolgt ist (RS0109861, RS0036735).
Eine Fortführung des Verfahrens setzt nach § 164 ZPO einen Aufnahmeantrag sowie einen gerichtlichen Aufnahmebeschluss voraus (RS0037128 [T1]; RS0037218). Solange kein Aufnahmebeschluss gefasst wird, besteht die durch die Insolvenzeröffnung eingetretene Unterbrechungswirkung fort (RS0037128 [T16]).
Das Erlöschen des Unterbrechungsgrundes ist im Hinblick auf § 164 ZPO glaubhaft zu machen. Das Einlangen des Fortsetzungsantrags löst die Prüfungs- und Entscheidungspflicht des Gerichts über das behauptete Erlöschen des Unterbrechungsgrundes aus ( Gitschthaler in Rechberger/Klicka 5§§ 164-166 ZPO Rz 4).
Mit Rechtskraft eines Beschlusses iSd § 59 IO (also etwa eines Beschlusses des Insolvenzgerichtes, dass der Sanierungsplan bestätigt wird) wird der Unterbrechungsgrund (nicht die Unterbrechung selbst) beseitigt. Damit endet die Funktion des Insolvenzverwalters; der Rechtsstreit kann vom Schuldner selbst oder gegen ihn aufgenommen werden. Auch in diesem Fall entfällt die Unterbrechung nicht ipso iure, sondern erst, wenn das Prozessgericht zufolge eines darauf gerichteten Antrags die Aufnahme des Verfahrens beschließt ( Fink in Fasching/Konecny 3§ 159 ZPO Rz 76 und 77).
2.2. Mit Beschluss des Insolvenzgerichtes vom 28. Juni 2024 wurde über das Vermögen der Beklagten das Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung eröffnet. Dr. C* wurde zum Masseverwalter bestellt. Der Fortsetzungsantrag der Klägerin vom 4. Oktober 2024 ist einerseits gegen Dr. C* als Masseverwalter, andererseits auf Feststellung des Bestehens einer weiteren Insolvenzforderung der Klägerin von EUR 29.926,07 gerichtet. Den ersten Verbesserungsauftrag des Erstgerichtes beantwortete die Klägerin mit widersprüchlichen Klagseinschränkungen. Mit Beschluss vom 25. Oktober 2024 wurde der Sanierungsplan rechtskräftig bestätigt und das Sanierungsverfahren aufgehoben. Diesem Umstand trug das Erstgericht in seinem zweiten Verbesserungsauftrag Rechnung. Eine Verbesserung erfolgte seitens der Klägerin nicht. Auf den Wegfall des Unterbrechungsgrundes reagierte sie ungeachtet des Verbesserungsauftrags - beinhaltend die Ankündigung, dass der Fortsetzungsantrag im Falle nicht fristgerechter Schlüssigstellung und Darlegung der Fortsetzungsgründe zurückgewiesen werde - nicht; sie hielt den Fortsetzungsantrag gegen den Masseverwalter als Beklagten aufrecht.
Im Einklang mit dem Erstgericht stellt sich eine Verfahrensfortsetzung gegen den Masseverwalter wegen Wegfalls des Unterbrechungsgrundes - wie die Klägerin selbst erkennt - nicht mehr. Ihr Rekurs ist auch auf eine Abänderung des angefochtenen Beschlusses dahin gerichtet, dass das Verfahren gegen die Beklagte (B*-gmbH) fortgesetzt werde. Darauf ist ihr Fortsetzungsantrag allerdings nicht gerichtet. Die Abweisung des gegen den Masseverwalter gerichteten Fortsetzungsantrags ist vor diesem Hintergrund nicht korrekturbedürftig. Auch eine Abänderung des angefochtenen Beschlusses iSe Verfahrensfortsetzung gegen die Beklagte stellt sich mit Blick auf den Fortsetzungsantrag der Klägerin nicht.
II. Ergebnis, Kosten, Rechtsmittelzulässigkeit:
1. Dem Rekurs konnte kein Erfolg zuerkannt werden.
2.Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 50, 40 ZPO.
3.Die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses resultiert aus § 528 Abs 2 Z 1 ZPO.