7Bs2/25f – OLG Linz Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Linz hat durch die Richterin Dr. Gföllner als Vorsitzende, die Richterin Dr. Ganglberger-Roitinger sowie den Richter Mag. Grosser in der Strafsache gegen A*wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Berufung des Angeklagten wegen Strafe und des Ausspruchs über die privatrechtlichen Ansprüche gegen das Urteil des Landesgerichts Steyr als Schöffengericht vom 9. Juli 2024, GZ*-43, nach der in Anwesenheit der Oberstaatsanwältin Mag. Breier, der Privatbeteiligtenvertreterin Mag. Wirleitner (für B* ), des Angeklagten und seiner Verteidigerin Mag. Nagl durchgeführten Berufungsverhandlung am 23. Jänner 2025 zu Recht erkannt:
Spruch
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390a Abs 1 StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Entscheidungsgründe:
Mit dem angefochtenen Urteil – das auch einen rechtskräftigen Freispruch enthält – wurde der am ** geborene A* je eines Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB (I./) und des sexuellen Missbrauchs einer wehrlosen oder psychisch beeinträchtigten Person nach § 205 Abs 1 StGB (II./) sowie eines Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (III./) schuldig erkannt und hiefür unter Anwendung des § 28 Abs 1 StGB nach § 201 Abs 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt.
Demnach hat er in **
I./ am 9. August 2023 B* mit Gewalt zur Duldung des Beischlafs genötigt, indem er sie trotz ihrer verbalen und physischen Gegenwehr auf das Bett stieß, an ihren Händen festhielt, ihre Oberschenkel auseinanderdrückte und mit seinem Penis in ihre Vagina eindrang;
II./ am 19. August 2023 eine wehrlose Person, nämlich die schlafende C*, unter Ausnützung ihres Zustands dadurch missbraucht, dass er an ihr eine dem Beischlaf gleichzusetzende geschlechtliche Handlung vornahm, indem er mit zumindest einem Finger in ihre Vagina eindrang;
III./ am 26. Juli 2023 D* an der Gesundheit geschädigt, indem er sie beim Oralverkehr mit einer durch Chlamydia trachomatis ausgelösten Infektionskrankheit, die eine medizinische Behandlung notwendig machte, ansteckte.
Im Adhäsionserkenntnis wurde A* gemäß § 369 Abs 1 StPO dazu verpflichtet, den Privatbeteiligten D* und B* jeweils einen Schmerzengeldteilbetrag von EUR 600,00 bzw EUR 2.500,00 binnen 14 Tagen zu bezahlen.
Die gegen dieses Urteil erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des A* wurde mit Beschluss des Obersten Gerichtshofs vom 16. Dezember 2024, 14 Os 117/24y-4, zurückgewiesen.
Mit seiner Berufung wegen Strafe und wegen des Ausspruchs über die privatrechtlichen Ansprüche strebt der Angeklagte eine Reduktion des Strafmaßes und die Verweisung der Privatbeteiligten auf den Zivilrechtsweg an.
Rechtliche Beurteilung
Die Berufung ist nicht berechtigt.
Bei der Strafbemessung wertete das Erstgericht mildernd die Unbescholtenheit des Angeklagten, erschwerend demgegenüber das Zusammentreffen zweier Verbrechen mit einem Vergehen.
Dieser Strafzumessungskatalog ist zunächst um den Erschwerungsgrund des § 33 Abs 2 Z 1 StGB zu ergänzen, zumal der Angeklagte in Ansehung der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB und des sexuellen Missbrauchs einer wehrlosen oder psychisch beeinträchtigten Person nach § 205 Abs 1 StGB vorsätzliche strafbare Handlungen nach dem zehnten Abschnitt des Besonderen Teils des Strafgesetzbuches als Volljähriger gegen minderjährige Personen beging. Zusätzlich erschwerend wirken die B* zugefügten Verletzungen in Form von Hämatomen am Oberschenkel und einer Ansteckung mit Chlamydia trachomatis (US 4; RIS-Justiz RS0090709).
Soweit der Angeklagte auf sein bisher ansonsten rechtstreues Verhalten verweist, macht er keinen weiteren Milderungsaspekt geltend. Zur Erlangung des ihm ohnedies zugute kommenden Milderungsgrundes des § 34 Abs 1 Z 2 StGB genügt die gerichtliche Unbescholtenheit für sich allein nicht, vielmehr ist zudem erforderlich, dass die Tat (wie hier) mit dem sonstigen Verhalten des Täters in auffallendem Widerspruch steht (RISJustiz RS0091459; RS0091464). Ebenso wenig wirkt der Umstand strafmildernd, dass der Angeklagte – wie auch zu den Tatzeiten – einer geregelten Tätigkeit nachgeht.
Mit Blick auf den Tatzeitraum Juli/August 2023 kann der Angeklagte auch kein längeres Zurückliegen der Taten im Sinn des Milderungsgrundes des § 34 Abs 1 Z 18 StGB für sich reklamieren. Orientiert sich doch die Judikatur diesbezüglich an der fünfjährigen Rückfallsverjährungsfrist des § 39 Abs 2 StGB (RIS-Justiz RS0108563).
Berücksichtigend die Urteilskonstatierungen zum Tatgeschehen (US 4, 5 und 6) sind Handlungs-, Erfolgs- und Gesinnungsunwert keinesfalls als „sehr gering“ zu bewerten. Der Angeklagte hat neben einer Körperverletzung zwei binnen weniger Tage begangene Sittlichkeitsdelikte zu verantworten, wobei ein Opfer zur Tatzeit 14 Jahre und das andere 15 Jahre alt waren. Darin sowie in dem Umstand, dass der Angeklagte kein Verhütungsmittel verwendete als er B* zur Duldung des Beischlafs nötigte und dadurch (auch) mit einer Geschlechtskrankheit ansteckte, wird ein nachhaltiger Charaktermangel des Angeklagten die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung anderer Personen betreffend aufgezeigt.
Ausgehend von der zu Lasten des Angeklagten korrigierten besonderen Strafzumessungslage und unter Berücksichtigung der allgemeinen Strafbemessungsregeln des § 32 Abs 2 und 3 StGB sowie spezial- und generalpräventiver Aspekte erweist sich bei dem gegebenen Strafrahmen von zwei bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe (§ 201 Abs 1 StGB) die vom Erstgericht verhängte Strafe von vier Jahren als tat- und schuldangemessen und nicht korrekturbedürftig.
Auch die Berufung gegen das Adhäsionserkenntnis geht fehl. Der gesetzlich vorgeschriebenen Anhörung des Angeklagten zu den privatrechtlichen Ansprüchen (§ 245 Abs 1a StPO) wurde dadurch Genüge getan, dass sein Verteidiger in den Hauptverhandlungen vom 24. Mai 2024 (ON 34, 3) bzw vom 9. Juli 2024 (ON 39, 5 f) dazu Stellung nahm und der Angeklagte diesen Prozesshandlungen nicht widersprach (RIS-Justiz RS0101197 [T5]).
Im Übrigen wurde der von D* geltend gemachte Betrag von EUR 600,00 vom Angeklagten der Höhe nach anerkannt (vgl ON 39, 6) und ist der vom Erstgericht in freier Überzeugung ( Spenling in WK-StPO § 269 Rz 6 mwN) an B* zuerkannte Betrag von EUR 2.500,00 mit Blick auf die konstatierten Körperverletzungen (Hämatome am Oberschenkel und Geschlechtskrankheit Chlamydia trachomatis, US 4) sowie die mit einer Vergewaltigung gerichtsnotorisch verbundenen psychischen Belastungen nicht zu beanstanden.