JudikaturOLG Linz

1R4/25a – OLG Linz Entscheidung

Entscheidung
23. Januar 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Linz hat als Rekursgericht durch die Richter Dr. Wolfgang Seyer als Vorsitzenden, Dr. Stefan Estl und Dr. Christoph Freudenthaler in der Rechtssache der klagenden Partei A* , Arbeiter, geb am **, **straße **, vertreten durch Dr. Florian Johann Ernst Knaipp, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei B *, **, Malta, vertreten durch die BK. PARTNERS Bugelnig Kirner Rechtsanwälte OG in Wien, wegen Kosten (Streitwert EUR 1.000,00) über den Kostenrekurs der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Ried im Innkreis vom 26. November 2024, GZ*, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:

Spruch

Der Kostenrekurs wird zurückgewiesen.

Der Revisionsrekurs ist gemäß § 528 Abs 2 Z 3 ZPO jedenfalls unzulässig.

Text

begründung:

Die Beklagte schließt regelmäßig Verträge mit Verbrauchern über ihren Onlineauftritt im Internet ab. Der Kläger ist Vertragspartner der Beklagten, weshalb die Beklagte auch Daten des Klägers gespeichert und verarbeitet hat.

Der Klägerbegehrte mit seiner am 28. Juni 2024 eingebrachten Klage gestützt auf die Zuständigkeitstatbestände des Artikel 79 Abs 2 DSGVO, § 29 Abs 2 Satz 1 DSG, gemäß Artikel 15 DSGVO die digitale Übermittlung einer Kopie seiner Daten, die Gegenstand der Verarbeitung der Beklagten sind. Dazu brachte er im Wesentlichen vor, er habe die Beklagte mit anwaltlichem Aufforderungsschreiben vom 22. Mai 2024 aufgefordert, gemäß Art 15 DSGVO Auskunft über die gespeicherten Daten zu geben und eine Datenkopie zu übermitteln. Dabei habe der Klagevertreter eine Ausweiskopie des Klägers sowie eine handschriftlich vom Kläger unterfertigte Vollmacht beigelegt. Dem Auskunftsbegehren sei jedoch nicht entsprochen worden.

Die Beklagteanerkannte in der Klagebeantwortung den von der klagenden Partei geltend gemachten Anspruch auf Herausgabe von Daten vollumfänglich. Sie habe die verlangten Daten dem Klagevertreter bereits am 22. Juli 2024 übermittelt. Sie habe die Klagsführung nicht veranlasst. Dem Verlangen der Beklagten, eine rechtskonforme Vollmacht vorzulegen, sei der Klagevertreter vor Klagsführung nicht nachgekommen. Die Kosten seien daher gem § 45 ZPO von der klagenden Partei zu tragen.

Mit seinem am 17. September 2024 eingebrachten vorbereitenden Schriftsatz schränkte der Kläger aufgrund der am am 22. Juli 2024 vollständig übermittelten Daten die Klage auf Kosten ein und erwiderte: Begründete Zweifel iSd Artikel 12 Abs 6 DSGVO hätten für die Beklagte nicht bestanden, da neben der – wenn auch nicht in Tinte – unterfertigten Vollmacht ohnehin eine Kopie des Führerscheins des Klägers der Beklagten übermittelt worden sei.

Mit dem angefochtenen Kostenurteil verpflichtete das Erstgericht die Beklagte, dem Kläger die Prozesskosten von EUR 1.427,91 (darin EUR 335,00 Barauslagen und EUR 182,15 USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Es stellte in seiner Entscheidung nach unmittelbarer Beweisaufnahme folgenden

Sachverhalt

fest:

Am 22. Mai 2024 übermittelte die Klagevertretung an die Beklagte eine Mail mit folgendem Innhalt:

„Sehr geehrte Damen und Herren,

in der oben bezeichneten Rechtssache wurden wir mit der rechtlichen Vertretung beauftragt und bevollmächtigt.

Unser Mandant A* ist bei Ihnen Kunde. Im Auftrag und Namen unseres Mandanten fordern wir Sie gemäß Art 15 Abs 1 DSGVO hiermit auf, Auskunft über die personenbezogenen Daten, die ihre Gesellschaft über unseren Mandanten verarbeitet, zu geben. Ferner fordern wir Ihre Gesellschaft auf, uns eine Kopie jener personenbezogenen Daten, die Gegenstand der Verarbeitung sind, zur Verfügung zu stellen. Insbesondere sind folgende Daten zu übermitteln:

• Transaktionslisten sämtlicher Accounts unseres Mandanten zukommen zu lassen, welche sämtliche tatsächlich durchgeführten Ein- und Auszahlungen (inkl. Durchführungsdatum) sowie die jeweils gespielten Spiele (Casino, Sportwetten, Poker, etc.) beinhalten inklusive einer verständlichen Erklärung der Liste;

• Auskunft darüber, wie viel Geld unser Mandant insgesamt gewonnen oder verloren hat;

• Auskunft darüber, ob in den Gewinnen oder Verlusten unseres Mandanten Gewinne oder Verluste aufgrund von Sportwetten enthalten sind und falls ja, wie hoch die Gewinne oder Verluste aufgrund von Sportwetten sind; und

• Auskunft darüber, mit welcher bzw. mit welchen Gesellschaften das Vertragsverhältnis zustande gekommen ist.

...“

Gemeinsam mit dem Aufforderungsschreiben übermittelte die Klagevertretung der Beklagten per Mail eine Kopie des Personalausweises des Klägers sowie eine Vollmacht, jeweils versehen mit der Unterschrift des Klägers. Die zuvor per Mail von der Klagevertretung an den Beklagten zur Unterschrift übermittelte Vollmacht wurde vom Kläger ausgedruckt, handschriftlich mit Kugelschreiber unterfertigt, so eingescannt und der Klagevertreung per Mail rückübermittelt. Das Schriftbild der beiden Unterschriften des Klägers auf seinem Personalausweis und der Vollmacht ist nahezu ident und sieht wie folgt aus:

Demzufolge konnte die Beklagte an der Übereinstimmung der Unterschriften auf dem Personalausweis des Klägers und auf der Vollmacht keine Zweifel haben.

Am selben Tag antwortete die Beklagte mit folgender Mail an die Klagevertretung:

„…

Bitte beachten Sie, dass die C* eine Holdinggesellschaft ist und keine Kundendaten aufbewahrt.

Können Sie bitte bestätigen, an welcher Gesellschaft(en) Sie Ihre Datenschutzabfrage richten, bzw. mit welcher Gesellschaft das Vertragsverhältnis zustande gekommen ist?

Wir bitten Sie, uns auch eine gültige Kopie der Vollmacht zu senden, damit wir diese Anfrage erfüllen können. Bitte beachten Sie, dass diese Vollmacht handschriftlich in Tinte von dem Kunden unterzeichnet sein muss, da wir keine elektronische Unterschriften akzeptieren können.

...“

Daraufhin antwortete die Klagevertretung mit Mail vom 3. Juni 2024 der Beklagten:

„“…

Die von uns gestellte Anfrage richtet sich an die nachfolgenden Gesellschaften.

B* **

B* ***

D* **

D* ***

Ich bitte daher neuerlich um Übermittlung der angefragten Daten.

…“

Am 7. Juni 2024 antwortet die Beklagte darauf mit Mail an die Klagevertretung:

„…

Wir bitten Sie, uns auch eine gültige Kopie der Vollmacht zu senden, damit wir diese Anfrage erfüllen können. Bitte beachten Sie, dass diese Vollmacht handschriftlich in Tinte von dem Kunden unterzeichnet sein muss, da wir keine elektronische Unterschriften akzeptieren können.

Wir danken Ihnen im Voraus für Ihre Kooperation.

…“

Daraufhin brachte der Kläger am 28. Juni 2024 seine Klage ein.

Rechtlich führte das Erstgerichtaus: Bestehen begründete Zweifel an der Identität der nach Art 15 bis 21 DSGVO antragstellenden Person, könne der Verantwortliche gemäß Art 12 Abs 6 DSGVO zusätzliche Informationen anfordern, die die Identität der betroffenen Person bestätigen. Da die Unterschriften des Klägers auf der Vollmacht sowie auf seinem Personalausweis im vorliegenden Fall nahezu ident seien und die Beklagte an der Übereinstimmung der Unterschriften keine Zweifel haben haben konnte, durften für diese auch keine (begründeten) Zweifel an der Identität des Klägers bzw daran bestehen, dass die Vollmacht und sein vorgelegter Personalausweis nicht von ihm unterschrieben worden seien. Die Beklagte durfte die geforderte Auskunftserteilung daher nicht von der Übermittlung einer weiteren Vollmacht abhängige machen und hätte die vom Klagevertreter angefragten personenbezogenen Daten des Klägers ohne weiteres umgehend bzw fristgerecht übermitteln müssen. Zudem habe die Beklagte mit ihrem Vorgehen, eine handschriftlich in Tinte unterfertigte Vollmacht zu fordern, gegen den „Erleichterungsgrundsatz“ des Art 12 Abs 2 DSGVO verstoßen. Die Beklagte könne sich daher nicht auf § 45 ZPO berufen.

Gegen diese Entscheidung erhebt die Beklagte Rekurs wegen unrichtiger Tatsachenfeststellung mit dem Antrag, den bekämpften Beschluss dahin abzuändern, dass die klagende Partei verpflichtet werde, der beklagten Partei die Kosten des Verfahrens von EUR 1.170,35 (darin EUR 178,53 USt) zu ersetzen.

Die klagende Partei hat keine (Kosten)Rekursbeantwortung erstattet.

Die Beklagte bekämpft die oben im Sachverhalt (Seite 3) kursiv dargestellte Feststellung und wünscht statt dieser folgende Ersatzfeststellung:

„Die von der Klagevertretung an den Beklagten zur Unterschrift übermittelte Vollmacht wurde vom Kläger mit einer einfachen elektronischen Signatur, also unter Verwendung technischer Hilfsmittel ohne vorherige Überprüfung der Identität, die bei Setzung der Unterschrift mittels Zertifikats bestätigt wird, unterfertigt.“

Rechtliche Beurteilung

Die Beklagte meint, eine Vergrößerung der Beilage ./5 zeige, dass die Unterschrift gerade nicht handschriftlich gesetzt worden, sondern die Vollmacht offensichtlich elektronisch, aber ohne vorherige Identitätsprüfung unterzeichnet worden sei.

Tatsächlich ist jedoch die erstgerichtliche Beweiswürdigung für das Rekursgericht nicht mehr überprüfbar, weil das Erstgericht die angefochtenen tatsächlichen Feststellungen nicht nur auf Urkunden oder nur mittelbar aufgenommene Beweise, sondern auch auf die Einvernahme des Klägers gestützt hat (US 5; RS0044018). Nach ständiger Rechtsprechung ist die aufgrund unmittelbarer Beweisaufnahme erfolgte Beweiswürdigung im Rekursverfahren nicht bekämpfbar (RS0044018 [T5, T6]; 3 Ob 31/24s; dazu auch Sloboda in Fasching/Konecny 3 § 514 Rz 82 mwN). Die Tatsachenrüge ist daher unzulässig.

Abgesehen davon, dass die Beklagte ohnehin erklärt hat, nur eine Tatsachenrüge zu erheben, begründen ihre dazu unterbreiteten Rechtsausführungen auch keine gesetzesgemäß ausgeführte Rechtsrüge, weil sie darin von der oben im Sachverhalt (Seite 3) kursiv dargestellten Feststellung abweicht und eine nicht handschriftlich sondern elektronisch unterfertigte Vollmacht unterstellt. Eine gesetzesgemäß ausgeführte Rechtsrüge liegt dann vor, wenn – ausgehend vom festgestellten Sachverhalt – aufgezeigt wird, dass dem Untergericht bei Beurteilung des Sachverhalts ein Rechtsirrtum unterlaufen ist. In der Rechtsrüge muss begründet werden, warum der festgestellte Sachverhalt rechtlich unrichtig beurteilt wurde oder, dass infolge eines Rechtsirrtums eine entscheidungswesentliche Tatsache nicht festgestellt wurde (RS0043312 [T9]). Eine gesetzesgemäß ausgeführte Rechtsrüge liegt nur dann vor, wenn sie vom festgestellten Sachverhalt ausgeht (RS0043312 [T14]). Eine solche gesetzesgemäß ausgeführte Rechtsrüge liegt hier nicht vor.

Ein nur aus unzulässigen Rechtsmittelgründen erhobener Rekurs bzw ein solcher, der nur unzulässige Inhalte aufweist, ist einem gesetzlich unzulässigen Rechtsmittel gleichzustellen. Der Rekurs ist daher zurückzuweisen (vgl 4 Ob 178/14a; Pimmer in Fasching/Konecny 3§ 501 ZPO Rz 12 mwN; Obermaier in Hollwerth/Ziehensack ZPO-TaKom§ 501 ZPO Rz 5 mwN).

Auch rein formelle Entscheidungen über den Kostenpunkt - wie hier ein Beschluss auf Zurückweisung eines Kostenrekurses - sind stets und ausnahmslos unanfechtbar (vgl RS0044233; RS0044963; 7 Ob 134/06s; 8 Ob 9/09w).