2R119/25d – OLG Innsbruck Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Innsbruck als Rekursgericht hat durch die Senatspräsidentin des Oberlandesgerichts Dr. Berchtold als Vorsitzende sowie die Richterin des Oberlandesgerichts Mag. Dr. Tangl und den Richter des Oberlandesgerichts Mag. Ortner als weitere Mitglieder des Senats in der Rechtssache der klagenden Partei A* B* , Riskmanager, USA, vertreten durch Dr. Gerhard Preisl, Dr. Helgar Georg Schneider, Rechtsanwälte in 6900 Bregenz, wider die beklagten Parteien 1. C* B* , Diplompädagogin, vertreten durch Dr. Bertram Grass, Mag. Christoph Dorner, Rechtsanwälte in 6900 Bregenz und 2. D* B* , IT-Systembetreuer, vertreten durch Dr. Hubert Hagspiel, Rechtsanwalt in 6850 Dornbirn, wegen Aufhebung der Miteigentümergemeinschaft (Streitinteresse 147.598,53) über den Rekurs der klagenden Partei (Rekursinteresse EUR 36.690,61) gegen die im Urteil des Landesgerichts Feldkirch vom 12.6.2025, **-84, enthaltene Kostenentscheidung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:
Spruch
I. Dem Rekurs wird teilweise Folge gegeben und die angefochtene Kostenentscheidung dahin abgeändert , dass sie zu lauten hat:
„2. Der Kläger ist schuldig, dem Zweitbeklagten zu Handen des Zweitbeklagtenvertreters binnen 14 Tagen die mit EUR 4.944,12 (darin enthalten EUR 824,02 an USt) bestimmten Prozesskosten zu ersetzen.
3. Der Kläger ist schuldig, der Erstbeklagten zu Handen der Erstbeklagtenvertreter binnen 14 Tagen die mit EUR 5.078,08 (darin enthalten EUR 846,35 an USt) bestimmten Prozesskosten zu ersetzen.
4. Die Beklagten sind zur ungeteilten Hand schuldig, dem Kläger zu Handen der Klagsvertreter binnen 14 Tagen die mit EUR 17.753,14 (darin EUR 2.222,85 USt und EUR 4.416,-- Barauslagen) bestimmten Prozesskosten zu ersetzen.“
II. Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei zu Handen ihrer Vertreter die mit EUR 647,05 (davon EUR 107,84 USt) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
III. Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.
Text
begründung:
Mit am 04.01.2021 eingebrachter Klage begehrte der Kläger, die Miteigentümergemeinschaft der Streitteile durch Naturalteilung aufzuheben, in eventu durch Zivilteilung, in eventu durch Naturalteilung. Die Erstbeklagte und der Zweitbeklagte anerkannten das auf Zivilteilung gerichtete Eventualbegehren, bestritten im Übrigen, beantragten Klagsabweisung und wandten ein, dass die Beschaffenheit der Grundstücke eine Naturalteilung ausschließe.
Mit Schriftsatz vom 20.11.2024 (ON 56) schränkte der Kläger das Klagebegehren um das Begehren auf Naturalteilung ein und erhob das auf Zivilteilung lautende Eventualbegehren zum Hauptbegehren. Die Erstbeklagte und der Zweitbeklagte widerriefen darauf hin ihr Anerkenntnis des Zivilteilungsbegehrens, bestritten, beantragten Klagsabweisung und wandten ein, dass derzeit durch eine Zivilteilung die Erzielung eines angemessenen Preises auszuschließen sei. Es liege das Teilungshindernis der Unzeit vor.
Vorprozessual hatte der Kläger die Beklagten nur um Bekanntgabe ersucht, ob sie mit einer Realteilung einverstanden seien. Er hatte sie nicht aufgefordert, einer Zivilteilung zuzustimmen.
Mit dem angefochtenen Urteil hob das Erstgericht die Miteigentümergemeinschaft der Streitteile durch Zivilteilung auf, verpflichtete den Kläger in Pkt 2 und 3 des Urteils zur Zahlung der mit EUR 14.832,37 (davon EUR 2.472,06 UST) bestimmten Kosten an den Zweitbeklagten, der mit EUR 15.234,24 (davon EUR 2.539,04 USt) bestimmten Kosten an die Erstbeklagte und die Beklagten in Pkt 4 des Urteils zur ungeteilten Hand zur Zahlung der mit EUR 13.337,14 (davon EUR 2.222,85 USt) bestimmten Kosten an den Kläger.
Dazu führte das Erstgericht aus, ab dem Schriftsatz vom 20.11.2024 (ON 56) habe sich der Kläger zur Gänze durchgesetzt. In der ersten Phase gebühre den Beklagten Kostenersatz nach § 45 ZPO, weil der Kläger sie nie zur Aufhebung der Gemeinschaft durch Zivilteilung aufgefordert habe.
Während diese Entscheidung in der Hauptsache unbekämpft in Rechtskraft erwuchs, richtet sich gegen die darin enthaltene Kostenentscheidung der rechtzeitige Rekurs des Klägers mit dem Antrag, das angefochtene Urteil in seinen Kostenpunkten 2. und 3. aufzuheben und stattdessen die Beklagten zur ungeteilten Hand schuldig zu erkennen, dem Kläger die mit EUR 6.624,00 bestimmten Barauslagen (Hälfte der Pauschal- und der Sachverständigengebühr) zu ersetzen;
In ihren rechtzeitigen Rekursbeantwortungen beantragen die Beklagten, dem Rechtsmittel den Erfolg zu versagen.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist teilweise berechtigt:
1.Der Rekurswerber argumentiert, entgegen der Ansicht des Erstgerichts sei im ersten Verfahrensabschnitt mit Kostenaufhebung vorzugehen. § 45 ZPO sei nicht anwendbar, weil die Beklagten nur das Eventual-, nicht aber das Hauptbegehren anerkannt hätten. Letztlich habe der Kläger mit dem Eventualbegehren obsiegt. Dass dieses anfangs anerkannt worden sei, sei aufgrund der dann erfolgten Zurückziehung des Anerkenntnisses irrelevant. Werde (wie hier) in erster Linie auf Natural- und in eventu auf Zivilteilung geklagt, sei bei Durchdringen mit dem Eventualbegehren mit Kostenaufhebung vorzugehen.
2.1.Kumulative Anwendungsvoraussetzungen des § 45 ZPO sind, dass der Klagsanspruch als solcher berechtigt ist, der Beklagte zur Klagsführung objektiv keinen Anlass gab, er den eingeklagten Anspruch sofort anerkannt hat und bei Leistungsbegehren, dass er spätestens bei Eintritt der Fälligkeit erfüllt hat ( Obermaier in Höllwerth/ZiehensackZPO TaKom 2§ 45 Rz 2; RW0000701). Die Anwendbarkeit des § 45 ZPO ist als Ausnahmebestimmung vom objektiven Erfolgsprinzip eng auszulegen.
2.2.Dem Rekurswerber ist beizupflichten, dass die Anwendbarkeit des § 45 ZPO schon daran scheitert, dass das jeweilige Hauptbegehren nicht anerkannt wurde. Ein Anerkennen nur des Eventualbegehrens bei weiterhin aufrechtem Hauptbegehren auf Zivilteilung ist wirkungslos, weshalb es auch die Folgen des § 45 ZPO nicht auslösen kann (2 Ob 265/08x). In der ersten Phase wurde nur das Eventualbegehren anerkannt, was nicht ausreichend ist. In der zweiten Phase wurde das zum Hauptbegehren erhobene Zivilteilungsbegehren gerade nicht anerkannt. Kostenersatz nach § 45 ZPO wäre nur möglich gewesen, wenn die Beklagten das (zum Hauptbegehren erhobene) Zivilteilungsbegehren (sofort) anerkannt hätten.
2.3. Im Hinblick auf den für die Kostenentscheidung maßgeblichen Prozesserfolg ist stets zu fragen, aus welchen Gründen eingeschränkt wurde. Die darin liegende Aufgabe des Hauptanspruchs spricht dafür, dass ein zumindest formales Unterliegen vorliegt. Sind die Gründe der Klagseinschränkung solche, die einem Obsiegen gleich kommen (jedwede Erfüllung des Anspruchs durch den Beklagten, insbesondere Zahlung), so wird der Beklagte grundsätzlich ersatzpflichtig. Kommt die Einschränkung hingegen einer Aufgabe des Klagsanspruchs gleich, so gilt der Kläger als in diesem Umfang unterlegen (ZVR 2003/48).
Der Kläger gesteht zu, dass er mit dem ursprünglichen Hauptbegehren als unterliegend anzusehen ist.
2.4.Unterliegt ein Kläger mit seinem Hauptbegehren, obsiegt er aber mit dem Eventualbegehren, ist grundsätzlich § 43 Abs 1 ZPO anzuwenden. Es sind ihm nur dann nach § 43 Abs 2 ZPO die gesamten Kosten zuzusprechen, wenn der Verfahrensaufwand, der zur Prüfung der Berechtigung des Hauptbegehrens erforderlich war, auch für die Beurteilung des Eventualbegehrens verwertet werden konnte, die materiellrechtliche Grundlage ident war und mit dem Eventualbegehren annähernd der gleiche wirtschaftliche Erfolg wie bei Stattgebung des Hauptbegehrens erreicht wurde. Sind die wirtschaftliche Gewichtung und der Verfahrensaufwand rechnerisch nicht klar fassbar, so ist das Ausmaß des darin gelegenen Unterliegens zu schätzen, ist auch das nicht einwandfrei möglich, so folgt daraus mangels Alternativen Kostenaufhebung ( Obermaier Kostenhandbuch 4Rz 1.138). Stellt der Kläger ein auf Zivilteilung lautendes Haupt- und ein auf Begründung von Wohnungseigentum lautendes Eventualbegehren und dringt er nur mit Letzterem durch, so hat er keinen dem Hauptbegehren wirtschaftlich gleichwertigen Erfolg erzielt, was nach 5 Ob 17/01p zur Kostenaufhebung führt. Letztlich ist die Gewichtung des Verfahrensaufwands aber immer eine Frage des Einzelfalls.
2.5.Der Gutachtensaufwand betraf im vorliegenden Fall jedenfalls im überwiegenden Ausmaß das (erfolglose) Realteilungsbegehren. Ausgehend davon gestand der Kläger letztlich auch zu, dass die Realteilung sinnvoll nicht möglich sei (ON 56, S 3). Eine Realteilung geht der Zivilteilung grundsätzlich vor (vgl § 843 ABGB). Ein Klagebegehren auf Zivilteilung ist daher abzuweisen, wenn eine Naturalteilung möglich ist (RS0013236). Beweispflichtig für die Unmöglichkeit oder wenigstens Untunlichkeit der Naturalteilung als Voraussetzung der Zivilteilung ist der Kläger (RS0013855). Die Unmöglichkeit der Realteilung gestanden die Beklagten aber ohnehin stets zu. Die Bestreitung des Zivilteilungsbegehrens erfolgte unter Verweis auf Unzeit, nicht aber die Möglichkeit der Realteilung. Die Einholung des Gutachtens zum Nachweis der Untunlichkeit der Realteilung wäre daher aufgrund des Prozessstandpunkts der Beklagten bei sofortiger Erledigung nur des Zivilteilungsbegehrens nicht erforderlich gewesen.
2.6. Ausgehend davon, dass der Verfahrensaufwand in der ersten Phase nach Ansicht des Senats jedenfalls im überwiegenden Ausmaß das Realteilungsbegehren betraf, ist es sachgerecht, den nur mit dem Eventualbegehren erfolgreichen Kläger zu 1/3 als obsiegend zu betrachten.
3.1. Ihm stehen in dieser Phase daher 1/3 seiner Barauslagen iHv insgesamt EUR 13.248,-- (EUR 4.818,-- Pauschalgebühr und EUR 8.430,-- SV-Gebühr) zu, das sind EUR 4.416,--. In der neu zu fassenden Kostenentscheidung sind diese bei Pkt 4 des Spruchs hinzuzuzählen, was einen gesamten Anspruch von EUR 17.753,14 (davon EUR 2.222,85 USt und EUR 4.416,-- Barauslagen) ergibt.
3.2. Den Beklagten gebühren in der ersten Phase aufgrund der Quotenkompensation jeweils 1/3 ihrer Vertretungskosten. Die Höhe ihrer grundsätzlichen Kostenersatzansprüche ist im Rekursverfahren nicht strittig. Die Zusprüche zu ihren Gunsten im Ersturteil sind daher auf jeweils ein Drittel zu reduzieren, also auf EUR 4.944,12 (davon EUR 824,02 USt) hinsichtlich des Zweit- und EUR 5.078,08 (davon EUR 846,35 USt) hinsichtlich der Erstbeklagten.
3.3. In diesem Umfang ist dem Rekurs teilweise Folge zu geben.
4. Der Kläger hat sich bei einem Rekursinteresse von EUR 36.690,61 mit insgesamt EUR 24.460,40 durchgesetzt, also zu 2/3. Ihm steht daher ein Drittel seiner richtig verzeichneten Rekurskosten zu, das sind EUR 647,05 (davon EUR 107,84 USt).
5.Die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses ergibt sich aus § 528 Abs 2 Z 3 ZPO.