11Bs139/25s – OLG Innsbruck Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Innsbruck hat durch die Richterin Mag. a Hagen als Vorsitzende sowie den Senatspräsidenten Mag. Dampf und die Richterin Mag. a Preßlaber als weitere Mitglieder des Senats in der Strafsache gegen A*wegen des Vergehens der Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1 StGB über die Berufung des Angeklagten wegen des Ausspruchs über die Schuld gegen das einzelrichterliche Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 1.4.2025, GZ **-8, nach der am 12.8.2025 in Anwesenheit der Schriftführerin Rp Mag. a Egger, der Sitzungsvertreterin der Oberstaatsanwaltschaft StA Mag. a Unterguggenberger-Auer, des Angeklagten und seines Verteidigers RA MMag. René Schwetz öffentlich durchgeführten Berufungsverhandlung am selben Tag zu Recht erkannt:
Spruch
Der Berufung wird n i c h t Folge gegeben.
Gemäß § 390a Abs 1 StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Berufungsverfahrens zur Last.
Text
Entscheidungsgründe:
Mit dem angefochtenen Urteil, das verfehlt - und im Übrigen abweichend von der mündlichen Urteilsverkündung (ON 7, 7 f) - einen rechtlich unbeachtlichen Subsumtionsfreispruch von weiteren Handlungen innerhalb der tatbestandlichen Handlungseinheit enthält, wurde A* des Vergehens der Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1 StGB schuldig erkannt.
Danach hat er am 30.06.2024 in ** ([US 3] seinen Cousin) B* C* durch gefährliche Drohung mit einer Verletzung am Körper zu einer Handlung, nämlich zum Verlassen der Örtlichkeit zu nötigen versucht, indem er sinngemäß zu ihm sagte „Was machst du da drüben?“ und mehrmals „Soll ich dich niederschlagen?“.
Hiefür wurde er nach § 105 Abs 1 StGB zu einer Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu je EUR 4,--, im Fall der Uneinbringlichkeit zu 90 Tagen Ersatzfreiheitsstrafe und gemäß § 389 Abs 1 StPO zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens verurteilt. Gemäß § 43a Abs 1 StGB wurde die Hälfte der Geldstrafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.
Gegen dieses Urteil meldete der zu diesem Zeitpunkt noch unvertretene Angeklagte in der Hauptverhandlung rechtzeitig „volle Berufung“ an (ON 7, 8), die er in weiterer Folge schriftlich nicht ausführte und die daher entgegen der Ansicht der Oberstaatsanwaltschaft als Berufung wegen der Aussprüche über die Schuld und Strafe, nicht hingegen auch wegen Nichtigkeit zu werten ist (RIS-Justiz RS0101767 [insb T1]).
In der Berufungsverhandlung zog der nunmehr anwaltlich vertretene Angeklagte die Strafberufung ausdrücklich zurück und führte die Schuldberufung aus, die in den Antrag mündet, den Angeklagten allenfalls nach Beweiswiederholung freizusprechen, in eventu die Sache an das Erstgericht zurückzuverweisen (PS 2 f).
Die Oberstaatsanwaltschaft vertritt in ihrer Stellungnahme den Standpunkt, dass der Schuldberufung keine Folge zu geben sein werde.
Rechtliche Beurteilung
Der Schuldberufung kommt keine Berechtigung zu.
Ihr gelingt es nicht, Bedenken des Oberlandesgerichts an der Richtigkeit der dem Schuldspruch zugrunde liegenden entscheidenden Sachverhaltsannahmen zur objektiven und subjektiven Tatseite zu erwecken. Das Erstgericht konnte sich sowohl vom Angeklagten als auch den Zeugen B* und D* C* einen persönlichen Eindruck verschaffen und legte ausgehend davon in einer auf alle erheblichen Verfahrensergebnisse eingehenden, widerspruchsfreien und auch lebensnahen Beweiswürdigung dar, weshalb es der leugnenden Verantwortung des Angeklagten nicht zu folgen vermochte, sondern vielmehr von seiner Schuld überzeugt war. Das Oberlandesgericht teilt diese Beweiswürdigung.
Dass das Opfer zunächst lediglich Anzeige gegen den Angeklagten wegen eines Umweltdelikts (Einleiten von Gülle), nicht jedoch auch wegen einer Nötigung bzw Drohung erstattet habe, steht der Schuldberufung zuwider seiner Glaubwürdigkeit nicht im Wege, weil die diesbezügliche Anzeigeerstattung um 22.45 Uhr abends telefonisch erfolgte und er dabei nicht zum konkreten und vor allem gesamten Geschehen befragt wurde. Bereits bei seiner Zeugenvernehmung am 7.7.2024 schilderte er aber den gesamten Vorfall und damit nicht nur das Einleiten von Gülle, sondern auch die dem Schuldspruch zugrunde liegenden Drohungen detailliert.
Weshalb es unglaubwürdig sein sollte, dass die Zeugin D* C* zwar ein lautes Streitgespräch zwischen ihrem Ehegatten und dem Angeklagten, nicht hingegen dessen Inhalt wahrnehmen konnte, vermag die weitere Berufung nicht nachvollziehbar dazulegen.
Dass das Opfer den Drohungen keinerlei Beachtung geschenkt habe, trifft der Berufung zuwider mit Blick auf dessen Angaben in der Hauptverhandlung, wonach er sich durch die Situation schon bedroht gefühlt habe, zumal ihn der Angeklagte mehrfach mit dem Niederschlagen angesprochen habe, weshalb er sich gedacht habe, er gehe, nicht zu.
Soweit die Berufung die Feststellungen des Erstgerichts zur Eignung der Drohungen, beim Opfer begründete Besorgnisse einzuflößen (US 4), kritisiert, ist ihr zu erwidern, dass die Frage der Eignung nicht den Tatsachenbereich betrifft, sondern Gegenstand der rechtlichen Beurteilung ist (RIS-Justiz RS0092538 uva). Indem die weitere Schuldberufung auch in rechtlicher Hinsicht diese Eignung bestreitet, behauptet sie der Sache nach Nichtigkeit nach § 281 Abs 1 Z 9 lit a iVm § 489 Abs 1 StPO. Weil dieses - erstmals in der Berufungsverhandlung erstattete - Vorbringen aber verspätet ist, ist es unbeachtlich (RIS-Justiz RS0099923; Ratz,WK-StPO § 287 Rz 2 und § 467 Rz 1 ff). Bleibt mit Blick auf § 290 Abs 1 zweiter Satz StPO anzumerken, dass ausgehend von den Feststellungen des Erstgerichts die rechtliche Annahme der Eignung der Drohungen, dem Opfer mit Rücksicht auf die Verhältnisse und seine persönliche Beschaffenheit oder die Wichtigkeit des angedrohten Übels begründete Besorgnisse einzuflößen (§ 74 Abs 1 Z 5 StGB), nicht zu beanstanden ist.
Weil die Feststellungen des Erstgerichts zur objektiven und subjektiven Tatseite daher unbedenklich sind, hatte es bei diesen zu bleiben. Eine von der Berufung angesprochene Ergänzung des Beweisverfahrens iSd § 473 Abs 2 zweiter Fall StPO ( Ratz aaO § 467 Rz 6) durch Beischaffung des vom Sohn des Angeklagten mittels Wärmebildkamera angefertigten Videos und die Vernehmung des Sohnes als Zeugen war nicht erforderlich, weil die Frage, wer die Pumpe und den Schlauch aufräumte, keinen erheblichen Umstand ( Ratz aaO § 281 Rz 409) betrifft.
Die Schuldberufung blieb daher erfolglos.
Die Kostenentscheidung ist Folge des Ausgangs des Berufungsverfahrens. Sie gründet in der angeführten Gesetzesstelle.