6Bs180/25h – OLG Innsbruck Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Innsbruck hat durch die Richterin Dr. Klammer als Vorsitzende sowie den Richter Mag. Melichar und die Richterin Mag. Obwieser als weitere Senatsmitglieder in der Strafsache gegen A*wegen des Verbrechens der fortgesetzten Gewaltausübung nach § 107b Abs 1, 2, 3 und 4 zweiter Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen über den Einspruch des Angeklagten gegen die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Innsbruck vom 03.06.2025, ** (GZ ** 84 des Landesgerichtes Innsbruck) in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:
Spruch
Der Einspruch wird a b g e w i e s e n .
Die Anklageschrift ist rechtswirksam .
Die über A* verhängte Untersuchungshaft hat aus dem Haftgrund der Tatbegehungsgefahr nach § 173 Abs 2 Z 3 lit a, b und c StPO f o r t z u d a u e r n .
Dieser Beschluss ist gemäß § 175 Abs 5 StPO in seiner Wirksamkeit durch eine Haftfrist nicht mehr begrenzt.
Gegen diese Entscheidungsteht ein weiterer Rechtszug nicht zu (§ 214 Abs 1 letzter Halbsatz StPO).
Text
Begründung:
Mit Anklageschrift vom 03.06.2025 legt die Staatsanwaltschaft Innsbruck dem am ** geborenen A* die Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (A. I. und C.), das Verbrechen der fortgesetzten Gewaltausübung nach § 107b Abs 1, 2, 3 und Abs 4 zweiter Fall StGB (A. II.), das Vergehen des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Abs 1 Z 1 StGB (B.) und die Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB (D.) zur Last.
Danach habe A* in ** und andernorts in Österreich
A.
seine damalige Lebensgefährtin B*
I.
zu einem unerhobenen Zeitpunkt in ** kurz vor dem oder am 24.03.2021 am Körper verletzt, indem er ihr einen wuchtigen Schlag ins Gesicht versetzte, wodurch sie ein ausgeprägtes Monokelhämatom am linken Auge erlitt;
II.
im Zeitraum von zumindest Ende September 2023 bis 23.12.2024 in **, sohin länger als ein Jahr hindurch gegen sie fortgesetzt Gewalt ausgeübt, indem er sie in regelmäßigen Angriffen, zumindest monatlich, teilweise mehrmals wöchentlich
wobei er durch die Tat eine umfassende Kontrolle ihres Verhaltens herstellte und eine erhebliche Einschränkung ihrer autonomen Lebensführung bewirkte (§ 107 Abs 3 StGB), indem er sie ständig kontrollierte, laufend in ihr Mobiltelefon Einsicht nahm, welches er ihr zudem häufig nach den von ihm gesetzten Tätlichkeiten abnahm, damit sie niemanden kontaktieren konnte, sie bei Freunden aufsuchte, wenn sie sich vereinzelt alleine mit diesen traf, wobei er ihr häufig untersagte, sich mit Freunden zu treffen und ihr verbot die Wohnung zu verlassen, zu welchem Zweck er ihr auch mehrmals ihre Kleidung zerschnitt und zerriss sowie ihr Gebiss versteckte;
B.
in der Nacht zum 08.11.2024 in ** im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit der außer Verfolgung gestellten B* (ON 1.5.) der C* fremde bewegliche Sachen in einem EUR 5.000,-- jedenfalls nicht übersteigenden Wert durch Einbruch mit dem Vorsatz weggenommen, sich oder einen Dritten durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, indem sie die Türen zu deren Kellerabteil aus den Scharnieren hoben und daraus 5 Lampen, einen Koffer samt Kleidung, zwei Lockenstäbe, ein Glätteisen und eine Smartwatch sowie eine Matratze jeweils unerhobenen Wertes an sich nahmen.
C.
zu einem unerhobenen Zeitpunkt zwischen Anfang 2021 bis Ende Frühjahr 2022 im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit dem außer Verfolgung gestellten D* (ON 1.25) dem E* mehrere Schläge gegen dessen Körper, insbesondere gegen dessen Gesicht versetzt, wodurch E* zumindest ein Hämatom am Auge sowie eine starke Schwellung im Kieferbereich erlitt;
D.
zu einem unerhobenen Zeitpunkt an einem unbekannten Ort in Tirol nach dem 23.12.2024 und vor dem 18.01.2025 (Einvernahme der B*) B* und F* jeweils mit der Zufügung zumindest einer Körperverletzung bedroht, indem er ihnen über G* ausrichten ließ, dass er sie aufschlitzen werde, wenn er sie erwische.
In der Anklageschrift beantragte die Staatsanwaltschaft die Ladung und Einvernahme von 17 Zeugen.
Gegen diese Anklageschrift richtet sich der fristgerecht durch seinen Verteidiger eingebrachte Einspruch des Angeklagten unter nomineller Geltendmachung der Einspruchsgründe nach § 212 Z 3 und Z 4 StPO mit dem Antrag auf Zurückweisung der Anklageschrift. Der Tatvorwurf zum Anklagepunkt C. enthalte keinen spezifischen Tatort und entspreche daher nicht der Bestimmung des § 211 Abs 1 Z 2 StPO. Zum Anklagevorwurf A. II. seien die mit Eingabe vom 20.05.2025 beantragten Zeugen zum Beweis dafür, das Opfer habe diesen gegenüber von einem sexuellen Missbrauch durch den Zeugen F* berichtet, einen solchen in der kontradiktorischen Einvernahme aber in Abrede gestellt, sowie zum Beweis dafür, dass der Angeklagte keinesfalls eine umfassende Kontrolle des Verhaltens oder eine erhebliche Beeinträchtigung der autonomen Lebensführung des Opfers bewirkt habe, angeboten worden. Diese Zeugen seien nicht einvernommen worden. Der Angeklagte habe sich im Zeitraum von Mitte 2023 bis Mitte 2024 tageweise bei H* aufgehalten, wobei das Opfer dort Hausverbot gehabt habe. Weiters habe der Angeklagte in diesem Zeitraum ohne das Opfer auch mehrfach tageweise bei zwei namentlich genannten Personen übernachtet und sich überdies auch öfters bei seinen Eltern aufgehalten. Der Angeklagte und das Opfer hätten somit auch getrennte Sozialleben geführt und wäre daher eine Kontrolle der Lebensführung des Opfers durch den Angeklagten gar nicht möglich gewesen. Zudem sei es vielmehr das Opfer gewesen, das nicht gewollt habe, dass der Angeklagte etwas alleine bzw mit seinem guten Freund unternommen habe. Im Sommer habe sich das Opfer in eigenständiger Wahrnehmung ihrer Sozialkontakte auch längere Zeit bei I* aufgehalten. In diese Richtung sei überhaupt noch nicht ermittelt worden.
Die Oberstaatsanwaltschaft vertritt in ihrer Stellungnahme die Ansicht, der Einspruch werde abzuweisen und die Rechtswirksamkeit der Anklageschrift festzustellen sowie die Fortsetzung der Untersuchungshaft zu beschließen sein. Die Staatsanwaltschaft sei auch in Ansehung des Anklagepunkts C. ihrer Individualisierungspflicht sowie dem Konkretisierungserfordernis hinreichend nachgekommen. Die Tatverdachtsmomente gegen den Einspruchswerber seien in der Anklageschrift aktenkonform, schlüssig und formell mängelfrei dargestellt und zutreffend dahingehend beurteilt worden, dass eine Verurteilung des Angeklagten nicht nur entfernt möglich sei, sondern in jedem der einzelnen Punkte auch nahe liege.
In seiner Gegenäußerung zu dieser Stellungnahme verweist der Einspruchswerber neuerlich darauf, dass zu Pkt C. der Anklageschrift ein genauer Tatort nicht angeführt sei und die Anklageschrift daher an wesentlichen Mängeln im Sinne des § 212 Z 4 StPO leide.
Rechtliche Beurteilung
Der Einspruch dringt nicht durch.
Gemäß § 212 StPO steht einem Angeklagten ein Einspruch gegen die Anklageschrift zu, wenn
Zu Pkt C. der Anklageschrift macht der Einspruchswerber den Einspruchsgrund nach § 212 Z 4 StPO geltend, der vorliegt, wenn die Anklageschrift sonst an wesentlichen formellen Mängeln leidet. Derartige Formverstöße müssen sich aufgrund des Verweises in § 212 Z 4 StPO aus § 211 StPO ergeben. Sie können zB in der mangelhaften Bezeichnung des Angeklagten (§ 211 Abs 1 Z 1), der ihm vorgeworfenen Tat (§ 211 Abs 1 Z 2), der übrigen anzuwendenden Strafgesetze (§ 211 Abs 1 Z 3 StPO) oder in der mangelhaften Angabe des Gerichts, vor dem das Hauptverfahren stattfinden soll (§ 211 Abs 2 StPO) liegen. Als Formverstoß kann auch ein Begründungsmangel in der Anklageschrift in Betracht kommen ( Birklbauer in Fuchs/Ratz, WK-StPO § 212 Rz 22). Nach § 211 Abs 1 Z 2 StPO ist in der Anklageschrift die dem Angeklagten zur Last gelegte Tat, die den Prozessgegenstand bildet, anzugeben, wobei als Kriterien zur Beschreibung Zeit, Ort und die näheren Umstände der Tatbegehung genannt sind. Anzugeben sind damit alle Umstände, die zur Individualisierung der Tat erforderlich sind, die dem ne-bis-in-idem-Grundsatz dient. Dabei sind Tenor und Begründung als Einheit zu betrachten. Insgesamt muss sohin in der Anklageschrift zum Ausdruck kommen, welchen Prozessgegenstand der Ankläger der tatsächlichen Klärung und rechtlichen Beurteilung durch das erkennende Gericht übertragen will, wobei dieser Prozessgegenstand auch vom Beschuldigten aus objektiver Sicht erkennbar sein muss. Zweifel an der Erkennbarkeit des Prozessgegenstandes schlagen zu Lasten des Anklägers aus ( Birklbauer , aaO § 211 Rz 8 ff). Die Bedeutung des Tatortes ist insofern zu relativieren, als er nur eines unter mehreren Elementen zur Individualisierung des angeklagten Lebenssachverhaltes ist ( Birklbauer , aaO § 211 Rz 15).
In der gegenständlichen Anklageschrift ist in Anklagefaktum C. ausreichend individualisiert beschrieben, welche Tat dem Angeklagten vorgeworfen wird. Darüber hinaus ergibt sich aus der Anklagebegründung deutlich, dass der Tatort in ** liegt (ON 84 AS 13). Die Anklageschrift wird insofern dem Indiviualisierungserfordernis durch Angabe der näheren Umstände gerecht. Die vom Einspruchswerber in seiner Gegenäußerung angeführte Entscheidung ** betrifft dagegen einen Fall, in dem sich weder aus dem Anklagetenor noch aus der Anklagebegründung der genaue Tatort ergeben hat und damit die örtliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichtes unklar war.
Hinsichtlich Pkt A. II. der Anklageschrift erhebt der Einspruchswerber den Einspruchsgrund nach § 212 Z 3 StPO. Die Prüfung des Oberlandesgerichtes aus Anlass eines erhobenen Einspruches hat sich nicht auf die geltend gemachten Gründe zu beschränken, sondern umfasst die gesamte Anklageschrift im Sinn des § 212 StPO.
§ 212 Z 2 StPO ermächtigt nach dem klaren Gesetzeswortlaut bei einem ausermittelten Sachverhalt lediglich dann zu einer Verfahrensbeendigung, wenn Dringlichkeit und Gewicht des Tatverdachts nicht ausreichen, um eine Verurteilung des Angeklagten auch nur für möglich zu halten. Dieser Einspruchsgrund könnte daher nur dann durchdringen, wenn das Einspruchsgericht nach einer originären Bewertung der Verfahrens- und Beweisergebnisse zur Überzeugung gelangt, dass der Angeklagte auf Basis der vorliegenden Beweisergebnisse der Tat keinesfalls überwiesen werden könne, Dringlichkeit und Gewicht des Tatverdachts trotz eingehender Ermittlungen sohin nicht ausreichen, bei lebensnaher Betrachtung eine Verurteilung auch nur entfernt für möglich zu halten ( Birklbauer aaO § 212 Rz 18).
Der Einspruchsgrund nach § 212 Z 3 StPO zielt auf Verfahren ab, in welchen die Staatsanwaltschaft von weiteren möglichen Erhebungen Abstand nimmt und auf Basis eines nicht hinreichend aufgeklärten Sachverhaltes Anklage erhebt. Dies betrifft insbesondere Fallkonstellationen, in welchen auf Grundlage der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens eine Verurteilung zwar grundsätzlich möglich, aber rein spekulativ wäre. Damit bietet die Regelung Schutz gegen voreilige Anklagen und verhindert, dass eine Hauptverhandlung durchgeführt wird, obwohl zum Zeitpunkt des Einbringens der Anklage realistischer Weise nicht damit gerechnet werden kann, dass eine Verurteilung auf Grundlage der unzureichenden oder mangelhaften Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens erfolgen wird ( Kirchbacher, StPO 15 , § 212 Rz 5). Die Ermittlungsergebnisse bilden dann eine ausreichende Grundlage zur Durchführung einer Hauptverhandlung, wenn ein einfacher Tatverdacht eine Verurteilung nahelegt. Dazu muss vom Gewicht der belastenden und entlastenden Indizien her bei deren Gegenüberstellung mit einfacher Wahrscheinlichkeit ein Schuldspruch zu erwarten sein ( Birklbauer , aaO § 212 Rz 15).
Anders als die dem erkennenden Gericht vorbehaltene endgültige Wertung der Beweise beschränkt sich die Würdigung seitens des Oberlandesgerichtes darauf, ob daraus ein die Anklage rechtfertigender Verdacht ableitbar ist. Dabei ist die Beweisfrage durch das Einspruchsgericht nur so weit zu lösen, wie die Prüfung der Zulässigkeit der Anklage dies erfordert, nämlich im Hinblick auf das Vorliegen eines bloß einfachen Tatverdachtes. Dem Einspruchsgericht ist es dagegen verwehrt, die Beweisergebnisse im Einzelnen und/oder in ihrer Gesamtheit weitergehend auszuwerten und insbesondere seine eigene Überzeugung auszudrücken ( Birklbauer , aaO § 215 Rz 25).
Die gegen den Angeklagten zu den Anklagepunkten B. und D. bestehende Verdachtslage ergibt sich aus den polizeilichen Ermittlungsergebnissen (ON 12.2, 32.2), den Aussagen der Zeugen J* (ON 12.9) und G* (ON 55.4) sowie den Angaben der B* (ON 33.8 AS 9; ON 61).
Der Angeklagte selbst gab zum Vorwurf des Diebstahles durch Einbruch an (ON 12.7), er habe nichts aufgebrochen und nur eine Matratze aus dem Kellerabteil herausgenommen, weil er davon ausgegangen sei, dass diese Matratze zu einem ihrer Betten gehören würde. B* gab an (ON 12.8), sich an nichts mehr erinnern zu können. Laut Aussage des Zeugen J* (ON 12.9) habe sein Vater den Angeklagten und B* vor dem Wohnhaus herumspazieren sehen und habe er selbst B* gegen Mitternacht in den Kellerräumen angetroffen. Sie hätten dann bemerkt, dass die Türe des Kellerabteils auf der rechten Seite aus den Scharnieren herausgehoben worden wäre und mehrere Lampen, ein rosafarbener Koffer und eine Matratze, die im Gang an der Wand angelehnt gewesen sei, gefehlt hätten. Im Kellerabteil der B* hätten sich die fehlenden Lampen befunden und hätten sie den rosafarbenen Koffer in der Wohnung der B* stehen sehen. Diese Aussage steht den Angaben des Angeklagten, das Kellerabteil sei offengestanden, entgegen.
Die zu Pkt D. angeklagte gefährliche Drohung ergibt sich aus der Aussage der B* (ON 33.8 AS 9) und des Zeugen G* (ON 55.4), der bestätigte, der Angeklagte habe zu ihm gesagt, er solle B* und F* ausrichten, er werde sie beide fertig machen und „verräumen“, wenn er sie erwische. Dies habe er der B* auch bei nächster Gelegenheit ausgerichtet. Von B* wurde dies in ihrer Zeugeneinvernahme auch bestätigt.
Die Verdachtslage gegen den Angeklagten zu den Anklagepunkten A. I. und II. sowie C. ergibt sich aus den polizeilichen Ermittlungsergebnissen (ON 5, 8.2, 21.2, 33, 71, 73, 81) sowie den Angaben der Zeugen B* (ON 2.2, 14, 21.6, 61), K* (ON 33.9), E* (ON 33.10 und 51.1), F* (ON 34.2), L* (ON 50.2 und 55.3), M* (ON 55.2), N* (ON 57.2), O* (ON 71.3), P* (ON 71.5), Q* (ON 71.6), R* (ON 71.7), S* (ON 71.8), T* (ON 71.9), U* (ON 73.3) und dem Arztbrief vom 26.3.2021 (ON 82.1).
Der Angeklagte äußerte sich lediglich konkret zu einem Vorfall vom 23.12.2024 (ON 21.5) und gab dazu an, es sei in der Wohnung zu einem Streit gekommen und seien er und B* im Zuge dessen zu Sturz gekommen, wobei er sich selbst an den Fingern und am Ellbogen verletzt habe. Er habe B* nicht vorsätzlich geschlagen, sondern sie seien beide aufgrund des Sturzes im Hundekot gelandet. Er habe sie nicht durch den Hundekot gezogen. Er gab dazu auch ausdrücklich an, dass er B* seit der letzten Gerichtsverhandlung (am 12.12.2024, vgl ON 15) nicht mehr schlage, das sei sie nicht wert. Im Übrigen wollte er sich zu den Vorwürfen nicht äußern und gab auch anlässlich der gerichtlichen Einvernahme (ON 25) an, keine Angaben machen zu wollen.
Laut einer schriftlichen Stellungnahme seines Verteidigers (ON 58) gestand der Angeklagte die Körperverletzung zum Nachteil des Zeugen E* grundsätzlich zu, wobei E* ihn nach seinen Angaben aufgefordert habe, ihm ein paar Schläge zu verpassen. Hinsichtlich eines Vorfalles im Juni/Juli 2024 wird ein Streitgespräch zwischen dem Angeklagten und B* geschildert, bei welchem B* ihrerseits versucht habe, mit einem Besenstiel auf das Gesicht des Angeklagten einzustechen. Die anwesende Zeugin M* habe B* dazu bewegen können, dies zu unterlassen, woraufhin B* eine Vase und eine Bluetoothbox in seine Richtung geworfen habe. Er selbst habe Angst gehabt. Er habe B* an den Armen gepackt und sei sie daraufhin zu Boden gestürzt, wo er sie fixiert habe, damit sie nicht weiter schlage. Nachdem sie sich beruhigt habe, habe er sie losgelassen. Auch bei einem Vorfall am ** im Sommer 2024 habe B* ihm ein Holzscheit ins Gesicht geschlagen, wodurch er zu bluten begonnen habe. Völlig unrichtig sei, dass er Gewalt gegen B* angewendet habe. Die Vorwürfe bezüglich sexueller Übergriffe seien unrichtig. B* habe in der Vergangenheit ihm gegenüber F* beschuldigt, dieser würde sexuelle Gefälligkeiten „als Gegenleistung“ von ihr verlangen. Er habe sie aufgefordert, Anzeige zu erstatten, was sie vorgegeben habe zu tun, wobei der Angeklagte davon ausgehe, dass B* tatsächlich keine Anzeige gegen F* erstattet habe.
Dieser Verantwortung stehen die Angaben der Zeugin B* entgegen. Die Zeugin gab anlässlich ihrer polizeilichen und kontradiktorischen Einvernahmen an, durch den Angeklagten sei es seit über zwei Jahren etwa zweimal die Woche zu erheblicher Gewalt und Wutausbrüchen gekommen (ON 21.6), wobei sie regelmäßig verletzt worden sei, sich jedoch nicht getraut habe, dies zur Anzeige zu bringen bzw gegen den Angeklagten auszusagen. Anlässlich einer weiteren Einvernahme (ON 14) tätigte sie umfassende Angaben zu den Gewalttätigkeiten und Drohungen des Angeklagten und schilderte diese auch ausführlich in ihrer kontradiktorischen Zeugeneinvernahme (ON 61). Die zu Pkt A. I. von der Zeugin B* angeführte Verletzung, die nach ihren Angaben durch den Angeklagten verursacht worden sei, wurde auch von der Zeugin U* bestätigt (ON 73.3), die am 24.3.2021 ein blaues Auge bei B* feststellen konnte. Diese habe ihr gegenüber gesagt, sie sei gestolpert und mit dem Auge auf eine Ecke einer Holzpalette gefallen. Die Verletzung ergibt sich überdies auch aus dem Arztbrief vom 26.3.2021 (ON 82.1), wobei die Zeugin bei der Anamnese wiederum angab, sich bei einem Sturz verletzt zu haben. Die Zeugin B* gab aber bereits bei ihrer kontradiktorischen Einvernahme an, sie habe damals zur Ursache der Verletzung gelogen und nur gesagt, sie sei gestürzt.
Nach Aussage der Zeugin B* (ON 14) seien alle Vorfälle sehr schmerzhaft und extrem gewesen, besonders traumatisierend sei gewesen, dass sie der Angeklagte bis zur Bewusstlosigkeit gewürgt habe. Entgegen den Angaben des Angeklagten gab die Zeugin an, der Angeklagte habe ihr teilweise die Luft weggedrückt und sie ins Gesicht geschlagen. Er habe sie zwingen wollen, dass sie ihm sage, wo sie war, mit wem und warum sie da hingehe. Er habe sie immer wieder mit dem Umbringen bedroht. Wenn sie einmal nach einer Würgeattacke bei einem Freund untergekommen sei, sei der Angeklagte dort hingekommen und habe auch diesen verprügelt (ON 61 AS 8). Die ersten Attacken hätten begonnen, nachdem sie nach dem Beginn der Beziehung (2019 bzw 2020) ein oder eineinhalb Jahre zusammen gewesen seien. Angefangen habe es auch damit, dass er sie nicht mehr hinausgelassen und die Türe zugesperrt habe. Der Angeklagte habe sie gegen den Kopf und in den Bauch geschlagen bzw auch getreten. Er habe sich auf sie gesetzt, wenn sie am Boden gelegen sei, und sie gewürgt, auch dies sei ein- bis zweimal die Woche vorgekommen. Einmal sei sie davon auch ohnmächtig geworden, da sei auch die Zeugin M* anwesend gewesen. Der Angeklagte habe sie auch während ihrer Schwangerschaft getreten und geschlagen, dies auch in den Bauch. Entgegen den Angaben des Angeklagten seien die Gewalttätigkeiten auch nach der letzten Gerichtsverhandlung weitergegangen. Der letzte Vorfall sei am 23.12.2024 gewesen, als er sie ebenfalls geschlagen, getreten und in den Hundekot hineingerieben habe. Wenn sie Freunde besucht habe, seien sie zusammen hingegangen (ON 61 AS 30), alleine habe sie nicht zu Freunden gehen können. Sie habe dies einmal getan, da habe er vor der Türe randaliert und den F* dann geschlagen. Er habe auch in ihre Kleidungsstücke Löcher geschnitten. Dass sie nach einem Besenstiel bzw am ** nach einem Holzscheit gegriffen habe, habe nur zu ihrer Verteidigung gedient. Hinsichtlich der umfassenden Kontrolle des Verhaltens der Zeugin gab diese an, der Angeklagte habe ihr häufig nach den Tätlichkeiten ihr Mobiltelefon abgenommen (ON 61 AS 30), wobei er ihr zwar auch einmal ein Handy geschenkt habe, dies aber ohne SIM-Karte (ON 61 AS 44). Er habe sie teilweise in der Wohnung eingesperrt, wobei er die Türe zugesperrt und sich davor gestellt habe (ON 61 AS 9). Der Angeklagte habe die Türe abgesperrt und den Schlüssel eingesteckt, einmal sei sie über den Balkon hinausgesprungen. Er habe ihr untersagt, sich mit Freunden zu treffen bzw habe er sie ansonsten bei diesen aufgesucht und ihr Mobiltelefon kontrolliert.
Der dem Angeklagten vorgeworfene ein Jahr übersteigende Tatzeitraum ergibt sich ebenfalls aus den Angaben der Zeugin, nach welchen sich die Gewalt bereits nach Wiederaufnahme ihrer Beziehung im Frühjahr 2023 rasch gesteigert und insbesondere nach dem Umzug ihres ältesten Sohnes im September 2023 massiv zugenommen habe. Auch der Zeuge L* gab an, seit eineinhalb Jahren sei sehr auffällig, dass die Zeugin immer mehr Verletzungen aufgewiesen habe (ON 50.2).
Die Angaben der Zeugin B* werden auch durch weitere Zeugen, soweit diese Wahrnehmungen machen konnten, bestätigt. So gaben die Zeugen F*, L*, M*, P*, S* und U* an, Verletzungen an ihr gesehen zu haben. P* und R* führten überdies auch aus, gesehen zu haben, dass der Angeklagte die B* in den Bauch getreten und auf sie eingeschlagen habe. Ebenso schilderte der Zeuge T* Tritte des Angeklagten gegen das Opfer. Zudem sei der Kontakt zum Opfer sehr abgebrochen und habe nur mehr sporadisch stattgefunden.
Die Zeugin M* schilderte, der Angeklagte sei von einer Sekunde auf die andere sehr schnell handgreiflich gegenüber dem Opfer geworden, er habe sie geschubst und geschlagen, dies sei für ihn ein ganz normales Verhalten gewesen. Vorzugsweise habe er sie gegen Oberarme und Oberschenkel geschlagen, damit Verletzungen versteckt werden konnten. Im Juli 2024 sei es zu einem Streit zwischen beiden gekommen, wobei das Opfer mit einem Besenstiel in Richtung des Angeklagten gestupst habe. Der Angeklagte sei dann aufgestanden, habe der B* mehrere Schläge ins Gesicht versetzt, woraufhin diese zu Boden gefallen sei. Daraufhin habe er sie gewürgt, bis B* bewusstlos gewesen sei. Er habe sie dennoch weiter gewürgt und zu M* gesagt, „ich ziehe das jetzt durch“. Mit sehr viel Kraft und unter Schreien habe die Zeugin den Angeklagten vom Opfer wegbekommen. Ein zweiter Vorfall habe sich beim Grillen am ** ereignet. Auch dabei sei es zu einem grundlosen Streit gekommen, woraufhin der Angeklagte das Opfer mehrfach geschubst und die dann am Boden Liegende auch getreten habe. Diese sei zu diesem Zeitpunkt schwanger gewesen. Sie habe regelmäßig Verletzungen des Opfers wahrgenommen und diese habe ihr auch von Gewalttaten des Angeklagten berichtet. Wenn das Opfer aus der Wohnung gegangen sei, habe der Angeklagte sie immer gesucht und habe ihr teilweise verboten, irgendwo hinzugehen. Das Opfer habe auch immer Angst bekommen, wenn er sie angerufen habe, weil ihm das nicht passen würde.
Die Verdachtslage der erheblichen Einschränkung der autonomen Lebensführung und umfassenden Kontrolle des Verhaltens des Opfers wird sohin auch durch die Zeugenaussagen untermauert.
Angesichts dieser Ermittlungsergebnisse ist die leugnende Verantwortung des Angeklagten nicht geeignet, die Verdachtslage abzuschwächen.
Die subjektiven Tatseiten – auch zur Fortsetzung der Gewaltausübung, zur Dauer, zur umfassenden Verhaltenskontrolle und zur Eignung, das Opfer in seiner freien Lebensführung schwerwiegend zu beeinträchtigen - ergeben sich jeweils aus der lebensnahen Betrachtung des äußeren Tatverhaltens (RIS-Justiz RS0098671, RS0116882).
Dass sich der Angeklagte – wie im Einspruch dargestellt wird – tageweise auch bei anderen Personen aufhielt und dort übernachtete, steht einer umfassenden Kontrolle des Verhaltens der Zeugin B* nicht entgegen. Dies gilt auch für den Umstand, dass auch die Zeugin B* bei anderen Personen übernachtete. Zum Einwand, die Zeugin habe F* des sexuellen Missbrauchs beschuldigt, ist darauf hinzuweisen, dass sie dies in der kontradiktorischen Einvernahme richtig stellte, indem sie angab, dieser Vorfall habe sich darauf bezogen, dass sie dem Angeklagten gestanden habe, sie habe einmal etwas in betrunkenem Zustand mit F* gehabt, woraufhin dieser gemeint habe, wenn sie betrunken gewesen sei, sei dies Nötigung und müsse angezeigt werden. Inwieweit eine derartige (durch den Angeklagten vorgenommene rechtliche) Einordnung auch durch die im Einspruch genannten Zeugen vorgenommen worden ist, ist nicht entscheidungswesentlich und tut der Glaubwürdigkeit der Zeugin B* keinen Abbruch. Inwiefern die beantragten Zeugen überdies eine Aussage zu einer nicht bestehenden umfassenden Kontrolle des Verhaltens der Zeugin B* machen können, erschließt sich aus dem gestellten Beweisantrag nicht.
Die Unterbrechung der vorgeworfenen Tatzeit durch eine Haft des Angeklagten von 16.11.2024 bis 12.12.2024 (ON 4 und ON 15), die sohin knapp einen Monat umfasst, steht mit Blick auf die nach der Verdachtslage gegebene Dauer, Dichte und Intensität der Gewaltausübung der erforderlichen Regelmäßigkeit der Gewalt nicht entgegen (RIS-Justiz RS0129716, insb [T5]).
Aufgrund der dargestellten Ermittlungsergebnisse ergibt sich die für die Anklage hinreichende Verdachtslage der Begehung der in der Anklageschrift angeführten und ausführlich begründeten Taten durch den Angeklagten. Ob die Beweisergebnisse zu anklagekonformen Schuldsprüchen des Einspruchswerbers führen, obliegt nach Durchführung eines Beweisverfahrens den beweiswürdigenden Erwägungen des Schöffengerichts.
Im Übrigen wurde die Anklageschrift vom hiezu berechtigten öffentlichen Ankläger beim sachlich und örtlich zuständigen Landesgericht Innsbruck als Schöffengericht eingebracht.
Da sohin weder die geltend gemachten noch sonstige Einspruchsgründe vorliegen, war der Einspruch gemäß § 215 Abs 6 StPO abzuweisen und die Rechtswirksamkeit der Anklageschrift festzustellen.
Gemäß § 214 Abs 3 StPO hat das Oberlandesgericht aus Anlass des von dem in Untersuchungshaft befindlichen Angeklagten erhobenen Einspruchs von Amts wegen über die Untersuchungshaft zu entscheiden.
Infolge der oben dargestellten Ermittlungsergebnisse ist hinsichtlich der in der Anklageschrift zu den Pkten A I. und II. sowie C vorgeworfenen Tathandlungen nicht nur von einem einfachen, sondern von einem dringenden Tatverdacht auszugehen. Hinsichtlich des Vergehens des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Abs 1 Z 1 StGB zu Pkt B. der Anklageschrift besteht lediglich ein einfacher Tatverdacht. Zu Pkt D. der Anklageschrift wurde der Angeklagte bislang nicht gerichtlich einvernommen, sodass dieses Anklagefaktum keine Grundlage für die Untersuchungshaft bildet.
Der Haftgrund der Tatbegehungsgefahr nach § 173 Abs 2 Z 3 lit a, b und c StPO liegt vor.
Beim Verbrechen der fortgesetzten Gewaltausübung nach § 107b Abs 1, 2, 3 und 4 zweiter Fall StGB handelt es sich um eine strafbare Handlung mit schweren Folgen (vgl Nimmervoll , Haftrecht³ Anm 664).
Laut Strafregisterauskunft (ON 33.4) wurde der Angeklagte mit Urteil des Bezirksgerichtes Kufstein vom 04.07.2023, rechtskräftig seit 08.07.2023, ** (Zusatzverurteilung zu ** des Bezirskgerichtes Kufstein), wegen des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB zu einer Geldstrafe verurteilt. Mit weiterem Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 12.12.2024, rechtskräftig am selben Tag, **, wurde der Angeklagte wegen der Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB, des versuchten Hausfriedensbruchs nach §§ 15, 109 Abs 1 und 3 Z 1 StGB, des Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StGB und des Vergehens der Entziehung von Energie nach § 132 Abs 1 StGB zu einer Strafenkombination nach § 43a Abs 2 StGB verurteilt. Diese Verurteilungen erfolgten sohin wegen strafbaren Handlungen, die gegen dasselbe Rechtsgut gerichtet sind.
Infolge des Vorliegens von zumindest zwei einschlägigen Verurteilungen, des nach der Verdachtslage raschen und einschlägigen Rückfalles nur zwei Monate nach der angeführten Verurteilung durch das Bezirksgericht Kufstein, der (teilweisen) Tatbegehung während des zu ** des Landesgerichtes Innsbruck anhängigen Strafverfahrens, der Fortführung des strafbaren Verhaltens nach der zuletzt genannten Verurteilung und der nach der Verdachtslage nunmehr mehr als ein Jahr dauernden fortgesetzten Gewaltausübung liegen jene bestimmten Tatsachen vor, aufgrund derer die Gefahr besteht, der Angeklagte werde ungeachtet des wegen einer mit mehr als sechs Monaten Freiheitsstrafe bedrohten Straftat gegen ihn geführten Strafverfahrens eine strafbare Handlung mit schweren Folgen, nämlich wiederum fortgesetzte Gewaltausübungen, begehen, die gegen dasselbe Rechtsgut gerichtet ist, wie die ihm angelastete Straftat mit schweren Folgen bzw eine strafbare Handlung mit nicht bloß leichten Folgen begehen, die gegen dasselbe Rechtsgut gerichtet ist wie die ihm angelastete strafbare Handlung, wobei er wegen einer gegen dasselbe Rechtsgut gerichteten Straftat bereits zweimal verurteilt worden ist.
Ausgehend vom dringenden Tatverdacht des Verbrechens der fortgesetzten Gewaltausübung droht dem Angeklagten nach dem ersten Strafsatz des § 107b Abs 4 StGB eine Freiheitsstrafe von fünf bis zu fünfzehn Jahren.
Die am 23.01.2025 verhängte (ON 27) und sohin noch nicht sechs Monate andauernde Untersuchungshaft steht weder zur Bedeutung der Sache noch zu der im Fall verdachtskonformer Verurteilung zu erwartenden Strafe außer Verhältnis.
Anhaltspunkte für eine Änderung von Verhältnissen, unter denen der Beschwerdeführer die ihm nach der dringenden Verdachtslage zur Last gelegten Taten begangen hat, sind nicht ersichtlich.
Der Haftgrund ist von einer solchen Intensität, dass ihm durch gelindere Mittel nicht begegnet werden kann.
Aufgrund der eingebrachten Anklage ist die Wirksamkeit des Beschlusses durch eine Haftfrist nicht mehr begrenzt (§ 175 Abs 5 StPO).