Das Oberlandesgericht Innsbruck als Berufungsgericht hat durch die Senatspräsidentin des Oberlandesgerichts Dr. Berchtold als Vorsitzende sowie die Richterin des Oberlandesgerichts Mag. Dr. Tangl und den Richter des Oberlandesgerichts Mag. Ortner als weitere Mitglieder des Senats in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. A* , vertreten durch Dr. Thomas Gratzl, Rechtsanwalt in 4600 Wels, gegen die beklagte Partei B* , vertreten durch Rohracher Winkler Rechtsanwälte GesbR in 6370 Kitzbühel, wegen EUR 58.138,26 s.A., über die Berufung der klagenden Partei (Berufungsinteresse EUR 58.138,26 s.A.) gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 16.9.2024, **-14, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
1. Der Berufung wird k e i n e Folge gegeben.
2. Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei zu Handen ihrer Vertreter binnen 14 Tagen die mit EUR 3.744,42 (darin EUR 624,07 USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens zu ersetzen.
3. Die (ordentliche) Revision ist n i c h t zulässig.
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin und der Beklagte befanden sich von 1985 bis 2005 in einer Lebensgemeinschaft.
Zu einem nicht näher feststellbaren Zeitpunkt unterzeichneten sowohl die Klägerin als auch der Beklagte eine mit „Vereinbarung“ überschriebene und mit 12.12.1990 datierte Urkunde. Diese wies nachstehenden Inhalt auf:
[Anmerkung: Grafik im Zuge der Pseudonymisierung entfernt]
Es konnte nicht festgestellt werden, wer diese Urkunde mitsamt deren Inhalt erstellte. Unter welchen Umständen diese Urkunde von den Parteien unterschrieben und was dabei zwischen ihnen besprochen wurde, konnte ebenfalls nicht festgestellt werden. Ebenso konnte nicht festgestellt werden, was sich die Parteien beim Unterschreiben der Urkunde dachten.
In diesen Grundzügen ist der Sachverhalt im Berufungsverfahren unstrittig.
Mit der am 23.11.2023 eingebrachten Klage begehrte die Klägerin vom Beklagten Zahlung von EUR 58.138,26 samt 8 % Zinsen seit 1.1.1991.
Anspruchsbegründend brachte sie - stark zusammengefasst - vor, sie habe dem Beklagten im Jahr 1990 ein unbefristetes Darlehen in der Höhe von ATS 800.000,-- zu einem vereinbarten Zinssatz von 8 % gewährt. Dies sei auch in einer schriftlichen Vereinbarung festgehalten. Es sei geplant gewesen, das im Eigentum des Beklagten stehende – 100jährige – Haus, welches für Schulsportwochen verwendet worden sei, zu renovieren. Mangels entsprechender finanzieller Mittel habe das Vorhaben nicht in der beabsichtigten Form realisiert werden können. Auch die diversen Unternehmen des Beklagten (kleine Segelschule am C*, Schiff in Jugoslawien [sic!] zum Abhalten von Segelkursen, „D*“ und „E*“) hätten Kapital benötigt, über welches der Beklagte nicht verfügt habe. Die Klägerin habe aus einer Erbschaft über die entsprechenden Mittel verfügt und dem Beklagten das gegenständliche Darlehen gewährt. Trotz mehrfacher Zusagen – so etwa anlässlich der Trennung der Streitteile im Jahr 2005 – habe der Beklagte bislang keinerlei Rückzahlungen geleistet. Die Forderung sei entgegen den Behauptungen des Beklagten nicht verjährt, zumal er seine Darlehensverbindlichkeit mehrfach anerkannt habe.
Der Beklagte wendete - soweit relevant - ein, die Klägerin habe ihm zu keinem Zeitpunkt ein Darlehen gewährt, sie habe ihm auch nicht im Jahr 1990 einen Geldbetrag von ATS 800.000,-- zur Verfügung gestellt; die Rückzahlung eines angeblichen Darlehens habe der Beklagte zu keinem Zeitpunkt zugesagt. Weder habe die Klägerin über die finanziellen Mittel verfügt, um dem Beklagten ein Darlehen in der behaupteten Höhe zu gewähren, noch habe beim Beklagten ein diesbezüglicher Bedarf bestanden. Bei Berücksichtigung der Vorgeschichte zwischen den Streitteilen sei das Vorbringen der Klägerin, ihr stünde ein Rückforderungsanspruch aus einem gewährten Darlehen gegenüber dem Beklagten zu, geradezu absurd. Geldströme seien ausschließlich in entgegengesetzte Richtung, nämlich vom Beklagten an die Klägerin geflossen, welcher diese jahrelang finanziell unterstützt habe.
Der zunächst erhobene Einwand, der Beklagte habe die Vereinbarung in Beilage ./A definitiv nicht unterfertigt, wurde in weiterer Folge dahin korrigiert, dass der Beklagte bei vorsichtiger Betrachtung des Originals der Beilage ./A (anlässlich der Tagsatzung vom 29.4.2024) weder bestätigen könne, dass er diese in der vorgelegten Form unterfertigt habe, noch könne er dies ausschließen. Er könne sich nicht erinnern, eine derartige Urkunde unterfertigt zu haben. Möglich sei, dass ihm diese Urkunde von der Klägerin vorgelegt worden sei und er sie mehr oder weniger blind unterfertigt habe. Theoretisch sei auch denkbar, dass diese Urkunde im Sinne einer etwaigen Absicherung der Klägerin im Zusammenhang mit der Testamentserrichtung verfasst worden sei. Definitiv sei aber niemals eine Darlehenszuzählung erfolgt und folgerichtig auch kein Rückzahlungsversprechen des Beklagten. Hilfsweise werde Verjährung eingewendet, weil nach dem Zinsbegehren der Klägerin diese offensichtlich von einer Fälligkeit per 31.12.1990 ausgehe.
Mit dem angefochtenen Urteil wies das Erstgerichtdas Klagebegehren ab. Dieser Entscheidung legte es neben dem eingangs wiedergegebenen Sachverhalt die Feststellungen in US 4 bis US 5 zugrunde, auf welche das Berufungsgericht gemäß § 500a ZPO verweist. Auszugsweise wiedergegeben wird daraus der folgende Sachverhalt, wobei die in der Berufung von der Klägerin bekämpfte Feststellung in Fettdruck hervorgehoben wird:
Es konnte nicht festgestellt werden, ob die Klägerin dem Beklagten im Jahr 1990 einen Betrag von ATS 800.000,-- zur Verfügung stellte bzw übergab .
Es konnte weiters nicht festgestellt werden, ob die Klägerin den Beklagten zur irgendeinem Zeitpunkt vor dem 17.10.2023, insbesondere im Zuge der Trennung der Streitteile im Jahr 2005, aufforderte, ihr einen Geldbetrag in Höhe von ATS 800.000,-- oder das Äquivalent dieses Betrags in Euro zu zahlen. Weiters konnte nicht festgestellt werden, ob der Beklagte gegenüber der Klägerin zu irgendeinem Zeitpunkt, insbesondere im Zuge der Trennung im Jahr 2005, mündlich einräumte bzw äußerte, dass er ihr einen Geldbetrag in Höhe von ATS 800.000,-- oder das Äquivalent dieses Betrags in Euro schulde oder dass er ihr diesen Betrag zahlen werde. Mit Schreiben des Klagsvertreters vom 17.10.2023 wurde der Beklagte zur Berichtigung einer im Schreiben nicht bezifferten Forderung innerhalb von drei Wochen aufgefordert; hinsichtlich des genauen Inhalts wird auf die Wiedergabe in US 5 verwiesen (§ 500a ZPO).
Eine Zahlung des Beklagten erfolgte bislang nicht.
Rechtlichführte das Erstgericht nach umfassender Wiedergabe der notwendigen Elemente eines Darlehensvertrags nach § 983 ABGB aus, dass bei der Darlehensklage den Gläubiger die Beweislast für die Zuzählung eines Geldbetrags als Darlehen, für dessen Höhe und den Ablauf des Rückzahlungstermins treffe. Der Klägerin sei der Beweis, dass sie dem Beklagten tatsächlich einen Geldbetrag zugezählt habe, nicht gelungen. Auch der Beweis, dass der Beklagte zu unterschiedlichen Zeiten seine Rückzahlungsverpflichtung anerkannt und eine Zahlung nach seinen finanziellen Möglichkeiten zugesagt hätte, sei ihr nicht gelungen; ein Anerkenntnis des Beklagten ergebe sich aus den getroffenen Feststellungen nicht. Das Klagebegehren sei daher abzuweisen.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die fristgerecht erhobene Berufung der Klägerin , die unter Ausführung einer Beweis- sowie einer Rechtsrüge die Abänderung des angefochtenen Urteils im Sinne einer Klagsstattgebung beantragte.
Der Beklagte beantragte in der fristgerecht erstatteten Berufungsbeantwortung, dem Rechtsmittel der Gegenseite den Erfolg zu versagen.
Die Berufung ist nicht berechtigt.
Zur Beweisrüge:
1. Die Klägerin bekämpft die im Sachverhalt in Fettdruck wiedergegebene Feststellung und wünscht an deren Stelle folgende Ersatzfeststellung:
„ Die Klägerin hat dem Beklagten im Jahr 1990 einen Betrag in der Höhe von zumindest ATS 800.000,-- zur Verfügung gestellt bzw übergeben. “
Selbst der Beklagte habe seine Unterschrift auf der Beilage ./A anerkannt, wenngleich er ausgesagt habe, er wisse nicht, wie es dazu gekommen sei. Es ergebe sich aber aus der weiteren Aussage, dass die Beilage ./A und das handschriftliche Testament des Beklagten vom 14.9.1987 Beilage ./F zusammengehörten und nach der Intention der Absicherung der Klägerin gedient hätten. Der Beklagte sei zum Zeitpunkt der Unterfertigung bereits langjähriger Geschäftsmann gewesen, er hätte die Urkunden Beilagen ./A und ./F nicht erstellt und unterfertigt, hätte er nicht zumindest einen Geldbetrag von ATS 800.000,-- zuvor von der Klägerin erhalten. Das Beweisverfahren habe keinen Hinweis dafür erbracht, dass der Beklagte seiner damaligen „Freundin“ das Haus, die Pension „F*“ (Wortlaut des Testaments in Beilage ./F) als Legat im Todesfall übertragen und in weiterer Folge die Vereinbarung vom 12.12.1990 unterfertigt hätte, wären nicht tatsächlich ATS 800.000,-- in sein Haus geflossen.
2.Das Erstgericht hat sich in der Beweiswürdigung mit den einander widersprechenden Aussagen der Klägerin einerseits und des Beklagten andererseits gründlich und umfassend auseinandergesetzt und ausführlich begründet, aus welchen Erwägungen es die von der Klägerin bekämpfte Negativfeststellung getroffen hat. Dabei hat es sich im Detail mit den Widersprüchlichkeiten in der Aussage der Klägerin auseinandergesetzt und dargelegt, dass sich die Klägerin bei der Schilderung des Geschehens mehrfach in Widersprüche verstrickt habe. Zur Vermeidung von Wiederholungen kann zunächst auf diese umfassende Auseinandersetzung verwiesen werden (§ 500a ZPO).
2.1. Lediglich beispielsweise hervorgehoben werden daraus die Widersprüche im Zusammenhang mit der behaupteten Behebung des Geldbetrags von einem Sparbuch:
Während nämlich die Klägerin zunächst darlegte, es habe nach der Behebung von ATS 800.000,-- noch einen Überhang am Sparbuch gegeben, weil der Sparbuchstand vorher ATS 900.000,-- betragen habe (Protokoll vom 16.9.2024 ON 11 PS 8), schilderte sie im Zuge ihrer weiteren Vernehmung, dass das Sparbuch zum damaligen Zeitpunkt gelocht worden und dann bei der Bank verblieben sei (PS 10). Wenn einerseits definitiv behauptet wird, auf dem Sparbuch habe sich ein ursprünglicher Einlagestand von ATS 900.000,-- befunden, von dem der verfahrensgegenständlich geltend gemachte Geldbetrag von ATS 800.000,-- abgehoben worden sei, scheint es mehr als hinterfragenswert, wie die Aussage, das Sparbuch sei im Anschluss an die Behebung gelocht worden und bei der Bank verblieben, damit in Einklang gebracht werden kann. Entweder erinnerte sich die Klägerin daran, dass ein Restbetrag auf dem Sparbuch verblieb, oder daran, dass man unmittelbar nach der Behebung das Sparbuch lochte: Die beiden Darstellungen sind miteinander unvereinbar und nicht beide zum gleichen Termin möglich.
2.2. Auch die Verwendung des angeblich dem Beklagten übergebenen Geldbetrags konnte die Klägerin nicht annähernd nachvollziehbar darlegen:
Über mehrfache Fragestellung des Erstgerichts, was konkret mit dem Geld passiert sei, gab sie ziemlich diffus an, das Geld sei „in die Firmen eingeflossen“, es sei „einfach in die jeweiligen Firmen gelaufen und das Geld sei so einfach zirkuliert“. Letztlich sagte die Klägerin, in klarem Widerspruch zu ihren bisherigen Angaben aus, das Geld sei zum damaligen Zeitpunkt „eigentlich ausschließlich für das Haus“ verwendet worden.
2.3. Auch die Aussagen zum Zustandekommen der Beilage ./A vermögen nicht zu überzeugen:
So schilderte die Klägerin zunächst, sie habe ein „irrsinnig schlechtes Gewissen“ gehabt, weil sie eigentlich mit ihrem Vater abgesprochen hätte, das Geld nicht für „da oben“, gemeint für den C*, zu verwenden. Weil ihr Vater zu diesem Zeitpunkt bereits verstorben sei, habe sie ein schlechtes Gewissen gehabt und etwas Schriftliches haben wollen. Über Nachfrage durch das Erstgericht, ob sie das Geld entsprechend der Vereinbarung mit ihrem Vater, überhaupt für keine Unternehmen am C* verwenden hätte sollen oder lediglich nicht für Unternehmen oder das Haus des Beklagten, sagte sie weiter aus: „ Das kann ich heute nicht mehr genau sagen, es war einfach bezogen auf „da oben“ aus Sicht von ** aus, für den C* eben “. Dem Vorhalt des Richters, dass die Klägerin selbst ausgesagt habe, sie habe das Geld von ihrem Vater im Jahr 1987 für ihre geplante Eröffnung eines Einzelunternehmens am C* erhalten, entgegnete sie lediglich, dass sie da ja nicht alles gebraucht hätte und das Geld für ihr Geschäft natürlich hätte verwenden können.
Diese zum Teil widersprüchlichen, zum Teil sehr vage gehaltenen Aussagen können nur dahin verstanden werden, dass die Klägerin selbst nicht wusste, wofür man den in Rede stehenden Geldbetrag verwendet hätte.
2.4. Auch die in der Berufung versuchte Argumentation, sowohl das Testament vom 14.9.1987 als auch die mit 12.12.1990 datierte Vereinbarung in Beilage ./A gehörten zusammen und dienten der Absicherung der Klägerin, ergibt sich in dieser Form aus der Aussage des Beklagten nicht:
Zu keinem Zeitpunkt hat der Beklagte davon gesprochen, dass die mit 12.12.1990 datierte Beilage ./A sowie das Testament vom 14.9.1987 in Beilage ./F „ zusammen gehörten “. Ausgesagt hat der Beklagte lediglich, dass die Vereinbarung wahrscheinlich gemeinsam mit dem Testament errichtet worden sei, wobei er – angesprochen auf die zeitliche Differenz – seine Aussage dahin relativierte, dass er einfach vermute, „ dass das einfach dort gemeinsam in ein Kuvert gelegt “ worden sei. Befragt zum Zustandekommen seiner Unterschrift unter der Vereinbarung in Beilage ./A gab er an, er wisse wirklich nicht mehr, wie es dazu gekommen sei. Er habe einfach damals der Klägerin möglichst viel Sicherheit gewähren wollen. Wenn nun die Berufung daraus ableitet, dies bedeute, dass der geltend gemachte Betrag auch tatsächlich geflossen sei, stellt sich doch zumindest die Frage, wie die Zuzählung eines Geldbetrags von ATS 800.000,-- von der Klägerin an den Beklagten der Absicherung der Klägerin hätte dienen können.
2.5. Auch aufgrund des gewonnenen persönlichen Eindrucks hielt das Erstgericht die Aussage der Klägerin für nicht glaubhaft. Diesen Eindruck durfte das Erstgericht zulässigerweise in seiner Beweiswürdigung verwerten ( Klauser/Kodek , JN-ZPO 18§ 272 ZPO E 24/3, E 25, E 35 uvm).
3. Der Schluss des Erstgerichts, angesichts dieser Beweisergebnisse sei die Glaubwürdigkeit der Klägerin in Zweifel zu ziehen, ist daher nicht korrekturbedürftig. Die Beweisrüge der Klägerin bleibt daher erfolglos.
Zur Rechtsrüge:
Stark zusammengefasst argumentiert die Berufung, dass jedenfalls davon auszugehen sei, dass die Beilage ./A eine gemeinschaftliche Urkunde sei, deren (unbestrittener) Inhalt von Konsens getragen gewesen sei. Angesichts der (unstrittigen) Intention des Beklagten, der Klägerin möglichst viel Sicherheit zu gewähren und des vom Beklagten angesprochenen Zusammenhangs zwischen der Vereinbarung in Beilage ./A und dem Testament vom 14.9.1987 sei von einer Absicherung in dem Sinne auszugehen, dass dem Beklagten von der Klägerin ein Geldbetrag in Höhe von zumindest ATS 800.000,-- als unbefristetes Darlehen geliehen worden sei. In einer Gesamtschau betreffend den Inhalt der Urkunden Beilage ./A und ./F und deren gemeinsamer Verwahrung im Safe könne mit der erforderlichen Sicherheit davon ausgegangen werden, dass jedenfalls bis 1990 ATS 800.000,-- von der Klägerin gekommen und an den Beklagten zur Investition in sein Haus geflossen seien. Die Negativfeststellung des Erstgerichts zur Übergabe des Geldbetrags schade nicht, weil sich aus dem Inhalt und der gemeinsamen Verwahrung der Urkunden Beilage ./A und ./F, und der klaren Absicht des Beklagten, die Klägerin abzusichern, ergebe, dass die Klägerin den Klagsbetrag irgendwann einmal zurückbekommen sollte. Im Lichte dieser Feststellungen sei die Urkunde Beilage ./A nicht als Vereinbarung für eine künftige Darlehensgewährung zu verstehen, sondern stelle in rechtlicher Hinsicht eine „Quittung“ bzw „Bestätigung“ durch Verschriftlichung einer bereits erfolgten Darlehensgewährung dar.
Darüber hinaus macht die Klägerin umfassende sekundäre Feststellungsmängel geltend, weil das Erstgericht keine Feststellungen zur „Vorgeschichte“ der Streitteile getroffen habe. Nach umfangreicher Wiedergabe von Teilen der Aussagen sowohl der Klägerin als auch des Beklagten führt die Berufung abschließend aus, dass erheblich scheinende Tatsachen nicht festgestellt und auch in erster Instanz nicht erörtert worden seien, ohne aber darzulegen, welche rechtlich erheblich erscheinenden Tatsachen nicht erörtert worden seien; auch wird nicht ausgeführt, ob und welches Vorbringen die Klägerin im Falle einer Erörterung erstattet hätte.
1. Sollte mit dem Hinweis auf eine unterbliebene Erörterung richtigerweise eine Verfahrensrüge gemeint sein, muss diese schon deshalb erfolglos bleiben, weil die Klägerin nicht darlegt, welches zusätzliche oder andere Vorbringen sie aufgrund einer von ihr nicht beachteten Rechtsansicht erstattet hätte ( Fucik in Rechberger/Klicka, ZPO 5 ,§ 182a ZPO Rz 4 mzwN); auch geht aus ihren Ausführungen nicht hervor, welcher rechtliche Gesichtspunkt hätte erörtert werden müssen.
2.Eine gesetzmäßig ausgeführte Rechtsrüge erfordert es, dass der Berufungswerber sich strikt am festgestellten Sachverhalt orientiert und darlegt, weshalb ausgehend davon die rechtliche Beurteilung des Erstgerichts falsch ist. Er darf dabei keine feststellungsfremden Elemente, insbesondere keinen Wunschsachverhalt einführen (RS0041585; vgl RS0043603).
Der Versuch der Klägerin in der Berufung durch Konstruktion eines inhaltlichen Zusammenhangs zwischen den Beilagen ./A und ./F zum Ergebnis zu gelangen, dass die Klägerin einen Geldbetrag in Höhe von zumindest ATS 800.000,-- dem Beklagten geliehen habe (Berufung S 9), negiert die Negativfeststellung dazu, ob jemals ein Geldbetrag an den Beklagten geflossen ist. Das gilt auch für die Argumentation, Beilage ./A sei als Quittung oder Bestätigung einer erfolgten Darlehensgewährung zu interpretieren. Einer solchen Auslegung steht ebenfalls die getroffene Negativfeststellung zur Übergabe des Geldbetrags entgegen.
3. Die Ausführungen in S 7 der Berufung, es handle sich bei Beilage ./A um eine gemeinschaftliche Urkunde mit unbestrittenem Inhalt, übersehen, dass vom Beklagten zwar die Echtheit der Beilage ./A anerkannt wurde, zu keinem Zeitpunkt aber die Richtigkeit, im Gegenteil: Diesbezüglich wurde ausdrücklich auf den eigenen Prozessstandpunkt verwiesen (Protokoll vom 16.9.2024 ON 11 PS 20). Nach dem Prozessstandpunkt des Beklagten aber habe es niemals eine Darlehenszuzählung und auch zu keinem Zeitpunkt ein Rückzahlungsversprechen gegeben, das Zustandekommen der Beilage ./A sei unklar.
4.Richtig hat bereits das Erstgericht dargelegt (§ 500a ZPO), dass ein Darlehensvertrag einerseits das Versprechen einer Rückzahlung erfordert, andererseits aber auch die Zuzählung der Darlehensvaluta. Erst mit dem Einlangen des Kreditbetrags beim Darlehensnehmer hat der Darlehensgeber den Darlehensvertrag erfüllt und damit einen Rückzahlungsanspruch erworben (vgl 1 Ob 150/01t; Bollenberger/P. Bydlinski in KBB 7§ 983 Rz 7 mwN). Die Zuzählung des Darlehensbetrags hat der Darlehensgeber zu beweisen (6 Ob 169/17x).
4.1.Ein im Jahr 1990 abgeschlossener (Darlehens-)Vertrag bedurfte aufgrund der damaligen Rechtslage (§ 983 ABGB idF vor dem DaKrÄG 2010, BGBl I 2010/28) für die Gültigkeit des Vertrags der wirklichen Übergabe der Darlehensvaluta, weil es sich damals noch um einen Realkontrakt handelte. Schon deshalb muss die Klage aufgrund der Negativfeststellung zur Übergabe der Darlehensvaluta scheitern.
4.2.Es sei aber darauf hingewiesen, dass auch die Novellierung des § 983 ABGB, wonach für das gültige Zustandekommen eines Darlehensvertrags – nunmehr als Konsensualvertrag – nicht mehr die tatsächliche Übergabe der Darlehensvaluta erforderlich war, nichts daran änderte, dass die tatsächliche Zuzählung des Darlehensbetrags an den Darlehensnehmer oder einen Dritten nach wie vor insofern anspruchsbegründende Tatsache ist, als der Darlehensgeber die Rückzahlung der Darlehensvaluta nur verlangen kann, wenn er seinerseits die vertraglichen Verpflichtungen erfüllt hat (3 Ob 197/14p; 6 Ob 169/17x uva).
5.Die Feststellungsgrundlage ist nur dann mangelhaft, wenn Tatsachen fehlen, die für die rechtliche Beurteilung wesentlich sind und dies Umstände betrifft, die nach dem Vorbringen der Parteien und den Ergebnissen des Verfahrens zu prüfen waren (RS0053317).
Für die rechtliche Beurteilung, ob zwischen den Streitteilen ein Darlehensvertrag wirksam zustande gekommen ist, ob eine Rückzahlungsverpflichtung des Beklagten besteht oder ob dieser eine solche anerkannt hat, sind Feststellungen zur „Vorgeschichte“, nämlich zur Lebensgemeinschaft der Streitteile, wie sie in der Berufung begehrt werden, rechtlich unbeachtlich. Sekundäre Feststellungsmängel haften dem Urteil daher nicht an.
Der Berufung ist daher der Erfolg zu versagen.
Die klagende Partei ist gemäß §§ 50, 41 ZPO verpflichtet, der beklagten Partei die tarifgemäß verzeichneten Kosten des Berufungsverfahrens zu ersetzen.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der (ordentlichen) Revision liegen nicht vor, weil sich das Berufungsgericht bei der Beurteilung der Beweislast für die Zuzählung des Geldbetrags an die ständige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs gehalten hat und Beweisfragen nicht revisibel sind.
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