JudikaturOLG Graz

3R137/25d – OLG Graz Entscheidung

Entscheidung
Schadenersatzrecht
18. September 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Graz hat als Berufungsgericht durch den Richter Mag. Tanczos (Vorsitz) und die Richterinnen Dr. in Steindl-Neumayr und Mag. a Binder in der Rechtssache der klagenden Partei DI A*, geboren am **, **, vertreten durch Dr. Johannes Öhlböck LL.M., Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei B*, geboren am **, **, Deutschland, vertreten durch Dr. Roland Garstenauer, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen EUR 59.616,38 s.A. und Feststellung (EUR 5.000,--) über die Berufung der klagenden Partei (Berufungsinteresse EUR 64.616,38) gegen das Urteil des Landesgerichts Leoben vom 29. Juni 2025, **-50, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt

Spruch

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit EUR 3.768,42 (darin enthalten EUR 628,07 USt.) bestimmten Kosten der Berufungsbeantwortung zu ersetzen.

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Am 13. Februar 2024 kam es im Skigebiet **, Piste **, in ** zu einem Skiunfall kam, an dem die Klägerin und die Beklagte beteiligt waren.

Die Unfallstelle befindet sich etwa 200 bis 300 Meter talwärts der Bergstation der Gipfelbahn C* im rechten Drittel der Piste. Die Piste ist im Bereich der Unfallstelle etwa 50 bis 60 Meter breit und verläuft in Annäherung an die Unfallstelle mit einem Gefälle von 13° talwärts. In Annäherung an den Unfallbereich ist die Piste wegen der mittleren Neigung mittelschwer zu befahren. Sie ist ausreichend breit und sehr übersichtlich. Die Sichtstrecke auf den Unfallbereich beträgt zumindest 70 Meter.

Die Klägerin ist eine mittelgute Skifahrerin. Die Beklagte ist eine mittelgute bis schwache Skifahrerin. Beide Parteien hatten ausreichende Fähigkeiten, um die gegenständliche Piste abzufahren. Beide Parteien befuhren die Piste vor dem Unfall mit relativ langsamer Geschwindigkeit.

Etwa vier Meter vor dem Unfall befand sich die Klägerin etwa ein bis zwei Meter talwärts der Beklagten im Verhältnis zur Pistenachse. Auf vier Metern verbleibender Fahrtstrecke wäre es beiden Beteiligten nicht mehr möglich gewesen, unfallvermeidend auszuweichen.

Die Annäherungslinien der Streitteile auf den letzten 20 bis 30 Metern vor dem Unfall können ebenso wie der Umstand, wer auf den letzten 20 bis 30 Metern vor dem Unfall die jeweils andere Skifahrerin als potentielles Hindernis in der eigenen beabsichtigte Fahrlinie wahrnehmen und auf diese reagieren hätte können, nicht festgestellt werden. Insbesondere kann nicht festgestellt werden, ob die Klägerin in den letzten Sekunden vor dem Unfall aus einer stehenden Position angefahren ist oder ob die Klägerin die Piste in den letzten Sekunden vor dem Unfall in einem Zug befahren hat. [F1]

Der konkrete Unfallhergang kann nicht festgestellt werden. Insbesondere kann nicht festgestellt werden, ob es zu einer Kollision zwischen der Klägerin und der Beklagten gekommen ist oder es keinen körperlichen Kontakt zwischen den Beteiligten gegeben hat. [F2]

Es kann nicht festgestellt werden, dass die Fahrweise bzw das Verhalten der Beklagten ursächlich für den Sturz der Klägerin war. Insbesondere kann nicht festgestellt werden, ob sich die Klägerin durch die Annäherung der Beklagten oder einen ebenfalls nicht feststellbaren Warnruf erschrocken hätte und dadurch zu Sturz gekommen wäre. [F3]

Die Klägerin begehrt von der Beklagten aus dem Titel des Schadenersatzes zuletzt EUR 59.616,38 s.A. und die Feststellung der Haftung der Beklagten für sämtliche zukünftigen, derzeit nicht bekannten Schäden aus dem Skiunfall vom 13. Februar 2024. Die Klägerin bringt vor, dass die Beklagte den Unfall allein verschuldet habe, indem sie unter Missachtung der FIS-Regeln, insbesondere des Grundsatzes des Gefährdungsverbots, mit überhöhter Geschwindigkeit und ohne Beachtung der übrigen Skifahrer von oben kommend ungebremst frontal in die langsam und regelkonform fahrende Klägerin „hineingefahren“ sei. Die Klägerin sei dadurch zu Sturz gekommen und schwer verletzt worden.

Die Beklagte beantragt die Klagsabweisung und wendet ein, dass die Klägerin aus einer stehenden Position plötzlich ohne Beachtung der übrigen Skifahrer vom rechten Pistenrand in Richtung Pistenmitte losgefahren sei. Die Beklagte habe einen Linksschwung durchgeführt, um die Kollision zu vermeiden, und „Vorsicht“ gerufen. Nachdem die Streitteile kurz parallel zueinander gefahren seien, seien sie – ohne dass es einen Kontakt gegeben habe - gemeinsam bergseitig auf die Piste gefallen. Die Klägerin treffe das Alleinverschulden am Zustandekommen des Unfalls.

Mit dem angefochtenen Urteil wies das Erstgericht das Klagebegehren zur Gänze ab.

Über den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt hinaus legte das Erstgericht seiner Entscheidung die auf den Seiten 4 und 5 Urteils ersichtlichen Tatsachenfeststellungen zugrunde, auf die das Berufungsgericht verweist (§ 500a Satz 1 ZPO).

In rechtlicher Hinsicht leitete das Erstgericht daraus ab, dass der für die anspruchsbegründenden Tatsachen behauptungs- und beweispflichtigen Klägerin der Nachweis nicht gelungen sei, dass eine verfehlte Fahrweise der Beklagten kausal für den Sturz der Klägerin gewesen sei.

Dagegen richtet sich die Berufung der Klägerin aus den Anfechtungsgründen der Aktenwidrigkeit und der unrichtigen Tatsachenfeststellung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, dass dem Klagebegehren zur Gänze stattgegeben wird. Hilfsweise wird ein Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag gestellt (ON 51).

Die Beklagte beantragt in ihrer Berufungsbeantwortung, der Berufung nicht Folge zu geben (ON 53).

Rechtliche Beurteilung

Die Berufung, über die gemäß § 480 Abs 1 ZPO in nichtöffentlicher Sitzung entschieden werden konnte, ist nicht berechtigt.

1. Als Aktenwidrigkeit rügt die Klägerin, dass das Erstgericht auf Seite 6 des Urteils das medizinische Sachverständigengutachten Dris. D* dahingehend zusammengefasst habe, dass der Sachverständige „nur“ die Zerrung der linken Schulter vorgefunden habe, sonstige Verletzungen aber nicht entstanden seien, obwohl der Sachverständige in seinem Gutachten an unfallskausalen Verletzungsfolgen „eine Zerrung der linken Schulter mit Zerreißung der Untergrätenmuskelsehne bei vorbestehendem alten Riss der Obergrätenmuskelsehne und verstärkter Abnutzung im Schultereckgelenk“ festgestellt habe. Die Aktenwidrigkeit betreffe eine wesentliche Feststellung bzw einen Teil der Beweiswürdigung, weil das Erstgericht aus den Verletzungsfolgen die langsame Fahrgeschwindigkeit beider Streitteile vor dem Unfall ableite, die Höhe der ersatzfähigen Kosten davon abhänge und diese unrichtige „Feststellung“ auch zulasten der Glaubwürdigkeit der Klägerin gewürdigt worden sei.

1.1. Eine Aktenwidrigkeit liegt vor, wenn Feststellungen auf aktenwidriger Grundlage getroffen werden, also auf einem bei der Darstellung der Beweisergebnisse unterlaufenen Irrtum beruhen und infolgedessen ein fehlerhaftes Sachverhaltsbild der rechtlichen Beurteilung unterzogen wurde (RIS-Justiz RS0043347, RS0043203, Pochmarski/Tanczos/Kober, Berufung in der ZPO 5, 205). Auch eine Beweiswürdigung auf der Grundlage aktenwidriger Tatsachenannahmen verwirklicht eine Aktenwidrigkeit (2 Ob 47/16z, 3 Ob 241/05w). Die Aktenwidrigkeit muss für das Urteil von wesentlicher Bedeutung, also geeignet sein, die Entscheidungsgrundlage zu verändern (RIS-Justiz RS0043347 [T9]). Erwägungen, weshalb ein Sachverhalt als erwiesen angenommen oder bestimmte Feststellungen nicht getroffen werden können, fallen hingegen in das Gebiet der Beweiswürdigung und können keine Aktenwidrigkeit begründen (RIS-Justiz RS0043347 [T2]).

1.2. Die behauptete Aktenwidrigkeit liegt nicht vor. Entgegen der Berufungskritik ergibt eine Gesamtbetrachtung der Entscheidungsgründe, dass der Erstrichter im Rahmen der von ihm angestellten (überaus eingehenden) beweiswürdigenden Überlegungen das gesamte vom Sachverständigen Dr. D* festgestellte Verletzungsbild (einschließlich der Ruptur des Untergrätenmuskels) bedachte (vgl US 6 erster Absatz). Das von der Klägerin in ihrem Rechtsmittel monierte (Kurz-)Zitat der „Zerrung der linken Schulter“ bei Fehlen sonstiger Verletzungen bezieht sich bei verständiger Lesart im Gesamtkontext nur auf das Nichtvorliegen der unmittelbar vorher angesprochenen, bei höheren Geschwindigkeiten zu erwartenden objektivierbaren Anprallverletzungen wie Prellungen oder Knochenbrüchen (vgl US 6 zweiter Absatz). Die Klägerin wendet sich mit ihrer Argumentation im Ergebnis nur gegen die (auf eine Vielzahl von Argumenten gestützte) erstgerichtliche Beweiswürdigung zur Glaubhaftigkeit ihrer Angaben, zeigt aber keine Aktenwidrigkeit auf.

2. In der Tatsachenrüge bekämpft die Berufungswerberin die Feststellungen [F1] bis [F3] und strebt stattdessen folgende Ersatzfeststellungen an:

„Die Klägerin fuhr im rechten Bereich der Piste, wobei sie langgezogene Schwünge machte. Als sie einen Linksschwung machte, kam die Beklagte plötzlich von links und prallte in die linke Seite der Klägerin. Kurz zuvor versuchte die Klägerin noch, mit ihrer linken Hand den Zusammenstoß abzuwehren. Die Beklagte machte vor dem Zusammenstoß nicht auf sich aufmerksam und konnte die Klägerin sie zuvor auch nicht wahrnehmen.

Durch den von der Beklagten allein verschuldeten Zusammenstoß stürzte die Klägerin und zog sich dadurch eine Zerrung der linken Schulter mit Zerreißung der Untergrätenmuskelsehne zu.“

2.1. Die Klägerin kritisiert, dass das Erstgericht bei seiner Beweiswürdigung ihre Aussagen einem „weitaus strengeren Maßstab“ als jene der Beklagten unterzogen habe. Die Berufungswerberin meint, dass die behauptete Widersprüchlichkeit bei ihren Angaben zum Anstoß nicht vorliege, weil sie schon „zuvor“ (gemeint: anlässlich der Befragung durch den medizinischen Sachverständigen) von einer Abwehrbewegung gesprochen habe und der Sachverständige erstmals in seiner mündlichen Gutachtenserörterung – dh nach der Aussage der Klägerin - offen gelegt habe, dass der Riss der Untergrätenmuskelsehne durch eine Abwehrreaktion entstehen habe können. Ihre Schilderungen seien plausibel, wobei mit Blick auf die unfallbedingte Ausnahmesituation Ungenauigkeiten bei der Beschreibung der Armstellung oder (subjektiven) Geschwindigkeitsschätzungen ebenso wenig als unglaubwürdige Aussagen gewertet werden dürften wie die Nicht-Erwähnung eines Details der geleisteten Hilfestellungen durch den Vater, zu dem dieser gar nicht konkret befragt worden sei. Wesentlich seien vielmehr die Angaben des unbeteiligten Zeugen E* zum Zustandekommen des Vermerks „Zusammenstoß“ im Unfallerfassungsbogen. Demnach habe die Klägerin davon berichtet, dass ihr „die andere hineingefahren“ sei und die Beklagte „das bejaht“, wodurch die Unfalldarstellung der Klägerin gestützt und jene der Beklagten widerlegt werde.

2.2. Einer Beweisrüge kann ein Erfolg nur dann beschieden sein, wenn sie gegen die Richtigkeit der vom Erstgericht vorgenommenen Beweiswürdigung stichhaltige Bedenken ins Treffen führen kann ( Klauser/Kodek , JN-ZPO 18 § 467 E 40/2, 40/3). Der bloße Umstand, dass nach den Beweisergebnissen allenfalls auch andere Tatsachenfeststellungen möglich gewesen wären, reicht nicht aus, eine unrichtige oder bedenkliche Beweiswürdigung aufzuzeigen ( Klauser/Kodek , JN-ZPO 18 § 467 E 39/1). Nach diesen Grundsätzen gelingt es der Berufungswerberin mit ihren Rechtsmittelausführungen nicht, Bedenken gegen die bekämpften Negativfeststellungen zum Unfallhergang zu begründen.

2.3. Der Erstrichter unterzog die diametral voneinander abweichenden, im Sinne der schlüssigen Ausführungen der Sachverständigen für Alpinen Skisport Mag. a F* gleichermaßen technisch plausiblen Darstellungen der Parteien zum Unfallhergang einer eingehenden Bewertung und gelangte unter zulässiger Verwertung des bei den Einvernahmen gewonnenen unmittelbaren Eindrucks im Rahmen einer äußerst sorgfältigen, sämtliche Verfahrensergebnisse einbeziehenden, lebensnahen Beweiswürdigung zum Ergebnis, dass zum konkreten Unfallgeschehen nur Negativfeststellungen getroffen werden könnten. Das Beweisverfahren habe nämlich nicht mit ausreichend hoher Sicherheit eine konkrete Unfallvariante als so wahrscheinlich hervorgebracht, dass darauf eine positive Feststellung gestützt werden könne.

2.3.1. Betreffend die Aussage der Klägerin erwog der Erstrichter, dass diese in mehreren Punkten Unstimmigkeiten aufweise, die zumindest erhebliche Zweifel an der Richtigkeit ihrer Darstellung aufkommen ließen. Er bezog sich dabei insbesondere auf die bei verschiedenen Befragungen (im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren, durch den medizinischen Sachverständigen und vor Gericht) unterschiedliche Schilderung des Anstoßes, den die Klägerin zunächst als Zusammenstoß „Schulter gegen Schulter“ beschrieben habe, ehe sie über Nachfragen gegenüber dem medizinischen Sachverständigen davon gesprochen habe, sie habe den linken Oberarm am Körper angelegt gehalten, und „vielleicht“ mit dem linken Unterarm eine Abwehrbewegung gemacht, die sie (erst) nach Vorliegen des (einen Anprall als Verletzungsursache ausschließenden) schriftlichen Sachverständigengutachtens im Sinne einer mit beiden Armen vorgenommenen „reflektorischen“ Abwehr dargestellt habe, bei der sie ihre Arme (abweichend von ihren früheren Angaben) nahezu durchgestreckt vorgezeigt habe.

2.3.2. Die im Laufe des Verfahrens modifizierte Darstellung des Anstoßgeschehens betrifft einen zentralen Aspekt des Unfallgeschehens, was – entgegen dem Standpunkt der Klägerin – ungeachtet der ihr zuzugestehenden unfallbedingten Ausnahmesituation dagegen spricht, dies als unwesentliche Abweichung einzustufen. Der Argumentation im Rechtsmittel, wonach die Klägerin vor der mündlichen Gutachtenserörterung einvernommen worden sei und ihre Aussage nicht daran angepasst haben könne, ist zu erwidern, dass sich bereits aus dem schriftlichen Sachverständigengutachten Dris. D* ergeben hatte, dass der Riss der Untergrätenmuskelsehne nicht durch einen direkten Anprall oder einen Sturz nach rechts [wie von der Klägerin ursprünglich beschrieben] verursacht werden konnte, sondern für die Verletzungsentstehung eine Drehbewegung erforderlich ist, die durch die Kontaktnahme mit der anderen Skifahrerin erklärt werden kann (ON 27.1, AS 12).

2.3.3. Der von der Klägerin betonte Umstand, dass Geschwindigkeitsschätzungen naturgemäß subjektiv und mit Unsicherheiten behaftet sind, ändert nichts daran, dass der Klägerin der Nachweis nicht gelungen ist, dass die Beklagte mit einer bezogen auf die Pistenverhältnisse unangemessenen (überhöhten) Geschwindigkeit unterwegs gewesen wäre. Der Erstrichter verwies in diesem Zusammenhang zu Recht auf die nicht mit den objektivierbaren Beweisergebnissen (Verletzungsbild ohne objektivierbare Anprallverletzungen) vereinbare Schätzung der Geschwindigkeit der Beklagten durch die Klägerin als hoch. Die Feststellung zur relativ langsamen Geschwindigkeit, mit der beide Parteien vor dem Unfall die Piste befuhren, wurde ohnehin nicht bekämpft.

2.3.4. Die Kritik an der erstgerichtlichen Würdigung der Angaben der Klägerin und ihres Vaters zu den von diesem erbrachten Pflegeleistungen führt ebenso keiner für die Klägerin günstigeren Beurteilung. Die Höhe der Pflegeleistungen war – mit Blick auf die fehlende Berechtigung der Ansprüche dem Grunde nach – nicht entscheidend. Solcherart bezogen sich die diesbezüglichen beweiswürdigenden Überlegungen des Erstrichters (dass die Klägerin ihren Standpunkt „durchaus sehr prozessstandpunktorientiert“ vertrete) nur auf die Glaubwürdigkeitsbeurteilung. Das Erstgericht begründete seinen Eindruck (auch) mit Widersprüchen in den Angaben der Klägerin (zu den erforderlichen Hilfestellungen), die durch den Hinweis auf die (davon nichts erwähnende) Aussage des Vaters (bloß) illustriert wurden, und damit, dass sich das Klagebegehren am Pflegegeldbescheid orientiere, der Tätigkeiten umfasse, für die die Klägerin selbst nach ihren eigenen Angaben keine Unterstützung benötige. Soweit die Klägerin nun bemängelt, dass der Vater der Klägerin nicht explizit zu seinen Hilfeleistungen beim Anziehen des BHs befragt worden sei, vernachlässigt sie umgekehrt, dass das Erstgericht seinen Eindruck – unabhängig von diesem (nicht überzubewertenden) Randdetail - auf eine Mehrzahl von (weitaus wesentlicheren) das eigentliche Unfallgeschehen betreffenden Abweichungen/Variationen in ihren Aussagen stützte. Diese betrafen – neben den oben erörterten Angaben zu den Umständen des Anstoßes und der Geschwindigkeit der Beklagten - auch die wiederholt modifizierten Darstellungen der Klägerin zum Aufgehen und Schließen der linken Skibindung sowie dazu, ob die Beklagte zu Sturz gekommen sei. Insgesamt ortete das Erstgericht bei der Klägerin eine gewisse Tendenz, nicht mit Gewissheit bekannte Umstände durch Schlussfolgerungen aufzufüllen und diese als Wahrnehmungen zu präsentieren, weshalb nach Einschätzung des Erstrichters angesichts des wechselnden Aussageverhaltens auch zumindest in Betracht zu ziehen sei, dass die Klägerin ihre Aussage bewusst abändern würde. Auf all dies geht die Berufungswerberin in ihrem Rechtsmittel nicht ein.

2.3.5. Der Erstrichter setzte sich auch mit der von der Beklagten geschilderten Unfallvariante kritisch auseinander. Diese werde durch die bei der polizeilichen Vernehmung (auf Basis der Angaben der Beklagten) angefertigte, technisch nachvollziehbare Skizze und die von den Zeugen G* und H* bestätigte Endlage gestützt. Einschränkend merkte der Erstrichter aber an, dass die Skizze von einem damit befassten Alpin-Polizisten gezeichnet worden und die Beklagte erst zwei Tage nach dem Unfall einvernommen worden sei, sodass ungeachtet des „durchaus aufrichtigen persönlichen Eindrucks“, den der Erstrichter der Beklagten attestierte (US 10), nicht auszuschließen sei, dass sie sich eine für ihren Standpunkt günstige Variante zurecht gelegt habe. Zudem hätten die in einem Naheverhältnis zur Beklagten stehenden Zeugen G* und H* keine Wahrnehmungen zu den Fahrlinien. Die Zeugen hätten auch den von der Beklagten behaupteten Warnruf nicht bestätigt, obwohl gerade der Zeuge H* (der einen Ausruf der Klägerin [„Sie Trampel“] geschildert habe) in Hörweite gewesen sei. Der Erstrichter bedachte weiters, dass angesichts der unweit der Bergstation gelegenen Unfallstelle ein Losfahren der Klägerin aus einer stehenden Position am Pistenrand (nach einer Fahrpause) nicht auszuschließen, aber wenig naheliegend sei.

2.3.6. Berücksichtigt wurde im Ersturteil auch, dass E* von der Pistenrettung basierend auf seinem Gespräch mit beiden Parteien nach dem Unfall im Erhebungsbogen Beilage ./AA „Zusammenstoß“ als Unfallursache vermerkt habe. Nach der unbedenklichen Würdigung des Erstgerichts sei der Beweiswert dieser „Erhebung“ aber deutlich zu relativieren, weil der Fokus nach den als glaubhaft beurteilten Angaben des Zeugen E* nicht auf dem Unfallhergang, sondern auf den Verletzungen und deren Versorgung gelegen sei und die Beklagte lebensnah angegeben habe, sie habe angesichts des gesundheitlichen Zustands der Klägerin an Ort und Stelle keinen Streit mit letzterer anfangen wollen. Indem sie dem nur eigene Erwägungen zu den Angaben des Zeugen E* und dem Unfallerhebungsbericht (als Kontrollbeweisen für den von ihr geschilderten Unfallhergang) gegenüberstellt, gelingt es der Berufungswerberin nicht, diese erstgerichtliche Beweiswürdigung zu erschüttern.

2.3.7. Bedenkt man, dass sich aus dem medizinischen Sachverständigengutachten ergibt, dass ein Anprall der Schulter der Klägerin gegen den Oberkörper der Beklagten oder ein Sturz auf die rechte Seite als Verletzungsursache auszuschließen ist und im Übrigen die von der Klägerin erlittene Verletzung sowohl durch einen (von der Beklagten geschilderten) Sturz auf die linke Seite mit zur Abstützung nach außen rotiertem Arm als auch durch eine (von der Klägerin beschriebene) Abwehrbewegung entstanden sein kann, daher beide Varianten (schi- und verletzungs-)technisch möglich sind, ist völlig unbedenklich, dass sich das Erstgericht als Ergebnis seiner Beweiswürdigung außerstande sah, den Unfallhergang in dem einen oder anderen Sinn mit der für eine positive Feststellung erforderlichen Wahrscheinlichkeit (vgl zum Regelbeweismaß der ZPO: RIS-Justiz RS0110701) festzustellen.

2.4. Die bekämpften Negativfeststellungen [F1] bis [F3] erweisen sich daher als nicht korrekturbedürftig.

3. Auf Basis des festgestellten Sachverhalts macht die Klägerin eine unrichtige rechtliche Beurteilung nicht geltend (vgl RIS-Justiz RS0041570 [T8]).

4. Die Berufung bleibt daher erfolglos.

5. Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens stützt sich auf die §§ 50 Abs 1, 41 Abs 1 ZPO. Die Klägerin hat der Beklagten die richtig verzeichneten Kosten der Berufungsbeantwortung zu ersetzen. Für Leistungen an einen im Gemeinschaftsgebiet (hier: Deutschland) wohnhaften Nichtunternehmer gilt gemäß § 3a Abs 7 UStG das Unternehmerortprinzip (RIS-Justiz RS0114955 [T15]). Die Ausnahmeregelung des § 3a Abs 14 Z 3 UStG erfasst nur Nichtunternehmer, die keinen Wohnsitz, Sitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Gemeinschaftsgebiet haben (vgl Ruppe/Achatz , Umsatzsteuergesetz 6 § 3a Rz 144 [Stand 1.5.2024, rdb.at]).

6. Eines gesonderten Bewertungsausspruchs bedarf es nicht, weil das Leistungs- und das Feststellungsbegehren in einem tatsächlichen und rechtlichen Zusammenhang gemäß § 55 Abs 1 Z 1 JN stehen und der Wert des Entscheidungsgegenstands aufgrund der Höhe des Leistungsbegehrens jedenfalls EUR 30.000,00 übersteigt (vgl OLG Graz 3 R 114/24w).

7. Die ordentliche Revision war nicht zuzulassen, weil eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO nicht zu beantworten war. Die Entscheidung war nur von Tatfragen abhängig.