JudikaturOLG Graz

9Bs209/25s – OLG Graz Entscheidung

Entscheidung
08. September 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Graz hat durch die Senatspräsidentin Mag. a Kohlroser als Vorsitzende, die Richterin Mag. a Berzkovics und den Richter Mag. Scherr, LL.M., BA in der Strafvollzugssache des Mag. A*wegen nachträglichen Aufschubs des Strafvollzugs nach § 133 StVG über dessen Beschwerde gegen den Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Vollzugsgericht vom 7. August 2025, GZ **-12, in nichtöffentlicher Sitzung den

BESCHLUSS

gefasst:

Spruch

Die Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen .

Gegen diese Entscheidung steht ein weiterer Rechtszug nicht zu (§ 17 Abs 1 Z 3 StVG iVm § 89 Abs 6 StPO).

Text

BEGRÜNDUNG:

Über den am ** geborenen österreichischen Staatsangehörigen Mag. A* wurde mit Urteil des Landesgerichts Innsbruck, AZ **, die Freiheitsstrafe von zwei Jahren und mit Urteil des Landesgerichts Feldkirch, AZ **, die Freiheitsstrafe von vier Jahren verhängt, die er derzeit – aufgrund einer zwischenzeitlich erfolgten Überstellung – in der Justizanstalt Stein verbüßt.

Mit dem angefochtenen Beschluss, der dem Verurteilten am 12. August 2025 persönlich zugestellt wurde (ON 12.1), wurde sein Antrag auf nachträglichen Aufschub des Strafvollzugs abgewiesen (ON 12).

Am 22. August 2025 langte ein E-Mail der Rechtsanwältin Dr. Ölz beim Erstgericht ein (ON 14), die ausführte, den Strafgefangenen in einem Zivilverfahren zu vertreten. Mag. A* habe ihr mitgeteilt, dass er eine Beschwerde gegen den Beschluss auf Abweisung des nachträglichen Strafaufschubs einbringen wolle. Da sich die Zusammenarbeit mit dem Erwachsenenvertreter des Strafgefangenen als schwierig erweise, möchte Letztgenannter die Beschwerde selbst einbringen, weshalb sie das Erstgericht ersuche, dies zu ermöglichen.

Inhaltlich ist diese Eingabe nicht als Beschwerde zu werten, sondern als Ankündigung einer solchen durch den Strafgefangenen selbst.

Mit E-Mail vom 28. August 2025 teilte der Vater des Strafgefangenen per E-Mail mit (ON 15.2), er habe den Erwachsenenvertreter seines Sohnes bereits am 21. August 2025 und am 22. August 2025 ersucht, fristgerecht ein Rechtsmittel gegen den Beschluss zu erheben. Dies sei offensichtlich nicht erfolgt, weshalb ihm sein Sohn eine Generalvollmacht mündlich erteilt habe.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 84 Abs 2 StPO können, soweit im Einzelnen nichts anderes bestimmt wird, Rechtsmittel, Rechtsbehelfe und alle sonstigen Eingaben an Kriminalpolizei, Staatsanwaltschaft und Gericht (nur) schriftlich, per Telefax oder im elektronischen Rechtsverkehr (§ 89a GOG) eingebracht werden. Die Eingabe des Vaters des Strafgefangenen vom 28. August 2025, als Beschwerde verstanden, entspricht demnach nicht der in der StPO vorgesehenen Form (vgl RIS-Justiz RS0127859; Kirchbacher, StPO 15 § 84 Rz 6; Murschetz in Fuchs/RatzWK StPO § 84 Rz 12), ist daher prozessual unbeachtlich und gemäß § 89 Abs 2 StPO als unzulässig zurückzuweisen.

Der Vollständigkeit halber ist noch zu bemerken, dass die Strafprozessordnung eine generelle Beschwerdelegitimation von Angehörigen (§ 72 StGB) eines Beschuldigten nicht vorsieht. Das in Artikel 6 Abs 1 lit c MRK verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht eines Beschuldigten auf Verteidigung und auf Beiziehung eines Verteidigers findet in den §§ 7 Abs 1, 49 Z 2 und 58 Abs 1 StPO seine einfachgesetzliche Ausgestaltung ( Soyer/Schumann in Fuchs/Ratz, WK StPO § 58 Rz 1). Der Kreis der zur Ausübung von Verteidigungsrechten nach der StPO berechtigten Personen wird in § 48 Abs 1 Z 5 StPO legaldefiniert ( Soyer/Stuefer in Fuchs/Ratz,WK StPO § 48 Rz 40). Demnach ist Verteidiger eine zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft (erster Fall), eine sonst gesetzlich zur Vertretung im Strafverfahren berechtigte (zweiter Fall) oder eine Person, die an einer inländischen Universität eine Lehrbefugnis für Strafrecht und Strafprozessrecht erworben hat (dritter Fall), sobald sie der Beschuldigte als Rechtsbeistand bevollmächtigt hat (§ 58 StPO) und eine Person, die dem Beschuldigten nach den Bestimmungen der StPO als Rechtsbeistand bestellt wurde (vierter Fall). Da der Vater des Verurteilten nach der Aktenlage nicht zur Ausübung von Verteidigungsrechten berechtigt ist, ist seine angeblich im Auftrag seines Sohnes eingebrachte Beschwerde unzulässig, weshalb das Rechtsmittel auch aus diesem Grund gemäß § 89 Abs 2 StPO zurückzuweisen wäre. Außerdem ist die Eingabe, wäre sie prozessual beachtlich, auch verspätet, weil die 14-tägige Rechtsmittelfrist (§ 88 Abs 1 StPO) bereits am 26. August 2025 endete.