JudikaturOLG Graz

7Rs38/25z – OLG Graz Entscheidung

Entscheidung
20. August 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Graz hat als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch die Senatspräsidentin Dr. Kraschowetz-Kandolf (Vorsitz), die Richter Mag. Russegger und Mag. Reautschnig sowie die fachkundigen Laienrichter:innen Färber (aus dem Kreis der Arbeitgeber:innen) und Zimmermann (aus dem Kreis der Arbeitnehmer:innen) als weitere Senatsmitglieder in der Sozialrechtssache der klagenden Partei A* , **, vertreten durch die Choč, Axmann Niesner, Rechtsanwaltspartnerschaft in Graz, gegen die beklagte Partei Sozialversicherungsanstalt der Selbstständigen , Landesstelle **, wegen Kinderbetreuungsgeld , über die Berufung der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht vom 28. April 2025, GZ **-11, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit EUR 731,90 (darin EUR 121,98 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens zu ersetzen.

Die Revision ist nichtnach § 502 Abs 1 ZPO zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

Gegenstand des Berufungsverfahrens ist der der Höhe nach unstrittige Anspruch der Klägerin auf Kinderbetreuungsgeld für ihren am ** geborenen Sohn B* C*, und zwar (nur mehr) für den Zeitraum 17. Juli 2023 bis 31. Dezember 2024 (Rückforderungsanspruch der Beklagten) und für den Zeitraum 1. Jänner 2025 bis 14. Jänner 2025 (Anspruch der Klägerin). Rechtskräftig ist der Zuspruch des Kinderbetreuungsgeldes für die Zeit 3. März 2025 bis 25. Mai 2025 und die Abweisung des Mehrbegehrens für die Zeit 15. Jänner 2025 bis 2. März 2025. Auf die ausführlichen Feststellungen des Erstgerichtes (Urteilsseiten 2 - 5) wird verwiesen, sie lassen sich zusammenfassen:

Die Klägerin bezog für B* C* vom 26. März 2023 bis 31. Dezember 2024 das Kinderbetreuungsgeld als Konto (Pauschalsystem). Insgesamt beantragte sie die maximale Dauer von 26. Jänner 2023 bis 25. Mai 2025.

Die Klägerin und D* C*, der Vater von B* C*, errichteten im Bezugszeitraum in ** ein Wohnhaus (später: Eigenheim). Die Klägerin verfügte noch über eine Wohnung in **, wo sich auch das (ruhend gemeldete) Friseurgeschäft der Klägerin befand (später: Wohnung der Klägerin). Die Eltern des D* C* hatten ein Wohnhaus in ** (später: Wohnhaus der Schwiegereltern).

Die Klägerin und ihr Sohn B* C* hatten gemeinsam ihren Hauptwohnsitz gemeldet, und zwar bis 17. Juli 2023 in der Wohnung der Klägerin, ab 17. Juli 2023 bis 3. März 2025 im Wohnhaus der Schwiegereltern und seit 3. März 2025 im neuen Eigenheim.

Die Klägerin und B* C* lebten immer in gemeinsamen Haushalt.

Vom 17. Juli 2023 bis Ende August 2024, verließen die Klägerin, D* und B* C* an jedem Wochentag um ca. 6:30 Uhr die Wohnung der Klägerin, in der sie schliefen. Tagsüber hielten sie sich im Wohnhaus der Schwiegereltern auf, weil sie ihr Eigenheim in unmittelbarer Nähe errichteten. Im Wohnhaus der Schwiegereltern standen der Klägerin, D* und B* C* neben dem 15 m² großen ehemaligen Kinderzimmer des D* C* auch das Badezimmer, die Sanitäreinrichtungen, der Garten, die Küche und der Wohnbereich zur gemeinsamen Nutzung mit der Familie des D* C* zur Verfügung und wurden diese Räume von ihnen auch genutzt. Die Klägerin kümmerte sich um ihren Sohn und kochte dort für die Arbeiter, die auf der Baustelle des Eigenheims tätig waren, die Familie und sich selbst. Sie und ihr Sohn nahmen jeweils die Mahlzeiten dort gemeinsam mit den Schwiegereltern ein und verbrachten den Tag im Wohnhaus der Schwiegereltern, bis sie um ca. 19:00 Uhr gemeinsam mit D* C* in die Wohnung der Klägerin zurückkehrten. Dort nächtigten die Klägerin, D* und B* C* und machten dort auch die Wäsche. Darüber hinausgehende Verrichtungen des täglichen Lebens führten die Klägerin, ihr Lebensgefährte und der gemeinsame Sohn im Wohnhaus der Schwiegereltern durch, wo sich auch die Lebensmittel des täglichen Bedarfs befanden und von wo aus die Klägerin und D* C* die Baustelle des Eigenheims betreuten. Die persönlichen Gebrauchsgegenstände, Möbel und Kleidung sowohl der Klägerin als auch weitgehend die Gegenstände des täglichen Bedarfs ihres Sohnes befanden sich damals noch in der Wohnung der Klägerin. Windeln für ihren Sohn hatte die Klägerin auch im Wohnhaus der Schwiegereltern, die Kleidung für ihren Sohn nahm sie aber täglich in einer großen Tasche dorthin mit. Abends fuhren die Klägerin, D* und B* C* in die Wohnung der Klägerin zurück, um dort zu übernachten. Sie betrachteten diese Wohnung als Rückzugsort. Die Klägerin und ihr Lebensgefährte sahen damals aber ihren Lebensmittelpunkt im Wohnhaus der Schwiegereltern, weil sie sich dort tagsüber aufhielten .

Im September 2024 verbrachten die Klägerin und ihr Lebensgefährte den Wohnungsinhalt der Wohnung der Klägerin sukzessive in das Eigenheim, weil es sich in Fertigstellung befand und die Klägerin ihre Wohnung ab Dezember 2024 vermieten wollte. Ab diesem Zeitpunkt übernachteten die Klägerin, D* und B* C* überwiegend im Wohnhaus der Schwiegereltern, was sich für sie fortan als praktischer erwies. Im Eigenheim wurde im November 2024 die Küche eingebaut und begannen die Klägerin und ihr Lebensgefährte langsam mit der Einrichtung des Hauses. Das Badezimmer wurde im Dezember 2024 fertig.

Ab 15. Jänner 2025 zogen die Klägerin, D* und B* C* gemeinsam in das Eigenheim ein, wo sie sich fortan überwiegend aufhielten und lebten. Die Klägerin meldete den Hauptwohnsitz im Eigenheim erst am 3. März 2025, nachdem die Benützungsbewilligung für das Haus und die Hausanschrift durch die Gemeinde vergeben waren.

Die Beklagte widerrief mit Bescheid vom 24. Februar 2025 die Zuerkennung des Kinderbetreuungsgeldes für B* C* für den Zeitraum 17. Juli 2023 bis 31. Dezember 2024, lehnte für den Zeitraum vom 1. Jänner 2025 bis 25. Mai 2025 dessen Zuerkennung ab und verpflichtete die Klägerin zum Ersatz der unberechtigt empfangenen Leistung von EUR 7.020,32.

Die Klägerin begehrt (zuletzt ON 10.3, 2) die Feststellung, dass die Pflicht zum Rückersatz für den Zeitraum 17. Juli 2023 bis 31. Dezember 2024 nicht zu Recht bestehe und ihr über den 31. Dezember 2024 hinaus das Kinderbetreuungsgeld in gesetzlicher Höhe zuerkannt werde. Die Beklagte nehme unrichtig an, dass die Klägerin keinen gemeinsamen Haushalt mit ihrem Sohn gehabt habe und daher keine Grundlage für den Erhalt des Kinderbetreuungsgeldes bestehe. Tatsächlich habe die Klägerin ununterbrochen mit ihrem Sohn B* C* am selben Ort ihren Lebensmittelpunkt gehabt und seien beide mit Hauptwohnsitz an derselben Adresse gemeldet gewesen. Tatsächlich habe sich die Klägerin über ausdrückliche Empfehlung der Beklagten ab 17. Juli 2023 im Wohnhaus der Schwiegereltern gemeldet.

Die Beklagte beantragt, das Klagebegehren abzuweisen.

Im Vorverfahren, **, sei hervorgekommen, dass die Klägerin und ihr Sohn vom 26. Jänner 2023 bis 16. Juli 2023 keinen gemeinsamen Haushalt am gemeldeten Hauptwohnsitz gehabt hätten. Ein gemeinsamer Haushalt im Sinne des KBGG liege auch von 17. Juli 2023 bis 2. März 2025 am gemeldeten Hauptwohnsitz im Haus der Schwiegereltern nicht vor. Es lasse sich nicht beurteilen, ob nun seit 3. März 2025 an der gemeldeten Adresse im neuen Eigenheim die Klägerin und ihr Sohn einen gemeinsamen Haushalt begründen.

Das Erstgericht stellt fest, dass der Anspruch der Beklagten auf Rückersatz des Kinderbetreuungsgeldes (aufgrund Widerrufs) im Zeitraum 17. Juli 2023 bis 31. Dezember 2024 von EUR 7.020,32 nicht zu Recht besteht und die Klägerin nicht verpflichtet ist, diesen Betrag an die Beklagte zurückzuzahlen, verpflichtet die Beklagte, der Klägerin für B* C* das Kinderbetreuungsgeld von 1. Jänner 2025 bis 14. Jänner 2025 und von 3. März 2025 bis 25. Mai 2025 im Ausmaß von EUR 17,65 täglich zu zahlen und weist das Mehrbegehren ab, das Kinderbetreuungsgeld im Zeitraum 15. Jänner 2025 bis 2. März 2025 zu zahlen.

Es geht vom (unstrittigen) Sachverhalt aus und folgert rechtlich, Anspruch bestehe unter anderem, wenn eine auf längere Zeit ausgerichtete Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft des Elternteils und des Kindes an derselben Wohnadresse bestehe und beide an dieser Adresse auch tatsächlich hauptwohnsitzlich gemeldet seien. Unstrittig seien die Klägerin und ihr Sohn immer gleichzeitig an denselben Orten mit Hauptwohnsitz gemeldet gewesen. Das Vorliegen einer Wirtschaftsgemeinschaft sei im Verfahren nicht weiter strittig. Eine Wohngemeinschaft liege grundsätzlich vor, wenn Elternteil und Kind tatsächlich in einer Wohnung leben, die ihr dauernder gemeinsamer Lebensmittelpunkt sein solle. Komme (in Ausnahmefällen) mehreren Orten Mittelpunktcharakter zu, etwa weil eine berufliche und wirtschaftliche Bindung zum einen Ort bestehe, während auch zu einem weiteren Ort etwa eine wirtschaftliche, nebenberufliche und gesellschaftliche Bindung vorliege, sei jener Ort entscheidend, zu dem vom Bürger ein überwiegendes Naheverhältnis behauptetwerde. Die Klägerin und ihr Sohn hätten sich von 17. Juli 2023 bis 15. Jänner 2025 jeweils für rund die Hälfte des Tages in der Wohnung der Klägerin (nämlich im Wesentlichen während der Abende und Nächte) und sonst im Wohnhaus der Schwiegereltern („Wachzeiten“) aufgehalten. Bei Abwägung aller Umstände des Einzelfalls sei das Wohnhaus der Schwiegereltern als Mittelpunkt der Lebensbeziehungen der Klägerin und ihres Sohnes zu qualifizieren. Die Klägerin habe auch durch die Hauptwohnsitzmeldung ab 17. Juli 2023 ein überwiegendes Naheverhältnis zu diesem Ort deklariert und angenommen, dass sich hier ihr Lebensmittelpunkt befinde. Ab September 2024 habe die Klägerin auch begonnen, ihre Wohnung auszuräumen und habe die überwiegende Anzahl der Nächte im Wohnhaus der Schwiegereltern verbracht. Die Anspruchsvoraussetzungen nach § 2 Abs 1 Z 2 und Abs 6 KBGG seien daher von 17. Juli 2023 bis 14. Jänner 2025 erfüllt. Die dauerhafte Verlegung des Hauptwohnsitzes in das neue Eigenheim ab 15. Jänner 2025 sei zwar unproblematisch, jedoch habe die Klägerin die rechtzeitige Meldung des Hauptwohnsitzes unterlassen. Die Klägerin habe daher von 15. Jänner 2025 bis 2. März 2025 keinen Anspruch auf das Kinderbetreuungsgeld. Ab 3. März 2025 seien die Anspruchsvoraussetzungen wieder erfüllt gewesen, weil die Klägerin und ihr Sohn gemeinsam im neuen Eigenheim tatsächlich aufhältig und auch gemeldet gewesen seien.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten aus den Berufungsgründen der unrichtigen rechtlichen Beurteilung. Sie beantragt, das Urteil abzuändern, die Klägerin zu verpflichten, den Betrag von EUR 7.020,32 an die Beklagte zurückzuzahlen und das Klagebegehren abzuweisen, soweit die Beklagte verpflichtet werde, der Klägerin für B* C* das Kinderbetreuungsgeld im Zeitraum von 1. Jänner 2025 bis 14. Jänner 2025 zu zahlen.

Die Klägerin beantragt in der Berufungsbeantwortung , der Berufung nicht Folge zu geben.

Die Berufung, über die gemäß § 480 Abs 1 ZPO iVm § 2 Abs 1 ASGG in nichtöffentlicher Sitzung entschieden werden konnte, ist nicht berechtigt.

Das Berufungsgericht legt seiner Entscheidung gemäß § 2 Abs 1 ASGG iVm § 498 Abs 1 ZPO den vom Erstgericht als erwiesen angenommenen Sachverhalt zugrunde.

Davon ausgehend versagt die Rechtsrüge.

1.Das Berufungsgericht hält die rechtliche Beurteilung des Erstgerichts soweit hier relevant für zutreffend, die Rechtsmittelausführungen dazu hingegen aus folgenden Gründen für nicht stichhältig (§ 500a ZPO):

Rechtliche Beurteilung

1.1. Zweck des als Familienleistung konzipierten Kinderbetreuungsgeldes ist es, es einem Elternteil zu ermöglichen, sich in der ersten Lebensphase eines Kindes dessen Erziehung zu widmen, die Betreuungs- und Erziehungskosten auszugleichen und gegebenenfalls finanzielle Nachteile, die der Verzicht auf ein (Voll-)Erwerbseinkommen bedeutet, abzumildern ( 10 ObS 12/23xRz 22 ua). Primäre Anspruchsvoraussetzung ist somit die Erbringung von Betreuungsleistungen, wobei der Gesetzgeber davon ausgeht, dass diese von jenem Elternteil erbracht werden, der mit dem Kind einen gemeinsamen Haushalt (§ 2 Abs 1 Z 2 KBGG) führt ( 10 ObS 69/14s ErwGr 4.2; 10 ObS 21/25y ). Die Klägerin stellte ihr Frisörgeschäft ruhend. Sie betreute ihren Sohn, mit dem sie immer gleichzeitig an denselben Orten wohnte. Die Klägerin war auch immergleichzeitig mit ihm an denselben Orten mit Hauptwohnsitz gemeldet. Das Vorliegen einer Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft ist dabei im Verfahren nicht weiter strittig. Eine Wohngemeinschaft liegt aber schon vor, wenn Elternteil und Kind tatsächlich in einer Wohnung leben, die ihr dauernder gemeinsamer Lebensmittelpunkt sein soll. Ab dem 17. Juli 2023 war das nach den Feststellungen im Wohnhaus der Schwiegereltern der Fall, wo sich die Klägerin mit B* C* überwiegend aufhielt. Die Klägerin deklarierte durch ihre Hauptwohnsitzmeldung dort ab 17. Juli 2023 das überwiegende Naheverhältnis zu diesem Ort und nahm an, dass sich dort ihr Lebensmittelpunkt befinde. Nach den Erläuterungen im Durchführungserlass zum KBGG ist unter gemeinsamem Haushalt eine Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft zu verstehen, wofür eine idente Hauptwohnsitzmeldung von Antragstellerin und Kind ein Indiz bildet. Aus den Gesetzesmaterialien zu § 2 Abs 1 Z 2 KBGG ergibt sich, dass sich die Voraussetzung des gemeinsamen Haushalts der beziehenden Person mit dem Kind im Normalfall aus den Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug der Familienbeihilfe ergibt, jedoch aus Gründen der Rechtssicherheit auch in diesem Gesetz festgelegt wird (ErlRV 620 BlgNR 21. GP 59 f). Nach der zu § 2 Abs 6 KBGG ergangenen Rechtsprechung stellt diese Regelung klar, dass ein gemeinsamer Haushalt nur dann vorliegt, wenn der Elternteil und das Kind an derselben Adresse auch hauptwohnsitzlich gemeldet sind ( 10 ObS 57/13z ; 10 ObS 117/12x ; 10 ObS 156/12g ua). Das war aber im noch relevanten Anspruchszeitraum stetsder Fall. Der gemeinsame Haushalt im Sinn des § 2 Abs 6 Satz 1 KBGG stünde (erst) dann in Frage, wenn (etwa infolge der längeren Dauer der Abwesenheit) der Hauptwohnsitz an einer anderen Unterkunft begründet wird und die beiden dort nicht hauptwohnsitzlich gemeldet sind ( 10 ObS 21/25y ).

1.2. Es gibt zwei Fälle, in denen der Elternteil mitdem Kind die Unterkunft wechselt, die Wohn-und Wirtschaftsgemeinschaft und damit der gemeinsame Haushalt im Sinn des § 2 Abs 1 Z 2 KBGG aber nicht berührt werden. Erstens können der Elternteil und das Kind ihren Hauptwohnsitz dauerhaftauf eine andere Wohnadresse verlegen, an der sie nun (weiter) gemeinsam leben. Dieser Fall ist nach dem Wortlaut des § 2 Abs 6 Satz 1 KBGG und der zitierten Rechtsprechung unproblematisch, weil der gemeinsame Haushalt nicht voraussetzt, dass sich dieser fortwährend am selben Ort befindet. Zu beachten ist nur, dass es nach Wechsel des Hauptwohnsitzes nach § 2 Abs 6 Satz 1 KBGG einer (rechtzeitigen) hauptwohnsitzlichen Meldung von Elternteil und Kind an der (neuen) Adresse bedarf. Zweitens können der Elternteil und das Kind bloß vorübergehend von der Wohnadresse, an der sie in einer Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft leben, abwesend sein und an einer anderen Adresse Unterkunft nehmen, etwa wenn der Elternteil das Kind an einem Urlaubsort (weiter) betreut. In diesem Fall bleibt der Hauptwohnsitz an der bisherigen (gemeinsamen) Wohnadresse aufrecht. Das entspricht dem Ziel der Regelung, durch das Abstellen auf die „hauptwohnsitzliche Meldung“ den Nachweis des gemeinsamen Lebensmittelpunkts zu standardisieren und dadurch den Krankenversicherungsträger und die Eltern durch eine leicht handhabbare Regelung zu entlasten (10 ObS 41/19f ErwGr 2.5. mit Verweis auf die ErläutRV 340 BlgNR 24. GP 9; 10 ObS 21/25y). Ebenso unproblematisch ist aber der hier zu beurteilende Fall, in dem die Klägerin und ihr Sohn immer im gemeinsamen Haushalt lebten, auch wenn später ein Bezug zum Haus der Schwiegereltern und dem neuen Eigenheim hinzukam. Soweit die Berufung auf das Vorverfahren (**) verweist, wo der tatsächliche und gemeldete Hauptwohnsitz noch in der Wohnung der Klägerin festgestellt wurde, weil sich die Klägerin und ihr Sohn dort noch überwiegend aufhielten und auch D* C* dort nächtigte, ist daraus für den Zeitraum ab 17. Juli 2023 nichts abzuleiten, weil in zeitlicher Hinsicht zu differenzieren ist und die Klägerin erst im Laufe der Zeit das Wohnhaus der Schwiegereltern als Mittelpunkt ihrer Lebensbeziehungen an- und dort Unterkunft nahm. Diese Annahme erklärt auch die Hauptwohnsitzmeldung ab 17. Juli 2023, die ein überwiegendes gemeinsames Naheverhältnis zu diesem Ort deklariert. Die Beklagte bezieht sich hier auf Argumente, die in einer Beweisrüge vorzutragen wären, zeigt aber keine unrichtige rechtliche Beurteilung basierend auf den Feststellungen auf ( RS0043603 ).

1.3.Der Hauptwohnsitz ist nach § 1 Abs 7 MeldeG an einer Unterkunft begründet, an der man sich in der erweislichen oder aus den Umständen hervorgehenden Absicht niedergelassen hat, diese zum Mittelpunkt der Lebensbeziehungen zu machen. Tatsächliche Abwesenheiten von der Unterkunft können, müssen den Hauptwohnsitz aber nicht berühren. Das Erstgericht weist zutreffend darauf hin, dass (in Ausnahmefällen) wenn mehreren Orten ein solcher Mittelpunktcharakter zukomme, der Ort entscheidend sei, zu dem der Bürger ein überwiegendes Naheverhältnis behaupte. Die Rechtsrüge geht soweit aber nicht vom festgestellten Sachverhalt aus, wenn sie unterstellt, dass sich der Sachverhalt - abgesehen von den unterschiedlichen Hauptwohnsitz meldungen - im Vergleich zum Vorverfahren nicht geändert hätte ( RS0043603 ). Die Klägerin weist in der Berufungsbeantwortung (3.) zutreffend darauf hin, dass die Änderung ihrer Absicht mit der sich laufend verändernden Lebenssituation (Baufortschritt, Absicht die Wohnung der Klägerin zu vermieten) und auch mit dem Hinweis der Beklagten im Vorverfahren zusammenhing, dass der tatsächliche Hauptwohnsitz dort begründet sein müsse. Die Rechtsrüge legt auch nicht ausgehend vom festgestellten Sachverhalt dar ( RS0043603 ), dass eine Unterkunftnahme im Wohnhaus der Schwiegereltern nicht möglich gewesen und nicht erfolgt sei, steht doch unbekämpft fest, dass die Klägerin, B* und D* C* dort auch das Badezimmer, die Sanitäreinrichtungen, den Garten, die Küche und den Wohnbereich nutzen durften und auch tatsächlich nutzten. Die Klägerin kümmerte sich dort um ihren Sohn und kochte dort für die Arbeiter, die auf der Baustelle des Eigenheims tätig waren, sodass der Schwerpunkt ihrer gesellschaftlichen und familiären Bindungen während der Bauzeit zweifellos dort verankert war. Aus welchen Feststellungen die Beklagte aber eine bloße „Scheinmeldung“ der Klägerin ableitet, stellt sie in der Berufung nicht nachvollziehbar dar.

1.4.Die Voraussetzung des § 2 Abs 6 Satz 1 KBGG, dass der Elternteil und das Kind an derselben „Wohnadresse leben“ müssen, verdeutlicht (nur), dass beide an derselben Adresse Unterkunft genommen und dort ihren Hauptwohnsitzhaben müssen. Daher sind die Voraussetzung der hauptwohnsitzlichen Meldung im Sinn des § 2 Abs 6 Satz 1 KBGG hier erfüllt. Ziel der Regelung ist es, durch das Abstellen auf die „hauptwohnsitzliche Meldung“ den Nachweis des gemeinsamen Lebensmittelpunkts zu standardisieren und dadurch den Krankenversicherungsträger und die Eltern durch eine leicht handhabbare Regelung zu entlasten ( 10 ObS 21/25y ). Die angestrebte leichte Administrierbarkeit träte gerade nicht ein, wenn im Fall derselben gemeldeten Änderung des Hauptwohnsitzes von bezugsberechtigter Mutter und Kind das tatsächliche weitere Bestehen eines gemeinsamen Haushalts geprüft werden müsste.

1.5.Das Vorliegen der weiteren Anspruchsvoraussetzungen des § 2 Abs 1 KBGG im noch relevanten Zeitraum zieht die Beklagten in der Berufung nicht in Zweifel.

Die Berufung der Beklagten bleibt daher erfolglos.

2. Die Entscheidung über die Kostendes Berufungsverfahrens stützt sich auf § 77 Abs 1 Z 2 lit a ASGG.

3.Da keine erhebliche Rechtsfrage (§ 502 Abs 1 ZPO) zu lösen war, ist die ordentliche Revision nicht zuzulassen.