JudikaturOLG Graz

1Bs133/24d – OLG Graz Entscheidung

Entscheidung
08. Juli 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Graz hat durch die Richterin Mag a . Schwingenschuh als Vorsitzende sowie die Richter Mag. Wieland und Mag. Redtenbacher in der Strafsache gegen A*wegen des Vergehens der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung nach öffentlicher Verhandlung am 8. Juli 2025 in Anwesenheit des Oberstaatsanwalts Dr. Kirschenhofer, jedoch in Abwesenheit der Angeklagten über ihre Berufung gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom 17. Juni 2024, GZ **-18, zu Recht erkannt:

Spruch

Auf die Berufung wegen Nichtigkeit wird keine Rücksicht genommen.

Der weiteren Berufung wird nicht Folge gegeben.

Der Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde – soweit für die Berufungsentscheidung relevant – die am ** geborene österreichische Staatsangehörige A* des Vergehens der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB (I.) und des Vergehens der Gefährdung der körperlichen Sicherheit nach § 89 StGB (II.) schuldig erkannt und in Anwendung des § 28 Abs 1 StGB nach § 105 Abs 1 StGB zur Geldstrafe von 200 Tagessätzen zu je 10 Euro, im Uneinbringlichkeitsfall 100 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, sowie gemäß § 389 Abs 1 StPO zum Strafverfahrenskostenersatz verurteilt.

Nach dem Schuldspruch hat A* am 24. Oktober 2023 auf der A9 Fahrtrichtung ** vor den ** als Lenkerin des grau lackierten ** mit dem amtlichen Kennzeichne ** (Zulassungsbesitzerin: B*)

I. C* durch Gewalt zu einer Handlung genötigt, indem sie unmittelbar nach Beendigung des von ihr durchgeführten Überholvorganges mit Gewalt, nämlich durch das abrupte und überraschende Abbremsen des von ihr gelenkten Fahrzeuges am zweiten Fahrstreifen im Zuge der dortigen Wiedereinreihung zur Handlung des starken, einen Auffahrunfall vermeidenden Abbremsens und Auslenkens des von C* gesteuerten (schwarz lackierten) PKW der Marke ** mit dem amtlichen Kennzeichen **, wobei das Fahrzeug ins Schleudern geriet,

II. durch das zu Faktum I. beschriebene Fahrverhalten vorsätzlich eine Gefahr für das Leben, die Gesundheit oder die körperliche Sicherheit der C* herbeigeführt.

Dagegen richtet sich die in der Hauptverhandlung am 17. Juni 2024 angemeldete Berufung der Angeklagten wegen vorliegender Nichtigkeitsgründe sowie wegen des Ausspruchs über die Schuld und die Strafe (ON 17, 7). Das Rechtsmittel wurde nicht schriftlich ausgeführt.

Rechtliche Beurteilung

Da die Angeklagte aus Anlass der Berufungsanmeldung nicht erklärte, welche Nichtigkeitsgründe sie geltend machen will, und das Rechtsmittel nicht schriftlich ausführte ist gemäß § 489 Abs 1 iVm § 467 Abs 2 StPO auf die Berufung wegen vorliegender Nichtigkeitsgründe keine Rücksicht zu nehmen.

Mit ihrer gegen den Ausspruch über die Schuld gerichteten Berufung vermag die Angeklagte keine Bedenken an der sämtliche relevanten Beweismittel ausschöpfenden und diese schlüssig und lebensnah würdigenden Beweiswürdigung des Erstgerichts zu begründen (RIS-Justiz RS0132299).

Denn im Gegensatz zu der just in der Darstellung des Kerngeschehens wechselnden und diese erweiternden Verantwortung der Angeklagten (ON 4.2.7, ON 8, ON 17) weisen die Ausführungen der Zeugin C* über mehrere Vernehmungen hinweg eine weitestgehende Konstanz bei gleichzeitig hohem Detailgrad auf (ON 4.2.9, ON 17, 4 f), woraus bei ihr auf in Erlebnissen begründete Aussageinhalte zu schließen ist. Hinzukommt, dass die chronologisch letzte Version der Angeklagten nicht einmal von der Mitangeklagten D* bestätigt wurde (ON 17, 3), sodass die erstgerichtliche Annahme überzeugt, A* habe sich diese Angaben bloß als Schutzbehauptung zurechtgelegt.

Der Schluss aus dem äußeren Verhalten auf die innere Tatseite begegnet keinen Bedenken. Denn einerseits ist eine derartige Schlussfolgerung bei leugnenden Angeklagten methodisch gar nicht ersetzbar (RIS-Justiz RS0116882, RS0098671). Andererseits tritt die wissentliche und willentliche gewaltsame Willensbeugung des Tatopfers sowie die damit einhergehende billigende Inkaufnahme der Gefährdung ihrer körperlichen Sicherheit schon in der anlasslosen und abrupten Bremsung des Fahrzeuges sinnfällig zu Tage.

Die Subsumtion der solcherart unbedenklichen Konstatierungen zu den entscheidenden Tatsachen unter die Vergehenstatbestände der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB und der Gefährdung der körperlichen Sicherheit nach § 89 StGB erweist sich als zutreffend, konkurrieren diese Tatbestände doch ideal miteinander [Leukauf/Steininger/ Nimmervollin StGB 4 §  89 Rz 19]).

Demgemäß ist die Angeklagte unter Bedachtnahme auf § 28 Abs 1 StGB innerhalb des Strafrahmens des § 105 Abs 1 StGB, der eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder eine Geldstrafe bis zu 720 Tagessätzen vorsieht, zu bestrafen.

Erschwerend fällt der Angeklagten gemäß § 33 Abs 1 Z 1 StGB die Begehung mehrerer strafbarer Handlungen zur Last.

Dem stehen mildernd der bislang ordentliche Lebenswandel und der auffallende Widerspruch zwischen ihrem sonstigen Verhalten und der Tat gegenüber (§ 34 Abs 1 Z 2 StGB [RIS-Justiz RS0091464]).

In Abwägung dieser Strafzumessungskriterien und der persönlichen Täterschuld ist das ein Viertel der höchstzulässigen Geldstrafe bloß geringfügig überschreitende (ein Drittel jedoch unterschreitende) Strafmaß von 200 Tagessätzen nicht mit Erfolg zu kritisieren, trägt es doch innerhalb des einzelfallbezogenen Schuldrahmens auch den angesichts der Tatbegehung im Straßenverkehr unerlässlichen, generalpräventiven Erfordernissen Rechnung.

Ausgehend von den unbedenklichen Konstatierungen des Erstgerichts zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen der Angeklagten besteht auch kein Anlass zur Korrektur der vom Erstgericht ermittelten Tagessatzhöhe von 10 Euro, ist doch bei einem monatlichen Nettoerwerbseinkommen von 1.800 Euro aus unselbständiger Tätigkeit und bei Sorgepflichten für ein minderjähriges Kind davon auszugehen, dass der Angeklagten jedenfalls 300 Euro netto monatlich frei zur Verfügung stehen (§ 19 Abs 2 StGB).

Letztlich entspricht auch das Ausmaß der für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe festzusetzenden Ersatzfreiheitsstrafe dem nach § 19 Abs 3 zweiter Satz StGB gebotenen Verhältnis zur Anzahl der Tagessätze, sodass auch insoweit keine Änderung vorzunehmen ist.

Folge der Sachentscheidung ist die auf § 390a Abs 1 StPO gegründete Verpflichtung der Angeklagten auch zum Ersatz der Kosten des Rechtsmittelverfahrens.