JudikaturOGH

4Ob54/25g – OGH Entscheidung

Entscheidung
Zivilrecht
21. Oktober 2025

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Schwarzenbacher als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und Hofräte Mag. Istjan, LL.M., Mag. Waldstätten, Mag. Böhm und Dr. Gusenleitner-Helm in der Rechtssache der klagenden Partei *, Deutschland, vertreten durch Dr. Karl-Heinz Plankel, Rechtsanwalt in Dornbirn, gegen die beklagte Partei * AG, *, Schweiz, vertreten durch die Blum, Hagen und Partner Rechtsanwälte GmbH in Feldkirch, wegen Vertragsaufhebung (Streitwert 132.231,64 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck vom 23. Jänner 2025, GZ 1 R 160/24z 126.1, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

[1] Der deutsche Kläger nahm über Empfehlung seines österreichischen Finanzmittlers bei der (Rechtsvorgängerin der) beklagten Bank mit Sitz in der Schweiz einen Kredit in Schweizer Franken auf, um diesen Betrag in Lebensversicherungen anzulegen.

[2] Der Kreditvertrag enthielt folgenden

Risikohinweis: Speziell machen wir Sie darauf aufmerksam, dass die Kreditaufnahme gegen Wertschriftendeckung sowohl Chancen als auch Kurs- und Währungsrisiken beinhalten kann, die zu einer negativen Rendite oder sogar zum Totalverlust der Eigenmittel führen können.

[3] Weder der konkrete Inhalt des Beratungsgesprächs noch Fehlvorstellungen des Klägers über die Risiken des Kreditvertrags waren feststellbar. Der Kläger hätte auch bei mündlicher Aufklärung über die Risiken den Kreditvertrag abgeschlossen.

[4] Der Kläger begehrte, den Kreditvertrag wegen listiger Irreführung und Irrtum über die Risiken eines Fremdwährungskredits als unwirksam aufzuheben.

[5] Das Erstgericht wies die Klage ab. Die Parteien hätten im Kreditvertrag wirksam die Anwendung Schweizer Rechts vereinbart. Auch danach habe der Anfechtende eine für den Vertragsabschluss kausale Fehlvorstellung zu beweisen, was dem Kläger hier nicht gelungen sei. Er habe laut eigenen Angaben sein Geld vermehren und auf „den Zug aufspringen“ wollen, weil Fremdwährungskredite in der Presse stark vertreten gewesen seien. Selbst der schriftliche Risikohinweis auf möglichen Totalverlust habe ihn dabei nicht abgeschreckt.

[6] Das Berufungsgericht bestätigte die Entscheidung. Die Beweisrüge sei nicht gesetzmäßig ausgeführt, wecke aber auch inhaltlich keine Bedenken gegen die Beweiswürdigung des Erstgerichts. Die Rechtsrüge zum anwendbaren Recht sei ebenfalls nicht gesetzmäßig ausgeführt, weil eine Vertragsanfechtung in allen drei in Frage kommenden Rechtsordnungen (Deutschland, Österreich, Schweiz) eine ursächliche Fehlvorstellung des Klägers voraussetze.

[7] Der Kläger strebt in seiner außerordentlichen Revision die Stattgebung des Klagebegehrens, hilfsweise die Aufhebung der Entscheidungen und die Zurückverweisung der Rechtssache an die erste Instanz an. Das Rechtsmittel zeigt aber keine erhebliche Rechtsfrage auf und ist daher nicht zulässig .

Rechtliche Beurteilung

[8] 1. Der Kläger macht mit Rechtsrüge geltend, dass die Rechtswahl im Kreditvertrag ihm als Konsumenten gegenüber ungültig sei. Es müsse zunächst mit allgemeinem Kollisionsrecht bestimmt werden, welches Recht anzuwenden sei, danach seien die Rechtsfolgen zu prüfen.

[9]Hat das Berufungsgericht den Anfechtungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung als nicht gesetzmäßig ausgeführt erachtet und deshalb die sachliche Behandlung der Rechtsrüge in der Berufung verweigert, kann dies in der Revision nur als Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens bekämpft werden (RS0043231).

[10]Ein dem Berufungsgericht unterlaufener Verfahrensverstoß bildet aber nur dann den Revisionsgrund des § 503 Z 2 ZPO, wenn er abstrakt geeignet war, eine unrichtige Entscheidung des Gerichts zweiter Instanz herbeizuführen ( RS0043027 ). Eine solche Relevanz zeigt die Revision hier nicht auf. Der Kläger stellt nämlich nicht in Frage, dass in allen drei Rechtsordnungen der Vertrag nur bei ursächlicher Fehlvorstellung des Klägers unwirksam wäre.

[11] 2. Der Kläger versucht erneut aufzuzeigen, dass das Erstgericht hätte feststellen müssen, dass die Beklagte Risiken verharmlost habe und der Kläger bei richtiger Aufklärung den Vertrag nicht unterschrieben hätte.

[12] 2.1. Da der Oberste Gerichtshof keine Tatsacheninstanz ist, ist er an die Feststellungen der Vorinstanzen gebunden ( RS0042903 [T5, T7, T10]).

[13] Das Rechtsmittel verweist zwar auf den Rechtssatz RS0043168 zur Revisibilität von Gutachtensergebnissen, die auf falschen Erfahrungssätzen beruhen. Dieser ist hier aber nicht einschlägig, weil die Feststellungen nicht auf einem Gutachten, sondern Urkunden sowie Aussagen des Klägers und eines Zeugen beruhen.

[14] 2.2.Die in diesem Zusammenhang gerügte Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens wurde geprüft und ist zu verneinen. Nur wenn sich das Berufungsgericht mit der Beweisfrage überhaupt nicht befasst hätte, wäre sein Verfahren mangelhaft (RS0043371). Dieser Fall liegt hier nicht vor, weil sich das Berufungsgericht mit der Beweisrüge sogar inhaltlich beschäftigte, obwohl es sie nicht für gesetzmäßig ausgeführt hielt.