13Os77/25k – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 15. Oktober 2025 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Lässig als Vorsitzenden sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Michel, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Brenner und Dr. Setz-Hummel LL.M. in Gegenwart des Schriftführers Richteramtsanwärter Mag. Schiener in der Strafsache gegen * R* wegen des Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung nach § 87 Abs 1 StGB sowie weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 31. März 2025, GZ 51 Hv 13/25s 41.1, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
[1]Mit dem angefochtenen Urteil wurde * R* – soweit hier von Bedeutung – eines Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung nach § 87 Abs 1 StGB (A II) sowie jeweils eines Vergehens des Widerstands gegen die Staatsgewalt nach §§ 15, 269 Abs 1 erster Fall StGB (A III 1) und der schweren Körperverletzung nach §§ 15, 83 Abs 1, 84 Abs 2 StGB (A III 2) schuldig erkannt.
[2] Danach hat er in W*
(A) am 21. Dezember 2024
II) * L* eine schwere Körperverletzung (§ 84 Abs 1 StGB) absichtlich zugefügt, indem er ihn durch einen Stoß gegen den Oberkörper zu Boden brachte, ihm anschließend acht Faustschläge gegen den Kopf und mehrere Fußtritte gegen den Kopf und den Körper versetzte, wodurch L* ein Schädel-Hirn-Trauma mit Blutungen unter der Spinnwebshaut im Bereich der rechten Stirn und der linken Schläfe, mehrfache Prellungen des Gesichts und des Schädels mit ausgedehnter Weichteilschwellung im Bereich der linken Hinterhaupts-Scheitelregion sowie Schwellungen und Blutunterlaufungen über dem linken Jochbein und am Nasenrücken, eine Rissquetschwunde über der linken Augenbraue und eine Brustkorbprellung mit Blutunterlaufung unterhalb des Schlüsselbeins erlitt, sowie
III) im Anschluss an die zu A II dargestellte Tat, indem er Fußtritte in Richtung der einschreitenden Polizeibeamten * Li* und * S* setzte, die im Begriff waren, die gegen R* ausgesprochene Festnahme zu vollziehen, versucht,
1) Beamte mit Gewalt an einer Amtshandlung zu hindern und
2) eine Körperverletzung (§ 83 Abs 1 StGB) an Beamten während oder wegen der Vollziehung ihrer Aufgaben oder der Erfüllung ihrer Pflichten zu begehen.
Rechtliche Beurteilung
[3]Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5 und 10 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.
[4] Die Mängelrüge (Z 5) wendet sich gegen die Feststellung, wonach der Angeklagte zu den Tatzeitpunkten erheblich alkoholisiert war, jedoch „kein Vollrausch“ vorlag und R* zurechnungsfähig war (US 8 und 11).
[5]Da Ausführungen in der Anklageschrift kein in der Hauptverhandlung vorgekommenes Verfahrensergebnis (§ 258 Abs 1 StPO) sind, verfehlt der darauf gegründete Vorwurf der Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) den gesetzlichen Bezugspunkt der Anfechtung (vgl RISJustiz RS0098016).
[6] Die Erinnerungslücken behauptende Verantwortung des Angeklagten blieb – dem Rügevorbringen zuwider – ebenso wenig unerörtert (US 10) wie die Aussagen der Zeugen * F* und * St* (US 10 f).
[7]Dass aus den angesprochenen Verfahrensergebnissen auch andere Schlüsse als die vom Erstgericht gezogenen ableitbar wären, vermag Nichtigkeit aus Z 5 des § 281 Abs 1 StPO nicht zu begründen (RISJustiz RS0098471 [T7]).
[8]Indem die Rüge einzelne Beweisdetails isoliert hervorkehrt, ohne an der Gesamtheit der darauf bezogenen Beweiswürdigung sowie des jeweils relevierten Beweismittels Maß zu nehmen, bringt sie den herangezogenen Nichtigkeitsgrund ebenfalls nicht zu prozessförmiger Darstellung (RIS-Justiz RS0119370 und RS0116504).
[9] Die Aussage, dass „keine die Zurechnungsfähigkeit ausschließende Geisteskrankheit vorliegt“, ist urteilsfremd, womit sich das darauf abstellende Vorbringen einer inhaltlichen Erwiderung entzieht.
[10] Der Beschwerde(Z 5 vierter Fall, nominell verfehlt auch Z 10) zuwider wird der Begründungspflicht durch die Verweisung auf das für stichhaltig erachtete, zur relevierten Feststellung ergangene Sachverständigengutachten (US 11) sehr wohl entsprochen (RIS-Justiz RS0099508).
[11]Das die fehlende Erörterung „spezifische[r] Beweise“ bemängelnde Vorbringen geht mangels konkreter Bezeichnung in der Hauptverhandlung vorgekommener Verfahrensergebnisse ins Leere (RIS-Justiz RS0118316 [T1 und T5]).
[12]Die Subsumtionsrüge (Z 10), die das Fehlen von Feststellungen zum Vorliegen eines „Vollrausches“ beim Angeklagten releviert und eine Beurteilung der vom Schuldspruch A II und III 1 und 2 umfassten Taten als Vergehen der Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung im Zustand voller Berauschung nach § 287 Abs 1 StGB anstrebt, orientiert sich prozessordnungswidrig (RISJustiz RS0099810) nicht am (gegenteiligen) Urteilssachverhalt (US 8 und 11). Im Übrigen existieren die beiden von der Rüge zur Fundierung ihres Vorbringens ins Treffen geführten oberstgerichtlichen Entscheidungen nicht.
[13]Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.
[14]Die Entscheidung über die Berufung kommt dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO).
[15]Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.