12Os88/25w – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 17. September 2025 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger als Vorsitzende sowie die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Hon.Prof. Dr. Oshidari, Dr. Setz-Hummel LL.M., Dr. Haslwanter LL.M. und Dr. Sadoghi PMM in Gegenwart der Schriftführerin Mag. Hinteregger im Verfahren zur strafrechtlichen Unterbringung des * K* in einem forensisch-therapeutischen Zentrum nach § 21 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Betroffenen gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 20. Mai 2025, GZ 62 Hv 34/25k-23.4, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Die Entscheidung über die Berufung kommt dem Oberlandesgericht Wien zu.
Text
Gründe:
[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde die Unterbringung des * K* in einem forensischtherapeutischen Zentrum nach § 21 Abs 1 StGB angeordnet.
[2]Danach hat er am 22. Dezember 2024 in W* unter dem maßgeblichen Einfluss einer schwerwiegenden und nachhaltigen psychischen Störung, wegen der er im Zeitpunkt der Tat zurechnungsunfähig war (§ 11 StGB), nämlich einer paranoiden Schizophrenie, * S* in Form einer Schädelprellung und einer Schwellung im Bereich der linken Wange am Körper verletzt und dadurch eine schwere Körperverletzung (§ 84 Abs 1 StGB) herbeizuführen versucht, indem er dem Genannten mit beiden Fäusten Schläge ins Gesicht versetzte, eine Hundeleine in dessen Richtung schleuderte, ihn umstieß und, nachdem dieser zu Boden gegangen war, ihm mehrere Fußtritte im Bereich des Gesichts versetzte,
und somit eine Tat begangen, die als Verbrechen der schweren Körperverletzung nach §§ 15, 84 Abs 4 StGB mit mehr als einem Jahr Freiheitsstrafe bedroht ist.
Rechtliche Beurteilung
[3]Die dagegen aus Z 5, 5a, 9 lit a und b, 10 und 11 des § 281 Abs 1 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Betroffenen verfehlt ihr Ziel.
[4]Soweit sich die Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) gegen die Konstatierungen zu den Verletzungsfolgen des Zeugen S* richtet, spricht sie keine für die (rechtsrichtig) vorgenommene Subsumtion nach §§ 15, 84 Abs 4 StGB entscheidende Tatsache an (vgl RISJustiz RS0117499).
[5] Der weiteren Beschwerde zuwider leitete der Schöffensenat die subjektive Tatseite des Betroffenen nicht daraus ab, dass dieser eine Hundeleine auf das Opfer geworfen hat, sondern vielmehr aus den brutalen und mehrfachen Schlägen und Tritten gegen dessen Gesichts- und Schädelbereich (US 6). Auch daran geht die Beschwerde prozessordnungswidrig vorbei (vgl zum Ganzen RISJustiz RS0119370).
[6]Der Einwand, der in der Hauptverhandlung beigezogene (vgl § 434d Abs 2 StPO) psychiatrische Sachverständige habe den Betroffenen nicht persönlich untersucht, entspricht weder den Anfechtungsvoraussetzungen der Z 5 noch jenen der Z 11.
[7]Bleibt lediglich der Vollständigkeit halber zu bemerken, dass nach den Ausführungen des Sachverständigen mit Blick auf die vorliegenden Befunde und dessen unmittelbaren Eindruck hinsichtlich des Betroffenen eine persönliche Untersuchung nicht erforderlich war (ON 2.3, S 16 f). Ebenso wenig hat der Verteidiger einen darauf bezogenen Antrag (vgl § 281 Abs 1 Z 4 StPO) gestellt.
[8] Die Tatsachenrüge (Z 5a) weckt mit der Wiederholung der Argumentation der Mängelrüge zu den Verletzungsfolgen des Opfers und zum Einsatz einer Hundeleine keine erheblichen Bedenken gegen den Ausspruch über entscheidende Tatsachen.
[9]Die gesetzmäßige Ausführung eines materiell-rechtlichen Nichtigkeitsgrundes hat das Festhalten am gesamten im Urteil festgestellten Sachverhalt, dessen Vergleich mit dem darauf anzuwendenden Gesetz und die Behauptung, dass das Erstgericht bei Beurteilung dieses Sachverhalts einem Rechtsirrtum unterlegen ist, zur Voraussetzung (RIS-Justiz RS0099810).
[10] Daran scheitern die Einwände der Rechts- und Subsumtionsrüge (Z 9 lit a, 10), indem sie die Feststellungen zum objektiven und subjektiven Tatgeschehen (US 4) schlicht bestreiten.
[11]Die weitere Beschwerde (Z 9 lit b) verfehlt mit der Spekulation, dass das Opfer den Betroffenen „wohl auch beleidigt hat“, prozessordnungswidrig die deutliche und bestimmte Bezeichnung von Verfahrensergebnissen, die die Annahme eines durch Notwehr (§ 3 StGB) gerechtfertigten oder sonst entschuldbaren Handelns indizieren würden (zur prozessordnungskonformen Geltendmachung eines Feststellungsmangels vgl RIS-Justiz RS0118580; Hinterhofer/Oshidari , Strafverfahren Rz 9.210).
[12]Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung (§ 285i StPO).