15Os91/25h – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 10. September 2025 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl als Vorsitzenden, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. MichelKwapinski und Dr. Sadoghi sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Mag. Riffel und Dr. Farkas in Gegenwart der Schriftführerin Rechtspraktikantin Schurich LL.M., LL.M. in der Strafsache gegen * D* wegen des Vergehens des schweren Betrugs nach §§ 15, 146, 147 Abs 2 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 29. Jänner 2025, GZ 9 Hv 23/24i 122, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde* D* im zweiten Rechtsgang (zum ersten vgl 15 Os 145/23x) des Vergehens des schweren Betrugs nach §§ 15, 146, 147 Abs 2 StGB schuldig erkannt.
[2] Danach hat er von 4. September 2020 (US 9) „bis dato“ in G* mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz, die im Verfahren zu AZ * des L* vorsitzende Richterin sowie die fachkundigen Laienrichter durch das wahrheitswidrige Klagsvorbringen, er habe als Geschäftsführer der F* SRL keinen „Entlassungsgrund“ gesetzt, sei sohin am 17. Juli 2020 zu Unrecht entlassen worden und es würden ihm daher das (volle) Gehalt für Juli 2020, eine Kündigungsentschädigung und Urlaubsersatzleistung sowie ein aliquoter Teil der Sonderzahlungen zustehen, somit durch Täuschung über Tatsachen, zum Zuspruch von 75.296 Euro (brutto) sowie zur Verpflichtung der beklagten Partei Fr* mbH (im Folgenden: Fr* GmbH) zum Ersatz der Prozesskosten in nicht näher bekannter Höhe, sohin zu einer Handlung zu verleiten versucht, die die Fr* GmbH in einem 5.000 Euro übersteigenden Betrag am Vermögen schädigen sollte, wobei es mangels rechtskräftigen Abschlusses des Verfahrens beim Versuch blieb.
Rechtliche Beurteilung
[3] Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5 und 9 lit a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der keine Berechtigung zukommt.
[4]Der Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) ist voranzustellen, dass Unvollständigkeit nur dann vorliegt, wenn das Erstgericht bei der Feststellung entscheidender Tatsachen entgegen der Anordnung des § 270 Abs 2 Z 5 StPO erhebliche, in der Hauptverhandlung vorgekommene (§ 258 Abs 1 StPO) Verfahrensergebnisse mit Stillschweigen übergangen, vorhandene Widersprüche zwischen den Aussagen vernommener Personen nicht gewürdigt oder seinen Konstatierungen entgegenstehende Beweisergebnisse nicht erörtert hat (RISJustiz RS0098646 [T4]).
[5] Die Rüge würdigt – ohne Bezugnahme auf ein Vorkommen in der Hauptverhandlung und vom Erstgericht zum Teil ohnedies erwogene – bloße Umstände, nämlich die fehlende Offenlegung konzerninterner Ermittlungsergebnisse im Straf- und Arbeitsrechtsprozessdurch die dort Beklagte, den Umfang der Entbindung des Zeugen Dr. * S* von der anwaltlichen Verschwiegenheitspflicht, die Angaben des Zeugen * B* zum Kenntnisstand der Konzernleitung (US 11 f) über angebliche Bestechungen von Kunden, die regelmäßigen wirtschaftlichen Überprüfungen im Konzern (US 12), die Aussage der Zeugin * H* in Ansehung der ausgeglichenen Verrechnungskonten und die Angaben der Zeugin * A* zur unbeanstandeten Führung des Spesenkontos (US 12), das Prozessverhalten der Beklagten im Zivilverfahren in Ansehung der Geltendmachung von dem Privatbeteiligtenanspruch nicht entsprechenden Gegenforderungen, deren internes Controlling (US 12) sowie Vorgehen gegenüber anderen mutmaßlich beteiligten Mitarbeitern insbesondere den Zeugen * B* und * G* (US 11, 13) eigenständig in Richtung eines Einverständnisses der Konzernleitung zu den Malversationen des Angeklagten und fordert daraus im Zusammenhang mit dessen leugnender Verantwortung (US 12) andere Schlussfolgerungen ein, als die vom Schöffengericht gezogenen. Damit bekämpft sie bloß die den Tatrichtern vorbehaltene Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO) nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen (§ 283 Abs 1 StPO) Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld.
[6] Dass das Schöffengericht aus den Beweisergebnissen nicht andere, für den Beschwerdeführer günstigere Schlüsse gezogen hat, stellt einen zulässigen Akt freier richterlicher Beweiswürdigung dar (RISJustiz RS0098400, RS0114524).
[7]Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) argumentiert, die Entlassung sei durch den Angeklagten anerkannt worden, sodass die Frage des Nichtvorliegens von Entlassungsgründen zu keinem Obsiegen im Zivilverfahren geführt hätte, weshalb ein absolut untauglicher Versuch (§ 15 Abs 3 StGB) vorliege. Sie leitet jedoch nicht methodengerecht aus dem Gesetz ab (RISJustiz RS0116565), weshalb selbst nach diesem Vorbringen die Tatvollendung in Form eines täuschungsbedingten Obsiegens im arbeitsgerichtlichen Verfahren bei generalisierender Betrachtung geradezu denkunmöglich sein und daher absolute Versuchsuntauglichkeit vorliegen sollte (zum Prozessbetrug siehe RISJustiz RS0115363 [T15], RS0102826).
[8]Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die (bloß angemeldete, ON 123) Berufung (§ 285i StPO).
[9]Die Kostenentscheidung gründet auf § 390a Abs 1 StPO.