JudikaturOGH

15Os73/25m – OGH Entscheidung

Entscheidung
Unternehmensrecht
10. September 2025

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 10. September 2025 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl als Vorsitzenden, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel Kwapinski und Dr. Sadoghi sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Mag. Riffel und Dr. Farkas in Gegenwart der Schriftführerin Rechtspraktikantin Schurich LL. M., LL.M.in der Strafsache gegen * B* wegen des Vergehens der Veruntreuung nach § 133 Abs 1 und 2 erster Fall StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Wels als Schöffengericht vom 18. Februar 2025, GZ 39 Hv 149/24t 28, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde * B*des Vergehens der Veruntreuung nach § 133 Abs 1 und 2 erster Fall StGB (1./) und des Vergehens der Untreue nach § 153 Abs 1 und 3 erster Fall (2./) schuldig erkannt.

[2] Danach hat er in G* als Geschäftsführer der B* GmbH

1./ Güter im Wert von mehr als 5.000 Euro, die ihm oder der GmbH anvertraut worden waren, der GmbH mit dem Vorsatz zugeeignet, diese dadurch unrechtmäßig zu bereichern, indem er unter Eigentumsvorbehalt der finanzierenden R* eGen stehende Arbeitsmaschinen weiterverkaufte und den Verkaufserlös für die GmbH einbehielt, und zwar

a./ am 13. Dezember 2021 eine Schubraupe im Wert von 38.000 Euro an die H* GmbH,

b./ am 9. November 2022 einen Muldenkipper im Wert von 33.750 Euro an die M* GmbH und

c./ am 20. April 2023 einen Motorscraper im Wert von 196.000 Euro an die H* GmbH;

2./ von 21. April bis 12. Juni 2023 seine Befugnis, über das Vermögen der B* GmbH zu verfügen oder diese zu verpflichten, wissentlich missbraucht und dadurch diese am Vermögen geschädigt, indem er Verbindlichkeiten in Höhe von insgesamt 234.597,13 Euro der insolventen E* GmbH ohne irgendeine Gegenleistung beglich, und zwar durch Zahlungen an 22 im Urteil bezeichnete Gläubiger der E* GmbH.

Rechtliche Beurteilung

[3] Die dagegen vom Angeklagten aus § 281 Abs 1 Z 4, 5 und 9 lit a StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde ist nicht berechtigt.

[4] Der Rechtsmittelwerber beantragte in der Hauptverhandlung die Vernehmung des Zeugen * D* zum Beweis dafür, „dass der Zeuge * J * noch im Zeitraum April bis Juli 2023 dem Angeklagten als handelsrechtlichem Geschäftsführer der E * lukrative, neue Aufträge in Aussicht stellte, die zu einer wesentlichen Verbesserung der wirtschaftlichen Situation und Liquidität der E* führen würden“ (ON 2 7, 36).

[5] Der Verfahrensrüge (Z 4) zuwider konnte dieser Beweisantrag ohne Verletzung von Verteidigungsrechten abgewiesen werden. Er ließ nämlich nicht erkennen, inwiefern die beantragte Vernehmung von Bedeutung für die Lösung der Schuldoder Subsumtionsfrage zu 1./ oder 2./ des Schuldspruchs sein sollte (§ 55 Abs 1 StPO; RIS-Justiz RS0118444). Das den Antrag ergänzende Beschwerdevorbringen hat mit Blick auf das aus dem Wesen des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes resultierende Neuerungsverbot auf sich zu beruhen (RISJustiz RS0099618).

[6] Entgegen der zu 2./ des Schuldspruchs ausgeführten Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) haben sich die Tatrichter bei den Feststellungen zum Schädigungsvorsatz mit den in ON 24 enthaltenen E Mails des Zeugen J* sehr wohl auseinandergesetzt (US 9).

[7] Indem die Beschwerde in diesem Zusammenhang auf die Urteilspassage Bezug nimmt, wonach die Erklärungen des Angeklagten betreffend die vorgelegten E Mails und Telefonlisten „nicht von der Hand zu weisen“ seien, daraus aber dennoch für ihn „nichts zu gewinnen“ sei (US 9), und insofern Undeutlichkeit (Z 5 erster Fall) behauptet, übt siebloß unzulässige Beweiswürdigungskritik nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung (vgl § 283 Abs 1 StPO).

[8] Das gilt auch, soweit der Nichtigkeitswerber betreffend die Feststellungen zum Schädigungsvorsatz zu 2./ des Schuldspruchs ausführt , die erstgerichtliche Begründung wäre offenbar unzureichend (Z 5 vierter Fall), und auf die Urteilspassage verweist, es wäre nicht lebensnah, dass der Angeklagte der E* GmbH durch die Bezahlung der Rechnungen ein Darlehen gewähren wollte, zumal dann im Vorhinein ein Vertrag abgeschlossen und das Darlehen als Gesamtbetrag ausbezahlt worden wäre (neuerlich US 9).

[9] Die weitere Mängelrüge (Z 5) argumentiert ebenso nach Art einer im Schöffenverfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung, indem sie betreffend die Wissentlichkeit des Befugnismissbrauchs zu 2./ des Schuldspruchs auf die – vom Erstgericht als bloße Schutzbehauptung angesehene – Verantwortung des Angeklagten Bezug nimmt, wonach er von einer Zustimmung aller Gesellschafter der B* GmbH zu den Geldflüssen an die Tochtergesellschaft E* GmbH ausgegangen wäre.

[10] Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) behauptet zu 2./ des Schuldspruchs einen Feststellungsmangel betreffend das mutmaßliche Einverständnis der Gesellschafter der B* GmbH als wirtschaftlich Berechtigte (vgl Kirchbacher/Sadoghi in WK 2StGB § 153 Rz 2/1). Ein Feststellungsmangel wird geltend gemacht, indem unter Hinweis auf einen nicht durch Feststellungen geklärten, jedoch indizierten Sachverhalt eine vom Erstgericht nicht gezogene rechtliche Konsequenz angestrebt wird, weil dieses ein Tatbestandsmerkmal, einen Ausnahmesatz (§ 281 Abs 1 Z 9 lit a bis c StPO) oder eine andere rechtliche Unterstellung (Z 10) bei der rechtlichen Beurteilung nicht in Anschlag gebracht hat (RIS-Justiz RS0118580). Dem wird die Rechtsrüge nicht gerecht. Sie entfernt sich nämlich von der Urteilsbegründung, wonach die Verantwortung des Angeklagten, „die Zustimmung für die Verwendung des Geldes der B* für die E* werde schon da sein“, als bloße Schutzbehauptung gewertet und damit inhaltlich ein Irrtum über ein tatbestandsausschließendes Einverständnis aller Gesellschafter verneint wurde ( US 9 f; vgl RISJustiz RS0099775).

[11] Die weitere Rechtsrüge (Z 9 lit a) behauptet, die Untreue wäre als straflose Nachtat der zu 1./ des Schuldspruchs begangenen Veruntreuung anzusehen, weil Geschädigte der Untreue die B* GmbH, also genau jene Gesellschaft wäre, die durch die Veruntreuung bereichert worden war . Sie legt aber nicht dar, weshalb das Scheinkonkurrenzverhältnis der Konsumtion hier in Frage kommen sollte, obwohl durch 1./ und 2./ verschiedene juristische Personen geschädigt wurden (vgl Michel Kwapinski/Oshidari ,StGB 15 § 28 Rz 13).

[12]Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung (§ 285i StPO).

[13]Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.