JudikaturOGH

14Os70/25p – OGH Entscheidung

Entscheidung
Strafrecht
04. September 2025

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 4. September 2025 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger als Vorsitzende, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Nordmeyer, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann sowie dieHofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Haslwanter LL.M. und Dr. Farkas in Gegenwart der Schriftführerin Mag. Ebner in der Strafsache gegen * S* und einen Angeklagten wegen Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall SMG, § 12 dritter Fall StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Schöffengericht vom 18. März 2025, GZ 38 Hv 74/24y 135, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung über die Berufung kommt dem Oberlandesgericht Graz zu.

Text

Gründe:

[1] Soweit im Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde relevant wurde mit dem angefochtenen Urteil * S*der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 achter Fall SMG, § 12 dritter Fall StGB (II./1./) schuldig erkannt.

[2]Danach hat sie ab einem unbekannten Zeitpunkt im Jahr 2023 bis Mai 2024 in E* und andernorts dadurch, dass sie teils beim Verpacken des Kokains mithalf, * B* samt Suchtgift mit ihrem Pkw zu Übergaben chauffierte und 4 Gramm Kokain zwei im Urteil genannten Abnehmern übergab, zur Ausführung der strafbaren Handlungen des B* „in Bezug auf eine die Grenzmenge (§ 28b SMG) nicht übersteigende Menge“ beigetragen, der ab einem unbekannten Zeitpunkt im Jahr 2022 bis 21. Mai 2024 den im Urteil genannten Personen fortlaufend durch gewinnbringende Verkäufe und gelegentliche Schenkungen vorschriftswidrig Kokain in einer die Grenzmenge überschreitenden Menge, nämlich insgesamt 190 Gramm Kokain (beinhaltend 75,61 % Kokain Base) mit einem die Tatbildverwirklichung in Teilmengen gerichteten und die kontinuierliche Tatbegehung über einen längeren Zeitraum und den daran geknüpften Additionseffekt umfassenden Vorsatz überlassen hat.

Rechtliche Beurteilung

[3] Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5 und 9 lit a StPO gestützte, eine Verurteilung der Angeklagten S*wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall SMG, § 12 dritter Fall StGB anstrebende Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft, die ihr Ziel verfehlt .

[4]Die Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) behauptet, das Erstgericht habe sich weder mit den Widersprüchen in den (drei Vernehmungen umfassenden) Angaben der Zeugin * N* noch mit den Ergebnissen der Observation und der Auswertung der Peilerdaten auseinandergesetzt, übergeht dabei aber die gerade dazu in den Entscheidungsgründen – prozessordnungskonform (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) in gedrängter Darstellung (RISJustiz RS0106642) – angeführten Erwägungen (US 7 und 9).

[5] Soweit sie vermeint, die zuvor bezeichneten Beweisergebnisse würden in Übereinstimmung mit den anfänglich belastenden Angaben der genannten Zeugin stehen, spricht sie Nichtigkeit nicht an, sondernbekämpft die Feststellungen bloß nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen (§ 283 Abs 1 StPO) Schuldberufung (RISJustiz RS0099455 [T2]).

[6] Gleiches gilt für den – ungeachtet der diesbezüglichen Erwägungen der Tatrichter (US 8 f) erhobenen – Vorwurf, das Erstgericht habe (gemeint:) offenbar unzureichend begründet (Z 5 vierter Fall), weshalb es „entgegen der klaren Aussage des [Zeugen] * S*“ insoweit lediglich von einer Suchtgiftübergabe von nur einem Gramm statt zwei Gramm Kokain ausgegangen ist.

[7] Indem die Beschwerde (Z 5 zweiter Fall) vermeint, das Erstgericht habe sich nicht mit der im Ermittlungsverfahren getätigten Aussage des Angeklagten B* auseinandergesetzt, wonach auch S* Kokain an N* in seinem Auftrag übergeben habe (ON 23.6, 7), lässt sie – mit Blick auf das Anfechtungsziel der Bekämpfung der Negativfeststellungenzur Überschreitung der Grenzmenge (§ 28b SMG) durch die Angeklagte S* (US 5) – nicht erkennen, inwieweit dieses Beweisergebnis eine entscheidende Tatsache betreffen sollte (vgl RISJustiz RS0106268).

[8] Der in diesem Zusammenhang erhobene Vorwurf der Aktenwidrigkeit (Z 5 fünfter Fall) ist unberechtigt, weil die im Urteil (US 6) zusammenfassend referierte Aussage des Angeklagten B*, wonach S* mit den Suchtgiftübergaben nichts zu tun gehabt und vom Suchtgift überhaupt nichts gewusst habe (ON 57.3, 8 f), im Wesentlichen richtig wiedergegeben wird (vgl RISJustiz RS0099547).

[9] Soweit die Beschwerde zur Überlassung einer die Grenzmenge überschreitenden Suchtgiftmenge durch die Angeklagte S* selbst einen Feststellungsmangel reklamiert (inhaltlich Z 10), vernachlässigt sie mit Blick auf die gerade dazu getroffenen Negativfeststellungen (US 5), dass ein Feststellungsmangel nur hinsichtlich eines nicht durch K onstatierungen geklärten, aber durch Ergebnisse des Beweisverfahrens indizierten Sachverhalts geltend gemacht werden kann (RISJustiz RS0118580 [T24, T25]), sodass sie im Ergebnis erneut bloß in unzulässiger Form Beweiswürdigungskritik übt.

[10]In Bezug auf die subjektive Tatseite werden wiederum keine in der Hauptverhandlung vorgekommenen Verfahrensergebnisse aufgezeigt, welche die (der Sache nach) begehrten (für die angestrebte Subsumtion nach § 28a Abs 1 fünfter Fall SMG, § 12 dritter Fall StGB erforderlichen; vgl dazu 13 Os 55/19s) Feststellungen indizieren würden, S* habe (auch) bei Leistung des konstatierten Beitrags zur strafbaren Handlung des Mitangeklagten B* mit auf das Überschreiten der Grenzmenge und (von vornherein) auf die kontinuierliche Begehung und den Additionseffekt in Bezug auf eine in Summe die Grenzmenge übersteigende Suchtgiftmenge gerichteten Vorsatz gehandelt (vgl aber erneut RISJustiz RS0118580).

[11]Die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft war daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die (die Angeklagten S* und B* betreffende) Berufung der Staatsanwaltschaft (§ 285i StPO).