JudikaturOGH

7Ob93/25i – OGH Entscheidung

Entscheidung
Zivilrecht
25. Juni 2025

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Solé als Vorsitzende und die Hofrätin und die Hofräte Dr. Weber, Mag. Fitz, Mag. Jelinek und MMag. Dr. Dobler als weitere Richter in der Rechtssache der gefährdeten Parteien 1. DDr. in C* D*, 2. mj T* G*, 3. mj E* G*, und 4. T* D*, zweit- und drittgefährdete Parteien vertreten durch die Mutter DDr. in C* D*, alle vertreten durch Dr. Stefan Heninger, LL.M., Rechtsanwalt in Wien, gegen den Gegner der gefährdeten Parteien DI G* G*, vertreten durch die Hornek Hubacek Lichtenstrasser Epler Rechtsanwälte OG in Wien, wegen einstweiliger Verfügung gemäß § 382c EO, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der gefährdeten Parteien gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 22. April 2025, GZ 45 R 234/25g-28, folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß § 402 Abs 4 EO, § 78 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

[1] Die Vorinstanzen haben den auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung gemäß § 382c EO gerichteten Antrag abgewiesen.

Rechtliche Beurteilung

[2] Die Antragsteller zeigen mit ihrem außerordentlichen Revisionsrekurs keine erhebliche Rechtsfrage auf:

[3] 1. Die Unzumutbarkeit des Zusammentreffens in § 382c EO beurteilt sich nach denselben Maßstäben wie die Unzumutbarkeit des Zusammenlebens in § 382b EO (RS0110446 [T16]; 7 Ob 27/24g [Rz 10]).

[4] Für die Beurteilung der Unzumutbarkeit des Zusammenlebens nach § 382b EO maßgeblich sind Ausmaß, Häufigkeit und Intensität der bereits – auch schon länger zurückliegenden – angedrohten oder gar verwirklichten Angriffe sowie bei – ernst gemeinten und als solche verstandenen – Drohungen die Wahrscheinlichkeit deren Ausführung (RS0110446 [T14]). Die Ausübung von „Psychoterror“ rechtfertigt die Erlassung einer einstweiligen Verfügung nach § 382b EO dann, wenn dadurch die psychische Gesundheit der gefährdeten Partei erheblich beeinträchtigt wird (RS0121302 [T1]). Auch wenn die Auslegung des Begriffs „Psychoterror“ subjektiv zu erfolgen hat (RS0110446 [T4, T8, T15]), kann dies nicht so weit gehen, dass jegliches Verhalten, das nicht den normalen Umgangsformen entspricht, aus einer subjektiven Sichtweise heraus die Unzumutbarkeit des Zusammenlebens begründen könnte (RS0121302 [T3]). Ob ausgehend von diesen Grundsätzen ein bestimmtes Verhalten einer Person gegenüber unzumutbar ist, stellt als Einzelfallentscheidung grundsätzlich keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn der §§ 402 Abs 4, 78 EO iVm § 528 Abs 1 ZPO dar (RS0110446 [T7]).

[5] 2. Hier wurde bescheinigt, dass der Antragsgegner bei Übergaben der Drittantragstellerin nach Besuchskontakten zu früh ankommt, in einem Fall noch 15 Minuten am Übergabeort verblieb bzw einmal noch „eine Runde um den Block drehte“ und die Straße fotografierte, sowie dass der Erstantragstellerin das Entnehmen der Tasche der Drittantragstellerin aus dem Auto des Antragsgegners unangenehm ist. Weitere behauptete Vorfälle konnten nicht bescheinigt werden. Dass die Erstantragstellerin allein durch die festgestellten Vorfälle erheblich psychisch beeinträchtigt wäre, wurde nicht bescheinigt. Vor diesem Hintergrund ist die Beurteilung des Rekursgerichts, das Verhalten des Antragsgegners erreiche nicht die Schwere, die die strengen Maßnahmen der einstweiligen Verfügung angemessen erscheinen lassen (7 Ob 38/21w mwN), auch vor dem Hintergrund, dass beide Seiten – einander bekannt – nicht vor Aufnahmen der Übergabesituationen zurückschrecken, nicht korrekturbedürftig.

[6] 3. Soweit sich die Antragsteller auf ein ständiges potentielles Verfolgt- und Gefilmtwerden beziehen, ist der Revisionsrekurs nicht gesetzmäßig ausgeführt, weil sie nicht vom bescheinigten Sachverhalt ausgeht, und kann einer weiteren Behandlung nicht zugeführt werden (RS0043312 [T3, T12, T14]).

[7] 4. Die außerdem relevierte Frage der Behauptungs- und Beweislast hinsichtlich der Auswirkungen eines aggressiven und gewalttätigen Verhaltens des Antragsgegners gegenüber der Mutter auf die psychische Gesundheit eines Kleinkindes (vgl RS0110446 [T18]) stellt sich mangels Vorliegens eines entsprechenden Eingriffs nicht.

[8] 5. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§§ 402 Abs 4, 78 EO iVm §§ 528a iVm 510 Abs 3 ZPO).