4Ob187/24i – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Schwarzenbacher als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und Hofräte Mag. Istjan, LL.M., Mag. Waldstätten, Dr. Stiefsohn und Mag. Böhm in der Markenschutzsache der Antragstellerin * Association, *, vertreten durch die Schönherr Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die Antragsgegnerin * GmbH, *, vertreten durch die Schwarz Schönherr Rechtsanwälte KG in Wien, wegen Unwirksamerklärung einer internationalen Marke, über die außerordentliche Revision der Antragsgegnerin gegen die Entscheidung des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 1. August 2024, GZ 33 R 35/24w 4, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Text
Begründung:
[1] Gegenstand des Verfahrens vor dem Obersten Gerichtshof im zweiten Rechtsgang ist nur noch die Unwirksamerklärung der internationalen Wortmarke der (früheren Erst )Antragsgegnerin (im Folgenden: Antragsgegnerin) wegen Nichtgebrauchs in den letzten fünf Jahren (§ 33a MSchG).
[2] Die Nichtigkeitsabteilung des österreichischen Patentamts erklärte die Marke „ mit Ausnahme der Waren Druckereierzeugnisse, nämlich Bücher “ für unwirksam.
[3] Das Berufungsgericht erklärte die Marke gänzlich für unwirksam, weil die Antragsgegnerin keine ernsthafte Benutzung der Marke nachgewiesen habe.
Rechtliche Beurteilung
[4] Das als „ außerordentliche Revision und Rekurs“ bezeichnete Rechtsmittel der Antragsgegnerin kann trotz der Falschbezeichnung zur Gänze als außerordentliche Revision behandelt werden ( RS0036258 ). Da es keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung aufzeigt, ist es jedoch nicht zulässig .
[5] 1. Die Antragsgegnerin macht als erhebliche Rechtsfrage geltend, dass Rechtsprechung zur sogenannten erweiterten Minimallösung fehle. Das Berufungsgericht hätte aufgrund der Feststellung der Nichtigkeitsabteilung, dass im relevanten Zeitraum rund 700 Stück Bücher in Österreich verkauft worden seien, eine Unwirksamerklärung der Marke auch für „ Druckerzeugnisse und Schriften “ gegebenenfalls unter Einbeziehung der Themengebiete „ betreffend die Erforschung der öffentlichen Meinung sowie sozialer, wirtschaftlicher, politischer, statistischer, religiöser, technischer und hygienischer Fragen, ebenso Themen der Kunst, des Gartenbaus, der Landwirtschaft und der Forstwirtschaft, der Viehzucht , der Fischerei und in Bezug auf Marktforschung und Werbung “; jedenfalls aber für „ Druckereierzeugnisse, nämlich Bücher “ ablehnen müssen.
[6] 1.1. Entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin steht aber nicht fest, dass sie im relevanten Zeitraum über 700 Bücher unter Nutzung ihrer Marke verkauft hat. Bei einigen Büchern trugen nur bestimmte Auflagen die Marke auf dem Cover, andere hingegen nicht. Soweit in diesen Fällen keine Feststellungen möglich waren, welche Auflage verkauft wurde, hat die Antragsgegnerin keinen Benutzungsnachweis erbracht (vgl RS0123518 [T2]).
[7] 1.2. Bei anderen Büchern fand sich nur im Impressum ein Vermerk über ein Unternehmen, das die Marke der Antragsgegnerin im Firmennamen trägt.
[8] Eine Gesellschaftsbezeichnung, ein Handelsname oder ein Firmenzeichen haben für sich genommen aber nicht den Zweck, Waren oder Dienstleistungen zu unterscheiden, sondern sollen eine juristische Person näher bestimmen oder ein Geschäft bezeichnen. Werden eine Gesellschaftsbezeichnung, ein Handelsname oder ein Firmenzeichen nur für die nähere Bestimmung einer Gesellschaft oder die Bezeichnung eines Geschäfts benutzt, kann diese Benutzung daher nicht als markenmäßige Nutzung für Waren oder Dienstleistungen angesehen werden ( 4 Ob 206/22f Rz 14 unter Verweis auf EuGH C 17/06 , Céline , Rn 21 mwN).
[9] Das Impressum eines Buches benennt üblicherweise bloß Verlag, Autor, Erscheinungsort (vgl § 24 MedienG ). Auch bei den Büchern der Antragsgegnerin war der Firmenname jeweils als Hinweis auf die juristische Person enthalten, die Inhaberin der Urheberrechte ist. Deshalb lag darin auch keine Nutzung der Marke, obwohl die Marke und Teile des Firmenwortlauts übereinstimmten.
[10] 1.3. Auf die Überlegungen im Rechtsmittel, welche Themen diese Bücher jeweils abdeckten, ist daher nicht weiter einzugehen.
[11] 1.4. Zusammenfassend konnte die Antragsgegnerin nach den Feststellungen nur für das Buch „ E* “ belegen, dass sie 16 Exemplare verkaufte, die die Marke auf dem Cover trugen.
[12] Ob im konkreten Einzelfall ein angemessener Gebrauch iSd § 33a MSchG vorliegt, ist anhand der Umstände des Einzelfalls zu beurteilen und wirft in der Regel keine erhebliche Rechtsfrage auf (vgl 4 Ob 26/18d mwN). Dass das Berufungsgericht auch ausgehend von nur 16 Exemplaren seinen Beurteilungsspielraum in korrekturbedürftiger Weise überschritten hätte, legt die Revision nicht dar.
[13] 1.5. Die in der Revision als erheblich bezeichnete Rechtsfrage, ob die Verwendung einer Marke als Buchtitel ein Gebrauch iSd § 33a MSchG sei, stellt sich im vorliegenden Fall nicht (vgl RS0088931 ).
[14] Zum einen beziehen sich die Ausführungen in Punkt 8.2 der Berufungsentscheidung gar nicht auf den Titel des Buches „ S* “, sondern auf einen als „Button“ bezeichneten Werbeaufdruck, der die Marke erwähnt und Inhalte des Buches anpreist. Zum anderen ist dem festgestellten Sachverhalt gar nicht zu entnehmen, ob dieses Buch überhaupt in jener Auflage verkauft wurde, die den Button aufwies, oder in einer anderen Auflage ohne den Button.
[15] 2. Weiters meint die Antragsgegnerin, dass ihr Verkauf von e Books als rechtserhaltende Benutzung ihrer seit 1947 eingetragenen Marke für Druckerzeugnisse der Klasse 16 angesehen werden müsse. Es sei ihr nicht zuzumuten, eine neue Marke mit jüngerer Priorität in Klasse 9 anzumelden. Deshalb müsse angesichts des Technologiewandels die Nichtbenutzung ihrer Marke für analoge Medien zumindest iSd § 33a Abs 1 letzter Satz MSchG gerechtfertigt sein.
[16] 2.1. Das Vorbringen zu einer gerechtfertigten Nichtbenutzung verstößt gegen das Neuerungsverbot und widerspricht auch dem festgestellten Sachverhalt, nach dem die Antragsgegnerin sehr wohl analoge Bücher verkaufte – allerdings großteils ohne ihre Marke als Herkunftshinweis anzubringen.
[17] 2.2. Die von der Antragsgegnerin befürchtete Diskriminierung „alter“ Marken bei einem Technologiewandel ist nicht nachvollziehbar. Auch Mitbewerber haben keine für e Books eingetragenen Markenrechte, die älter als diese Technologie selbst sind.
[18] 3. Die Antragsgegnerin rügt schließlich, dass das Berufungsgericht im zweiten Rechtsgang eine andere Rechtsansicht zur erweiterten Minimallösung verteten habe als im ersten. Es habe damit gegen § 499 ZPO verstoßen und die Antragsgegnerin überrascht.
[19] Die Antragsgegnerin zeigt damit die Relevanz der von ihr monierten Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens nicht auf. Nur wenn der Rechtsmittelwerber ganz konkret darlegt, welches zusätzliche oder andere Vorbringen er auf Grund der von ihm nicht beachteten neuen Rechtsansicht erstattet hätte, kann das Rechtsmittelgericht prüfen, ob es sich auf das Ergebnis des Verfahrens auswirken hätte können (vgl RS0120056 [T2]). Dieser Anforderung genügt die nicht weiter konkretisierte Behauptung der Antragsgegnerin, sie hätte bei entsprechender Belehrung „ entsprechendes (weiteres) Vorbringen zu den thematischen Inhalten der Bücher etc gemacht “, nicht.