1Ob86/25s – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Mag. Dr. Wurdinger als Vorsitzenden sowie die Hofrätin und die Hofräte Dr. Steger, Mag. Wessely-Kristöfel, Dr. Parzmayr und Dr. Vollmaier als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R*, vertreten durch Mag. Stella Aspernig und andere Rechtsanwälte in Klagenfurt am Wörthersee, gegen die beklagte Partei P*, vertreten durch Dr. Christoph Reitmann, LL.M., Rechtsanwalt in Klagenfurt am Wörthersee, wegen 83.900 EUR sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 29. April 2025, GZ 3 R 61/25b-49, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Text
Begründung:
[1] Die Klägerin ist die Mutter des ehemaligen Lebensgefährten der Beklagten. Sie unterstützte beide finanziell beim Erwerb eines Grundstücks und dem anschließenden Hausbau. Die Lebensgemeinschaft der Beklagten und des Sohnes der Klägerin ist mittlerweile beendet.
[2] Die Klägerin begehrt die Rückzahlung (rund) der Hälfte jenes Betrags, mit dem sie die Beklagte und ihren Sohn – durch Übergabe von Bargeld sowie durch Bezahlung von Rechnungen im Zusammenhang mit dem Hausbau – finanziell unterstützt habe. Sie gründet ihren Anspruch darauf, dass sich diese verpflichtet hätten, die erhaltenen Leistungen im Fall einer Beendigung ihrer Lebensgemeinschaft zurückzuzahlen; außerdem darauf, dass sie ihre finanzielle Unterstützung nur im Hinblick auf den Fortbestand dieser Lebensgemeinschaft erbracht habe, weshalb ihr nach deren Auflösung ein Anspruch in Analogie zu § 1435 ABGB zustehe.
[3] Das Erstgericht sprach mit Zwischenurteil aus, dass das Klagebegehren dem Grunde nach zu Recht bestehe.
[4] Die Klägerin habe ihrem Sohn und der Beklagten einerseits Bargeld unter der Bedingung übergeben, dass sie ihre Leistung im Fall der Beendigung deren Lebensgemeinschaft zurück erhalte, womit auch die Beklagte einverstanden gewesen sei. Aufgrund dieser Vereinbarung stehe der Klägerin dem Grunde nach ein Anspruch auf anteilige Rückzahlung dieses Geldbetrags zu. Andererseits habe die Klägerin in der der Beklagten bekannten Erwartung, dass die Lebensgemeinschaft mit ihrem Sohn fortbestehe, Rechnungen von mit Bauleistungen beauftragten Dritten bezahlt und damit auch Verbindlichkeiten der Beklagten diesen gegenüber getilgt. Insoweit stehe ihr daher nach Auflösung der Lebensgemeinschaft dem Grunde nach ein Bereicherungsanspruch nach § 1435 ABGB analog zu.
[5] Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten nicht Folge, billigte die rechtliche Beurteilung des Erstgerichts und ließ die ordentliche Revision nicht zu.
Rechtliche Beurteilung
[6] Die dagegen erhobene außerordentliche Revision der Beklagten ist mangels erheblicher Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig :
[7] 1. Ein vom Berufungsgericht verneinter Verfahrensmangel kann in dritter Instanz nicht mehr geltend gemacht werden (RS0042963). Dies kann auch nicht durch die Behauptung umgangen werden, das Berufungsverfahren sei mangelhaft geblieben, weil das Berufungsgericht der Mängelrüge nicht gefolgt sei (RS0042963 [T58]).
[8] 2. Der Beurteilung der Vorinstanzen, wonach der Klägerin gegenüber der Beklagten dem Grunde nach ein Anspruch auf anteilige Rückzahlung des (auch) ihr übergebenen Bargeldes zustehe, tritt diese in ihrer Revision nicht entgegen.
[9] 3. Die Beklagte steht jedoch auf dem Standpunkt, dass der Klägerin aufgrund ihrer gegenüber Dritten – für von diesen erbrachte Bauleistungen – geleisteten Zahlungen kein Anspruch analog zu § 1435 ABGB zustehe. Die Beklagte sei nicht Empfängerin dieser Zahlungen gewesen. Die Klägerin habe damit auch keine Verbindlichkeiten der Beklagten, sondern nur eigene Verbindlichkeiten oder solche ihres Sohnes erfüllt. Jedenfalls fehlten Feststellungen dazu, ob jene Werkunternehmer, deren Rechnungen die Klägerin beglichen habe, von der Beklagten beauftragt worden seien.
[10] 4. Tatsächlich traf das Erstgericht dazu keine Feststellungen, sodass nicht beurteilt werden kann, ob die Klägerin auch Verbindlichkeiten der Beklagten getilgt hat. Daraus ist für diese aber nichts gewonnen, weil § 1435 ABGB (auch bei analoger Anwendung) nur eine bewusste Vermögenszuwendung zur Erreichung eines bestimmten Zwecks voraussetzt (RS0020192 [T5]; 5 Ob 122/15z [Pkt 2]). Maßgeblich für die Bestimmung des Leistungsempfängers ist die beabsichtigte – vom objektiven Empfängerhorizont aus zu beurteilende (RS0020192 [T2, T9]) – Zweckbeziehung, nach der auch eine allfällige Rückabwicklung zu erfolgen hat (RS0033737 [insb T15]). Investitionen in Liegenschaften werden in der Regel für den oder die Grundstückseigentümer erbracht (1 Ob 173/15w [Pkt II.2 mwN]).
[11] 5. Dadurch, dass die Klägerin – was der Beklagten grundsätzlich bekannt und von ihr auch gewünscht war – Rechnungen von mit dem Hausbau beauftragten Werkunternehmern bezahlte, erbrachte sie unabhängig davon, von wem diese beauftragt wurden, Leistungen an ihren Sohn und die Beklagte als Miteigentümer der betroffenen Liegenschaft, deren Hausbau sie damit mitfinanzierte. Dass nach der diesen Zahlungen zugrunde liegenden Zweckbeziehung auch die Beklagte Leistungsempfängerin war, ergibt sich schon daraus, dass die damit finanzierten Bauleistungen auch den Wert ihres Liegenschaftsanteils erhöhen sollten. Dies verkennt die Beklagte, wenn sie davon ausgeht, dass sie nicht Empfängerin der Zahlungen der Klägerin an die mit diesen Bauleistungen beauftragten Werkunternehmer gewesen sei und diese Zahlungen aufgrund der von der Klägerin oder ihrem Sohn abgeschlossenen Werkverträge nicht rechtsgrundlos erfolgt seien.
[12] 6. § 1435 ABGB bildet die Grundlage für die Anerkennung eines Bereicherungsanspruchs wegen Nichteintritts des erwarteten Zwecks oder Erfolgs (condictio causa data causa non secuta; RS0033952). Für einen solchen Anspruch bedarf es zwar keiner ausdrücklichen Abrede über den Rechtsgrund einer Leistung, ihr Motiv und Zweck muss aber in einer dem Leistungsempfänger klar erkennbaren Weise zum Ausdruck gebracht worden sein (RS0033952 [T8]; vgl auch RS0033606 [T4]). Der Zweck einer Leistung kann auch im Fortbestand einer Lebensgemeinschaft liegen (RS0033952 [T12]), sodass ein Partner nach deren Beendigung Leistungen (insbesondere für die Bebauung eines Grundstücks), die er erkennbar im Hinblick auf das Weiterbestehen der Beziehung erbracht hat, zurückfordern kann (RS0033698; RS0033914 [T2]). Gleiches gilt für Leistungen von Familienangehörigen eines Partners an den anderen Partner (RS0119873; 10 Ob 2463/96w [Pkt 2b)]; 2 Ob 200/98w).
[13] 7. Der Finanzierung des Hausbaus der Beklagten und des Sohnes der Klägerin durch diese lag die der Beklagten bekannte Erwartung zugrunde, dass deren Lebensgemeinschaft mit dem Sohn der Klägerin weiterbesteht. Dieser Zweck entfiel mit Beendigung der Lebensgemeinschaft. Es begegnet daher keinen Bedenken, dass die Vorinstanzen dem Grunde nach einen auf § 1435 ABGB analog gestützten Bereicherungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte als Miteigentümerin jenes Grundstücks, für das die von der Klägerin finanzierten Bauleistungen erbracht wurden, bejahten.
[14] 8. In welcher Höhe der Klägerin ein solcher Anspruch zusteht, ist im Verfahren über den Anspruchsgrund nicht zu beurteilen.