JudikaturOGH

11Os18/25v – OGH Entscheidung

Entscheidung
Strafrecht
06. Mai 2025

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 6. Mai 2025 durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek als Vorsitzende sowie die Hofrätinnen und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Mag. Fürnkranz, Dr. Oberressl, Dr. Brenner und Mag. Riffel in Gegenwart der Rechtspraktikantin Boyer LL.M. (WU), LL.M. als Schriftführerin in der Strafsache gegen * M* wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Feldkirch als Schöffengericht vom 8. Oktober 2024, GZ 40 Hv 9/24t 35, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

[1]Mit dem angefochtenen Urteil wurde * M* des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB (1/) und des Vergehens der fortgesetzten Gewaltausübung nach § 107b Abs 1 StGB (2/) schuldig erkannt.

[2] Danach hat er – soweit im Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde relevant –

1/ am 20. Februar 2024 in F* * K* mit Gewalt zur Duldung des Beischlafs genötigt, indem er sie auf die Matratze drückte, sich auf sie legte, sie festhielt und gegen ihren Willen den Geschlechtsverkehr mit ihr vollzog.

Rechtliche Beurteilung

[3] Allein gegen diesen Schuldspruch (zu 1/)richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 4, 5a und 5 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.

[4] Der Verfahrensrüge (Z 4) zuwider wurden durch die Abweisung (ON 34 S 15) des in der Hauptverhandlung am 8. Oktober 2024 gestellten Antrags (ON 34 S 14) auf Einholung eines gerichtsmedizinischen und eines dermatologischen Sachverständigengutachtens (erkennbar gemeint: betreffend die Zeugin K*) V erteidigungsrechte des Angeklagten nicht verletzt.

[5] Das Begehren wurde zum Beweis dafür gestellt, dass der Angeklagte am 20. Februar 2024 K* „mit seinen Händen nicht an beiden Oberarmen oder sonst auf irgendeine Weise auf dem Bett/der Couch festhielt/festgehalten hat und in die Matratze drückte und sie sich gewehrt hätte“. Da K* dazu neige, „bereits durch leichten Körperkontakt bzw leichtes Halten der Oberarme blaue Flecken auf der Haut zu bekommen“, im Zuge der polizeilichen Vernehmung „am selbigen Tag“ ein solches Verletzungsbild an den Oberarmen jedoch nicht festgestellt worden sei, könne mit den begehrten Gutachten ein gewaltsames Erzwingen des Geschlechtsverkehrs ausgeschlossen werden.

[6] Der Antragsteller behauptete allerdings nicht einmal, dass die (mittlerweile in Litauen wohnhafte und eine besondere Anfälligkeit für Hämatome im Übrigen in Abrede stellende [ON 34 S 4, 10]) Zeugin die erforderliche Zustimmung zu einer körperlichen Untersuchung erteilt hätte oder erteilen würde (RISJustiz RS0118956 [T3], RS0098015 [T2, T14]; vgl auch § 123 Abs 5 letzter Satz iVm § 120 Abs 1 letzter Satz und § 121 Abs 1 letzter Satz StPO; Kirchbacher, StPO 15 § 123 Rz 10; Birklbauer , WKStPO § 123 Rz 6, 18, 41), sodass der Antrag schon deshalb als im Hauptverfahren unzulässiger Erkundungsbeweis abgewiesen werden durfte.

[7] Mit der isolierten Hervorhebung und eigenständigen Würdigung von Angaben des Tatopfers (vgl dazu US 7 ff) gelingt es der Beschwerde (Z 5a) nicht, beim Obersten Gerichtshof erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit des Ausspruchs über entscheidende Tatsachen zu erwecken (zum Anfechtungsrahmen vgl RISJustiz RS0118780, RS0119583).

[8] Aktenwidrig (Z 5 letzter Fall) sind die Entscheidungsgründe, wenn sie den eine entscheidende Tatsache betreffenden Inhalt einer Aussage oder einer Urkunde in seinen wesentlichen Teilen unrichtig oder unvollständig wiedergeben, mit anderen Worten: wenn sich im Urteil ein falsches Zitat aus den Akten findet (vgl RISJustiz RS0099547). Die Richtigkeit von auf freier Beweiswürdigung beruhenden Schlüssen kann unter dem Gesichtspunkt der Aktenwidrigkeit hingegen nicht angefochten werden (RISJustiz RS0099524).

[9]Indem die Beschwerde die Schlüsse der Tatrichter (US 7 f iVm ON 2.4 S 6 f) mit eigenständigen Beweiswerterwägungen zu isoliert hervorgehobenen Angaben der Zeugin als „aktenwidrig“ kritisiert, bekämpft sie bloß die Beweiswürdigung des Schöffengerichts (§ 258 Abs 2 StPO) nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen (§ 283 Abs 1 StPO) Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld, ohne ein Fehlzitat im dargestellten Sinn aufzuzeigen.

[10]Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

[11]Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.