3Ob207/24y – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Brenn als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun Mohr und Dr. Kodek und die Hofräte Dr. Stefula und Mag. Schober als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei „P*“ * GmbH, *, vertreten durch die Pitzal/Cerny/Partner Rechtsanwälte OG in Wien, gegen die beklagte Partei B* GmbH, *, vertreten durch die CMS Reich-Rohrwig Hainz Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 41.988 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 25. September 2024, GZ 2 R 76/24x-36, mit dem das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 27. Februar 2024, GZ 21 Cg 17/23w-31, abgeändert wurde, zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird Folge gegeben.
Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, dass die Entscheidung des Erstgerichts mit der Maßgabe wiederhergestellt wird, dass sie (mit Ausnahme des bereits in Rechtskraft erwachsenen abweisenden Teiles betreffend die Nebenforderung von 3.630,15 EUR) lautet:
„1. Die Klageforderung besteht mit 41.988 EUR zu Recht.
2. Die Gegenforderung besteht nicht zu Recht.
3. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen 41.988 EUR samt 9,2 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit 23. November 2023 zu zahlen und die mit 17.693,80 EUR (darin 2.677,60 EUR USt und 1.628,20 EUR Barauslagen) bestimmten Verfahrenskosten erster Instanz zu ersetzen.“
4. Die beklagte Partei ist darüber hinaus schuldig, der klagenden Partei die mit 3.683,82 EUR (darin 613,97 EUR USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens sowie die mit 5.705,70 EUR (darin 442,45 EUR USt und 3.051 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
[1] Die Beklagte (eine im Pharmabereich tätige GmbH) beabsichtigte, ihr neues Konzept zur Demenz Prävention und Demenz-Behandlung bekannt zu machen, dafür eine „gewisse breite Basis auch bei den führenden Köpfen in Österreich zu erreichen“ und in der Folge auch ihre damit verbundenen Produkte aus dem Bereich der Nahrungsergänzungsmittel zu vertreiben. Sie nahm aus diesem Grund im April 2022 mit der Klägerin Kontakt auf und diese bot ihr zunächst eine Pauschale für nicht näher feststellbare Unterstützungsleistungen an. Anfang Mai 2022 erklärte daraufhin der Geschäftsführer der Beklagten, für ihn sei wesentlich, dass „milestoneabhängig nach Abschluss des jeweiligen Milestones gezahlt würde“, und er schlug der Klägerin ein vierstufiges Projekt vor: Der erste „Milestone“ sollte nach seinem Vorschlag darin bestehen, dass die Klägerin eine Liste von relevanten Persönlichkeiten von 20 bis 30 Namen erstellen sollte, die grundsätzlich für die zu gründende, geplante „Fangemeinde“ der Beklagten in Frage kämen. Für diese Leistung sei die Beklagte bereit, 2.250 EUR zuzüglich USt zu zahlen. In einem weiteren Schritt sollten aus diesen Personen sechs bis zehn „Kernpersönlichkeiten“ bestimmt werden und als daran anschließende Leistung („Milestone 2“) sollte die Klägerin „erste lobbyistische Gespräche“ führen, „um zu sondieren, inwieweit die Persönlichkeiten für das gemeinsame Ziel einsetzbar seien“. Für diesen zweiten Abschnitt sei die Beklagte bereit, 11.400 EUR netto zu zahlen. Dann sollte „Milestone 3“ folgen, und zwar „mit einem diesbezüglich variablen Start, abhängig vom Finanzstatus der Beklagten“. Dieser Abschnitt sollte „eine Diskussionsrunde mit Persönlichkeiten und dem Geschäftsführer der Beklagten als zweistündige Diskussion zur Konzentrierung der essentiellen Botschaften des Expertenmeetings“ sein. Primär sollten die Personen physisch anwesend sein und „wichtige Persönlichkeiten“ allenfalls digital zugeschaltet. Als Preis für diese Leistung schlug der Geschäftsführer der Beklagten 15.000 EUR netto vor. Zuletzt sollte die Klägerin – als „Milestone 4“ – eine Publikation von acht Seiten mit einer Gesamtauflage von 3.000 Stück verfassen; dies zum Preis von 5.000 EUR zuzüglich USt.
[2] Die Klägerin antwortete auf diesen Vorschlag, dass „es sich bei diesem gewünschten Preis um einen Gesamtvertrag handeln müsse, die Klägerin aber entsprechend der einzelnen Module sofort nach deren jeweiligen Abschluss abrechnen würde“. Die Geschäftsführer beider Parteien vereinbarten daraufhin, die Angelegenheit noch weiter zu besprechen. Da die Beklagte ein „Neukunde“ war, erklärte sich die Klägerin schließlich bereit, 25 % des angebotenen Preises zu reduzieren und daher der Beklagten ihre Leistungen für insgesamt 39.900 EUR zuzüglich USt anzubieten. Nach weiteren Gesprächen vereinbarten die Parteien schließlich, dass eine Gesamtsumme von 39.900 EUR netto für die in den vier „Milestones“ spezifizierten Leistungen zu bezahlen sein würde, „jedoch ohne die Möglichkeit, optional Teile wegzulassen, somit insgesamt als Paket“.
[3] Nach der Übermittlung einer ersten Liste von Personen diskutierten die Geschäftsführer der Parteien darüber, welche man einbeziehen bzw dann später zum Expertenmeeting einladen sollte. Neben dem geplanten Meeting sollten auch persönliche Gespräche geführt werden. Der Beklagten ging es darum, dass die „neuen Ansätze in der wissenschaftlichen Society akzeptiert würden, dass nämlich ihr entwickeltes Konzept betreffend die Blut Hirn Schranke als wissenschaftliches Konzept zur Demenz-Prävention und Behandlung anerkannt würde“. Mit vier bis fünf der in der Liste angeführten Personen sprach der Geschäftsführer der Klägerin in der Folge selbst und auch Mitarbeiter von ihm sprachen mit weiteren geplanten Teilnehmern über das Thema. Die Mitarbeiter der Klägerin hielten auch die Einstellung der einbezogenen Experten zum Thema fest.
[4] Im Rahmen der „Gesundheitsgespräche“ in S* im Jahr 2022 trafen sich die Geschäftsführer beider Parteien sowie Mitarbeiter der Klägerin und begannen, die Liste durchzuarbeiten. Der Geschäftsführer der Beklagten hatte den Wunsch, „ein interdisziplinäres, multiprofessionelles Team für das Expertenmeeting zusammenzustellen“. Er wollte „seine pharmakologischen Erkenntnisse auch anderen Gesundheitsberufen näher bringen und sich in dieser Gruppe austauschen“. Einen im Auftrag der Klägerin verfassten Einladungsentwurf für das geplante Expertenmeeting modifizierte der Geschäftsführer der Beklagten entsprechend seinen Wünschen. In der Folge übermittelte die Klägerin die Einladung an die gewünschten Teilnehmer für das Meeting. Mit der Einladung wurden jeweils auch weitere von der Beklagten zur Verfügung gestellte Dokumente (Informationsunterlagen) mitgesendet. Nach Absagen kam es zu Nacheinladungen entsprechend der mit der Beklagten abgestimmten Liste. Von Mitarbeitern der Klägerin wurde mit einzelnen eingeladenen Experten über Inhalt und Grund des Expertenmeetings telefoniert. Darüber hinausgehende, umfangreiche persönliche oder telefonische Gespräche zur Bewerbung der neuen Ideen sowie zur Abfrage der detaillierten Einstellung der geplanten Teilnehmer über diese wissenschaftlichen Ideen führte die Klägerin nicht durch.
[5] Der Geschäftsführer der Beklagten wünschte sich, dass zumindest sechs Leute in Präsenz am Expertenmeeting teilnehmen und nicht mehr als zwei bis drei Personen per Video zugeschaltet sein würden. Er wünschte sich insbesondere die persönliche Anwesenheit eines bestimmten „Professors“, weil er diesen als sehr wichtig einschätzte. Beim Expertenmeeting am 12. Juli 2022, das ein Mitarbeiter der Klägerin moderierte, waren schließlich fünf Personen persönlich anwesend; die Präsidentin der Österreichischen Apothekerkammer und vier weitere Personen, darunter die beiden nach Ansicht des Geschäftsführers der Beklagten „wichtigen“ Persönlichkeiten, schalteten sich per Video zu. Die Klägerin erklärte zu Beginn das Ziel des Meetings, das darin bestehe, ein Expertenpapier gemeinsam zu gestalten und das Thema der Ernährung in Zusammenhang mit der Demenz-Prävention zu „implementieren“, bzw einen Zusammenhang zwischen Ernährung und Demenz-Prävention unter Heranziehung der Blut-Hirn-Schranke herzustellen. Nach der Vorstellungsrunde hielt der Geschäftsführer der Beklagten seine Präsentation. Nach jedem Themenbereich regte er eine Diskussion an, die sich zu Beginn eher schleppend einstellte. Zu einer Vortragsfolie wies einer der zugeschalteten Professoren auf einen Fehler bzw Irrtum hin, was den Geschäftsführer der Beklagten sehr störte und empörte. Er empfand dies als eine erhebliche, absichtliche Störung der Diskussion.
[6] Das Meeting dauerte etwa zwei Stunden, wobei sich gerade auch die beiden zugeschalteten Professoren immer wieder in die Diskussion einbrachten. Die Resonanz entsprach jedoch nicht den Vorstellungen des Geschäftsführers der Beklagten, er „fühlte sich in seinem Ansatz nicht bestärkt, sondern persönlich angegriffen“. Im Grunde fand jedoch ein inhaltliches Gespräch und eine Diskussion über die von ihm präsentierten und angesprochenen Punkte statt, das sich im üblichen wissenschaftlichen Bereich bewegte. Gegen Ende der Präsentation wies der Geschäftsführer der Beklagten auf die von ihm vertriebenen Nahrungsergänzungsmittel hin, was von den Anwesenden ablehnend registriert wurde. Es war zuvor zwischen den Parteien abgesprochen gewesen, dass eine derartige werbende Präsentation der Produkte nicht erfolgen würde.
[7] Der Geschäftsführer der Beklagten war vom Gang des Meetings „hochgradig enttäuscht“, er empfand die Teilnehmer als für sein Vorhaben nicht ausreichend begeistert und sich selbst persönlich angegriffen. Persönlich nahm er das „als Desaster“ wahr. Fünf Tage später übermittelte er der Klägerin eine E-Mail, in der er erklärte, dass seiner Meinung nach die Vorbereitung des Meetings mit den Eingeladenen ebenso wie die Leistung betreffend das Meeting selbst „nicht entsprechend der Vereinbarung erbracht“ worden sei. Er sprach die Beendigung der Zusammenarbeit mit der Klägerin mit sofortiger Wirkung aus. Der Geschäftsführer der Klägerin akzeptierte diese Kündigung nicht.
[8] Die Rechnung für „Milestone 1“ über 2.250 EUR zuzüglich 450 EUR USt (2.700 EUR brutto) zahlte die Beklagte am 14. Juni 2022. Die weiteren Rechnungen der Klägerin zahlte die Beklagte nicht.
[9] Die Klägerin verfasste eine Publikation und stellte diese der Beklagten im November 2023 zur Verfügung. Zur Verzögerung war es wegen der Auseinandersetzungen zwischen den Parteien gekommen. Die Klägerin stellte 3.000 Stück davon her und reihte die Publikation auch bei der Nationalbibliothek ein.
[10] Das Erstgericht gab der Klage – ohne über die Gegenforderung im Sinn eines dreigliedrigen Spruchs abzusprechen – statt und wies die Nebenforderung von 3.630,15 EUR für Inkassokosten unbekämpft ab.
[11] Die Klägerin habe die vereinbarten Leistungen sach- und fachgerecht erbracht; sie habe insbesondere kein bestimmtes wissenschaftliches Ergebnis geschuldet. Ihre Rechnungslegung sei allerdings nicht nachvollziehbar gewesen, weshalb die Nebenforderung nicht berechtigt sei. Der berechtigte Anspruch sei erst mit der Fertigstellung des letzten Teils (der Publikation) fällig geworden und daher erst ab diesem Zeitpunkt zu verzinsen.
[12] Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten Folge und wies das Klagebegehren ab.
[13] Die von der Klägerin angebotenen Unterstützungsleistungen seien als Lobbying- und Consultingleistungen zu qualifizieren. Der Vertragsinhalt sei als Paket definiert gewesen, wobei der erste Teil erbracht, abgerechnet, bezahlt und daher nicht Gegenstand der Klage sei. Daran anknüpfend habe der als „Milestone 2“ bezeichnete Teil erste lobbyistische Gespräche umfasst, um zu sondieren, inwieweit die ausgewählten Persönlichkeiten für das gemeinsame Ziel einsetzbar seien. Daran anknüpfend habe als dritter Teil eine zweistündige Diskussion mit jenen Persönlichkeiten und dem Geschäftsführer der Beklagten stattfinden sollen, und zwar zum Zweck der „Konzentrierung der essentiellen Botschaften des Expertenmeetings“. Die besondere Bedeutung der lobbyistischen Sondierung in der Leistung „Milestone 2“ sei evident, weil eine bloß zweistündige Diskussion bei der erst erforderlichen Meinungsbildung von vornherein habe scheitern müssen. Dieses Ziel sei daher nur mit vorweg ausgewählten Persönlichkeiten erreichbar gewesen, die dem neuen Ansatz positiv gegenüber gestanden seien. Die Klägerin habe zwar Gespräche über Inhalt und Grund des Meetings, aber nicht konkret im Sinne einer „Sondierung“ dahin geführt, ob diese Persönlichkeiten für den erwünschten wissenschaftlichen Konsens als Voraussetzung für den darauf basierenden Verkauf von Nahrungsergänzungsmitteln „einsetzbar seien“. Sie habe daher „ihre essentiellen Aufgaben betreffend Milestone 2 keineswegs erfüllt“. Aus dieser Mangelhaftigkeit des zweiten Teiles folge schließlich auch „die Vertragswidrigkeit des Expertenmeetings (Milestone 3)“. Die Beendigung der Zusammenarbeit nach dem Expertenmeeting sei angesichts der „essentiellen Versäumnisse“ der Klägerin bei den Lobbying-Sondierungsgesprächen als gerechtfertigt zu qualifizieren. Der Klägerin stehe daher kein Entgeltanspruch zu.
[14] Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision der Klägerin mit dem Antrag, das Urteil des Erstgerichts wiederherzustellen.
[15] Die Beklagte beantragt in ihrer vom Obersten Gerichtshof freigestellten Revisionsbeantwortung , die Revision zurückzuweisen, hilfsweise, dieser nicht Folge zu geben.
[16] Die Revision ist zulässig und berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
[17] 1.1 Auf Basis der zwischen den Streitteilen getroffenen Vereinbarung sollte die Klägerin für die Beklagte den Markt für den Vertrieb von Nahrungsergänzungsmitteln aufbereiten. Zu diesem Zweck sollte die Klägerin in als „Milestones“ bezeichneten zeitlichen Abschnitten unterschiedliche Leistungen erbringen, die der Bekanntmachung des wissenschaftlichen Konzepts der Beklagten dienen und für einen günstigen Meinungsstand in ausgewählten Expertenkreisen sorgen sollten.
[18] 1.2 Die von der Klägerin geschuldete Tätigkeit erinnert an eine Art „Lobbying-Tätigkeit“. Ein Lobbying-Auftrag im Sinn des § 4 Z 2 LobbyG liegt mangels Anwendbarkeit des Lobbying- und Interessenvertretungs-Transparenz-Gesetzes allerdings nicht vor, zumal dieses Gesetz gemäß § 1 Abs 1 nur Verhaltens- und Registrierungspflichten bei Tätigkeiten regelt, mit denen auf bestimmte Entscheidungsprozesse in der Gesetzgebung oder Vollziehung des Bundes, der Länder, der Gemeinden und der Gemeindeverbände unmittelbar Einfluss genommen werden soll.
[19] 1.3 Für vertraglich geschuldete Beratungsleistungen im unternehmerischen Bereich sind in der Praxis Vertragsformen des Consultingvertrags und des Werbeagenturvertrags gebräuchlich. Beim Consultingvertrag liegt der Schwerpunkt in der entgeltlichen Erbringung von kaufmännisch-betriebswirtschaftlichen („Management-Consulting“) oder ingenieurwissenschaftlich-technischen („Consulting-Engineering“) Beratungsleistungen für den Klienten (7 Ob 86/20b). Einem Consultingvertrag kommt etwa dienstvertragliche Rechtsnatur zu, wenn er tätigkeitsbezogen auf die Beratungsleistung als solche, also auf das Wirken und die sorgfältige, bemühte Erbringung der Dienstleistung ausgerichtet ist. Der Leistungserbringer schuldet theoretisch-analytische und praktisch-kreative Geistestätigkeit und muss die gefundenen Problemlösungen seinem Auftraggeber darlegen und vermitteln; ein Erfolgsrisiko trifft ihn nicht. Demgegenüber kommt einem Consultingvertrag werkvertragliche Rechtsnatur zu, wenn er erfolgsbezogen auf die Herbeiführung eines wertschöpfenden Arbeitsergebnisses abzielt, das auch unkörperlich sein kann (4 Ob 265/99w; 7 Ob 86/20b). Beim Werbeagenturvertrag sind vor allem Beratungs- und/oder Kommunikationsleistungen für diverse Marketingzwecke, insbesondere für die Absatz- oder Imageförderung zugunsten eines Unternehmens zu erbringen (vgl 9 Ob 10/19i).
[20] 1.4 Oft können die Leistungsverpflichtungen solcher Verträge, die in der Praxis in vielfältigen Erscheinungsformen vorkommen, nicht eindeutig (nur) einem bestimmten gesetzlich geregelten Vertragstyp zugeordnet werden. Meist enthalten diese Vertragsformen Elemente eines Werkvertrags, eines (freien) Dienstvertrags (§ 1151 ABGB), aber auch eines Auftrags oder eines Bevollmächtigungsvertrags (§ 1002 ABGB; RS0114090 [zum Werbeagenturvertrag] ).
[21] Enthält ein konkreter Vertrag Elemente mehrerer gesetzlich geregelter Vertragstypen, so liegt ein gemischter Vertrag vor (vgl etwa 2 Ob 182/ 10v ; 2 Ob 203/08d; 4 Ob 180/07k). Nach ständiger Rechtsprechung zu gemischten Verträgen ist für die Beurteilung jeder einzelnen Leistungspflicht die sachlich am meisten befriedigende Vorschrift heranzuziehen ( RS0013941 ). Das ist nach der sogenannten Kombinationstheorie die Vorschrift jenes Vertrags, dem die entsprechende Pflicht entstammt ( RS0013941 [T3]). Bei Gestaltungsrechten ist die Anwendung der nur eine Leistung betreffenden Vorschrift hingegen regelmäßig nicht sachgerecht, wenn und weil es dabei nicht bloß um einzelne, isoliert zu betrachtende Leistungspflichten geht. Dementsprechend stellt die Rechtsprechung etwa für das Kündigungsrecht eines als Einheit aufzufassenden Vertrags sui generis auf die Hauptleistung, also den vorrangigen Vertragstyp ab ( RS0013941 [T4]). Auch f ür die Abgrenzung etwa zwischen Werk- und Dienstvertrag kommt es auf das Überwiegen an (6 Ob 194/00y).
[22] 1.5 Die Frage, unter welchen Vertragstyp die konkrete Vereinbarung zu subsumieren ist, ist im Weg der Vertragsauslegung zu beantworten. Fragen der Vertragsauslegung kommt in der Regel keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu, außer das Berufungsgericht ist von den allgemeinen Auslegungsgrundsätzen abgewichen oder zu einem unvertretbaren Auslegungsergebnis gelangt (vgl RS0042776 [T1]; RS0112106 [T1]; RS0042936 ). Letzteres ist hier der Fall.
[23] 2. Nach den Feststellungen haben die Parteien eine Einigung darüber erzielt, dass die Klägerin ihre Leistungen für die Beklagte „insgesamt als Paket“ zum vereinbarten Preis zu erbringen hat. Fest steht außerdem, dass keiner der Milestones undurchführbar war; dass die Abrechnung der Milestones „direkt nach deren jeweiliger Beendigung“ erfolgen sollte, wurde nicht festgestellt. Von einer „Teilbarkeit“ des für die Leistungen der Klägerin vereinbarten Entgelts ist daher nach dem insoweit klaren Vertragsinhalt entgegen der Ansicht der Beklagten nicht auszugehen. Unter Zugrundelegung der mit der Tätigkeit der Klägerin verfolgten Zielsetzung waren zur Umsetzung des zwischen den Parteien vereinbarten Gesamtkonzepts die „Milestones 2 und 3“ entscheidend. Die in diesen Abschnitten von der Klägerin vereinbarungsgemäß zu erbringenden Leistungen sind daher für die Beurteilung der Rechtsnatur des zwischen den Parteien abgeschlossenen Vertrags maßgebend.
[24] 3.1 Nach dem Vertragsinhalt zu den „Milestones 2 und 3“ hatte die Klägerin die Aufgabe, mit den gemeinsam ausgewählten „Kernpersönlichkeiten“ die ersten Gespräche zu führen, um herauszufinden, inwieweit diese Personen „für das gemeinsame Ziel einsetzbar“ wären. Nach den Feststellungen haben sowohl Mitarbeiter als auch der Geschäftsführer der Klägerin mit den geplanten Teilnehmern über das Thema des geplanten Expertenmeetings gesprochen und „auch die Einstellung dieser Personen“ festgehalten. Die Einladung zur Veranstaltung wurde detailliert mit dem Geschäftsführer der Beklagten abgestimmt und versendet, es kam nach Absagen einvernehmlich zu Nacheinladungen und zu Telefonaten „über Inhalt und Grund des Expertenmeetings“.
[25] Diese vertraglich vereinbarten Leistungen zielten zusammengefasst darauf ab, das Expertenmeeting als (zumindest auch) wissenschaftliche Diskussionsrunde zu organisieren und durchzuführen und das Konzept der Beklagten in Fachkreisen bekannt zu machen. Sowohl bei der Vorbereitung als auch bei Durchführung des Meetings schuldete die Beklagte jedenfalls überwiegend eine sorgfältig bemühte und fachgerechte Vorgangsweise und damit die Erbringung von – dem Ziel und Zweck der Bekanntmachung des neuen Konzepts der Beklagten in Fachkreisen entsprechenden – Dienstleistungen, die unter anderem in zahlreichen Gesprächen und Sondierungen bestanden. Diese Leistungen hat sie nach den Feststellungen auch erbracht.
[26] 3.2 Entgegen der Ansicht der Beklagten hat die Klägerin keinen bestimmten rechtlichen „Erfolg“ geschuldet. Auch der Umstand, dass es sich bei der Klägerin um eine GmbH handelt, steht der Qualifikation des Vertrags als überwiegend dienstvertraglich nicht entgegen, zumal die Dienstleistungen von den Mitarbeitern der Klägerin zu erbringen waren. Auch aus der in der Revisionsbeantwortung zitierten Entscheidung zu 3 Ob 121/04x lässt sich für den Standpunkt der Beklagten nichts entnehmen, zumal der Oberste Gerichtshof auch darin ausführte, dass die vereinbarten Leistungen („Interventionen bzw sogenanntes Lobbying“) naturgemäß von einer physischen Person zu erbringen waren, aber ein enger Zusammenhang mit dem Geschäftsbetrieb der GmbH des Klägers bestand.
[27] 3.3 Die Beklagte könnte die Abweisung des Anspruchs auf Entgeltzahlung für die „Milestones 2 und 3“ nur damit begründen, dass die Klägerin die vereinbarten Leistungen nicht erbracht hätte oder dass sie selbst einen Grund zur sofortigen Beendigung des Vertrags gehabt habe. Beides ist zu verneinen.
[28] Das Berufungsgericht zog aus der Feststellung, dass die Klägerin keine Gespräche zur Bewerbung der neuen Idee sowie zur Abfrage der detaillierten Einstellung der geplanten Diskussionsteilnehmer zum wissenschaftlichen Konzept der Beklagten geführt habe, den Schluss, diese Leistungen seien insgesamt für die Vertragserfüllung ungeeignet gewesen. Dieser Schlussfolgerung, die auf einer isoliert herausgegriffenen Feststellung basiert, liegt allerdings eine unrichtige Beurteilung zur Rechtsnatur der von den Parteien getroffenen Vereinbarung zugrunde. Sämtliche Feststellungen zum Ablauf des Expertenmeetings, das die Klägerin wie vereinbart als wissenschaftliche Diskussionsrunde durchführte und moderierte, zeigen, dass die Unzufriedenheit bzw Enttäuschung des Geschäftsführers der Beklagten über den „Erfolg“ der Veranstaltung darauf zurückzuführen war, dass die Resonanz nicht seinen subjektiven Vorstellungen entsprach. Nach Maßgabe des abgeschlossenen Dienst (leistungs )vertrags waren die Leistungen der Klägerin aber weder unvollständig noch mangelhaft. Die Klägerin hat der Beklagten durch ihr Verhalten auch keinen Grund für eine sofortige Auflösung des Vertrags geboten.
[29] 4. Schließlich hat die Klägerin auch die vereinbarte Publikation verfasst und (wenngleich mit einer zeitlichen Verzögerung, die aber nur eine Folge der Auseinandersetzungen zwischen den Parteien war) dem Vertrag entsprechend geliefert.
[30] Insgesamt ist ein Rechtsgrund, auf den die Beklagte ihre Weigerung zur Entgeltzahlung stützen könnte, nicht erkennbar.
[31] 5. Auf die gesonderte rechtliche Qualifikation der nach dem Vertragsinhalt von der Klägerin zu erbringenden Leistungen zu „Milestone 1“ (Erstellung der Liste von Personen, die für das Vorhaben der Beklagten in Betracht kamen) kommt es nicht an. Dieser Teil des Gesamtpakets wurde zudem von beiden Seiten erfüllt.
[32] Die von der Beklagten gegen das Klagebegehren eingewendete Gegenforderung in Höhe des für den „Milestone 1“ gezahlten Honorars (die sie im Übrigen nicht näher spezifizierte und auf die sie auch in ihrer Revisionsbeantwortung nicht mehr zurückkommt) besteht nach der vorliegenden Beurteilung nicht zu Recht. Entsprechend § 545 Abs 3 Geo war dazu allerdings (in Form einer Maßgabebestätigung) ein dreigliedriger Urteilsspruch zu fassen.
[33] 6. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.