1Ob363/99k – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer und Dr. Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Monika H*****, vertreten durch Dr. Werner Thurner und Dr. Peter Schaden, Rechtsanwälte in Graz, wider die beklagte Partei Maria H*****, vertreten durch Pacher Partner, Rechtsanwälte in Graz, wegen 500.000 S sA über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 9. November 1999, GZ 4 R 229/99z 18, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
1. Es entspricht - ganz im Sinne der Ausführungen des Berufungsgerichts - der von der herrschenden Lehre ( Apathy in Schwimann, ABGB2 Rz 19 zu § 879; Binder in Schwimann aaO Rz 5 zu §§ 951, 952; Gschnitzer in Klang2 IV/1, 193; Krejci in Rummel, ABGB2 Rz 213 zu § 879; Schubert in Rummel aaO Rz 2 zu § 951; Stanzl in Klang2 IV/1, 627) gebilligten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (6 Ob 732/79; 6 Ob 781/78 = EFSlg 33.704; 3 Ob 458/57 = RIS Justiz RS0016556; JBl 1927, 103), dass sich der Noterbe und der Beschenkte noch vor dem Tod des Erblassers über die künftige Herausgabepflicht gemäß § 951 Abs 1 ABGB vergleichen können und ein solches Rechtsgeschäft nicht nach § 879 Abs 2 Z 3 ABGB nichtig ist.
2. Soweit sich die Klägerin für ihre Ansicht, die der unter 1. erläuterten Rechtslage widerspricht, auf die Entscheidung 7 Ob 531/90 (= NZ 1992, 70) beruft, abstrahiert sie von deren Sachverhalt. Dort ging es nicht um den Verzicht eines Noterben auf den Anspruch nach § 951 Abs 1 ABGB gegenüber einem anderen Noterben im Zusammenhang mit einem Übergabsvertrag, an dem - wie hier - der Erblasser beteiligt war, sondern die Beklagte jenes Verfahrens hatte ihrem Bruder den im Falle des Ablebens ihrer Mutter erwarteten Erbteil entgeltlich veräußert.
3. Der Oberste Gerichthshof tritt - entgegen den Revisionsausführungen - auch der Ansicht des Berufungsgerichts bei, dass der Vater und Rechtsvorgänger der Klägerin auf den Anspruch nach § 951 Abs 1 ABGB gegenüber seiner durch die Leistung kraft des Übergabsvertrags mit der Erblasserin - nach der Überzeugung der Klägerin - beschenkten Schwester verzichtete. Dieser Prämisse zufolge unterlag aber der gemäß § 1444 ABGB zu beurteilende Verzichtsvertrag nicht der Formvorschrift des § 551 ABGB. Nur zur Begründung dieses Umstands berief sich das Gericht zweiter Instanz u. a. auf die Entscheidung 2 Ob 583/91 (= NZ 1992, 130). Gegen die sonstigen Erläuterungen des Berufungsgerichts zu den - im Anlassfall erfüllten - Verzichtsvoraussetzungen wird im Rechtsmittel der Klägerin nichts vorgebracht.
4. Was schließlich den Einwand der Klägerin betrifft, die Geschäftsgrundlage des Verzichts ihres Vaters auf den Anspruch nach § 951 Abs 1 ABGB sei weggefallen, weil die Übernehmerin entgegen dem Willen der Vertragsparteien "Liegenschaftsanteile im Ausmaß von 4, 2 Hektar verkauft" habe, genügt ein Hinweis auf die im Berufungsverfahren unbekämpft gebliebene Feststellung des Erstgerichts (ON 13 S. 6), dass "von einem gänzlichen Veräußerungsverbot ... nie die Rede" war.
5. Nach den voranstehenden Erwägungen hängt die Entscheidung nicht von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO ab, sodass die außerordentliche Revision der Klägerin gemäß § 508a Abs 2 ZPO zurückzuweisen ist.