JudikaturOGH

7Ob32/76 – OGH Entscheidung

Entscheidung
24. Juni 1976

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Neperscheni als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick, Dr. Petrasch, Dr. Kuderna und Dr. Wurz als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei J*, Kaufmann, *, vertreten durch Dr. Michael Stern und DDr. Peter Stern, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei A*, vertreten durch Dr. Alfred Haberhauer, Rechtsanwalt in Wien, wegen 10,000.000, S s.A., infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 18. Dezember 1975, GZ. 2 R 295/75 15, womit das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 21. Mai 1975, GZ. 18 Cg 5/75 10, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Rekurskosten sind als weitere Verfahrenskosten zu behandeln.

Text

Begründung:

Der Kläger schloß mit der Beklagten, beginnend ab 1. Oktober 1969, eine Ab- und Erlebensversicherung auf das Leben des A* B* (siehe Beilage ./12). Der Versicherung wurden die Allgemeinen Bedingungen für die Kapitalversicherung auf den Todesfall (Lebensversicherung) zugrundegelegt. Die Versicherungssumme beträgt 10,000.000,-- S; Begünstigter sowohl im Ab- als auch im Erlebensfalle ist der Kläger. A* B* starb am 16. April 1974.

Mit seiner Klage begehrt der Kläger von der Beklagten im Hinblick auf das Ableben des Versicherten die Bezahlung der vereinbarten Versicherungssumme. Die Beklagte beantragt Klagsabweisung und behauptet, daß sie den Versicherungsvertrag infolge Zahlungsverzuges des Klägers zum 30. Juni 1971 gekündigt habe. Über Antrag des Klägers vom 25. Februar 1972 sei der Versicherungsvertrag nach Abgabe einer vom Versicherten A* B* unterfertigten Gesundheitserklärung gleichen Datums wiederhergestellt worden. In dieser habe A* B* verschwiegen, daß er sich im Jahre 1970 zweimal wegen einer Leberzirrhose in Spitalsbehandlung befunden habe. Die Beklagte sei daher leistungsfrei, weil ihr der Versicherte ihm bekannte, für die Übernahme der Gefahr wesentliche Umstände arglistig verschwiegen bzw. falsch angegeben habe, nach welchen sie ausdrücklich schriftlich gefragt habe. Die Beklagte sei daher gemäß § 8 AVB vom Versicherungsvertrag zurückgetreten.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Nach seinen Feststellungen wurde der Versicherte A* B* vor Abschluß des Versicherungsvertrages einer ärztlichen Untersuchung unterzogen, bei der keine Erkrankungen festgestellt wurden. Die monatliche Prämie von 26.385,50 S entrichtete der Kläger nur bis einschließlich März 1971. Mit Schreiben vom 17. Juni 1971 mahnte die Beklagte den Kläger im Sinne des § 39 VersVG und kündigte die Versicherung auf, wenn der Kläger nicht innerhalb von 14 Tagen die unberichtigten Prämienraten einschließlich Zinsen und Kosten im Gesamtbetrage von 53.050,90 S bezahlen sollte (Beilage ./5). Mit Schreiben vom 16. August 1971 (Beilage ./B) machte die Beklagte den Kläger darauf aufmerksam, daß die Lebensversicherung nach § 4 Abs. 4 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) zu unveränderten Bedingungen wieder in Kraft gesetzt werden könne, wenn er den gesamten Rückstand innerhalb von sechs Monaten nach Fälligkeit der ersten unbezahlt gebliebenen Prämie oder innerhalb eines Monates nach Ablauf der Nachfrist bezahle. Der Kläger überwies hierauf am 29. September 1971 und am 20. Oktober 1971 je 26.386, S (siehe Beilage ./C). Mit Schreiben vom 26. Jänner 1972 (Beilage ./7) bestätigte die Beklagte den Eingang der Zahlungen, wies aber gleichzeitig darauf hin, daß die Wiederherstellungsfrist (des § 4 Abs 4 AVB) bereits abgelaufen und die Lebensversicherung daher vollkommen erloschen sei. Die Beklagte müsse die Reaktivierung der Versicherung von einer Überprüfung des Gesundheitszustandes des Versicherten A* B* abhängig machen, wozu sie als Beilage ein Attestformular übersandte. Der Kläger wandte sich hierauf an den Organisationsleiter der Beklagten für Steiermark und das südliche Burgenland, H*, worauf ihm die Beklagte mit Schreiben vom 24. Februar 1972 (Beilage ./D) bekanntgab, sie sei bereit, den Versicherungsvertrag gegen Nachzahlung des Prämienrückstandes und Abgabe einer kurzen Gesundheitserklärung durch den Versicherten (laut Beilage) zu reaktivieren. Der dem Schreiben beigefügte Gesundheitsbogen (Beilage ./8) wurde von A* B* am 25. Feber 1972 unterfertigt und an die Beklagte übersandt. Die (von der Beklagten) vorgelegte Beilage ./8 stimmt mit dem Original überein (die Echtheit der Unterschrift des Versicherten A* B* hielt das Erstgericht für unbestritten). In diesem Gesundheitsbogen wurden die Fragen nach Erkrankungen und Inanspruchnahme von Ärzten in den letzten drei Jahren verneint und die Frage, ob sich der Versicherte gesund fühle, bejaht. Tatsächlich befand sich A* B* vom 6. März bis 20. März 1970 und vom 16. Mai bis 18. Mai 1970 wegen eines durch Alkoholmißbrauch bedingten Leberleidens (Zirrhosis hepatis) in stationärer Behandlung des Landeskrankenhauses O*. Mit Schreiben vom 25. Februar 1972 (Beilage ./10) beantragte der Kläger die Verlegung des Beginnes der Versicherung. Hierauf antwortete ihm die Beklagte mit Schreiben vom 13. März 1972 (Beilage ./E), daß sie zur Abdeckung des aufgelaufenen Prämienrückstandes für die Zeit bis Jänner 1972 mit einer Beginnverlegung (der Versicherung) auf den 1. Juli 1970 einverstanden sei. Den sich sodann ergebenden Rückstand von 30.476,70 S habe der Kläger zu bezahlen. Die monatliche Prämie würde sich ab 1. April 1972 auf 27.749,20 S belaufen. Nach Überweisung des ausgewiesenen Rückstandes von 30.476,70 S am 15. März 1972 übersandte die Beklagte dem Kläger im Wege ihrer Landesdirektion für Steiermark das Schreiben vom 19. April 1972 (Beilage ./II), dem der Polizzennachtrag vom 14. April 1972 (siehe Beilage./3) und ein Erlagschein angeschlossen waren. Das Schreiben vom 19. April 1972 hat folgenden Wortlaut:

„In der Beilage überreichen wir Ihnen den Nachtrag Nr. 2, in welchem wir die Beginnverlegung vorgemerkt haben. Wir ersuchen Sie, die Folgeprämie in der Höhe von S 27.749,20 mittels beiliegendem Erlagschein zur Einzahlung zu bringen ...“

Der Polizzennachtrag hat folgenden Inhalt:

„Die vorliegende Versicherung, die mangels Prämienzahlung ab 1. April 1971 außer Kraft war, wird aufgrund der Gesundheitsüberprüfung des Versicherten für die volle versicherte Summe von S 10,000.000, wieder in Wirksamkeit gesetzt. Auf Grund der Erklärung vom 25. Februar 1972 wird der Versicherungsbeginn auf den 1. Juli 1970 verlegt ... Zufolge Wiederherstellung der Versicherung wird der Beginn der in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen vorgesehenen Fristen mit dem Datum dieses Nachtrages neu festgesetzt.“

Der Kläger widersprach dem Polizzennachtrag nicht und überwies am 21. April 1972 mittels Erlagscheines an die Beklagte 27.749,20 S (Beilage ./J). Am 23. März 1974 mußte sich der Versicherte A* B* neuerlich in die Behandlung des Landeskrankenhauses O* begeben, wo er am 16. April 1974 verstarb. Als Todesursache ist in der Sterbeurkunde „De-komp. Zirrh. hepatis“ angegeben. Die Sterbeurkunde erhielt die Beklagte am 24. April 1974. Die von ihr daraufhin eingeleiteten Erhebungen waren am 14. Mai 1974 abgeschlossen. Das Erstgericht war der Auffassung, daß der ursprüngliche Versicherungsvertrag im Hinblick auf den Zahlungsverzug (erfolgte Kündigung durch die Beklagte) endgültig erloschen sei. Durch die Annahme des Polizzennachtrages und die Bezahlung der neu festgesetzten Prämie durch den Kläger sei es zum Abschluß eines neuen Versicherungsvertrages gekommen, von dem die Beklagte mit Recht zurückgetreten sei, weil der Versicherte A* B* die im Gesundheitsfragebogen (Beilage ./8) an ihn gerichteten Fragen unrichtig beantwortet habe. Das Klagebegehren sei somit nicht berechtigt.

Das Berufungsgericht hob das Ersturteil unter Rechtskraftvorbehalt auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Prozeßgericht erster Instanz zurück. Es war der Ansicht, daß die Frist des § 8 Abs. 2 lit. d AVB erst mit der Wiederherstellung der Versicherung (14. April 1972) zu laufen begonnen habe und daher der von der Beklagten am 24. Mai 1974 erklärte Vertragsrücktritt berechtigt gewesen sei. Fraglich sei allerdings, ob auch der wiederhergestellten Versicherung die AVB zugrundegelegt wurden, da auf diese in den zum Vertragsabschluß führenden Schreiben nicht ausdrücklich hingewiesen worden sei. Aber selbst wenn man die Anwendbarkeit der AVB verneinen sollte, wäre hiemit für den Kläger nichts gewonnen, weil dann die Beklagte von dem ihr nach § 163 VersVG (richtig § 16/2 VersVG) zustehenden Rücktrittsrecht hätte Gebrauch machen können. Wenn auch der Kläger zur Echtheit der Unterschrift des A* B* auf dem der (in Fotokopie) vorgelegten Beilage ./8 entsprechenden Original keine Erklärung abgegeben habe (§ 312 Abs. 1 ZPO), greife trotzdem die Beweisregel des § 294 ZPO nicht Platz. Diese beziehe sich nämlich nur auf Privaturkunden, die vom Aussteller unterschrieben oder mit dessen beglaubigtem Handzeichen versehen seien. Eine mechanische Nachbildung der Unterschrift sei hingegen nur dort hinreichend, wo sie im Geschäftsverkehr üblich sei. Dies sei jedoch bei schriftlich erteilten Auskünften des Versicherten oder Versicherungsnehmers über seinen Gesundheitszustand bei Abschluß oder Wiederherstellung von Lebensversicherungsverträgen nicht der Fall. § 312 Abs. 1 ZPO verlange außerdem keine ausdrückliche Echtheitsbestreitung der Urkunden, es genüge vielmehr, wenn die Bestreitungsabsicht des Beweisgegners aus seinen schriftlichen Erklärungen hervorgehe. In der Verhandlungstagsatzung am 9. April 1975 (ON. 7) habe der Kläger nur die Übereinstimmung der von der Beklagten vorgelegten Beilagen ./2 bis ./7 und ./9 mit den Originalen anerkannt und somit die Beilage ./8 ausdrücklich davon ausgenommen. Daraus ergebe sich aber dessen Absicht, die Übereinstimmung dieser Beilage mit dem Original und somit auch dessen Echtheit zu bestreiten. Die von der Beklagten vorgelegte Beilage ./8 begründe somit nicht den vollen Beweis dafür, daß der Versicherte die daraus ersichtlichen Erklärungen tatsächlich abgegeben habe. Diese Frage sei daher beweisbedürftig. Da das Erstgericht zur Frage der Echtheit der Unterschrift des Versicherten A* B* auf dem fraglichen Gesundheitsfragebogen keine Beweise aufgenommen habe, erweise sich die Rechtssache als nicht spruchreif.

Gegen den Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes wendet sich der Rekurs der Beklagten mit dem Antrag, ihn aufzuheben und dem Gericht zweiter Instanz eine neuerliche Entscheidung über die Berufung des Klägers aufzutragen.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

Die Rekurswerberin erachtet die Rechtssache bereits im Sinne einer Bestätigung des Ersturteils für spruchreif. Die am 1. Oktober 1969 begonnene Lebensversicherung sei im Hinblick auf die von ihr erklärte Kündigung außer Kraft getreten. Die Wiederherstellung (Reaktivierung) der Versicherung habe sie aber von einer kurzen Gesundheitserklärung des Versicherten A* B* abhängig gemacht. Sollte dieser daher, wie nunmehr vom Kläger behauptet, eine solche nicht abgegeben haben, so fehle es an übereinstimmenden Willenserklärungen. Die Wiederherstellung des Versicherungsvertrages sei daher in diesem Falle gar nicht erfolgt. Darüber hinaus würde auch die nach § 159 Abs. 2 VersVG erforderliche Einwilligung des Versicherten fehlen. Auch unter diesem Gesichtspunkt sei ein gültiger Versicherungsvertrag nicht zustandegekommen.

Die Ausführungen der Rekurswerberin vermögen im Ergebnis nicht zu überzeugen, Richtig ist allerdings, daß die Rekurswerberin die Wiederherstellung des Versicherungsvertrages von der Nachzahlung des gesamten Prämienrückstandes und der Ausfüllung eines Gesundheitsfragebogens (siehe Beilage ./8) durch den Versicherten abhängig gemacht und ein diesbezügliches Formular ihrem Schreiben vom 24. Februar 1972 (Beilage ./D) angeschlossen hat. Während sich der Kläger mit der Nachzahlung des gesamten Prämienrückstandes nicht einverstanden erklärte und daher mit Schreiben vom 25. Februar 1972 (Beilage ./10) um Verlegung des Beginnes der Versicherung ersuchte, nahm er zur geforderten Gesundheitserklärung des Versicherten A* B* nicht Stellung (siehe Beilage ./10). Sollte daher diesem Schreiben nicht der geforderte Gesundheitsfragebogen des A* B* angeschlossen gewesen sein, so konnte der Kläger das Antwortschreiben vom 13. März 1972 (Beilage ./E), in dem die Abgabe einer Gesundheitserklärung nicht mehr erwähnt wird, nur dahin auffassen, daß die Rekurswerberin auch von ihrer diesbezüglichen Forderung abgegangen sei. Auch den Beisatz im Polizzennachtrag „wird auf Grund der Gesundheitsüberprüfung des Versicherten ... wieder in Wirksamkeit gesetzt“ konnte der Kläger nur so verstehen, daß die Rekurswerberin bereits den Gesundheitszustand des A* B* überprüft hat und daher die Ausfüllung eines Gesundheitsfragebogens nicht mehr fordert. Anders verhält es sich allerdings, wenn der Kläger bereits seinem Schreiben vom 25. Februar 1972 (Beilage ./10) den Gesundheitsfragebogen (der das gleiche Datum trägt) angeschlossen haben sollte. Denn dadurch hätte er bereits die von der Rekurswerberin in ihrem Schreiben (Beilage ./D) gestellte Bedingung erfüllt gehabt. Die Wiederherstellung der Versicherung erfolgte daher auch dann mit der unbeanstandeten Annahme des Polizzennachtrages vom 14. April 1972 und der Bezahlung der festgesetzten Prämie durch den Kläger, wenn die Ausfüllung des Gesundheitsfragebogens durch den Versicherten A* B* unterblieben sein sollte. Daß dieser seine Einwilligung zum Abschluß bzw. zur Wiederherstellung der Lebensversicherung im Sinne des § 159 Abs. 2 VersVG nicht erteilt hätte, wurde von der Rekurswerberin im Verfahren erster Instanz nicht behauptet. Ihr nunmehriges Vorbringen stellt somit eine im Rechtsmittelverfahren unbeachtliche Neuerung dar.

Mit Recht bekämpft hingegen die Rekurswerberin die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, das die Anwendbarkeit der AVB auf die wiederhergestellte Versicherung für fraglich erachtete. Richtig ist allerdings, daß durch die Wiederherstellung einer Lebensversicherung, die so wie hier wegen Ablaufes der Frist des § 4 Abs. 4 AVB vom Willen des Versicherers abhängig ist, ein vollkommen neues Versicherungsverhältnis begründet wird ( Prölß-Martin VersVG 20 S. 971), auf das die AVB nur dann anzuwenden sind, wenn sie zum Vertragsinhalt gemacht wurden. Dies geschieht in der Regel durch den Hinweis auf die AVB im Vertragstext ( Bruck-Möller, Komm. z. VersVG 8 I S. 56). Es genügt allerdings auch eine stillschweigende Vereinbarung aus der sich die Absicht der Parteien ergibt, den Versicherungsvertrag unter Bedachtnahme auf die allgemeinen Versicherungsbedingungen abzuschließen. Auf einen solchen Parteiwillen wird insbesondere dann geschlossen werden können, wenn wie im gegenständlichen Falle die Wiederherstellung eines bereits außer Kraft getretenen Vertrages erfolgt, der seinerzeit von den Parteien unter Bedachtnahme auf die allgemeinen Versicherungsbedingungen abgeschlossen wurde ( Bruck Möller I S. 57). Hiezu kommt im gegenständlichen Falle noch, daß die Rekurswerberin im Polizzennachtrag (siehe Beilage ./3) auf die in den AVB vorgesehenen Fristen ausdrücklich verwies und damit zum Ausdruck brachte, daß diese auch dem wiederhergestellten Versicherungsvertrag zugrunde zu legen sind. Damit erklärte sich der Kläger durch die unbeanstandete Annahme des Polizzennachtrages und die Bezahlung der vorgeschriebenen Prämie einverstanden.

Die Rekurswerberin ist schließlich der Ansicht, sie sei auch deshalb berechtigt gewesen, vom Versicherungsvertrag zurückzutreten, weil ihr der Versicherte bei der Wiederherstellung der Versicherung ihm bekannte, für die Übernahme der Gefahr erhebliche Umstände (seinen Spitalsaufenthalt und seine Erkrankung an Leberzirrhose) arglistig verschwiegen habe. Das Klagebegehren sei daher auch dann nicht berechtigt, wenn der Versicherte A* B* den Gesundheitsfragebogen (Beilage ./8) nicht unterfertigt haben sollte.

Der Rekurswerberin ist insofern beizupflichten, als der Versicherer auch bei unterbliebener Anzeige eines Gefahrenumstandes, nach dem nicht ausdrücklich gefragt wurde, im Falle arglistiger Verschweigung (§ 18 VersVG) zum Vertragsrücktritt berechtigt ist ( Bruck-Möller I S. 339). Arglist (eine besonders qualifizierte Form des Vorsatzes) erfordert aber die positive Kenntnis des Täuschenden, daß der andere (überlistete) Teil irrt und der Irrtum einen Einfluß auf seinen Willensentschluß ausübt ( Bruck-Möller I S. 561 VersRdSch 1969/408 ff. mit Besprechung von Wahle, JBl 1959, 455, 1971/504 u.a.m.). Zur Beurteilung der Frage, ob der Kläger oder der Versicherte der Rekurswerberin Gefahrenumstände (Erkrankung des A* B* an Leberzirrhose) arglistig verschwiegen haben, reichen jedoch die vom Erstgericht getroffenen Feststellungen nicht aus, welchen nicht einmal entnommen werden kann, ob dem Versicherten bzw. dem Kläger die Erkrankung des Erstgenannten an Leberzirrhose vor Wiederherstellung der Versicherung bekannt war. Mit Recht beschränkte sich daher das Berufungsgericht auf die Prüfung der Frage, ob der Versicherte A* B* durch die (leichter zu beweisende) unrichtige Beantwortung der im Fragebogen Beilage ./8 an ihn gerichteten Fragen seine vorvertragliche Anzeigepflicht verletzte. Hiefür ist aber von entscheidender Bedeutung, ob der Gesundheitsfragebogen vom Versicherten A* B* tatsächlich unterfertigt wurde. Wenn das Berufungsgericht zur Klärung dieser Frage, weil es die Beweisregel des § 294 ZPO nicht für anwendbar erachtete, eine Verfahrensergänzung für erforderlich hält, kann dem der Oberste Gerichtshof im Hinblick auf die im Aufhebungsbeschluß vertretene richtige Rechtsansicht nicht entgegentreten, weil er sonst in unzulässiger Weise eine Tatfrage lösen würde ( Fasching IV S. 414, SZ 38/29 und 227, RZ 1965/45 u.a.m.).

Zu Unrecht erblickt die Rekurswerberin in der vom Berufungsgericht angeordneten Verfahrensergänzung über die Echtheit der Unterschrift des Versicherten A* B* auf dem Original der Beilage ./8 einen Verstoß gegen das Neuerungsverbot. In seinem Schriftsatz ON. 6 bestritt nämlich der Kläger das Vorbringen der Rekurswerberin in ihrer Klagebeantwortung. Darin liegt aber auch eine Bestreitung des Tatsachenvorbringens, daß der Versicherte durch die Unterfertigung des Originals der Beilage ./8 seine vorvertragliche Anzeigepflicht verletzt hat. Eine ausdrückliche Anerkennung der Echtheit der Unterschrift des A* B* durch den Kläger ist hingegen, wie das Berufungsgericht zutreffend hervorhebt, nicht erfolgt.

Das Erstgericht wird daher zur Frage der von der Rekurswerberin behaupteten Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht durch den Versicherten A* B* sein Verfahren in dem vom Berufungsgericht für erforderlich erachteten Umfang zu ergänzen haben. Hiebei wird zu berücksichtigen sein, daß die Berechtigung der Rekurswerberin zum Vertragsrücktritt davon abhängt, ob dem Versicherten an der unrichtigen Beantwortung der ihm gestellten Fragen ein Verschulden trifft. Allerdings sind an die vom Versicherten bzw. Versicherungsnehmer bei Erfüllung seiner vorvertraglichen Anzeigepflicht anzuwendenden Sorgfalt ganz erhebliche Anforderungen zu stellen ( Bruck-Möller I S. 328, Prölß-Martin VersVG 20 S. 165). Besonders bei der Beantwortung von Individualtatsachen ist es daher dem Versicherten schon dann als Verschulden anzulasten, wenn er ein ihm vorgelegtes unrichtig oder unvollständig ausgefülltes Formular unterfertigt, ohne dessen Inhalt vorher auf seine Richtigkeit überprüft zu haben ( Bruck-Möller S. 531, Prölß-Martin VersVG 20S. 165 f., 7 Ob 1/76). Sollte sich allerdings im fortgesetzten Verfahren herausstellen, daß der Versicherte das Original des Gesundheitsfragebogens (Beilage ./8) nicht unterfertigt und daher die an ihn gerichteten Fragen nicht unrichtig beantwortet hat, so wird noch zu prüfen sein, ob eine arglistige Verschweigung von Gefahrenumständen (§ 18 VersVG) im Sinne der vorangehenden Ausführungen vorliegt. Auch das Vorbringen der Rekurswerberin im vorletzten Absatz der Klagebeantwortung (ON 4) wird dann einer Überprüfung zu unterziehen sein. Denn darin ist die Einwendung der vorsätzlichen Herbeiführung des Versicherungsfalles durch den Kläger im Sinne des § 170 Abs. 1 VersVG zu erblicken.

Dem Rekurs der Beklagten war somit nicht stattzugeben.

Der Kostenvorbehalt stützt sich auf § 52 ZPO.