JudikaturJustiz9Os97/82

9Os97/82 – OGH Entscheidung

Entscheidung
24. August 1982

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 24. August 1982 unter dem Vorsitz des Hofrates des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Steininger, Dr. Horak, Dr. Hörburger und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Krausam als Schriftführerin in der Strafsache gegen Reinhard Johann A wegen des Verbrechens der teils versuchten, teils vollendeten schweren Erpressung nach § 144 Abs 1, 145 Abs 1 Z 1 und Abs 2 Z 1 und Z 2 sowie 15 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Schöffengericht vom 14. Dezember 1982, GZ 26 Vr 479/81-76, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Steininger, Verlesung der Rechtsmittelschrift des Angeklagten und Anhörung der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Hauptmann, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Die Schuldberufung des Angeklagten wird zurückgewiesen. Seiner Strafberufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 14. August 1952 geborene, zuletzt beschäftigungslos gewesene Reinhard Johann A des Verbrechens der teils versuchten, teils vollendeten schweren Erpressung nach § 144 Abs 1, 145

Abs 1 Z 1 und Abs 2 Z 1 und 2 sowie § 15 StGB (Punkt I./ 1.), a), b), c) und 2.) des Urteilssatzes) sowie der Vergehen der Zuhälterei nach § 216 StGB (Punkt II./1.) und 2.) des Urteilssatzes) und der schweren Körperverletzung (in zwei Fällen) nach § 83 Abs 1, 84 Abs 1 (bzw) Abs 2 Z 3 StGB (Punkt III./1.) und 2.) des Urteilssatzes) schuldig erkannt und hiefür zu einer Freiheitsstrafe verurteilt.

Von weiteren Anklagepunkten (in Richtung der Vergehen der entgeltlichen Förderung fremder Unzucht nach § 214 StGB und der /ein weiteres Faktum betreffenden/ schweren Körperverletzung nach § 83 Abs 2, 84 Abs 1 StGB) wurde der Angeklagte hingegen gemäß § 259 Z 3 StPO (rechtskräftig) freigesprochen.

Rechtliche Beurteilung

Die allein auf den Nichtigkeitsgrund der Z 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten richtet sich nur gegen den im Ersturteil unter Punkt I./

1.) a), b) und c) bezeichneten Schuldspruch wegen des an Brigitte B begangenen Verbrechens der (in diesen Fällen vollendeten) schweren Erpressung nach § 144 Abs 1, 145 Abs 1 Z 1 und Abs 2 Z 1 und 2 StGB Danach hat der Angeklagte die Genannte in Linz I./ durch Gewalt und gefährliche Drohung zu Handlungen (die Brigitte B am Vermögen schädigten), nämlich zur Ausübung der Prostitution und Ablieferung des erzielten Schandlohnes genötigt, wobei er mit dem Vorsatz gehandelt hat, sich durch das Verhalten der Genötigten unrechtmäßig zu bereichern, und weiters die Erpressung gewerbsmäßig begangen und sie gegen Brigitte B längere Zeit hindurch fortgesetzt hat, und zwar a) im Juli 1980 durch Versetzen von Schlägen und durch die Drohung mit einer auffallenden Verunstaltung, nämlich durch die öußerung, er würde ihr eine Hasenscharte schneiden;

b) Anfang Dezember 1980 durch die Drohung mit einer erheblichen Verstümmelung, nämlich durch die öußerung, er werde ihr das Kind aus dem Bauch schneiden oder treten;

c) im Februar 1981 durch Ansetzen einer ungeladenen Waffe und Abdrücken derselben, somit durch eine Drohung mit dem Tode, weiters durch Vorhalten eines Küchenmessers und die erneute Drohung mit einer erheblichen Verstümmelung, nämlich durch die öußerung, er werde ihr das Kind herausschneiden.

In seiner Rechtsrüge wendet sich der Beschwerdeführer lediglich gegen die vom Erstgericht angenommene Qualifikation der Fortsetzung der an Brigitte B begangener Erpressung längere Zeit hindurch (§ 145 Abs 2 Z 2 StGB), die er deshalb für rechtlich verfehlt hält, weil diese Qualifikation voraussetze, daß die Wirkung der (als erpresserisches Mittel angewendeten) Drohung ununterbrochen fortdauere, wogegen im Ersturteil festgestellt werde, daß dies nicht der Fall gewesen sei, Brigitte B vielmehr zeitweise freiwillig und ohne hiezu genötigt worden zu sein, der Prostitution nachgegangen sei und ihm den Schandlohn freiwillig überlassen habe. Die Rüge ist nicht berechtigt.

Eine Erpressung ist dann nach § 145 Abs 2 Z 2 StGB strenger zu bestrafen, wenn sie 'gegen dieselbe Person längere Zeit hindurch fortgesetzt' wurde. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers läßt sich dieser Qualifikationsbestimmung nicht entnehmen, daß sie auf jene Fälle beschränkt ist, in denen der Täter auf sein Opfer längere Zeit hindurch ununterbrochen erpresserisch einwirkt. Entscheidend für die Annahme der Qualifikation ist vielmehr, daß der Täter seinem Tatplan gemäß aus einem einheitlichen erpresserischen Vorsatz heraus über einen längeren Zeitraum immer wieder erpresserisch Gewalt oder gefährliche Drohung gegen das Opfer anwendet und die hiedurch erzielte Wirkung aufrechterhält, damit er den angestrebten Erfolg (Abnötigung einer Handlung, Duldung oder Unterlassung) erreicht.

Diese Voraussetzung trifft aber nach den Urteilskonstatierungen auf den Beschwerdeführer zu, hat er doch Brigitte B wiederholt ab Juli 1980 bis März 1981 mit Gewalt und durch gefährliche Drohung zur Ablieferung des Schandlohnes genötigt und sohin die Erpressung gegen die Genannte durch einen längeren Zeitraum fortgesetzt (vgl S 513/Bd I, sowie S 493, 510 und 513/Bd I). Daß es innerhalb des erwähnten längeren Zeitraumes (kurzfristig) Phasen gegeben hat, in denen Brigitte B nach den Urteilsannahmen in der immer wieder enttäuschten Hoffnung auf eine gemeinsame Zukunft mit dem Angeklagten 'mehr oder minder freiwillig' der Prostitution nachging und ihm die aus dieser Tätigkeit erzielten Einnahmen ablieferte (S 513/Bd I), ändert daran nichts; denn der Angeklagte hat - nach den weiteren Urteilsannahmen - ab Juli 1980 bis März 1981 aus einem vorgefaßten einheitlichen erpresserischen Vorsatz heraus fortgesetzt Gewalt und gefährliche Drohung gegen sein Opfer angewendet, um dessen seinem Verlangen entgegenstehenden Willen zu beugen. Damit sind aber die Voraussetzungen der in Rede stehenden Qualifikationsnorm erfüllt. Der Qualifikationsgrund des § 145 Abs 1 Z 2 StGB, nämlich, daß der Genötigte durch die erpresserischen Mittel der Gewalt oder gefährlichen Drohung längere Zeit hindurch in einen qualvollen Zustand versetzt wurde, wird dem Angeklagten vom Erstgericht gar nicht angelastet, sodaß das bezügliche Beschwerdevorbringen ins Leere geht.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Die vom Angeklagten überdies angemeldete Schuldberufung (S 518 a/Bd I) war zurückzuweisen, weil ein solches Rechtsmittel gegen Urteile der Schöffengerichte nicht zulässig ist.

Das Erstgericht verurteilte den Angeklagten nach § 145 Abs 1 StGB unter Anwendung des § 28 StGB sowie unter Bedachtnahme gemäß § 31, 40 StGB auf das Urteil des Bezirksgerichtes Linz-Land vom 5. November 1981, AZ 4 U 477/81, zu einer Zusatz-Freiheitsstrafe von 2 1/2 (zweieinhalb) Jahren. Bei der Strafbemessung wertete es als erschwerend das Zusammentreffen eines Verbrechens mit zwei Vergehen, die mehrfachen Qualifikationen (sowohl in bezug auf die Erpressung als auch in bezug auf die schwere Körperverletzung), die Erpressung zweier Personen und fünf einschlägige Vorstrafen wegen Vermögensdelikten, als mildernd hingegen ein teilweises Geständnis und daß die Erpressung teilweise beim Versuch geblieben ist. Mit seiner (Straf-)berufung strebt der Angeklagte die Herabsetzung der Freiheitsstrafe (auf maximal 1 1/2 Jahre) an.

Der Berufung kommt keine Berechtigung zu.

Das Schöffengericht hat, was auch der Berufungswerber letztlich einräumt, die Strafzumessungsgründe richtig und vollständig festgestellt, sie aber auch - entgegen der Meinung des Berufungswerbers - zutreffend gewürdigt. Das vom Erstgericht gefundene Strafmaß entspricht dem Schuldund Unrechtsgehalt der Straftaten sowie der Täterpersönlichkeit des Angeklagten, sodaß eine Reduzierung nicht in Betracht kam.

Es mußte daher auch der Berufung ein Erfolg versagt bleiben. Die Kostenentscheidung fußt auf der bezogenen Gesetzesstelle.