JudikaturJustiz9ObA22/23k

9ObA22/23k – OGH Entscheidung

Entscheidung
27. September 2023

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen durch die Senatspräsidentin Dr. Fichtenau als Vorsitzende, die Hofräte Mag. Ziegelbauer und Dr. Hargassner sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Karl Reiff (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Werner Stepanowsky (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Personalvertretung der Marktgemeinde B*, vertreten durch Ferner Hornung Partner Rechtsanwälte GmbH in Salzburg, gegen die beklagte Partei Marktgemeinde B*, vertreten durch Dr. Gerhard Lebitsch, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Feststellung (Revisionsinteresse: 3.428,57 EUR), über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen vom 30. Jänner 2023, GZ 11 Ra 61/22b 32, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Arbeits und Sozialgericht vom 13. Oktober 2022, GZ 56 Cga 43/21x 25, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Die angefochtene Entscheidung wird dahin abgeändert, dass das Urteil unter Einschluss der bereits in Rechtskraft erwachsenen Teile insgesamt zu lauten hat:

„1. Es wird mit Wirkung zwischen der klagenden Partei und der beklagten Partei festgestellt, dass

a) der Zulagenkatalog für Salzburger Gemeindebedienstete 2007 für sämtliche DienstnehmerInnen der beklagten Partei, die in einem dem Salzburger Gemeinde Vertragsbedienstetengesetz 2001 unterliegenden Dienstverhältnis in einem Dienstverhältnis zur beklagten Partei stehen, Geltung hat;

b) ein Anspruch der im Seniorenwohnheim der beklagten Partei beschäftigten DienstnehmerInnen auf Nachvergütung dieser Stunden (= die von den betroffenen DienstnehmerInnen im Seniorenwohnheim der beklagten Partei in den Nachtdiensten geleisteten Schichtdienste entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen sind mit einem zusätzlichen Zeitguthaben von 2 Stunden pro geleistetem Dienst zu vergüten) seit 28. August 2018 besteht;

c) Zeitgutstunden nach dem Bundesgesetz, mit dem das Nachtschicht Schwerarbeitsgesetz, das Bundesgesetz betreffend die Vereinheitlichung des Urlaubsrechts und die Einführung einer Pflegefreistellung, das Arbeitszeitgesetz und das Arbeitsverfassungsgesetz geändert und Maßnahmen zum Ausgleich gesundheitlicher Belastungen für das Krankenpflegepersonal getroffen werden (Schutzmaßnahmen für das Krankenpflegepersonal) sind nicht als tatsächlich zu verrichtende Arbeitsstunden zeitlich im Zeiterfassungssystem zu hinterlegen.

2. Das darüber hinausgehende Klagebegehren festzustellen,

a) dass sämtliche DienstnehmerInnen der beklagten Partei, die in einem dem Salzburger Gemeinde-Vertragsbedienstetengesetz 2001 unterliegenden Dienstverhältnis in einem Dienstverhältnis zur beklagten Partei stehen, seit der Beschlussfassung, daher zumindest seit 13. September 2007, einen Anspruch auf Entlohnung nach dem Zulagenkatalog für Salzburger Gemeindebedienstete 2007 haben;

b) es bestehe ein Anspruch der im Seniorenwohnheim der beklagten Partei beschäftigten DienstnehmerInnen auf Nachvergütung dieser Stunden (= die von den betroffenen DienstnehmerInnen im Seniorenwohnheim der beklagten Partei in den Nachtdiensten geleisteten Schichtdienste entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen sind mit einem zusätzlichen Zeitguthaben von 2 Stunden pro geleistetem Dienst zu vergüten) seit 2015 bis 27. August 2018, wird abgewiesen.

3. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 15.346,40 EUR (darin enthalten 2.414,40 EUR USt und 860 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Verfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.“

Die Parteien haben die Kosten des Rechtsmittelverfahrens selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

[1] Die klagende Personalvertretung der beklagten Gemeinde ist als Organ der Arbeitnehmerschaft im Sinn des § 53 Abs 1 ASGG zur Erhebung einer Klage gemäß § 54 Abs 1 ASGG in Angelegenheiten, die Vertragsbedienstete betreffen, legitimiert (RS0086236).

[2] Die Klägerin erhob mit ihrer Klage ursprünglich sieben Feststellungsbegehren. Gegenstand des Rechtsmittelverfahrens ist – nach rechtskräftiger Teilabweisung dieses Feststellungsbegehrens durch das Erstgericht für den Zeitraum 13. 9. 2007 bis 31. 12. 2016 – nur mehr das in der letzten mündlichen Streitverhandlung präzisierte Begehren festzustellen, „dass der Zulagenkatalog für Salzburger Gemeindebedienstete 2007 für sämtliche DienstnehmerInnen der beklagten Partei, die in einem dem Salzburger Gemeinde-vertragsbedienstetengesetz 2001 (Salzburger Gemeinde-Vertragsbedienstetengesetz) unterliegenden Dienstverhältnis in einem Dienstverhältnis zur beklagten Partei stehen, Geltung hat und sämtliche dieser DienstnehmerInnen der beklagten Partei seit dem 1. Jänner 2017, einen Anspruch auf Entlohnung nach dem Zulagenkatalog für Salzburger Gemeindebedienstete 2007 haben.“

[3] Die klagende Personalvertretung bringt dazu vor, dass die betroffenen Gemeindevertragsbediensteten (in der Folge: Vertragsbedienstete) grundsätzlich nach dem Salzburger Gemeinde Vertragsbedienstetengesetz 2001 (LGBl 2002/17, in Folge: GVBG) zu entlohnen seien. § 126 Abs 3 GVBG ermächtige und verpflichte die Gemeindevertretung, die Bemessung von bestimmten, der Höhe nach nicht von vornherein fixierten Zulagen und Nebengebühren durch „allgemeine Richtlinien“, also durch einen Zulagen und Nebengebührenkatalog der Gemeinde, zu regeln. Anwendbar sei im konkreten Fall der Zulagen und Nebengebührenkatalog 2007 (Rahmenkatalog) für Salzburger Gemeindebedienstete (in Folge: Zulagenkatalog 2007). Dieser sei mit Beschluss des Gemeinderates der Beklagten vom 13. 9. 2007 in vollem Umfang und ohne Beschränkung auf eine bestimmte Gruppe von Vertragsbediensteten beschlossen worden und stehe seitdem unverändert in Geltung. Da das GVBG für Zulagen und Nebengebühren keine Bewertungsmethoden vorsehe, gebe es keine andere Möglichkeit, als deren pauschalierte Abgeltung nach dem Zulagenkatalog, um die Vertragsbediensteten ordnungsgemäß zu entlohnen. Die Beklagte entlohne jedoch jene 74 Vertragsbediensteten, die den handwerklichen Berufen angehören oder diesen zuzurechnen seien und die konkret im Bauhof beschäftigt seien nicht nach dem Zulagenkatalog 2007. Die betroffenen Vertragsbediensteten hätten einen ex lege Anspruch auf die Bezahlung von Zulagen und Nebengebühren, die nach den Pauschalen des Zulagenkatalogs 2007 zu erfolgen habe. Die Pauschalierung sei bei dauernder oder regelmäßig erbrachter Dienstleistung gemäß § 90 GVBG zulässig. Die Intention des Gesetzgebers sei eine Pauschalierung. Die Beklagte wende den Zulagenkatalog 2007 auf sämtliche ihrer Vertrags-bediensteten, die im Gemeindeamt beschäftigt seien und auch auf die jeweiligen Amtsleiter bzw Einrichtungsleiter an. Ihren handwerklich tätigen Vertragsbediensteten bezahle sie hingegen nicht die ihnen gesetzlich zustehenden Zulagen und Nebengebühren. Deren Bemessung und Bezahlung durch die Beklagte sei nicht nachvollziehbar und werde von der Beklagten nicht erklärt. Der Bauhofleiter bestimme willkürlich, was aus seiner Sicht eine zulagenwürdige Tätigkeit sei. Für Arbeiten, die mit einer höheren Gefährdung von Leben, Gesundheit oder körperlicher Sicherheit verbunden seien, gebühre eine Gefahrenzulage, für Arbeiten, die eine außerordentliche Erschwernis im Vergleich zu den üblichen Arbeitsbedingungen mit sich bringen, gebühre eine Erschwerniszulage, für Arbeiten, die mit einer außerordentlichen Verschmutzung einhergingen, gebühre eine Schmutzzulage. Solche Arbeiten würden von den betroffenen Vertragsbediensteten laufend und wiederkehrend verrichtet.

[4] Die Beklagte wandte insbesondere ein, dass der Zulagenkatalog 2007 weder beschlossen noch aufsichtsbehördlich genehmigt worden sei. Es sei daher davon ausgehen, dass „dieser nicht in Geltung ist bzw in Rechtswirksamkeit nicht erwachsen ist“. Der Zulagenkatalog 2007 sei nur eine Richtschnur für die Bemessung bestimmter Zulagen und Nebengebühren, aber keine verbindliche Norm. Lediglich bei Vorliegen der für die Gewährung einer Zulage und Nebengebühr vom Gesetz geforderten Kriterien bestehe ein Rechtsanspruch der Vertragsbediensteten auf Bezahlung von Zulagen und Nebengebühren. Die Beklagte habe die Erschwernis und Gefahrenzulage daher nur bei tatsächlichem Vorliegen der Erfordernisse vergütet, wenn aber die Zulage gewährt werden müsse, werde von den katalogmäßig vorgesehenen Pauschalierungen Gebrauch gemacht. Die beklagte Gemeinde habe den Zulagenkatalog 2007 aber nicht als Grundlage für die pauschale Gewährung von Gefahren , Schmutz und Erschwerniszulagen gesehen. Sie sei nicht verpflichtet, die Zulagen laut Katalog „pauschal“ zu gewähren.

[5] Das Erstgericht gab dem hier noch zu behandelnden Feststellungsbegehren teilweise statt. Es stellte fest, dass der Zulagenkatalog 2007 für sämtliche dem GVBG unterliegenden Vertragsbediensteten der Beklagten gilt und sämtliche Vertragsbedienstete einen Anspruch auf Entlohnung nach dem Zulagenkatalog 2007 ab 1. 1. 2017 haben. Das Mehrbegehren, dass dies auch für den Zeitraum 13. 9. 2007 bis 31. 12. 2016 so festzustellen sei, wies es rechtskräftig ab. Es stellte fest, dass die tatsächliche Berechnung der Zulagen bis April 2022 nach dem der Beklagten bekanntgegebenen Stundenausmaß durch ein Lohnverrechnungsprogramm erfolgte. Die von den Vertragsbediensteten aufgezeichneten Stunden wurden vom Leiter des Bauhofs an die Beklagte weitergeleitet. Rechtlich führte es aus, dass der Zulagenkatalog 2007 zwar nicht von der Gemeindevertretung der Beklagten beschlossen worden sei. Er gelte jedoch aufgrund des Vertrauensschutzes, weil alle Beteiligten geglaubt haben, dass er beschlossen worden sei.

[6] Das nur von der Beklagten angerufene Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil. Das Feststellungsinteresse sei zu bejahen, weil auch die Höhe der Entlohnung strittig sein könne. Die Beklagte habe nicht bestritten, dass mehr als drei Arbeitnehmer von der begehrten Feststellung betroffen seien. Das Feststellungsinteresse sei weiters auch deshalb zu bejahen, weil die Beklagte das modifizierte Klagebegehren bestritten und die Zahlung von Zulagen ab April 2022 überhaupt eingestellt habe. Wann konkret und unter welchen Voraussetzungen Zulagen zu zahlen seien, sei nicht in diesem Verfahren zu klären. Auf die Behandlung der Beweisrüge in der Berufungsbeantwortung der klagenden Personalvertretung komme es daher nicht an. Die Revision sei mangels Vorliegens der Voraussetzungen nach § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig.

[7] Gegen diese Entscheidung richtet sich die außerordentliche Revision der Beklagten mit dem erkennbaren Antrag, das noch strittige Feststellungsbegehren (zur Gänze) abzuweisen.

[8] In der ihr vom Obersten Gerichtshof freigestellten Revisionsbeantwortung beantragt die klagende Personalvertretung die Zurückweisung , hilfsweise die Abweisung der Revision.

[9] Die Revision ist zulässig und teilweise berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

[10] Die Revisionswerberin macht geltend, dass für das im Revisionsverfahren noch zu behandelnde Begehren das Feststellungsinteresse fehle. Sie habe das Klagebegehren bestritten, weil die klagende Personalvertretung eine pauschale Entlohnung nach dem Zulagenkatalog 2007 für sämtliche Vertragsbedienstete der Beklagten fordere, egal, ob diese die Voraussetzungen für eine Zulage nach dem GVBG erfüllen oder nicht. Die Anwendbarkeit des Zulagenkatalogs 2007 habe die Beklagte nie bestritten. Zulagen und Nebengebühren gebührten jedoch nur bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen. Diese seien nicht pauschal, sondern nach dem tatsächlichen Ausmaß der Erschwernis oder Gefahr bezahlt worden.

[11] 1.1 Gegenstand der besonderen Feststellungsklage gemäß § 54 Abs 1 ASGG ist eine im Sinn des § 228 ZPO auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens von Rechten oder Rechtsverhältnissen gerichtete Klage, die mindestens drei Arbeitnehmer des Betriebs oder Unternehmens betreffen. Voraussetzung des Feststellungsanspruchs ist weiters, dass der Kläger ein rechtliches Interesse an der alsbaldigen Feststellung eines näher bezeichneten Rechts oder Rechtsverhältnisses durch eine gerichtliche Entscheidung hat (RS0085572). Dabei genügt es für die Klage nach § 54 Abs 1 ASGG nicht, dass mindestens drei Arbeitnehmer betroffen sein könnten. Es muss vielmehr bei wenigstens drei Arbeitnehmern ein unmittelbarer Anlass zur Klageführung gegeben sein (RS0085568 [T3]). Dieser ist dann anzunehmen, wenn unter Zugrundelegung der Richtigkeit der vom Kläger vertretenen Rechtsansicht aus ihr unmittelbare rechtliche (nicht bloß wirtschaftliche oder ideelle) Wirkungen auf die Rechtsstellung der betreffenden Arbeitnehmer resultieren (RS0085548; 8 ObA 80/21d Rz 13). Voraussetzung ist daher eine tatsächliche Gefährdung der Rechtssphäre der betroffenen Arbeitnehmer, die schon darin gelegen sein kann, dass die beklagte Partei den Anspruch verneint (RS0085548 [T1]; RS0039007). Ob dies zutrifft, ist nach den Umständen des Falls zu prüfen (9 ObA 89/20h Pkt 1.2).

[12] 1.2 Das im Revisionsverfahren noch zu behandelnde Feststellungsbegehren umfasst zwei Teile. Mit dem ersten Teil des Begehrens strebt die klagende Personalvertretung die Feststellung an, dass der Zulagenkatalog 2007 für alle Vertragsbediensteten der Beklagten Geltung hat. Mit dem zweiten Teil ihres Begehrens strebt die klagende Personalvertretung die Feststellung an, dass sämtliche Vertragsbedienstete der beklagten Gemeinde einen Anspruch auf Entlohnung nach dem Zulagenkatalog 2007 haben.

2. Zum ersten Teil des Feststellungsantrags:

[13] 2.1 § 126 Abs 1 GVBG ordnet an, dass die Vollziehung des GVBG in den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde fällt. § 126 Abs 3 GVBG lautet: „(3) Die Gemeindevorstehung hat die Bemessung der Verwendungszulage gemäß § 70, die Pauschalierung von Nebengebühren sowie die Bemessung der Nebengebühren gemäß den §§ 95 bis 97, 99 und 100 bis 102 durch Richtlinien (Zulagen und Nebengebührenkatalog der Gemeinde) zu regeln. Die Richtlinien bedürfen der Genehmigung der Landesregierung. Sollen im Einzelfall Zulagen oder Nebengebühren von den Richtlinien abweichend oder soll eine Vergütung gemäß § 105a gewährt werden, bedarf eine derartige Maßnahme der vorherigen Genehmigung der Landesregierung.“

[14] 2.2 Die klagende Personalvertretung weist in der Revisionsbeantwortung zu Recht darauf hin, dass die beklagte Gemeinde nach den hier getroffenen Feststellungen die von § 126 Abs 3 GVBG angeordnete Vorgangsweise nicht eingehalten hat: Die Beklagte hat – entgegen ihren Ausführungen in der Revision – die Anwendbarkeit des Zulagenkatalogs 2007 im Verfahren erster Instanz bestritten (RS0039204; RS0039085). Eigene, von der Landesregierung genehmigte Richtlinien im Sinn des § 126 Abs 3 Satz 1 GVBG hat sie nicht erlassen. Es steht auch keine vorherige Genehmigung der Landesregierung für die von Richtlinien abweichende Bezahlung von Nebengebühren oder Zulagen im Einzelfall im Sinn des § 126 Abs 3 letzter Satz GVBG fest.

[15] 2.3 Das rechtliche Interesse an der Feststellung der Anwendbarkeit („Geltung“) des Zulagenkatalogs 2007 – von dessen Charakter als Verordnung auch die Beklagte in der Revision ausgeht – auf die Dienstverhältnisse der Vertragsbediensteten der Beklagten ist daher auch im vorliegenden Fall zu bejahen (siehe 9 ObA 114/06i; 9 ObA 83/89 zur Frage, welcher Kollektivvertrag auf bestimmte Arbeitsverhältnisse anwendbar ist § 54 Abs 1 ASGG; zur Frage der Weitergeltung einer Betriebsvereinbarung 8 ObA 125/00s = RS0085639 [T3]).

[16] Da die beklagte Gemeinde die Anwendbarkeit des Zulagenkatalogs 2007 auf die hier betroffenen Vertragsbediensteten in der Revision nicht mehr in Frage stellt und der Rechtsansicht der Vorinstanzen, dass dieser auf die Dienstverhältnisse der Vertragsbediensteten der beklagten Gemeinde anwendbar ist, nicht mehr entgegentritt, bleibt die Revision daher im Umfang des ersten Teils des im Revisionsverfahren noch strittigen Feststellungsbegehrens ohne Erfolg.

3. Zum zweiten Teil des Feststellungsantrags:

[17] 3.1 Die Beklagte bestreitet auch in diesem Zusammenhang das Vorliegen eines Feststellungsinteresses. Ihre Ausführungen, es fehle an einem aktuellen Anlass für ein Feststellungsbegehren, weil sie ihren Vertragsbediensteten schon „vorprozessual“ Zulagen nach dem Zulagen-katalog 2007 gewährt habe, finden jedoch keine Grundlage in den Feststellungen. Nach diesen erfolgte die Bezahlung nach dem „Stundenausmaß“ durch ein Lohnverrechnungsprogramm der Beklagten, die dieses Ergebnis nicht kontrollierte, sondern auf dessen Richtigkeit „vertraute“. Dem „Stundenausmaß“ lagen Arbeitsaufzeichnungen zugrunde, die – in für die betroffenen Vertragsbediensteten nicht nachvollziehbarer Weise – vom verantwortlichen Leiter des Bauhofs „beurteilt“ und anschließend weitergeleitet wurden, ohne, dass dem Leiter des Bauhofs der Zulagenkatalog 2007 bekannt gewesen wäre. Nach dem April 2022 stellte die beklagte Gemeinde die Bezahlung von Gefahren , Erschwernis und Schmutzzulagen „wegen eines noch nicht abgeschlossenen Bewertungsvorgangs durch eine Prüf und Inspektionsstelle“ überhaupt ein.

[18] 3.2 Zu Recht macht die Beklagte jedoch geltend, dass nicht sämtlichen Vertragsbediensteten der beklagten Gemeinde die Zahlung von Zulagen nach dem Zulagenkatalog 2007 zustehe, weil dafür die gesetzliche Grundlage fehle.

[19] 3.3 Dienstrechtsgesetze für öffentlich Bedienstete sind dadurch gekennzeichnet, dass sie für die Dienstverhältnisse zu bestimmten Körperschaften den wesentlichen Inhalt des Dienstvertrags zwingend, also weder durch Kollektivvertrag noch Betriebsvereinbarung noch Einzelvertrag abdingbar, festlegen (RS0050823 [T1]). Die gesetzlichen Rechte und Pflichten von Vertragsbediensteten können daher nur unter den im Gesetz vorgesehenen Rahmenbedingungen geändert werden (RS0029331 [T3]). Die Entlohnung von Vertragsbediensteten hat grundsätzlich nach den jeweils geltenden einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen, also nach den jeweils geltenden zwingenden Einstufungs- und Entlohnungsvorschriften zu erfolgen (9 ObA 112/22v Rz 25 mwH).

[20] 3.4 Die gesetzlichen Bezüge der Salzburger Gemeindevertragsbediensteten sind im 9. Abschnitt des GVBG geregelt. Regelungen über das Monatsentgelt und die Zulagen enthalten die §§ 61 bis 74 GVBG (1. Unterabschnitt des 9. Abschnitts). Regelungen über Nebengebühren enthält der 10. Abschnitt des GVBG (§§ 90 bis 106 GVBG). Beispielsweise gebührt die von der klagenden Personalvertretung genannte Erschwerniszulage für Dienste, die unter besonderen körperlichen Anstrengungen oder sonstigen besonders erschwerten Umständen verrichtet werden müssen (§ 99 Abs 1 GVBG). Ihre Bemessung regelt § 99 Abs 2 GVBG. Die Gefahrenzulage gebührt für Dienste, die mit besonderen Gefahren für Gesundheit und Leben verbunden sind, bei ihrer Bemessung ist auf die Art und das Ausmaß der Gefahr angemessen Rücksicht zu nehmen (§ 100 Abs 1 GVBG). Diese Ansprüche gründen daher unmittelbar im Gesetz (9 ObA 260/90; RS0059770).

[21] 3.5 Von der Frage der Anspruchsvoraussetzungen und der Bemessung für diese Nebengebühren ist die Frage der Pauschalierung zu unterscheiden: Die Gefahren und Erschwerniszulage können pauschaliert werden, wenn die Voraussetzungen des § 90 Abs 2 GVBG erfüllt sind. Nach dieser Regelung kann eine Pauschalierung nur dann erfolgen, wenn die Dienstleistungen, die einen Anspruch auf eine solche Nebengebühr begründen, dauernd oder so regelmäßig erbracht werden, dass die Ermittlung monatlicher Durchschnittswerte möglich ist (§ 90 Abs 2 GVBG). § 90 Abs 3 GVBG regelt die Rahmenbedingungen für die Festsetzung der Höhe einer solchen Pauschale.

[22] 3.6 Der Zulagenkatalog 2007 weist nach seinem unstrittigen Inhalt selbst darauf hin, dass Nebengebühren entweder Einzelvergütungen oder pauschalierte Vergütungen für bestimmte Dienstleistungen sind (Beil ./D, S 7). Für die Abgeltung etwa der im Verfahren behandelten Erschwernis und Gefahrenzulagen im Sinn der §§ 99, 100 GVBG sieht der Zulagenkatalog 2007 „Gruppenpauschalien“ vor. Diese Nebengebühren werden nach Intensität und zeitlichem Umfang der Beanspruchung auf dem besonderen Platz in drei Stufen (I bis III) bemessen. Entsprechend der anzuwendenden Stufe gebührt dafür ein bestimmter Prozentsatz der Dienstklasse/Gehaltsstufe V/2. Die Gefahren und Erschwerniszulagen können überdies unterschiedlich bezogen auf die im Zulagenkatalog 2007 angeführten Tätigkeitsbereiche (zB Wasserversorgung, Müllbeseitigung etc) bemessen werden. Eine Kombination der beiden Zulagen ist nicht zwingend (Gefahren und Erschwerniszulage nach Stufe I schließen sich wechselseitig aus; vgl zu all dem Beil ./D, S 17).

[23] 3.7 Nicht der Zulagenkatalog 2007, sondern die entsprechenden Bestimmungen des GVBG bilden daher die Rechtsgrundlage für den jeweiligen Anspruch. Der Zulagenkatalog führt in diesem Zusammenhang aus: „Ausdrücklich wird darauf hingewiesen, dass bei Vorliegen der für die Gewährung einer Zulage oder Nebengebühr vom Gesetz geforderten Kriterien seitens der Bediensteten ein Rechtsanspruch darauf besteht.“ (Beil ./D, S 6).

[24] 3.8 Der zweite Teil des Feststellungsbegehrens ist daher zu weit gefasst: Erst bei Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen kann ein Anspruch auf eine Entlohnung nach dem Zulagenkatalog 2007 entstehen. Dafür ist nicht nur Voraussetzung, dass der gesetzliche Tatbestand der jeweiligen Nebengebühr oder Zulage erfüllt ist, sondern auch, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die pauschalierte Abgeltung eines solchen Anspruchs erfüllt sind. Aus dem Vorbringen der klagenden Personalvertretung lässt sich aber schon deshalb nicht entnehmen, dass sämtliche Vertragsbediensteten der Beklagten diese Anspruchsvoraussetzungen erfüllen, weil sie die Gruppe der vom im Revisionsverfahren noch zu behandelnden Feststellungsbegehren betroffenen Vertrags-bediensteten auf jene 74 Personen einschränkt, die den handwerklichen Berufen angehören (etwa die Beschäftigten im Bauhof). Die klagende Personalvertretung geht selbst in der Revisionsbeantwortung zutreffend davon aus, dass sich aus dem Gesetz gerade nicht ergibt, dass sämtliche Vertragsbediensteten der Beklagten, unabhängig davon, ob sie die gesetzlichen Anforderungen erfüllen oder nicht, einen Anspruch auf Zulagen oder Nebengebühren nach den Bestimmungen des GVBG hätten.

[25] 4.1 Auf die in der Berufungsbeantwortung von der klagenden Personalvertretung gerügten Feststellungen, die die Geltung des Zulagenkatalogs 2007 für die Vertrags-bediensteten der Beklagten und die Vorgangsweise der Beklagten bei der Berechnung und Bezahlung von Nebengebühren betreffen, kommt es daher nicht an, sodass darauf nicht weiter eingegangen werden muss. Dies gilt auch für die von der Klägerin in der Revisionsbeantwortung begehrte ergänzende Feststellung, dass die Beklagte den Zulagenkatalog 2007 tatsächlich nicht anwende.

[26] 4.2 Da sich die klagende Personalvertretung stets im Allgemeinen darauf bezog, dass sämtliche betroffenen Gemeindevertragsbediensteten einen Anspruch auf Bezahlung von Zulagen und Nebengebühren hätten, bleibt auch kein Raum für eine allfällige (neuerliche) Modifizierung des Klagebegehrens (RS0037440 [T11, T12]). Abgesehen davon, dass ein konkretes Vorbringen zu den jeweiligen Anspruchsvoraussetzungen nicht erstattet wurde, ist es auch nicht Aufgabe der Rechtsprechung, mögliche Fallgruppen zu variieren und jeweils rechtlich zu beurteilen (wie etwa die in der Revisionsbeantwortung genannten Bezieher einer Verwaltungsdienstzulage; vgl RS0085664 [T2]).

[27] Der Revision war daher im Sinn einer gänzlichen Abweisung dieses Begehrens Folge zu geben.

[28] Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 43 und 50 ZPO. Im Verfahren erster Instanz ist die klagende Personalvertretung unter Berücksichtigung sämtlicher erhobener Feststellungsbegehren auch bei teilweiser Abweisung des ursprünglich unter Pkt 1a) der Klage erhobenen Feststellungsbegehrens nur mit einem verhältnismäßig geringfügigen Teil ihrer Ansprüche unterlegen gewesen, dessen Geltendmachung überdies keine besonderen Kosten veranlasst hat. Im Rechtsmittelverfahren ist die klagende Personalvertretung mit dem noch verbliebenen Anspruch hingegen zur Hälfte unterlegen, sodass Kostenaufhebung eintritt.

Rechtssätze
4