JudikaturJustiz9ObA181/90

9ObA181/90 – OGH Entscheidung

Entscheidung
12. September 1990

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr.Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Gamerith und Dr.Petrag sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Heinrich Basalka und Margarethe Heidinger als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Margit B***, Angestellte, Hitzendorf, Niederberg 86, vertreten durch Dr.Georg Grießer, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei H*** D*** Gesellschaft mbH Co KG, Graz, Eggenberger Straße 16, vertreten durch Dr.Gerhard Schweiger, Rechtsanwalt in Graz, wegen 132.420,48 S sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 29.März 1990, GZ 7 Ra 3/90-12, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Graz als Arbeits- und Sozialgericht vom 2.Oktober 1989, GZ 31 Cga 211/88-9, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 6.172,20 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 1.028,70 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Da die rechtliche Beurteilung des angefochtenen Urteils zutrifft, genügt es, auf ihre Richtigkeit hinzuweisen (§ 48 ASGG). Ergänzend ist den Ausführungen der Revisionswerberin noch folgendes zu erwidern:

Der Grundsatz, daß die Entlassung unverzüglich auszusprechen ist, beruht auf dem Gedanken, daß ein Arbeitgeber, der eine Verfehlung seines Arbeitnehmers nicht sofort mit der Entlassung beantwortet, dessen Weiterbeschäftigung nicht als unzumutbar ansieht und auf die Ausübung des Entlassungsrechtes im konkreten Fall verzichtet. Andererseits kann nicht aus jeder Verzögerung - etwa im Falle einer Geschäftsreise des allein zum Ausspruch der Entlassung zuständigen Geschäftsführers - auf den Verzicht des Arbeitgebers auf die Ausübung des Entlassungsrechtes geschlossen werden (vgl Kuderna Entlassungsrecht 16 f). Wie der Oberste Gerichtshof in der vom Berufungsgericht zitierten Entscheidung 9 Ob A 44/90 ausgesprochen hat, ist es Sache des Arbeitnehmers, einen derartigen Verzicht des Arbeitgebers auf das Entlassungsrecht zumindest implicite zu behaupten. Ein derartiger Einwand wurde aber im Verfahren erster Instanz von der qualifiziert vertretenen Klägerin nicht erhoben. Die bloße Anführung der Daten der Begehung des Entlassungsgrundes und des Ausspruches der Entlassung genügen hiefür nicht. Die Entlassung der Klägerin war auch berechtigt. Die Klägerin hat an ihre ehemaligen Arbeitskollegin Daniela B***, von der sie in einem arbeitsgerichtlichen Prozeß gegen die beklagte Partei als Zeugin geführt worden war, ein Schreiben gerichtet, in dem es unter anderem heißt: "Ich lasse das ganze an mich herankommen und bleibe bei der Wahrheit. Ich möchte bloß wissen, wer die sechs Zeugen sind, die der Herr H*** hat, die hat er wahrscheinlich schon präpariert, was sie sagen müssen oder es ist alles eh nur ein Schmäh." Dieses Schreiben wurde der Klägerin anläßlich ihrer Aussage als Zeugin vom Vertreter der Daniela B*** in der Tagsatzung vom 12.Oktober 1988 vorgehalten.

Dem Berufungsgericht ist darin beizupflichten, daß die Klägerin mit diesen Behauptungen den Entlassungstatbestand der erheblichen Ehrverletzung gemäß § 27 Z 6 AngG verwirklicht hat. Im Zusammenhang mit der Erklärung, sie werde bei der Wahrheit bleiben, ist die Unterstellung, der Geschäftsführer der beklagten Partei Ing.Franz H*** habe die Zeugen wahrscheinlich präpariert, als Vorwurf der Bestimmung zur falschen Beweisaussage und nicht als Hinweis auf eine bloße Vorbereitung der Zeugen auf ihre Aussage im Sinne einer Erörterung des Beweisthemas zu werten. Im Hinblick auf das Vorbringen der Klägerin, das Schreiben enthalten keine Verleumdung und sei von Daniela B*** ohne ihre Zustimmung vorgelegt worden, bestand für das Gericht kein Anlaß, die qualifiziert vertretene Klägerin zu einem Vorbringen über die Wahrheit der von ihr erhobenen Vorwürfe anzuleiten.

Abschließend ist noch zu bemerken, daß durch das Briefgeheimnis Absender und Adressat gegen die Öffnung eines verschlossenen Briefes durch Behörden (Artikel 8 Abs 2 MRK sowie Artikel 10 StGG) oder Dritte (§ 118 Abs 1 StGB) geschützt werden; das Briefgeheimnis hindert daher nicht den Adressaten des Briefes, diesen zu öffnen und Dritten zugänglich zu machen. Entgegen der Ansicht der Revisionswerberin handelt es sich daher bei dem von der Adressatin vorgelegten Brief der Klägerin keineswegs um ein in unzulässiger Weise beschafftes Beweismittel.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

Rechtssätze
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