JudikaturJustiz9ObA116/07k

9ObA116/07k – OGH Entscheidung

Entscheidung
28. November 2007

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Rohrer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Dr. Hradil sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Reinhard Drössler und Mag. Michael Zawodsky als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Dr. Cathrin M*****, vertreten durch Mag. Klemens Mayer, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Elfriede H*****, Inhaberin des nicht eingetragenen Unternehmens „T*****", *****, vertreten durch Engelbrecht und Partner, Rechtsanwälte in Wien, wegen EUR 1.750 sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 21. Juni 2007, GZ 10 Ra 47/07s-14, womit das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 19. Februar 2007, GZ 34 Cga 282/06y-8, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 300,09 (darin EUR 50,01 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin war vom 3. 4. 2006 bis 15. 11. 2006 im Betrieb der Beklagten als Angestellte beschäftigt. Bei Begründung des Dienstverhältnisses vereinbarten die Parteien im schriftlichen Dienstvertrag unter anderem: „Das Dienstverhältnis kann vom Dienstgeber unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist zum 15. oder Monatsletzten gemäß § 20 Abs 2, 3 AngG gekündigt werden. Das Dienstverhältnis kann vom Dienstnehmer gemäß § 20 Abs 4 AngG mit dem letzten Tag eines Kalendermonats unter Einhaltung einer einmonatigen Kündigungsfrist gelöst werden."

Die Beklagte kündigte das Dienstverhältnis mit der Klägerin unter Einhaltung der 6-Wochen-Frist mit Schreiben vom 28. 9. 2006 zum 15. 11. 2006 auf.

Die Klägerin begehrte die Zahlung von EUR 1.750 aus dem Titel der Kündigungsentschädigung. Die Kündigung sei nicht schon am 15. 11., sondern erst mit 30. 11. 2006 wirksam geworden. Durch Vereinbarung von insgesamt 24 Kündigungsterminen jährlich zugunsten des Arbeitgebers bestehe ein Kündigungsungleichgewicht, welches nur dadurch korrigiert werden könne, dass der beklagten Arbeitgeberin dieselben Kündigungstermine wie der Klägerin zur Verfügung stünden, nämlich der jeweils Monatsletzte.

Die Beklagte bestritt das Klagebegehren, beantragte dessen Abweisung und brachte vor, dass die Vereinbarung eines Kündigungstermines zum jeweils 15. oder Letzten eines Kalendermonats unter Beachtung der gesetzlichen Kündigungsfrist der Regelung in § 20 Abs 2 und 3 AngG entspreche. Aufgrund einer von der beklagten Arbeitgeberin einzuhaltenden gesetzlichen Kündigungsfrist von sechs Wochen im Vergleich zur einmonatigen Kündigungsfrist der Klägerin bestehe auch ein „Kündigungsgleichgewicht", eine Benachteiligung der Klägerin sei nicht gegeben.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es vertrat die Rechtsauffassung, dass die getroffene Vereinbarung den zwingenden Bestimmungen des § 20 Abs 2 bis 4 AngG entspreche.

Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Erstgerichts. Es teilte die Rechtsauffassung des Erstgerichts (§ 500a ZPO) und schloss sich im Übrigen auch der Meinung von J. Winkler „Zur Gestaltung von Kündigungsterminen im Arbeitsverhältnis" (in ecolex 1999, 788 f) an, wonach die vorliegende Vertragskonstellation keine unzulässige Beeinträchtigung der Kündigungsmöglichkeiten der Arbeitnehmerin darstelle. Es sprach aus, dass die Revision nicht zulässig sei. Gegen diese Entscheidung richtet sich die außerordentliche Revision der Klägerin aus dem Grunde der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, dass dem Klagebegehren stattgegeben wird; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist mangels Rechtsprechung zur vorliegenden, in ihrer Bedeutung über den Einzelfall hinausgehenden Rechtsfrage zulässig; sie ist aber nicht berechtigt.

Gemäß § 20 Abs 2 AngG kann der Dienstgeber mangels einer für den Angestellten günstigeren Vereinbarung ein Dienstverhältnis iSd § 20 Abs 1 AngG (- ein solches liegt hier vor -) mit Ablauf eines jeden Kalendervierteljahres durch vorgängige Kündigung lösen. Die Kündigungsfrist beträgt sechs Wochen und erhöht sich nach dem vollendeten zweiten Dienstjahr auf zwei Monate. Nach § 20 Abs 3 AngG kann die Kündigungsfrist durch Vereinbarung nicht unter die im Abs 2 bestimmte Dauer herabgesetzt werden; jedoch kann vereinbart werden, dass die Kündigungsfrist am 15. oder am Letzten eines Kalendermonats endet. Nach § 20 Abs 4 AngG kann der Angestellte mangels einer für ihn günstigeren Vereinbarung das Dienstverhältnis mit dem letzten Tage eines Kalendermonats unter Einhaltung einer einmonatigen Kündigungsfrist lösen. Diese Kündigungsfrist kann durch Vereinbarung bis zu einem halben Jahr ausgedehnt werden; doch darf die vom Dienstgeber einzuhaltende Frist nicht kürzer sein als die mit dem Angestellten vereinbarte Kündigungsfrist. Dem Arbeitgeber stehen also - ohne besondere Vereinbarung - aufgrund des Gesetzes vier jährliche Kündigungstermine zur Verfügung. Gemäß § 20 Abs 3 AngG kann aber zu seinen Gunsten vereinbart werden, dass dessen Kündigungsfrist nicht bloß zum Quartal, sondern jeweils am 15. oder Letzten eines Monats enden kann. Es kann also zu einer vertraglichen Erweiterung der Arbeitgeber-Kündigungstermine von 4 auf bis zu 24 pro Jahr kommen (Reissner in ZellKomm § 20 AngG Rz 52). Die zwischen den Streitteilen vereinbarte Kündigungsregelung entspricht grundsätzlich dem Konzept des Gesetzgebers: Die Arbeitgeberin war an die gesetzliche 6-Wochen-Kündigungsfrist gebunden und vereinbarte in Übereinstimmung mit § 20 Abs 3 AngG anstelle der Quartalskündigungstermine den 15. und Letzten eines jeden Kalendermonats. Für die Arbeitnehmerkündigung wurde die gesetzliche Regelung des § 20 Abs 4 AngG beibehalten, nämlich eine einmonatige Kündigungsfrist zum jeweils Letzten eines Kalendermonats. Wenn daher das Gesetz selbst diese Art der Regelung ausdrücklich einräumt (Karl in Komm zum AngG § 20 Rz 107, 114) kann wohl von einer Ungültigkeit der vorliegenden Vereinbarung nicht gesprochen werden. Zu 8 ObA 174/00x = DRdA 2001/33 erachtete der Oberste Gerichtshof eine Kündigungsvereinbarung für teilnichtig, mit welcher dem Arbeitgeber unter Einhaltung der gesetzlichen 6-Wochen-Frist wie hier 24 Kündigungstermine eingeräumt wurden, während der Arbeitnehmer zwar zum Monatsletzten, aber nur unter Einhaltung einer gegenüber § 20 Abs 4 AngG auf sechs Wochen verlängerten Frist kündigen konnte. Dadurch standen bei gleichlangen Kündigungsfristen beider Vertragsteile dem Arbeitgeber doppelt soviele Kündigungstermine im Jahr zur Verfügung wie dem Angestellten, worin eine unzulässige Einschränkung der Kündigungsfreiheit des Arbeitnehmers zu ersehen ist. Die Vorinstanzen haben daher zutreffend darauf hingewiesen, dass der vorliegende Sachverhalt von dem zu 8 ObA 174/00x beurteilten so erheblich abweicht, dass eine unterschiedliche Beurteilung geboten ist.

Mangels (Teil )Nichtigkeit der beanstandeten Vereinbarung konnte daher der Revision der Klägerin kein Erfolg beschieden sein. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.