JudikaturJustiz9Ob82/22g

9Ob82/22g – OGH Entscheidung

Entscheidung
24. Januar 2023

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Fichtenau als Vorsitzende sowie die Hofrätinnen und Hofräte des Obersten Gerichtshofs Mag. Ziegelbauer, Dr. Hargassner, Mag. Korn und Mag. Schober in der Rechtssache der klagenden Partei * E*, vertreten durch Dr. Thomas Stoiberer, Rechtsanwalt in Hallein, gegen die beklagte Partei * L*, vertreten durch Ing. Mag. Peter Huber, Rechtsanwalt in Hallein, wegen gerichtlicher Aufkündigung, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 9. August 2022, GZ 22 R 136/22m 19, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

[1] 1. Die Frage, ob das im konkreten Fall erstattete Vorbringen den Kündigungsgrund – hier unleidliches Verhalten (§ 30 Abs 2 Z 3 zweiter Fall MRG) – ausreichend individualisiert, hat regelmäßig keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung und bildet daher keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO (RS0106599 [T18], s auch RS0042828). Das ist auch hier nicht der Fall, weil der Kläger bereits in der gerichtlichen Aufkündigung vom 16. 11. 2021 (AS 3, lit c) im Sinne der Rechtsprechung (RS0106599) das dafür erforderliche Tatsachensubstrat dargelegt hat.

[2] 2. Nach der Rechtsprechung ist unleidliches Verhalten auch in laufenden Versuchen des Mieters, seine Benützungsrecht auf nicht in Bestand genommene Räume oder Gegenstände auszudehnen, zu erblicken (RS0070417). Der Kündigungsgrund des unleidlichen Verhaltens erfordert kein Verschulden des Mieters; es genügt, dass sich der Mieter des nachteiligen Verhaltens bewusst war oder bewusst sein musste, wobei der Maßstab eines durchschnittlichen Mieters zugrunde zu legen ist (RS0020981; RS0067957 [T4] ua). Maßgeblich für die Beurteilung, ob ein geltend gemachter Kündigungsgrund verwirklicht wird, ist der Zeitpunkt der Zustellung der Aufkündigung (vgl RS0070378 [T3]). Auf eine nach Einbringung der Aufkündigung erfolgte Verhaltensänderung ist nur ausnahmsweise, nämlich dann Bedacht zu nehmen, wenn der Schluss zulässig ist, dass die Wiederholung der bisherigen Unzukömmlichkeiten mit hoher Wahrscheinlichkeit auszuschließen ist (RS0070340; RS0067534 [T2] uva). Auch der Frage, ob es sich bei einem bestimmten Verhalten um ein unleidliches Verhalten iSd § 30 Abs 2 Z 3 zweiter Fall MRG handelt, kommt keine grundsätzliche Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO zu, weil regelmäßig eine Abwägung im Einzelfall vorzunehmen ist (RS0042984 [T11]).

[3] Hier steht fest, dass der Beklagte im Garten Aufbauten vorgenommen hatte („Krainerwand“), wodurch dem Kläger die Zufahrt zu seinem hinter dem Bestandobjekt liegenden Waldgrundstück – damit auch für mögliche Holzarbeiten – versperrt wurde. Darauf wurde der Beklagte vom Kläger auch hingewiesen. Der Beklagte entfernte den Aufbau dennoch nicht und möchte ihn auch weiterhin nicht entfernen. Der Beklagte hat darüber hinaus vereinbarungswidrig nicht nur eine Hälfte, sonder n den gesamten Brennstoffschuppen verwendet. Wenn die Vorinstanzen hier in der Gesamtheit den Kündigungsgrund als verwirklicht ansahen, ist dies nicht weiter korrekturbedürftig.

[4] Da dieser Kündigungsgrund vertretbar bejaht wurde, muss auf die Ausführungen zum Vorliegen weiterer Kündigungsgründe nicht eingegangen werden.

[5] 3. Entscheidungsrelevante Verfahrensmängel liegen nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).

[6] 4. Die außerordentliche Revision des Beklagten ist daher mangels einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.

Rechtssätze
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