JudikaturJustiz8ObA3/06h

8ObA3/06h – OGH Entscheidung

Entscheidung
18. Dezember 2006

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Langer als Vorsitzende sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Dr. Kuras und die fachkundigen Laienrichter Mag. Dr. Thomas Keppert und Alfred Klair als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Kenan S*****, vertreten durch Dr. Stefan Rainer, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei R*****, vertreten durch Dr. Longin Josef Kempf und Dr. Josef Maier, Rechtsanwälte in Peuerbach, wegen EUR 3.113,12 sA, infolge Revision der klagenden Partei (Revisionsinteresse EUR 2.196,25 sA), gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 19. Oktober 2005, GZ 13 Ra 48/05i-43, mit dem infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht vom 26. April 2005, GZ 16 Cga 91/02s-38, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 333,12 (darin enthalten EUR 55,52 an USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die folgenden Ausführungen beschränken sich auf die Darstellung der Zurückweisungsgründe (§ 510 Abs 3 ZPO).

Der in Österreich wohnhafte Kläger war bei dem in Belgien ansässigen beklagten Transport- und Speditionsunternehmen von 19. 7. 2000 bis zu seiner Entlassung am 4. 4. 2002 als Kraftfahrer im internationalen Fernverkehr in ganz Europa vorwiegend aber in Deutschland und Italien tätig. Die Einstellung des Klägers, der Abschluss des Arbeitsvertrages, die Verrechnung und Auszahlung des dem Kläger gebührenden Entgeltes, aber auch die Arbeitsanweisungen erfolgten durch eine in Österreich ansässige Güterverkehrs GmbH. Angemeldet und lohnsteuerpflichtig war der Kläger aber in Belgien und bezog von dort auch sein Krankengeld sowie Weihnachts- und Urlaubsgeld über die belgische Urlaubskasse. Am Wochenende stellte er sein Fahrzeug in der Nähe seines Wohnortes in Österreich ab. Er hat während seines Beschäftigungsverhältnisses neun Urlaubstage konsumiert. Mit der hier vorliegenden Klage begehrt der Kläger infolge der - im Revisionsverfahren unstrittig unberechtigten - Entlassung unter anderem EUR 2.196,25 an Urlaubsersatzleistung. Er stützt dies zusammengefasst darauf, dass auf sein Arbeitsverhältnis österreichisches Arbeitsrecht zur Anwendung komme. Er habe daher auch Anspruch auf die ihm nach dem österreichischen Urlaubsgesetz zustehende Urlaubsersatzleistung. Im Zuge des Verfahrens gab der Kläger dann an, dass er von der belgischen Urlaubskasse sämtliche in diesem Verfahren aus dem Titel der Urlaubsersatzleistung geforderten Beträge erhalten habe (AS 81). Da jedoch österreichisches Recht anzuwenden sei, habe der Kläger auch Anspruch gegenüber der Beklagten auf Ausbezahlung der Urlaubsersatzleistung und werde dann die Urlaubsersatzleistung an die belgische Urlaubskasse zurückzuzahlen haben, handle es sich dabei doch um ein von der Beklagten verschiedenes Rechtssubjekt.

Die Beklagte bestritt unter anderem auch dieses Klagebegehren und wendete ein, dass die von der belgischen Urlaubskasse erhaltene Zahlung anzurechnen sei.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren auch insoweit statt. Es ging zusammengefasst davon aus, dass unter Anwendung von Art 6 EVÜ davon auszugehen sei, dass die Beklagte eine Niederlassung in Österreich habe und daher österreichisches Arbeitsrecht zur Anwendung komme. Damit habe der Kläger auch Anspruch auf die Urlaubsersatzleistung gegenüber der Beklagten. Darauf könne die von der belgischen Urlaubskasse erbrachte Urlaubsersatzleistung nicht angerechnet werden. Verschiedene Versuche des Erstgerichtes, das belgische Recht zu ermitteln, blieben - insoweit - über mehr als ein Jahr hinweg erfolglos.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten teilweise Folge und änderte das erstgerichtliche Urteil hinsichtlich des Zuspruches der Urlaubsersatzleistung ab. Auch das Berufungsgericht ging von der Anwendbarkeit österreichischen Rechtes aus, da der Kläger zur Gänze von einer Niederlassung in Österreich organisatorisch betreut worden sei. Der Kläger müsse sich aber das von der belgischen Urlaubskasse an ihn geleistete Nettourlaubsgeld, das offensichtlich durch Dienstgeberbeiträge finanziert werde, gemäß § 1423 ABGB anrechnen lassen.

Die ordentliche Revision ließ das Berufungsgericht zu, da eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes durch Auslegung des Art 6 Abs 2 EVÜ hinsichtlich einer „einstellenden Niederlassung" fehle. Die vom Kläger gegen die teilweise Klagsabweisung durch das Berufungsgericht erhobene Revision ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichtes (vgl § 508a Abs 1 ZPO) nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Der Kläger hat sich weder auf die Anwendung belgischen Rechtes berufen, noch bekämpft er die vom Berufungsgericht als erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO angesehene Rechtsansicht, dass nach Art 6 EVÜ österreichisches Recht anzuwenden wäre. Im Wesentlichen macht er nur allgemein geltend, dass es sich bei der Beklagten und bei der belgischen Urlaubskasse um zwei verschiedene Rechtssubjekte handle und dass er nach Erhalt der Urlaubsersatzleistung von der Beklagten die die von der belgischen Urlaubskasse erbrachte Leistung zurückzuzahlen haben werde. Warum dies der Fall sein solle, führt er nicht aus. In diesem Zusammenhang ist auf die eigenen Ausführungen des Klägers zu verweisen, wonach sämtliche in diesem Verfahren aus dem Titel der Urlaubsersatzleistung geforderten Beträge zwischenzeitlich an den Kläger bezahlt worden seien. Soweit der Kläger ausführt, dass § 1423 ABGB voraussetze, dass der Zahlende die Schuld „zwecks Zession" bezahlen müsse, ist er darauf zu verweisen, dass die §§ 1422, 1423 ABGB zwar demjenigen, der die Schuld eines anderen, für die er nicht haftet, bezahlt, die Möglichkeit einräumt eine Abtretung der Rechte zu begehren, diesen aber nicht dazu verpflichten. Hat der Zahlende nicht einmal schlüssig die Abtretung verlangt, so führt die Zahlung zur Tilgung und damit zum Untergang der Sicherungsrechte; es steht ihm gegen den Schuldner dann nur der Anspruch nach § 1042 ABGB zu (Reischauer in Rummel ABGB3 § 1042 Rz 5, Rz 31; Mader/W. Faber in Schwimann ABGB3 §§ 1421, 1423 Rz 14 f; Koziol in KBB § 1422 Rz 1). Konkrete Ausführungen zu allfälligen Grundlagen für Ansprüche gegen den Kläger finden sich nicht.

Soweit der Kläger geltend macht, dass die Beklagte von der belgischen Urlaubskasse Beträge zurückfordern könne, verstößt er gegen das Neuerungsverbot (Kodek in Rechberger ZPO2 § 504 Rz 3). Dies gilt ferner für die Argumente des Klägers im Zusammenhang mit einer Weiterversicherung gemäß § 11 Abs 2 zweiter Satz ASVG, da der Kläger im gesamten Verfahren kein Vorbringen dazu erstattet hat, dass der Kläger von der österreichischen Sozialversicherungspflicht erfasst gewesen wäre; ebensowenig dazu, dass in Frage zu stellen wäre, ob die belgische Urlaubskasse „Rechtshandlungen im Sinne des § 1413 ABGB" setzen könne. Diese nicht näher konkretisierten Ausführungen vermögen jedenfalls keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO darzustellen.

Daher war die Revision des Klägers als unzulässig zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 2 ASGG iVm §§ 50 und 41 ZPO.