JudikaturJustiz8ObA221/99d

8ObA221/99d – OGH Entscheidung

Entscheidung
12. August 1999

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer und Dr. Spenling sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Raimund Kabelka und Herbert Böhm als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Renate S*****, Pflegehelferin, *****, vertreten durch Dr. Georg Schwab, Rechtsanwalt in Wels, gegen die beklagte Partei Krankenhaus *****Betriebsgesellschaft mbH, vertreten durch Dr. Alfred Haslinger ua, Rechtsanwälte in Linz, wegen S 4.907,71 sA, über die Revision der

klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 29. April 1999, GZ 11 Ra 80/99k-10, womit über Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Wels als Arbeits- und Sozialgericht vom 3. Februar 1999, GZ 19 Cga 183/98d-6, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 2.031,36 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 338,56 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

§ 16 des hier anzuwendenden Kollektivvertrages der Oberösterreichischen Ordensspitäler mit Öffentlichkeitsrecht enthält folgende Regelungen:

"Das Urlaubsgeld ist am 31. Mai und das Weihnachtsgeld am 30. November des laufenden Jahres zur Auszahlung zu bringen.

Beginnt oder endet ein Dienstverhältnis während eines Kalenderjahres, gebühren die Sonderzahlungen aliquot. Bei unberechtigtem Austritt oder Entlassung besteht kein Anspruch auf Sonderzahlungen."

Das seit 17. Oktober 1994 bestehende Dienstverhältnis der Klägerin zur Beklagten wurde von den Streitteilen zum 30. September 1998 - also nach Erhalt des Urlaubszuschusses - einvernehmlich aufgelöst. Die Beklagte hat darauf den (dem verbleibenden Teil des Kalenderjahres entsprechenden) aliquoten Teil des Urlaubszuschusses von S 4.907,71 rückverrechnet.

Das Berufungsgericht vertrat die Rechtsauffassung, daß die Regelung des Kollektivvertrages, wonach der Sonderzahlungsanspruch in "Rumpfjahren" (Beginn oder Beendigung des Dienstverhältnisses während des Kalenderjahres) nur anteilig entstehe, zulässig sei. Nach der Entscheidung 9 ObA 34/94 müsse dem Arbeitnehmer klar sein, daß ihm die im Lauf des Jahres zum Fälligkeitszeitpunkt ausgezahlte Sonderzahlung unter der entsprechenden Zweckwidmung nur zustehe, wenn das Arbeitsverhältnis das ganze Jahr andauere, daß jedoch bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor Jahresende im Sinne einer Aliquotierung ein Teil des ausgezahlten Betrages gegen später fällig werdende Ansprüche aufgerechnet werde. Ein gutgläubiger Verbrauch der bei Fälligkeit ausgezahlten Beträge komme unter diesen Umständen nicht in Frage.

Rechtliche Beurteilung

Diese Rechtsauffassung ist zutreffend, sodaß es insofern ausreicht, auf die Richtigkeit der Begründung der angefochtenen Entscheidung zu verweisen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Ergänzend ist auszuführen:

Das Berufungsgericht stützt sich zu Recht auf die von ihm zitierte Entscheidung 9 ObA 34/94 (= RdW 1995, 70), die ebenfalls einen Fall betrifft, in dem der anzuwendende Kollektivvertrag keine Rückverrechnungsregeln enthält. Die vom Berufungsgericht zitierte spätere Entscheidung 9 ObA 328/98w (irrtümlich zitiert als 9 ObA 348/98w) steht dazu nicht in Widerspruch, weil sie einen Fall betrifft, in dem der Kollektivvertrag (nur) für bestimmte Beendigungsarten eine Rückverrechnung des auf die nicht zurückgelegte Dienstzeit entfallenden Teils normiert; daraus ergibt sich nämlich zwingend die Absicht der Kollektivvertragsparteien, im Falle einer nicht in der Rückverrechnungsanordnung genannten Beendigungsart dem Dienstnehmer die volle Sonderzahlung zu belassen (so schon RdW 1995, 66). Dieses Argument kommt aber im Falle des Fehlens jeglicher Rückverrechnungsregel nicht zum Tragen. In einem solchen Fall fehlt jeglicher Anhaltspunkt, aus dem im Falle der Beendigung des Dienstverhältnisses vor Ende des Kalenderjahres ein Anspruch des Dienstnehmers auf die gesamte Sonderzahlung abgeleitet werden könnte.

Daß auf den Fall der anteiligen Rückzahlung des im Laufe des Jahres für das gesamte Jahr ausgezahlten Sonderzahlung die Grundsätze des Judikates 33 - keine Rückforderung bei gutgläubigem Verbrauch durch den Zahlungsempfänger - nicht anwendbar sind, wurde bereits in der Entscheidung ZAS 1982/2 (= DRdA 1982/6) ausgesprochen. Diese Entscheidung betraf allerdings einen Fall, in dem eine im Kollektivvertrag ausdrücklich normierte Rückzahlungspflicht des Arbeitnehmers zum Tragen kam. Danach gehe es in einem solchen Fall nicht um die Rückforderung irrtümlich ausgezahlter Dienstbezüge, sondern um die Erfüllung einer im Kollektivvertrag normierten - bedingten - Erstattungspflicht des Arbeitnehmers (zustimmend: Rummel in Rummel, ABGB**2 Rz 12 zu § 1437; gleicher Ansicht: Tomandl, Arbeitsrecht I4 274; aM Wachter, DRdA 1982/6; differenziert:

Runggaldier, ZAS 1982, 24). Nichts anderes kann aber gelten, wenn der Kollektivvertrag - wie hier - keine ausdrückliche Rückzahlungsregelung enthält, weil auch dann von einer "irrtümlichen" Entgeltzahlung nicht die Rede sein kann und aus der unmißverständlichen Anordnung des Kollektivvertrages, daß die Sonderzahlung in "Rumpfjahren" nur aliquot gebührt, für den Arbeitnehmer klar sein muß, daß ihm - wie in 9 ObA 34/94 ausgesprochen - der während des Jahres bei Fälligkeit für das gesamte Jahr gezahlte Betrag im vollen Umfang unter der entsprechenden Zweckwidmung nur zusteht, wenn das Arbeitsverhältnis tatsächlich das ganze Jahr dauert und daß bei vorzeitiger Beendigung des Dienstverhältnisses eine Rückverrechnung stattfinden wird.

Der Entscheidung 9 ObA 295/98t ist nichts Gegenteiliges zu entnehmen. Sie betrifft den Fall einer infolge Unkenntnis der Rechtsprechung und damit irrtümlich ausgezahlten Sonderzahlung und ist daher mit dem hier zu beurteilenden Fall nicht vergleichbar; sie nimmt im übrigen ausdrücklich auf die Entscheidung 9 ObA 34/94 Bezug.

Auf die übrigen Ausführungen des Berufungsgerichtes, mit denen die Möglichkeit der Klägerin, sich auf gutgläubigen Verbrauch zu berufen, verneint wird, braucht daher nicht mehr eingegangen zu werden.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.