JudikaturJustiz8ObA124/20y

8ObA124/20y – OGH Entscheidung

Entscheidung
23. Februar 2021

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Tarmann Prentner und den Hofrat Dr. Stefula als weitere Richter und die fachkundigen Laienrichter Johannes Püller (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Mag. Thomas Kallab (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei W***** R*****, vertreten durch Reif Wuritsch, Rechtsanwälte in Judenburg, gegen die beklagte Partei R***** eGen, *****, vertreten durch Mag. Doris Braun, Rechtsanwältin in Graz, wegen 1.128,89 EUR sA und Feststellung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 23. November 2020, GZ 7 Ra 33/20g 28, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO

zurückgewiesen.

Text

Begründung:

[1] Der Kläger war bei der beklagten Bank bzw deren Rechtsvorgängerin vom 1. 6. 1969 bis 31. 5. 2014 beschäftigt. Seit 1989 verfügte er über Prokura. Das Dienstverhältnis endete aufgrund Pensionsantritt zum 1. 6. 2014. Der Kläger hatte auf kollektivvertraglicher Basis eine direkte leistungsorientierte Pensionszusage der Beklagten. 1997 vereinbarte er – so wie alle anderen Mitarbeiter – mit der Beklagten (unter anderem) die Übertragung der kollektivvertraglichen Anwartschaft auf eine Pensionskasse; die direkte Leistungszusage im Sinn des Kollektivvertrags wurde einvernehmlich außer Kraft gesetzt.

[2] Der Kläger begehrt mit seiner am 30. 4. 2019 eingebrachten, am 5. 2. 2020 ausgedehnten und eingeschränkten Klage, gestützt auf Schadenersatz mangels hinreichender Aufklärung über die Vor- und Nachteile des Umstiegs in eine beitragsorientierte Pensionskassenleistung sowie auf Irrtumsrecht, 1.128,89 EUR sA und die Feststellung der Haftung der Beklagen für die Differenz der sich aus dem Kollektivvertrag ergebenden Betriebspension und jener Pension, die er von der Pensionskasse ausbezahlt erhält. Hilfsweise begehrt er die Feststellung, dass die 1997 abgeschlossene Vereinbarung rechtsunwirksam und der davor abgeschlossene, auf dem Kollektivvertrag basierende Pensionsvertrag aufrecht ist und die Beklagte dem Kläger die sich aus diesem Pensionsvertrag ergebende Bankpension schuldet. Der Kläger sei „vor kurzem daraufgekommen“, dass er gegenüber der kollektivvertraglichen Pensionszusage mit der jetzigen Pension einen jährlichen Nachteil von ca 600 EUR habe.

[3] Die Beklagte wandte unter anderem Verjährung ein.

[4] Das Verfahren ergab, dass dem Kläger bereits knapp zwei Monate nach Pensionsantritt klar war, durch die „Auslagerung“ an die Pensionskasse schlechter gestellt zu sein, weil sein Pensionsbezug im „alten System“ mit den „Kollektivvertragsevaluierungen“ steigen würde und nicht vom Veranlagungsergebnis abhängig wäre. Der Kläger sprach damals gegenüber der Pensionskasse bereits von einer Klage gegen die Beklagte auf Rückabwicklung, um von derselben wieder seine „alte Pensionszusage“ zu bekommen. Er erhielt in den Jahren 2016 bis 2018 monatlich stets weniger, als die ursprünglich direkte Pensionszusage ergeben hätte. Die Differenz gegenüber der kollektivvertraglichen Zusage aufgrund des Veranlagungsergebnisses betrug in diesem Zeitraum gesamt 1.128,89 EUR (Klagsbetrag).

[5] Die Vorinstanzen wiesen übereinstimmend die Klage wegen Verjährung ab.

Rechtliche Beurteilung

[6] In der außerordentlichen Revision zeigt der Kläger keine Rechtsfrage erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO auf.

[7] Für den gegenständlichen Schadenersatzanspruch ist die dreijährige Verjährungsfrist des § 1489 ABGB einschlägig. Diese Bestimmung stellt auf den Eintritt des Schadens sowie darauf ab, zu welcher Zeit er und die Person des Schädigers dem Geschädigten bekannt wurden (9 ObA 152/08f). Dass der Kläger bereits knapp zwei Monate nach Antritt seiner Pension die wirtschaftlichen Nachteile des neuen Systems gegenüber dem alten erkannte und von einer Klage gegen die Beklagte auf Rückabwicklung sprach, bedeutet nichts anderes, als dass er sich bereits damals von der Beklagten getäuscht erachtete, somit den – vermeintlichen – Aufklärungsmangel erkannte und damit – was für den Beginn des Laufs der Verjährung ausreicht ( Dehn in KBB 6 § 1489 Rz 2 ff mwN) – Kenntnis von Schaden und Schädiger hatte. Der Kläger erhielt nach den Feststellungen sodann zudem auch Monat für Monat weniger als unter Zugrundelegung des „alten Systems“. Dass ihm klar war, wie sich die Leistung errechnete, gab der Kläger bereits 2014 gegenüber der Pensionskasse an.

[8] Der Senat hat in 8 ObA 34/13b bereits entschieden, dass einem Arbeitnehmer, dessen Wissensstand sich auf den Eintritt von Pensionskürzungen aufgrund unrichtiger Informationen des Arbeitgebers und damit auf den Kausalzusammenhang und die Verschuldenskomponente bezieht, die für eine erfolgreiche Anspruchsverfolgung erforderlichen Informationen zur Verfügung stehen bzw er sie jedenfalls in Erfahrung bringen muss. Darauf, dass bei konkretem Erkennen und Zurückführbarkeit der Nachteile auf Aufklärungsmängel für Arbeitnehmer „Eile“ geboten ist, wurde in einer Glosse zu 8 ObA 34/13b zutreffend hingewiesen ( Schrank , Leitentscheidungen der Höchstgerichte zum Arbeitsrecht und Sozialversicherungsrecht, 49.3.4.Nr.8). Anders als im Fall 9 ObA 140/12x war dem Kläger eine erfolgversprechende Anspruchsverfolgung bereits zu einem Zeitpunkt möglich und zumutbar, der mehr als drei Jahre vor der Klagseinbringung lag. Dass das Berufungsgericht – in Übereinstimmung mit dem Erstgericht – den Schadenersatzanspruch als jedenfalls verjährt beurteilt, hält sich im Rahmen der höchstgerichtlichen Rechtsprechung.

[9] Dass auch das Recht auf Anfechtung eines Vertrags wegen Irrtums drei Jahre nach dessen Abschluss verjährt (RS0034419; Dehn in KBB 6 § 1487 ABGB Rz 3), wird in der außerordentlichen Revision nicht in Abrede gestellt.

[10] Mangels einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO ist die außerordentliche Revision des Klägers zurückzuweisen. Einer weiteren Begründung bedarf diese Zurückweisung nicht (§ 510 Abs 3 Satz 3 ZPO).