JudikaturJustiz8Ob156/03d

8Ob156/03d – OGH Entscheidung

Entscheidung
16. Juli 2004

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rohrer, Dr. Spenling und Dr. Kuras sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Lovrek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei E*****, vertreten durch Schulyok Partner Rechtsanwälte OEG in Wien, wider die beklagte Partei Dr. Karl Engelhart, Rechtsanwalt, 1030 Wien, Esteplatz 4, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen des DI Hans Z***** (70 S 2/02t des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien), wegen Feststellung (Streitwert EUR 1,720.431,42), infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei (ON 241 und ON 242) gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 30. Jänner 2003, GZ 14 R 112/01w 240, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Der Antrag der klagenden Partei auf Zuspruch der Kosten der Revisionsbeantwortung wird abgewiesen (§ 508a Abs 2 ZPO).

Text

Begründung:

Nach den ausdrücklich vom Berufungsgericht übernommenen und für den Obersten Gerichtshof bindenden Feststellungen musste jenes Unternehmen, dessen Geschäftsführer und Gesellschafter der Gemeinschuldner war, im Herbst 1991 den Ausgleich anmelden und es wurde ein Ausgleichsverwalter bestellt. Im Zuge dieses Ausgleichs wurde der Finanzbedarf der Ausgleichsschuldnerin mit S 100 bis 120 Mio angesetzt. Dazu wurden mit der klagenden Bank Gespräche geführt und diese bzw deren Tochtergesellschaften erklärten sich letztlich bereit, eine Betriebsmittelkreditlinie als Factoring in Höhe von S 80 Mio einzuräumen. Zusätzlich wurde zwischen der klagenden Bank und dem nunmehrigen Gemeinschuldner vereinbart, dass die klagende Bank einen weiteren Betrag von S 15 Mio dem Beklagten zur Abdeckung von dessen Verbindlichkeiten bei der Ausgleichsschuldnerin und zur Eigenkapitalerhöhung der Ausgleichsschuldnerin zur Verfügung stellt. Weiters sollte die klagende Partei auch noch dem Insolvenzentgeltsicherungsfonds eine Bankgarantie in Höhe von S 10 Mio einräumen und der Gemeinschuldner zu deren Besicherung im Rahmen eines ihm dafür eingeräumten Kredites im Ausmaß von S 7 Mio haften. In den Gesprächen wurde auch festgehalten, dass das Kapital direkt bzw indirekt über den Gemeinschuldner der Ausgleichsschuldnerin zur Verfügung gestellt wird. Nach Annahme des Ausgleiches wurde die Darlehenssumme von S 15 Mio auf dem Konto des Unternehmens des Gemeinschuldners bereit gestellt. Die Bankgarantie wurde vom Insolvenzausfallgeldfonds in Höhe von S 9,8 Mio abgerufen. Die Kredite des Gemeinschuldners haften nach wie vor unberichtigt aus.

Das Berufungsgericht hat in seiner bestätigenden Entscheidung festgestellt, dass diese Forderungen Konkursforderungen im Konkurs über das Vermögen des Gemeinschuldners sind.

Rechtliche Beurteilung

Soweit es nun die Revision als erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO releviert, dass im Spruch des Urteiles des Berufungsgerichtes eine Einschränkung des Zinsenlaufes bis zum Zeitpunkt der Konkurseröffnung nicht ausdrücklich festgehalten wurde, zeigt sie selbst auf, dass die Parteien bereits vor Erhebung des Rechtsmittels übereinstimmend festgelegt haben, dass das Urteil dahin auszulegen ist, dass der Zinsenlauf mit Konkurseröffnung ende. Im Hinblick darauf liegt eine tatsächlich strittige Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO aber gar nicht vor (vgl im übrigen auch zur Frage der Beschwer allgemein RIS Justiz RS0002495 mwN: Kodek in Rechberger ZPO Vor § 461 Rz 9 ff mwN; OGH 5. 9. 1991, 8 Ob 21/91).

Die Revision macht weiters geltend, dass die Vorinstanzen davon ausgegangen sind, dass sich das Verfahren nach der Versäumung einer Tagsatzung durch den Beklagten im Stadium eines "unechten Veräumungsurteiles" befinde. Sie begehrt, ein weiteres umfangreiches, im Einzelnen dargestelltes Vorbringen des Beklagten zu berücksichtigen. Im Wesentlichen moniert der Beklagte dabei, dass das Erstgericht einen Antrag auf Verlegung der Tagsatzung unberechtigt abgewiesen habe, obwohl der Beklagte auf Grund massiver gesundheitlicher Probleme nicht in der Lage gewesen sei, diese Tagsatzung zu besuchen und auch das Vollmachtsverhältnis mit dem Beklagtenvertreter aufgelöst worden sei. Das Erstgericht wäre verpflichtet gewesen, den Gemeinschuldner anzuleiten, einen Verfahrenshilfeantrag zu stellen und die Verhandlung zu erstrecken.

Mit diesen Argumenten hat bereits die Berufung eine Mangelhaftigkeit des erstgerichtlichen Verfahrens geltend gemacht.

Es entspricht aber der ständigen Judikatur des Obersten Gerichtshofes, dass vom Berufungsgericht verneinte Mängel des erstgerichtlichen Verfahrens in der Revision nicht mehr geltend gemacht werden können (vgl Kodek in Rechberger ZPO 2 § 503 Rz 3 mit zahlreichen weiteren Nachweisen).

Soweit die Revision moniert, dass das Berufungsgericht ein vom Beklagten erst nach der versäumten Tagsatzung vorgelegtes Protokoll doch berücksichtigt habe, ändert dies nichts an der Beurteilung der Berechtigung der mangelnden Berücksichtigung des anderen erst danach erstatteten Vorbringens. Im Übrigen ist dieses ohnehin weitgehend durch die getroffenen Feststellungen widerlegt.

Wenn es die Revision als Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens releviert, dass sich das Berufungsgericht nicht damit auseinandergesetzt habe, dass die Urkundenvorlagen ON 135 und ON 145 im Zuge der Verfahrenswiederholung gemäß § 412 ZPO miteinbezogen worden seien und danach nicht mehr hätten zurückgewiesen werden dürfen, ist sie darauf zu verweisen, dass das Berufungsgericht ausgeführt hat, dass durch den nachträglichen Richterwechsel die Wirkungen des § 399 ZPO nicht außer Kraft treten. Damit hat sich das Berufungsgericht jedenfalls auch mit dieser Frage befasst. Welcher relevante Mangel des berufungsgerichtlichen Urteiles darin gelegen sein sollte, dass das Berufungsgericht das äußerst umfangreiche Vorbringen der Berufung in zusammengefasster Form wiedergegeben hat, zeigt die Revision des Beklagten nicht auf.

Soweit die Revision eine Aktenwidrigkeit im Zusammenhang damit geltend macht, dass das Berufungsgericht "festgestellt" habe, dass die Kreditvaluta nicht an den Beklagten, sondern an den Ausgleichsverwalter geflossen sei, ist dem schon vorweg entgegenzuhalten, dass eine dahingehende Feststellung vom Berufungsgericht gar nicht getroffen wurde. Vielmehr hat das Berufungsgericht die Feststellungen des Erstgerichtes zur Gänze übernommen und sie seiner Beurteilung zugrundegelegt (vgl S 25 des Berufungsurteiles). Im Übrigen ist den Ausführungen des Berufungsgerichts gar nicht zu entnehmen, dass die Überweisung nicht vorweg an das Unternehmen des Gemeinschuldners erfolgt ist (vgl im Übrigen die mit der Berufung erneut vorgelegten Zahlungsbelege). Die Ausführungen des Ausgleichsverwalters und späteren Sachwalters in dem von der Berufung herangezogenen Protokoll aus der Hauptverhandlung im Strafverfahren zu §§ 37E Vr 536/94, 37 Hv 143/96 zeigen, dass der Betrag auf das Konto des Unternehmens des Gemeinschuldners überwiesen wurde, und danach der Ausgleichsverwalter und spätere Sachwalter darüber dann disponieren konnte (vgl auch § 157b KO, die ausdrückliche Vereinbarung im Kreditvertrag; die mit der Berufung erneut vorgelegte Vereinbarung vom 7/8. 4. 1992). Auch die Ausführungen des Berufungsgerichtes beziehen sich nur darauf und sollen dem Argument des Beklagten entgegentreten, dass die Klägerin gar nicht ihren Verpflichtungen aus dem Kreditvertrag entsprochen habe. Entgegen den Ausführungen in der Revision stimmt das Urteil mit dem Akteninhalt auch insoweit überein, als sich auf der Urkunde Blg./D tatsächlich Bleistiftanmerkungen im dargestellten Sinn befinden.

Soweit in der Rechtsrüge der Revision ausgeführt wird, dass der Darlehensvertrag als Realvertrag erst mit der tatsächlichen Zuzählung an den Darlehensnehmer zustandekomme und die Zuzählung auf das Konto des Unternehmens des Gemeinschuldners erfolgt sei, lässt dies unbeachtet, dass ja schon nach der in die Feststellungen des erstgerichtlichen Urteiles übernommenen Vereinbarung über die Kreditzusage die Kreditvaluta nur auf ein Konto dieses Unternehmens geleistet werden konnte. Es sollte diesem Unternehmen das Kapital zur Abdeckung von Verbindlichkeiten des Gemeinschuldners bei diesem Unternehmen und zu einer Eigenkapitalerhöhung zugeführt werden. Selbst ein Darlehen kann durch Zahlung einer Schuld des Darlehensnehmens an seinen Gläubiger gewährt werden (vgl Schubert in Rummel ABGB 3 , §§ 983, 984 Rz 2 ebenso Binder in Schwimann ABGB 2 § 983 Rz 17). Wesentlich ist hier aber, dass gar nicht ein Darlehen im Sinne eines Realkontraktes gemäß § 983 ff vorliegt, sondern ein Kreditvertrag, der ein Konsensualvertrag ist (vgl Schubert aaO Vor § 983 Rz 1; Binder aaO § 983 Rz 1).

Soweit die Revision geltend macht, dass die Anmeldung der Forderung im Konkurs nicht ausreichend substantiiert und konkretisiert worden sei, ist er darauf zu verweisen, dass im Zeitpunkt der Anmeldung der Rechtsstreit bereits mehrere Jahre anhängig gewesen war und das Verfahren nur unterbrochen wurde. Der Oberste Gerichtshof hat bereits ausgesprochen, dass selbst bei fehlender Aufgliederung der einzelnen Ansprüche etwa bei einem Dienstverhältnis dieser Forderungsanmeldung nicht schadet, wenn sich der Masseverwalter über die näheren anspruchsbegründenden Tatsachen unschwer unterrichten kann, was insbesondere durch die Bezugnahme auf einen bereits anhängigen Akt erfolgen kann (RIS Justiz RS0065444 mwN, insb 8 Ob 262/00p). Dadurch, dass das gegenständliche Verfahren bereits mehrere Jahre anhängig war, unterscheidet sich der vorliegende Fall auch von der dem Beklagten herangezogenen Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 8. 6. 2000 zu 8 Ob 310/99t (= ZIK 2000/220).

Soweit in der Rechtsrüge schließlich davon ausgegangen wird, dass eine Vereinbarung getroffen wurde, wonach die Klägerin einen Betriebsmittelkreditrahmen von bis zu S 120 Mio zur Verfügung stellt, entfernt sie sich von den vom Erstgericht getroffenen und vom Berufungsgericht übernommenen Feststellungen und ist als nicht ordnungsgemäß ausgeführt einer weiteren Behandlung nicht zuzuführen (vgl Kodek in Rechberger 2 ZPO § 503 Rz 5). Gleiches gilt schließlich der Ausführungen, dass die Kreditvaluta nicht dem Unternehmen des Gemeinschuldners zugezählt worden sei.

Insgesamt vermag es die Revision jedenfalls nicht eine über die Beurteilung des Einzelfalles hinausgehende Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO darzustellen.

Es war daher mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.

Der Antrag auf Zuspruch der Kosten für die Revisionsbeantwortung war entsprechend § 508a Abs 2 Satz 2 abzuweisen.