JudikaturJustiz8Ob111/07t

8Ob111/07t – OGH Entscheidung

Entscheidung
22. November 2007

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr. Langer als Vorsitzende sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Dr. Kuras und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Lovrek und Dr. Glawischnig als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei DI Mohssen P*****, vertreten durch Dr. Franz Unterasinger, Rechtsanwalt in Graz, gegen die beklagte Partei Gemeinde B*****, vertreten durch Dr. Harald Hohenberg, Rechtsanwalt in Graz, wegen EUR 85.137,63 sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht vom 29. August 2007, GZ 2 R 114/07p-41, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen. Der Antrag der klagenden Partei auf Ersatz der Kosten der Revisionsbeantwortung wird abgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Vorliegend stellt sich die Frage, ob die hier beklagte Gemeinde dem Kläger einen Auftrag zur flächendeckenden Planung einer Abwasserentsorgungsanlage erteilt hat.

Die Rechtsmittelwerberin releviert als erhebliche Rechtsfrage, dass der nach § 43 Stmk GmO für die Beschlussfassung über die Auftragserteilung zuständige Gemeinderat einen diesbezüglichen Beschluss nie gefasst habe.

Der Oberste Gerichtshof erkennt in ständiger Rechtsprechung, dass in der Gemeindeordnung enthaltene Vorschriften über die Vertretung der Gemeinde nicht bloße Organisationsvorschriften über interne Willensbildung öffentlich-rechtlicher Körperschaften sind, sondern Einschränkungen der Vertretungsmacht des Bürgermeisters nach außen enthalten (SZ 54/111; SZ 66/98; SZ 68/13; 4 Ob 26/01d; RIS-Justiz RS0014699).

Entgegen der von der Rechtsmittelwerberin vertretenen - und noch in SZ 48/71 zum Ausdruck kommenden - Meinung, dass in derartigen Fällen ein Vertrauen auf den äußeren Tatbestand ausscheide, erkennt der Oberste Gerichtshof in nunmehr ständiger Rechtsprechung, dass ein Vertrag mit der Gemeinde auch schlüssig abgeschlossen werden kann. Auch wenn eine Vertretungshandlung des Bürgermeisters wegen eingeschränkter Vertretungsmacht der Gemeinde gemäß § 867 ABGB nicht zuzurechnen ist, ist der Vertragspartner jedenfalls in seinem Vertrauen auf den äußeren Tatbestand zu schützen, wenn das zuständige Organ (der Gemeinderat) den Anschein erweckt hat, die Handlung sei durch seine Beschlussfassung gedeckt (SZ 62/89; SZ 72/114; 1 Ob 8/02m; 4 Ob 26/01d; RIS-Justiz RS0020396; RS0014110; RS0014699 ua). Im vorliegend zu beurteilenden Fall fand am 8. 6. 2001 eine Besprechung, statt bei der neben dem Bürgermeister und den Gemeinderäten auch der Kläger und zwei Raumplaner des Landes Steiermark anwesend waren. Es wurde erörtert, dass das gesamte Gemeindegebiet sobald als möglich abwassermäßig entsorgt werden sollte. Laut Protokoll wurde am Schluss darüber abgestimmt, die Planung dem Kläger zu übergeben, sofort mit der Planung zu beginnen und danach den Beschluss zu fassen.

Am 27. 6. 2001 fand eine „formelle Gemeinderatssitzung" statt, in der auch der Kläger anwesend war. Erörtert wurde dabei, ob die Planung mit oder ohne Bürgerbeteiligung durchgeführt werden sollte und ob zunächst nur die Trassenführung für einen Bauabschnitt oder für das gesamte Gebiet erfolgen sollte, wobei das Ergebnis erzielt wurde, dass das gesamte Gebiet durchgeplant werden sollte. Letztlich fasste der Gemeinderat einstimmig den Beschluss, den „Antrag die Planung wie besprochen mit Bürgerbeteiligung ab sofort durchzuführen ...". Selbst ausgehend vom Standpunkt der Rechtsmittelwerberin, dass es sich bei der „Besprechung" vom 8. 6. 2001 nicht um eine „formelle" Gemeinderatssitzung gehandelt habe, ist die Rechtsansicht der Vorinstanzen, dass der Kläger aus der Beschlussfassung des Gemeinderates in der Sitzung vom 27. 6. 2001, wonach der „Antrag die Planung wie besprochen durchzuführen" einstimmig angenommen wurde, jedenfalls darauf schließen konnte, dass damit letztlich die Ergebnisse der „Besprechung" vom 8. 6. 2001 und die Übergabe der Planung an ihn vom Willen des Gemeinderates getragen war, jedenfalls vertretbar.

Die außerordentliche Revision ist daher zurückzuweisen. Die Entscheidung über die Kosten der Revisionsbeantwortung gründet sich auf § 508a Abs 2 Satz 2 ZPO.

Rechtssätze
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