JudikaturJustiz7Ob572/94

7Ob572/94 – OGH Entscheidung

Entscheidung
05. Oktober 1994

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Niederreiter, Dr.Redl, Dr.Tittel und Dr.I.Huber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Wilhelm S*****, vertreten durch Dr.Anton Gradischnig und andere Rechtsanwälte in Villach, gegen die beklagte Partei Christian S*****, vertreten durch Dr.Erwin Bajc und Dr.Peter Zach, Rechtsanwälte in Bruck/Mur und die Nebenintervenientin auf Seite der beklagten Partei Helga S*****, vertreten durch Dr.Franz Unterasinger, Rechtsanwalt in Graz, wegen Eigentumseinverleibung und Feststellung, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz vom 24. März 1994, GZ 3 R 181/93-58, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 21.Mai 1993, GZ 20 Cg 107/92-48, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei und der Nebenintervenientin je die mit S 21.375,-- (darin enthalten je S 3.562,50 USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Beklagte ist der am 10.7.1972 geborene eheliche Sohn des am 14.4.1913 geborenen Klägers und der am 14.1.1950 geborenen Helga S*****. Mit dem als "Übergabsvertrag" bezeichneten Notariatsakt vom 20.10.1983, GZ 777 des öffentlichen Notars Dr.***** G*****, übertrug der Kläger dem Beklagten drei seiner Liegenschaften samt den darauf jeweils errichteten Häusern, nämlich EZ 132 der KG St.M*****, EZ 83 der KG S***** und EZ 343 der KG S*****. Im selben Vertrag räumte der Beklagte dem Kläger und der Helga S***** auf deren Lebenszeit das unentgeltliche Fruchtgenußrecht und ein Belastungs- und Veräußerungsverbot zu ihren Gunsten ein. Helga S***** erklärte, auf ihr Recht aus dem bisher zu ihrem Gunsten auf den Liegenschaften eingetragenen Belastungs- und Veräußerungsverboten zu verzichten. Der Kläger erklärte, weiterhin die persönliche Haftung für die Rückzahlung des auf den Liegenschaften simultan sichergestellten Höchstbetragspfandrechtes von S 23 Mio zu übernehmen. In einem getrennt ausgefertigten Notariatsakt vom selben Tag, GZ 778 des öffentlichen Notars ***** G*****, der als "Nachtrag zum Übergabsvertrag" bezeichnet wurde, wurden folgende Vereinbarungen getroffen:

"..........2: Im Zusammenhang mit dieser Übergabe behält sich der Übergeber das Recht vor, bis längstens 31.12.1993 von diesem Übergabsvertrag in allen seinen Punkten ohne Angaben von Gründen zurückzutreten.

3: Dieses Rücktrittsrecht erlischt jedenfalls mit dem Ableben des Übergebers, sollte dieser vor dem 31.12.1993 sterben.

4: Die Ausübung dieses Rücktrittsrechts hat bei sonstiger Nichtigkeit der diesbezüglichen Erklärung in Form eines Notariatsaktes zu erfolgen.

5: Alle mit der Errichtung dieser Urkunde und der allfälligen Rücktrittserklärung verbundenen Kosten und Gebühren trägt der Übergeber.

6: Die Vertragsteile erklären, daß der eingangs zitierte Übergabsvertrag und dieser Nachtrag eine untrennbare Einheit darstellen. Aus diesem Grund wird der eingangs zitierte Übergabsvertrag rückwirkend rechtsunwirksam, sollte diesem Nachtrag die pflegschaftsbehördliche Genehmigung versagt werden."

Der "Übergabsvertrag" wurde vom Kläger, von Maria M***** (einer damaligen Angestellten des Notars Dr.***** G*****) und von Helga S*****, der "Nachtrag" lediglich vom Kläger und Maria M***** unterfertigt. Maria M*****, die sich ihrerseits von Dr.***** G***** vertreten ließ, wurde anläßlich des Verfahrens zur pflegschaftsbehördlichen Genehmigung der Verträge zum Kollisionskurator des damals minderjährigen Beklagten bestellt. Die Verträge wurden im zweiten Rechtsgang pflegschaftsgerichtlich genehmigt, nachdem eine vom Kläger und von Maria M***** unterfertigte "Ergänzung des Übergabsvertrages" vorgelegt worden war, worin "zur Ausräumung aller Unklarheiten" festgehalten wurde, daß Besitz, Genuß und Gefahr an den Übergabsobjekten erst mit dem Erlöschen des vereinbarten Fruchtgenußrechtes auf den Übernehmer übergehen und dieser erst ab dem genannten Zeitpunkt alle hierauf entfallenden Steuern und Abgaben zu entrichten habe. Entsprechend dem zur Verbücherung vorgelegten "Übergabsvertrag" wurde das Eigentumsrecht des Beklagten an den Liegenschaften sowie das Fruchtgenußrecht und das Belastungs- und Veräußerungsverbot zugunsten der Eltern des Beklagten verbüchert.

Mit pflegschaftsgerichtlich genehmigtem Vergleich vom 14.1.1988 verpflichtete sich der Beklagte gegenüber der Gläubigerin des Höchstbetragspfandrechtes, der G***** registrierte Genossenschaft mit beschränkter Haftung, zur Übereignung der Liegenschaft EZ 132 der KG St.M*****. Die Gläubigerin verpflichtete sich zur Einwilligung in die Löschung des Pfandrechtes bei den beiden noch im bücherlichen Eigentum des Beklagten verbliebenen Liegenschaften EZ 83 und EZ 343 je KG S*****.

Am 21.4.1990 erklärte der Kläger in Form eines Notariatsaktes (§ 54 Notariatsordnung), vom Übergabsvertrag vom 20.10.1983 zurückzutreten. Die Rücktrittserklärung mit der Aufforderung, diese anzunehmen und zwecks Verbücherung zu unterfertigen, wurde an den zur Entgegennahme der Rücktrittserklärung und zum Abschluß einer Rücktrittsvereinbarung für den Beklagten bestellten Kurator Rechtsanwalt Dr.Herbert F***** zugestellt, der jedoch erklärte, die Urkunde nicht zu unterfertigen.

Mit Abtretungsvertrag (ebenfalls) vom 21.4.1990 trat der Kläger alle seine Rechte und Forderungen sowie Verpflichtungen gegenüber dem Beklagten aus den Notariatsakten (Übergabsvertrag, Nachtrag und Ergänzung) an Dr.Erhard S*****, seinem Sohn aus erster Ehe, ab.

Der Kläger begehrte mit seiner am 13.6.1990 eingebrachten Klage, den Beklagten schuldig zu erkennen, in die bücherliche Einverleibung des Eigentumsrechtes zugunsten des Klägers bei den Liegenschaften EZ 83 und EZ 343 je der KG S***** einzuwilligen, wobei er sich zunächst auf sein im Nachtrag zum Übergabsvertrag vereinbartes Rücktrittsrecht berief.

Der Beklagte beantragte Klagsabweisung und wendete im wesentlichen ein: Der Kläger habe dem Beklagten und Helga S***** mehrfach versprochen, vom Widerrufsrecht nur Gebrauch zu machen, wenn der Beklagte auf die schiefe Bahn gerate oder rauschgiftsüchtig werde. Dieses Versprechen sei auch Geschäftsgrundlage bei Abschluß des Übergabsvertrages gewesen. Der Kläger habe zu Weihnachten 1990 versprochen, in diesem Verfahren ewiges Ruhen eintreten zu lassen und damit auf sein Widerrufsrecht verzichtet. Dem Kläger mangle es an der Aktivlegitimation, weil er die Ansprüche aus den Übergabsverträgen an Dr.Erhard S***** abgetreten habe. Das Klagebegehren sei unzulässig, weil der begehrten Eigentumsübertragung das zugunsten der Helga S***** eingeräumte Belastungs- und Veräußerungsverbot entgegenstehe.

Der Beklagte stellte schließlich den Zwischenantrag auf Feststellung, daß der Nachtrag zum Übergabsvertrag rechtsunwirksam sei. Diese Rechtsunwirksamkeit resultiere daraus, daß Helga S***** diesem Nachtrag nicht zugestimmt und ihn nicht mitunterfertigt habe, daß er einen unzulässigen Vertrag zu Lasten Dritter darstelle, weil er in die Rechtssphäre der Nebenintervenientin eingreife, sowie aus seiner Sittenwidrigkeit, weil er dem Rechtsgefühl aller billig und gerecht denkenden Menschen widerspreche. Außerdem habe der Kläger mehrfach auf sein Widerrufsrecht verzichtet.

Die auf Seite des Beklagten dem Rechtsstreit beigetretene Nebenintervenientin Helga S***** wendete im wesentlichen ein wie der Beklagte. Sie betonte, daß sie dem am 14.1.1988 zwischen dem Beklagten und der Hypothekargläubigerin geschlossenen Vergleich nicht zugestimmt hätte, wenn der Kläger nicht auf einen Vertragsrücktritt verzichtet hätte.

Der Kläger hielt dem entgegen, daß bei Abschluß des Übergabsvertrages allen Beteiligten klar gewesen sei, daß die Eigentumsübertragung nur unter der Voraussetzung erfolgen sollte, daß dem Kläger das jederzeitige und uneingeschränkte Widerrufsrecht eingeräumt werde. Im Fall der Unwirksamkeit des Widerrufsrechtes sei daher auch der Übergabsvertrag rechtsunwirksam. Das Klagebegehren werde daher auch darauf gestützt, daß der Übergabsvertrag rechtsunwirksam und die Eigentumsübertragung daher rückabzuwickeln sei. Im übrigen bestritt der Kläger, auf sein Widerrufsrecht verzichtet zu haben. Ein solcher Verzicht hätte zudem zu seiner Wirksamkeit der Notariatsform bedurft. Die Abtretung der Rechte aus den Übergabsverträgen an Dr.Erhard S***** sei nur für den Fall des Todes des Klägers erfolgt.

Der Beklagte sprach sich gegen die Änderungen des Klagegrundes (Rückabwicklungsanspruch) aus.

Das Erstgericht stellte in seinem Urteil fest, daß der Nachtrag zum Übergabsvertrag vom 20.10.1983 rechtsunwirksam sei (Punkt A seines Urteilsspruches) und wies das Klagebegehren ab (Punkt B seines Urteilsspruches). Mit den in die Urteilsausfertigung aufgenommenen Beschlüssen ließ es unter anderem Helga S***** als Nebenintervenientin zu; weiters ließ es "die Klagsänderung bzw Klagserweiterung auf Unwirksamkeit des Notariatsaktes vom 20.10.1983" zu. Das Erstgericht traf, soweit für den Rechtsstreit wesentlich, zusätzlich zum eingangs dargelegten Sachverhalt noch folgende (teils wörtlich wiedergegebene) Feststellungen:

Vor Abschluß des Übergabsvertrages samt seinen Zusätzen wurde innerhalb der Familie S*****, insbesondere seitens des Klägers, festgehalten, daß der Kläger das Widerrufsrecht einzig und allein zu dem Zweck eingeräumt haben wolle, um eine Gefährdung des Vermögens zu verhindern, falls sich der Beklagte charakterlich schlecht entwickeln, auf die schiefe Bahn kommen oder rauschgiftsüchtig werden sollte. Helga S***** war nur unter diesen Bedingungen mit der Vereinbarung des Widerrufsrechtes einverstanden. Sie war bei der Errichtung des Nachtrages zum Übergabsvertrag nicht anwesend. Der Kläger erklärte auch in der Folge, von seinem Widerrufsrecht nur unter diesen genannten Voraussetzungen Gebrauch zu machen, und zwar gegenüber Helga S***** und dem Vertreter seiner Gläubigerin, der H*****bank, als diese vorschlug, er solle von seinem Widerrufsrecht Gebrauch machen. Ebenso sagte der Kläger anläßlich seiner Einvernahme als Partei im Verfahren vor dem Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz, 27 Cg 188/92 (in dem er einen Schadenersatzanspruch gegen die ehemalige Hypothekargläubigerin geltendmachte), er habe das Widerrufsrecht für den Fall ausbedungen, daß sein damals 11-jähriger Sohn auf die schiefe Sohn gerate. Der Kläger erklärte auch vor dem Aufsichtsrat, dem Vorstand und weiteren Funktionären der V*****bank und der H*****bank, nicht daran zu denken, von seinem Widerrufsrecht Gebrauch zu machen. Helga S***** drängte den Kläger in dem Verfahren mit den Banken, er solle eine Verzichtserklärung hinsichtlich seines Widerrufsrechtes abgeben. Der Kläger hat jedoch in diesem Verfahren nie ausdrücklich auf sein Widerrufsrecht verzichtet, aber erklärt, unter welchen Umständen er vom Widerrufsrecht Gebrauch machen werde. Bis zum Abschluß des Vergleiches vom 14.1.1988 bestand für den Beklagten und für Helga S***** nicht der geringste Anlaß, daran zu zweifeln, daß der Kläger das Widerrufsrecht nicht ausüben werde. Mißtrauen gegenüber dem Kläger entstand erst, als der Vergleich mit der H*****bank abgeschlossen worden war. Nun begann der Kläger mit dem Widerrufsrecht zu drohen, während er noch am Tag des Vergleichsabschlusses ausdrücklich erklärt hatte, nicht daran zu denken, die Liegenschaft zurückzunehmen. Der Kläger hatte dem Beklagten im Jahr 1988 ausdrücklich versprochen, daß er vom Widerrufsrecht keinen Gebrauch machen werde. Er erklärte dem Beklagten, daß er auf das Widerrufsrecht deshalb nicht schriftlich verzichte, um ein Druckmittel gegenüber Helga S***** zu haben. Der Kläger hat dem Beklagten auch 1985 oder 1986 versprochen, vom Widerrufsrecht keinen Gebrauch zu machen. Im Jahr 1989 erklärte er gegenüber dem Beklagten, daß er nur dann vom Widerrufsrecht Gebrauch machen werde, wenn der Beklagte auf die schiefe Bahn kommen oder rauschgiftsüchtig werden sollte. Eine eben solche Bemerkung machte er auch gegenüber seinem Architekten.

Der Kläger wohnte seit 1987 mit Frau Melitta H***** zusammen. Seither besteht zwischen ihm und dem Beklagten kein gutes Verhältnis mehr. Schwierigkeiten ergeben sich auch daraus, daß der Kläger unter dem Einfluß eines Bekannten steht.

Zu Weihnachten 1990 kehrte zwischen dem Kläger und seiner Familie wieder ein gewisser Friede ein. Der Kläger versprach Helga S***** und dem Beklagten "hoch und heilig", daß er diesen Prozeß nicht mehr fortführen und ewiges Ruhen eintreten lassen wolle. Ohne dieses Versprechen wäre er nicht wieder in den Familienverband aufgenommen worden. Der Kläger bekräftigte in Anwesenheit einer bekannten Familie nochmals, daß er in diesem Verfahren ewiges Ruhen eintreten lasse und erklärte, er wolle schriftlich vereinbaren, daß er vom Widerrufsrecht "für ewige Zeiten" keinen Gebrauch machen werde. Der Kläger zog im März 1991 wieder bei Helga S***** und dem Beklagten ein. Er erklärte des öfteren auf gezieltes Befragen durch den Beklagten, daß er den Prozeß nicht mehr fortsetzen wolle.

Die Übertragung der Liegenschaften an den Beklagten hatte den Zweck, die Liegenschaften vor dem Zugriff der Gläubiger zu schützen, gleichzeitig aber auch, dem Beklagten das Vermögen zu erhalten. Der Kläger machte das Widerrufsrecht letztlich deshalb geltend, weil er mit seinem Sohn Streit hatte und politische Differenzen bestanden. Der Beklagte war aber weder rauschgiftsüchtig geworden noch auf die schiefe Bahn geraten. Er studiert derzeit in Wien Musik.

Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung führte das Erstgericht aus, daß dem Zwischenantrag auf Feststellung stattzugeben gewesen sei, weil Helga S***** als gesetzliche Vertreterin des Beklagten vom Inhalt des Nachtrages nichts gewußt habe, diesen nicht unterschrieben habe und das unbedingte Widerrufsrecht ihrer Vereinbarung mit dem Kläger, daß dieser das Widerrufsrecht nur unter den genannten Voraussetzungen ausüben werde, widersprochen habe. Die Unterschrift der Helga S***** auf dem Nachtrag wäre gemäß § 154 Abs 3 ABGB eine wesentliche Voraussetzung für dessen Rechtswirksamkeit gewesen, die durch die pflegschaftsgerichtliche Genehmigung nicht ersetzt werden könne. Zudem sei das Widerrufsrecht sittenwidrig und weiters gemäß § 879 ABGB unwirksam, weil ein Schenkungswiderruf gemäß § 946 ABGB nur aus bestimmten Gründen möglich sei. Der Beklagte habe jedoch keinen Widerrufsgrund gesetzt. Es sei daher auch das Klagebegehren abzuweisen gewesen. Der Beklagte habe gutgläubig Eigentum an der Liegenschaft erworben. Dem Rückübertragungsanspruch stehe auch das Belastungs- und Veräußerungsverbot zugunsten der Helga S***** entgegen. Weiters fehle dem Kläger die Aktivlegitimation, weil er die Rechte aus dem Übergabsvertrag an Dr.Erhard S***** abgetreten habe.

Das Gericht zweiter Instanz gab der (nur) gegen die Abweisung des Klagebegehrens gerichteten Berufung des Klägers nicht Folge und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-- übersteige und die ordentliche Revision zulässig sei. Soweit nicht überhaupt Teilnichtigkeit des als Schenkung zu qualifizierenden Übergabsvertrages, nämlich Nichtigkeit des Widerrufsrechtes im Hinblick auf die Unwiderruflichkeitsregel des § 946 ABGB vorliege, könne es dem Beklagten nicht zum Nachteil gereichen, daß sich die Kollisionskuratorin im Zusammenwirken mit dem Kläger mit den guten Sitten im Widerspruch gesetzt habe. Es sei nämlich im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung davon auszugehen, daß der Kläger im Fall der Unwirksamkeit der Vereinbarung des uneingeschränkten Widerrufsrechtes dem Beklagten die Liegenschaften mit einem auf bestimmten Gründe (der Beklagte gerät auf die schiefe Bahn oder wird rauschgiftsüchtig) beschränkten Widerrufsrecht zuwenden habe wolle. Es sei daher die Ungültigkeitsregel des § 898 ABGB nicht anzuwenden. Die auflösend unerlaubte Bedingung (uneingeschränktes Widerrufsrecht) gelte daher als nicht beigesetzt. Hiezu komme, daß selbst für den Fall der Ungültigkeit des Geschäftes die Heilung desselben eingetreten wäre, weil der Kläger gegenüber dem Minderjährigen gemäß § 865 ABGB rechtswirksam auf sein unbeschränktes Widerrufsrecht verzichtet habe. Die Aktivlegitimation des Klägers sei hingegen zu bejahen, weil die Abtretung der Rechte aus dem Vertrag nicht mit dem sich aus der Aufhebung des Vertrages ergebenden Rückforderungsrecht gleichzusetzen sei. In der Zusicherung des Klägers, diesen Prozeß nicht fortzuführen, könne ein materiell-rechtlicher Verzicht des Klägers auf den Anspruch, der sich aus der Unwirksamkeit der Widerrufserklärung ergebe, nicht abgeleitet werden, weil aus den diesbezüglichen Erklärungen lediglich der Schluß gezogen werden könne, der Kläger wolle von einem vermeintlichen Widerrufsrecht nicht Gebrauch machen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision des Klägers ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Voranzustellen ist, daß der Oberste Gerichtshof an die mangels Anfechtung rechtskräftige Entscheidung der Feststellung des Erstgerichtes, daß die im Nachtrag zum Übergabsvertrag getroffenen Vereinbarungen rechtsunwirksam sind, gebunden ist. Es ist dem Obersten Gerichtshof daher die Prüfung verwehrt, ob die Auffassung, daß (trotz des für dieses Geschäft bestellten Kollisionskurators, der ja insoweit die Vertretungsrechte der Eltern infolge deren Interessenkollision mit dem damals minderjährigen Beklagten an sich zog) die Unterschrift der Mutter erforderlich gewesen wäre und daß ein derartiger Schenkungswiderruf sittenwidrig sei bzw überhaupt nicht wirksam vereinbart werden könne (vgl die gegenteilige Belegstelle bei Schubert in Rummel2 I, Rz 1 zu § 946 ABGB), richtig ist. Ebenso verwehrt ist die Prüfung, worin das rechtliche Interesse des Beklagten an dieser Feststellung bestehen soll, wobei anzumerken ist, daß das feststellende Erkenntnis - soweit es überhaupt dem Beklagten zum Vorteil gereichen könnte - nur zwischen dem Kläger und dem Beklagten dieses Rechtsstreites Rechtskraftwirkung entfalten kann.

Der Kläger leitet aus der festgestellten Rechtsunwirksamkeit des "Nachtrages" (des vereinbarten Rücktrittsrechtes) ab, daß gemäß § 898 ABGB der Übergabsvertrag insgesamt unwirksam sei, während der Beklagte und die Nebenintervenientin die Ansicht vertreten, daß in der Vereinbarung des Rücktrittsrechtes keine auflösende Bedingung erblickt werden könne und gemäß § 878 ABGB von einer Teilnichtigkeit bloß des "Nachtrages" auszugehen sei.

Nach § 898 iVm § 698 ABGB machen auflösende unerlaubte Bedingungen das Geschäft ungültig. Hinsichtlich der Potestativbedingung, die dann vorliegt, wenn nach der Vereinbarung mit dem vom Willen einer Partei abhängigen Eintritt eines Ereignisses auch bestimmte Rechtswirkungen eintreten sollen, wird keine Einschränkung gemacht.

Wie P.Bydlinkski (Die Übertragung von Gestaltungsrechten, 247 ff) mit überzeugender Argumentation darlegt, liegt kein wirklicher Gegensatz zwischen dem Bestehen einer Potestativbedingung und dem Bestehen eines Gestaltungsrechtes vor. Die Bedingung selbst ist zwar kein Recht und kann daher auch kein Gestaltungsrecht sein. Der bestimmte Rechtsfolgen auslösende Bedingungseintritt stellt sich bei der Potestativbedingung aber grundsätzlich als Ausübung eines Gestaltungsrechtes dar, und zwar jedenfalls dann, wenn nach der Vereinbarung das Herbeiführen von Rechtsfolgen allein durch den Willensakt des Berechtigten möglich ist und nicht auch noch von weiteren Voraussetzungen abhängt. Liegt der Bedingungseintritt - so wie im vorliegenden Fall - im Zugehen einer Willenserklärung beim Vertragspartner, ist die Parallele zu den "typischen" Gestaltungsrechten besonders deutlich. Auflösende Wollensbedingungen stehen daher einem vereinbarten Rücktrittsrecht grundsätzlich gleich. Der vertraglich vorgesehene Rücktritt ist ein Sonderfall einer Potestativbedingung, die im Zugang einer auf Vertragsaufhebung gerichteten Willenserklärung liegt.

Daraus folgt, daß die durch rechtskräftiges Urteil erfolgte Feststellung der Unwirksamkeit des Rücktrittsrechtes wegen Unerlaubtheit das gesamte Geschäft, also auch den unter einem - wenn auch in getrennten Vertragsurkunden festgehaltenen - geschlossenen Übergabsvertrag ungültig macht (SZ 26/169; WBl 1987, 102).

Auch die Vertragsauslegung kann zu keinem anderen Ergebnis führen. Allein schon der Punkt 6 des "Nachtrages" verbietet die Annahme, daß die Parteien für den Fall des Bestehens von Zweifeln an der Zulässigkeit des Rücktrittsrechtes das Geschäft als unbedingtes gewollt hätten (vgl SZ 26/169, 472; sowie SZ 28/144).

Für die Auffassung des Gerichtes zweiter Instanz, die Vertragsparteien hätten in Wahrheit oder doch für den Fall der Unwirksamkeit des uneingeschränkten Rücktrittsrechtes ein Rücktrittsrecht unter der Bedingung vereinbart, daß der Beklagte auf die schiefe Bahn geraten oder rauschgiftsüchtig werden sollte, finden sich keine Anhaltspunkte. Selbst wenn der Kläger der Nebenintervientin als der Mutter und gesetzlichen Vertreterin des damals minderjährigen Beklagten derartiges vor Vertragsabschluß zugesichert hat, hat eine solche Bedingung doch letztlich in den Vertragtext keinen Eingang gefunden. Durch die Bestellung der Kollisionskuratorin für den Aufgabenbereich des Abschlusses des Übergabsvertrages samt dessen "Nachtrag" war die Mutter insoweit ihrer Vertretungsrechte gegenüber dem Minderjährigen enthoben. Nur dasjenige, was zwischen dem Kläger und der Kollisionskuratorin vereinbart wurde, konnte - soweit die Vertragspunkte den Minderjährigen und nicht seine Mutter persönlich betrafen - Vertragsinhalt werden. Daß der Kläger auch mit der Kollisionskuratorin abgesprochen hätte, daß das Rücktrittsrecht - entgegen dem eindeutigen Vertragstext - auf die genannten Fälle eingeschränkt werden und im Fall der Unwirksamkeit eines generellen Rücktrittsrechtes in dieser Form bestehen bleiben sollte, wurde nicht einmal behauptet.

Es ist daher von der Ungültigkeit des gesamten Übergabsvertrages, soweit er das Rechtsverhältnis zwischen dem Kläger und dem Beklagten regelt, auszugehen.

Der ungültige Titel führt zur grundsätzlichen Berechtigung des Klägers, die Rückabwicklung zu verlangen (§ 877 ABGB). Das zugunsten der Nebenintervenientin eingetragene Belastungs- und Veräußerungsverbot vermag an der Ungültigkeit des Rechtsgeschäftes und dem daraus resultierenden Rückabwicklungsanspruch des Klägers gegen den Beklagten, der mit einem Veräußerungsgeschäft nichts zu tun hat, nichts zu ändern.

Die Ansicht des Gerichtes zweiter Instanz, daß die Aktivlegitimation des Klägers zu bejahen sei, auch wenn dieser sein Recht aus dem Übergabsvertrag und den damit zusammenhängenden Nachträgen bzw Ergänzungen an seinen Sohn Dr.Erhard S***** abgetreten hatte, weil damit der Rückabwicklungsanspruch für den Fall der Vertragsaufhebung nicht gleichzusetzen sei, wird im Revisionsverfahren nicht mehr angezweifelt. Insoweit ist anzumerken, daß das Widerrufsrecht als höchstpersönliches Recht vereinbart wurde (zudem sollte es jedenfalls mit dem Tod des Klägers erlöschen), so daß die Übertragung desselben an den Sohn Dr.Erhard S***** von vorneherein unwirksam war (vgl P.Bydlinski aaO, 252).

Dem Beklagten ist jedoch dahin beizupflichten, daß der Kläger nach den vom Gericht zweiter Instanz übernommenen Feststellungen des Erstgerichtes in den auf den Übertragsvertrag folgenden Jahren immer wieder auch gegenüber dem Beklagten und dessen Mutter erklärt hat, er werde von seinem Widerrufsrecht keinen Gebrauch machen, wobei er diese Äußerungen teils dahin einschränkte, daß er nur dann vom Widerrufsrecht Gebrauch machen werde, wenn der Kläger drogensüchtig werde oder auf die schiefe Bahn gerate. Unabhängig von den diesbezüglichen, nicht ganz eindeutigen Feststellungen des Erstgerichtes erklärte er aber schließlich zu Weihnachten 1990, dieses Verfahren nicht mehr weiterführen zu wollen, ewiges Ruhen eintreten zu lassen und schriftlich vereinbaren zu wollen, daß er vom Widerrufsrecht für ewige Zeiten keinen Gebrauch machen werde. Wie sich aus den weiteren Feststellungen des Erstgerichtes in diesem Zusammenhang ergibt, gab der Kläger diese Erklärungen offenbar auf diesbezügliches Drängen des Beklagten und seiner Mutter ab, die den Kläger vor die Alternative stellten, sonst nicht wieder in das Familienleben einbezogen zu werden. Es gab für den Beklagten und die Nebenintervenientin keinerlei erkennbaren Grund, an der Ernstlichkeit dieser Willensäußerung, die im Zuge einer Versöhnung der Familienangehörigen erfolgte, zu zweifeln. Nicht zuletzt trat schließlich auch in dem auf die Weihnachtsfeiertage folgenden Verhandlungstermin vom 16.1.1991 Ruhen des Verfahrens ein, weil die Verhandlung unbesucht blieb.

Diese dem Beklagten gegenüber auf dessen Ansinnen (abermals ?) abgegebene Erklärung, vom Rücktrittsrecht keinen Gebrauch zu machen, beinhaltet das Versprechen, die dem Beklagten bücherlich übertragenen Liegenschaften nicht zurückzufordern und keine weitere Initiative zu setzen, um an den verbücherten Rechten etwas zu ändern. Dabei ist insbesondere dem juristischen Laien zu unterstellen, daß es für ihn keinen Unterschied macht, ob er die Rückübertragung des verbücherten Eigentumsrechtes an ihn aufgrund eines wirksam vereinbarten Rücktrittsrechts oder eines unwirksam vereinbarten Rücktrittsrechts, das aus diesem Grund letztendlich zu einem Rückabwicklungsanspruch führt, verlangen kann. Die Parteien konnten damals nicht ahnen, welche Wendungen der gegenständliche Prozeß noch nehmen wird, auf welche juristische Konstruktionen ihre Vertreter verfallen werden und welche Rechtsansicht der damit befaßten Gerichte letztlich zu welchem Ergebnis führen wird. Den Willenserklärungen beider Parteien ist daher im Sinne einer ergänzenden Auslegung zu unterstellen, daß der Beklagte den Kläger unabhängig von der dahinterstehenden rechtlichen Konstruktion zu einem Verzicht auf die Rückabwicklung der längst im bücherlichen Eigentum des Beklagten stehenden und diesem verbliebenen Liegenschaften bewegen wollte und der Kläger diesem Begehren unabhängig davon, mit welcher juristischen Argumentation er zur Rückabwicklung berechtigt gewesen wäre, zustimmte. Am Einverständnis des Beklagten zum Verzicht des Klägers auf den Rückabwicklungsanspruch kann unter den gegebenen Umständen kein Zweifel sein.

Der in der Revision vertretenen Ansicht, der Kläger habe Änderungen beim Widerrufsrecht ausdrücklich an das Formerfordernis der Schriftlichkeit geknüpft, ist nicht beizupflichten. Im Zusammenhang mit seinen sonstigen Äußerungen und der besonderen Situation, in der die Erklärung abgegeben wurde, kann sie nur dahin verstanden werden, daß sich der Kläger bereit fand, auch ein schriftliches Dokument über seinen Rücktrittsverzicht (bzw Rückabwicklungsverzicht) anzufertigen, um dem Beklagten und dessen Mutter eine entsprechende Beweisurkunde in die Hand zu geben. Daß beide Parteien die Wirksamkeit der Verzichtserklärung von der Errichtung einer schriftlichen Urkunde abhängig machen wollten bzw daß der Kläger ein derartiges Ansinnen gestellt und der Beklagte diesem, wenn auch nur schlüssig, zugestimmt hätte, ist nach den getroffenen Feststellungen nicht anzunehmen (vgl hiezu Rummel in Rummel2 I, Rz 2 zu § 884 ABGB).

Zur Verzichtsannahme bedurfte der Beklagte, der zu Weihnachten 1990 18 1/2 Jahre alt war, weder eines gesetzlichen Vertreters noch einer Bewilligung des Pflegschaftsgerichtes, weil dadurch seine Position gegenüber dem ursprünglich pflegschaftsgerichtlich genehmigten Vertrag ausschließlich verbessert wurde.

Das angefochtene Urteil zweiter Instanz war daher im Ergebnis zu bestätigen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.