JudikaturJustiz7Ob523/96

7Ob523/96 – OGH Entscheidung

Entscheidung
27. März 1996

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Niederreiter, Dr.Schalich, Dr.Tittel und Dr.I.Huber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr.Klemens Dallinger, Rechtsanwalt, Wien 1, Schulerstraße 18, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der P***** AG *****, wider die beklagte Partei Friedrich T*****, vertreten durch Dr.Bernhard Krause, Rechtsanwalt in Wien, wegen Aufkündigung, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 18.Oktober 1995, GZ 39 R 669/95-30, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 6.Juni 1995, GZ 53 C 168/93m-25, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei hat die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Der Kläger kündigte dem Beklagten am 23.11.1993 das Bestandobjekt VII b und II im Hause ***** gerichtlich auf und stellte einen Räumungsantrag. Dem Beklagten wurde nicht eine Ausfertigung des Räumungsauftrags des Gerichtes, sondern bloß eine Gleichschrift des Kündigungsschriftsatzes zugestellt, welcher mit einer Langstampiglie des Erstgerichts und der Namensstampiglie des Erstrichters sowie der Unterschrift des Leiters der Geschäftsabteilung versehen war.

Der Beklagte erhob Einwendungen und trug - nach Durchführung eines Beweisverfahrens über die Kündigungsgründe - auch noch vor, daß die Aufkündigung verfristet sei, weil ihm kein Räumungsauftrag des Gerichtes zugestellt worden sei.

Während das Erstgericht die Verfristung verneinte und Kündigungsgründe für gegeben erachtete, hob das Berufungsgericht die Aufkündigung auf und wies das Räumungsbegehren mit der Begründung ab, daß infolge rechtzeitiger Einwendungen des Beklagten das Fehlen einer wirksamen Zustellung der Aufkündigung wahrzunehmen gewesen sei.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen vom Kläger erhobene ordentliche Revision ist - ungeachtet des nicht bindenden Ausspruchs des Berufungsgerichtes (§ 508 a ZPO), daß die ordentliche Revision zulässig sei, unzulässig aus dem Grunde des § 502 Abs 1 ZPO.

Die gerichtliche Aufkündigung hat gemäß § 562 Abs 1 ZPO ua den Antrag zu enthalten, dem Gegner aufzutragen, entweder den Bestandgegenstand zur bestimmten Zeit bei sonstiger Exekution zu übergeben oder zu übernehmen, oder gegen die Aufkündigung Einwendungen bei Gericht einzubringen. Der über die Aufkündigung vom Gericht an den Gegner der aufkündigenden Partei gemäß § 562 ZPO erlassene Auftrag ist dem Gegner mit der Mitteilung eines Exemplars des Schriftsatzes (oder einer Protokollabschrift) nach den für die Zustellung von Klagen maßgebenden Vorschriften unverzüglich zuzustellen (§ 564 Abs 1 ZPO). Nach der Rechtsprechung (MietSlg 15.654, 17.800, 18.700, 35.828; 8 Ob 1600/92) enthält der Schriftsatz im Sinne des § 562 ZPO nur den Entwurf des beantragten Gerichtsbeschlusses, seine Gleichschriften stellen bloß Entwürfe für die den Parteien zuzustellenden Beschlußausfertigungen dar. Wird der gekündigten Partei nur eine solche Gleichschrift zugestellt, ohne daß diese vorher mit dem Abdruck der amtlichen Bewilligungsstampiglie versehen und dadurch zur gerichtlichen Ausfertigung gemacht worden wäre (§ 146 Abs 1 Geo), so kann dieser Vorgang nicht als wirksame Zustellung der Ausfertigung eines gerichtlichen Auftrages im Sinne des § 564 Abs 1 ZPO angesehen werden.

Damit eine gerichtliche Aufkündigung für den nächstfolgenden Termin wirksam sei, muß sie vor Ablauf der in § 560 Abs 1 Z 1 und 2 ZPO bestimmten (Kündi- gungs-)fristen bei Gericht eingebracht und zugestellt sein. Erfolgt die Zustellung erst nach Ablauf der Kündigungsfrist, so ist die Aufkündigung dennoch wirksam, wenn gegen den gerichtlichen Auftrag binnen der dazu anberaumten Frist Einwendungen nicht angebracht werden (§ 564 Abs 2 ZPO). Werden aber fristgemäß Einwendungen erhoben und wird darin die Fristversäumung mit der Begründung geltend gemacht, daß die Zustellung eines Gerichtsauftrages im Sinne des § 564 Abs 1 ZPO nicht (rechtzeitig) erfolgt ist, dann ist die Aufkündigung aufzuheben (MietSlg 16.680, 17.800, 19.552).

Ein den Vorschriften entsprechender Gerichtsauftrag wurde dem Beklagten im vorliegenden Fall vor Beginn der Kündigungsfrist nicht zugestellt. Die Ansicht des Berufungsgerichtes aber, mit dem Aufsetzen einer Langstampiglie des Gerichts (samt Namen des Richters und Unterschrift des Leiters der Geschäftsabteilung) auf dem in der Gleichschrift des Aufkündigungsschriftsatzes liegenden Beschlußentwurf liege keine gesetzmäßige Ausführung eines Gerichtsauftrages, ist im Hinblick auf die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, daß insoweit auch das Fehlen der Namensstampiglie des Richters auf der Ausfertigung (MietSlg 18.700) oder ein nicht datierter und vom Richter nicht unterschriebener Kündigungsbeschluß (SZ 14/216; MietSlg 17.800, 18.700) schädlich ist, nicht zu beanstanden.

Mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO war die Revision des Klägers daher zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Kosten der Revisionsbeantwortung gründet sich auf §§ 40, 50 ZPO. Der Beklagte hat auf die Unzulässigkeit der Revision im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO nicht hingewiesen.