JudikaturJustiz7Ob286/05t

7Ob286/05t – OGH Entscheidung

Entscheidung
21. Dezember 2005

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Wolfgang K*****, und 2. Sandra K*****, ebendort, beide vertreten durch Dr. Gerhard Schatzlmayr, Rechtsanwalt in Schwanenstadt, gegen die beklagte Partei Josef L*****, vertreten durch Mag. Christian Schönhuber, Rechtsanwalt in Schwanenstadt, wegen EUR 12.000 sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 12. Juli 2005, GZ 3 R 76/05z-27, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Wels vom 9. März 2005, GZ 28 Cg 26/04y-21, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision der beklagten Partei wird zurückgewiesen. Die beklagte Partei ist schuldig, den klagenden Parteien zuhanden ihres Vertreters binnen 14 Tagen die mit EUR 824,66 (hierin enthalten EUR 137,44 USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung zu ersetzen.

Text

Begründung:

Gemäß § 508a Abs 2 ZPO ist der Oberste Gerichtshof an den Zulassungsausspruch des Berufungsgerichtes nicht gebunden; gemäß § 510 Abs 3 letzter Satz ZPO kann sich die Zurückweisung einer Revision zufolge Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage (§ 502 Abs 1 ZPO) auf die Zurückweisungsgründe beschränken.

Nach den maßgeblichen Feststellungen der Tatsacheninstanzen war es zwischen den Streitteilen ausdrücklich vereinbarte Vertragsgrundlage, dass die vom beklagten Tischler herzustellenden Möbelstücke im Holzfarbton mit der übrigen Einrichtung harmonieren mussten. Zu diesem Zwecke übergab der Beklagte dem Kläger zwar ein Musterbrett, das jedoch zu kurz war, sodass die im vorgesehenen Holz gegebenen (natürlichen) Farbunterschiede nicht entsprechend heraustraten (was dem Beklagten als Fachmann hätte bekannt sein müssen), wobei der Beklagte - der auch seine Zusagen zum Fertigstellungstermin mehrfach nicht einhielt - auch nicht darauf hinwies, dass die Farbe der Einrichtungsgegenstände zumindest teilweise anders, insbesondere dunkler sein könne als dieses Muster. Tatsächlich wichen dann die gelieferten Möbelteile derart ab, dass sie die Kläger nicht akzeptierten, worauf der Beklagte vorschlug, „die gesamte Lieferung nochmals auszuführen", weil er seine Kunden nicht verärgern wollte und wollte, dass sie zufrieden sind. Dass er hiefür freilich einen höheren Preis als den ursprünglich mit insgesamt S 180.000 (EUR 13.081,11) vereinbarten Preis verlangen würde, erwähnte er nicht. Auch hinsichtlich dieser Lieferungen gab es beklagtenseits Verzögerungen. Nachdem - nach einer Teillieferung - der zuletzt angekündigte Fertigstellungstermin wiederum nicht eingehalten worden war und der Erstkläger telefonisch urgierte, teilte ihm der Beklagte mit, dass er sich mit seinem Rechtsanwalt besprochen und dieser ihm gesagt habe, „er brauche nichts liefern, wenn die Kläger nichts bezahlten." Tatsächlich hatten die Kläger jedoch bis dahin bereits Anzahlungen von EUR 10.000 und EUR 2.000, also zusammen EUR 12.000 (sohin fast den gesamten bedungenen Werklohn) geleistet gehabt. Darauf hin verfasste der Erstkläger am 27. 1. 2004 ein Schreiben an den Beklagten, in welchem er im Wesentlichen die Schätzung der eingebauten Teile durch einen Sachverständigen samt Rückforderung der Differenz zu den hievon bereits geleisteten Anzahlungen von EUR 12.000 oder aber eine Abholung des Esszimmers und Rückerstattung der EUR 12.000 bis 9. 2. 2004 vorschlug. Mit Schreiben vom 29. 1. 2004 antwortete der Beklagtenvertreter, dass die Auftragserteilung anhand eines übergebenen Musters erfolgt und der Auftrag musterkonform erfolgt sei. Der zweite Auftrag sei „nicht in Form einer Gewährleistung" erfolgt, sondern stelle „ein aliud zum ersten Auftrag" dar, sei „völlig losgelöst vom ersten zu sehen und ausschließlich und gesondert, d.h. auch kostenpflichtig in Auftrag gegeben worden". Der Beklagte wäre daher berechtigt, „das gesamte bis dato geleistete Auftragsvolumen bzw die tatsächlich verrichteten Arbeiten abzurechnen und in Rechnung zu stellen", sodass restlich (einschließlich der Kosten des anwaltlichen Einschreitens) ein Betrag von EUR 8.727,18 binnen 14 Tagen zu leisten sei.

Beide Vorinstanzen gaben dem auf Rückzahlung von EUR 12.000 samt 4 % Zinsen seit 9. 2. 2004 Zug um Zug gegen Rückgabe der im Esszimmer des Hauses der klagenden Parteien vom Beklagten montierten Sitzbank und Rückwand der Bank gerichteten Klagebegehren statt. Während das Erstgericht (zusammengefasst) rechtlich die Auffassung vertrat, die Kläger hätten - da der Beklagte die zugesagte Verbesserung bzw den zugesagten Austausch verweigert und diesen nicht in einer angemessenen Frist vorgenommen habe - das Recht auf Wandlung samt Anspruch auf Rückzahlung der geleisteten Beträge Zug um Zug gegen Rückstellung der erfolgten Lieferung, führte das Berufungsgericht aus, dass für die Beurteilung des Sachverhaltes nicht die „Behelfe der Gewährleistung", sondern des Verzuges heranzuziehen seien, weil weder mit der Ablieferung der Bretter im November 2003 noch mit der Lieferung im Jänner 2004 das Werk (Herstellung und Montage der Esszimmereinrichtung) vollständig übergeben worden sei. Nachdem der Beklagte die Mangelhaftigkeit der gelieferten Bretter anerkannt und selbst vorgeschlagen habe, die gesamte Lieferung nochmals auszuführen, habe er (nach mehrmaligen Urgenzen) am 16. 1. 2004 zwar einzelne Teile geliefert, jedoch den Rest trotz Zusage für die kommende Woche nicht und nach dem Telefonat des Erstklägers überhaupt jegliche weitere Lieferung (solange die Kläger nichts bezahlten) abgelehnt, sodass „spätestens ab diesem Zeitpunkt" Schuldnerverzug vorliege. Zwar sei im nachfolgenden Schreiben des Erstklägers keine Nachfrist gesetzt worden, die Kläger seien jedoch hiezu nicht verpflichtet gewesen, da eine solche (zufolge Lieferungsverweigerung) „ohnehin zwecklos" gewesen wäre. Durch den erfolgten Rücktritt vom Vertrag sei der Rechtsgrund für den Beklagten, die empfangenen Bezahlungen zu behalten, weggefallen.

Die ordentliche Revision wurde vom Berufungsgericht zunächst für nicht zulässig erklärt, weil von der höchstgerichtlichen Rechtsprechung nicht abgegangen worden sei und der Entscheidung über den vorliegenden Einzelfall hinaus keine Bedeutung zukomme. Über Abänderungsantrag der beklagten Partei gemäß § 508 ZPO änderte das Berufungsgericht diesen Ausspruch dahin ab, dass es die Revision doch für zulässig erklärte, weil „die Stichhaltigkeit der Argumente des Beklagten, dass ein sofortiger Widerruf der angenommenen Verweigerung der Erfüllung seinerseits darin zu erblicken sei, dass er behauptet habe, dass er stets leistungsbereit gewesen sei und deshalb eine Nachfrist zu setzen gewesen wäre, so wie weiters, dass das Berufungsgericht seine Mängelrüge in aktenwidriger Weise abgelehnt habe, indem es eine Auslegung des Vorbringens des Beklagten vorgenommen habe, die mit dem Wortlaut nicht vereinbar sei, nicht von Vornherein verneint werden könne."

In der auf die Revisionsgründe der Mangelhaftigkeit, Aktenwidrigkeit und unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützten Revision beantragt die beklagte Partei die Abweisung des Klagebegehrens, in eventu Aufhebung der bekämpften zweitinstanzlichen Entscheidung und Zurückverweisung der Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung. Die klagenden Parteien haben eine Revisionsbeantwortung erstattet, in welcher primär die Zurückweisung des gegnerischen Rechtsmittels, in eventu diesem keine Folge zu geben, beantragt wird.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage nicht zulässig.

Der Revisionswerber vermeint (weitwendig und vorrangig), es treffe nicht zu, dass die Kläger vom Erfordernis einer Nachfristgewährung zu dispensieren seien, habe doch der Vertreter des Beklagten mit Schreiben vom 29. 1. 2004 „ausdrücklich seine gänzliche Leistungsbereitschaft bekundet", sodass von einer „ernsthaften und endgültigen Leistungsverweigerung" keine Rede sein könne; selbst wenn aber sein Verhalten als Erfüllungsverweigerung zu werten sei, so habe er dies jedenfalls nach Zugang des Schreibens des Erstklägers vom 27. 1. 2004 „umgehend widerrufen" und im anwaltlichen Schreiben vom 29. 1. 2004 „nochmals und nachhaltigst seine umfassende Leistungsbereitschaft versichert". Hiezu fehle es auch an oberstgerichtlicher Rechtsprechung.

Dies trifft jedoch nicht zu.

Der Beklagte hat nicht nur die bedungenen Lieferzeiten (mehrfach und trotz insoweit unstrittig gewährter Nachfristen der Kläger) nicht eingehalten, sondern auch den erhaltenen Auftrag nicht „auf die bedungene Weise", nämlich muster- und damit vereinbarungskonform erfüllt; damit lag nicht nur Verspätung, sondern auch Lieferung in vertragswidriger Qualität vor, sodass die Kläger gemäß § 918 Abs 1 ABGB zum Rücktritt berechtigt waren. Da sich der Beklagte - anlässlich der letzten Urgenz - unter Berufung auf seinen Rechtsanwalt zur Erfüllung der noch fehlenden Vertragsleistungen nicht bereit erklärte, bedurfte es keiner gesonderten (nochmaligen) Nachfristsetzung iSd § 918 ABGB (RIS-Justiz RS0018428, RS0018371, RS0018400, RS0024000, sämtliche jeweils mit zahlreichen Entscheidungsnachweisen; ausführlich auch jüngst. P. Bydlinski in KBB ABGB Rz 13 zu § 918); wobei nach ebenfalls stRsp dem Gesetz sogar dann Genüge getan wird, wenn der nicht Säumige dem säumigen Vertragspartner eine angemessene Frist zur Nachholung seiner Leistung tatsächlich gewährt hat (RIS-Justiz RS0018340), wovon nach dem Inhalt des klägerischen Schreibens vom 27. 1. 2004 (Beilage D) unschwer ausgegangen werden kann (siehe insbesondere S 3 desselben, worin dem Beklagten - neben anderen Aufforderungen - ohnedies bis zum 6. 2. 2004 eine Frist gesetzt worden war). Sowohl der Werkbesteller als auch der Werkunternehmer haben das Recht zum Rücktritt vom Werkvertrag, wenn sie das Vertrauen in den Vertragspartner wegen dessen vertragswidrigen Verhaltens verloren haben, was sich eben aus der zitierten Norm des § 918 ABGB ableiten lässt; die Bestimmung dieser Gesetzesstelle sanktioniert nicht nur den Leistungsverzug, sondern auch den in der Verweigerung der Zuhaltung von vereinbarten wesentlichen Vertragsbedingungen gelegenen Vertragsbruch, wenn er mit einer schweren Erschütterung des Vertrauens in der Person des Vertragspartners einhergeht (7 Ob 40/05s). Der (sohin gesetzmäßige) Rücktritt der Kläger führte damit zum Wegfall des Vertrages mit Rückstellungspflicht der beiderseits erbrachten Leistungen nach §§ 1435 bzw 921 ABGB (P. Bydlinski aaO Rz 15).

Mit diesen rechtlichen Gegebenheiten steht die Entscheidung des Berufungsgerichtes im Einklang. Die Auslegung des Schriftverkehrs der Parteien samt ihrer gepflogenen Absprachen und Erklärungen ist - wie das Berufungsgericht in seinem ursprünglichen Nichtzulassungsausspruch zutreffend hervorgehoben hat - typisch einzelfallbezogen. Die weiters relevierten Revisionsgründe der Mangelhaftigkeit und der Aktenwidrigkeit, insbesondere auch im Zusammenhang mit der Nichteinvernahme eines beantragten Zeugen, liegen nicht vor (was gemäß § 510 Abs 3 dritter Satz ZPO keiner weitergehenden Begründung bedarf). Auch die Auslegung von Prozesserklärungen ist Einzelfallbeurteilung und begründet damit regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO. Die klagenden Parteien haben zutreffend auf die Unzulässigkeit des gegnerischen Rechtsmittel hingewiesen.

Rechtssätze
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