JudikaturJustiz7Ob2082/96v

7Ob2082/96v – OGH Entscheidung

Entscheidung
17. April 1996

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Warta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter, Dr. Schalich, Dr. Tittel und Dr. I.Huber als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach dem am 12.3.1995 verstorbenen Josef Erwin G*****, zuletzt wohnhaft in *****, infolge Revisionsrekurses der Österreichischen Postsparkasse, 1018 Wien, Georg Cochplatz 2, vertreten durch die Finanzprokuratur, 1010 Wien, Singerstraße 17-19, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Feldkirch als Rekursgericht vom 8. November 1995, GZ 3 R 315/95-23, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Feldkirch vom 10. Oktober 1995, GZ 12 A 145/95-20, bestätigt wurde, den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß sie ersatzlos aufgehoben werden.

Text

Begründung:

Josef Erwin G***** verstarb ohne Hinterlassung einer letztwilligen Verfügung. Der Nachlaß besteht aus einem Guthaben bei der Österreichischen Postsparkasse in Höhe von S 75.256,02. An Nachlaßforderungen wurden seitens der Alters- und Pflegeheim R***** GesmbH Pflegekosten von S 16.948,80, seitens des Bestattungsunternehmens Bestattungskosten von S 18.310 und seitens Engelbert E***** an bevorschußten (weiteren) Begräbniskosten S 1.751 angemeldet, die als Passiven in das Nachlaßinventar aufgenommen wurden. Mit Beschluß des Erstgerichtes vom 10.10.1995, ON 19, wurden die Gebühren des Gerichtskommissärs mit S 13.683,12 bestimmt.

Mit Einantwortungsurkunde vom 10.10.1995, ON 18, wurde der Nachlaß nach Erwin Josef G***** den fünfzehn erbserklärten Erben jeweils im Ausmaß ihres gesetzlichen Anteiles eingeantwortet. Mit weiterem Beschluß vom selben Tag, ON 20, wies das Erstgericht die Österreichische Postsparkasse an, das Konto des Erblassers Nr ***** zu realisieren und über das Realisat dahin zu verfügen, daß die bestimmten Gerichtsgebühren an den Gerichtskommissär, die Nachlaßpassiven an die einzelnen Nachlaßgläubiger und der Restbetrag an die Erben bzw ihre Vertreter zu entsprechenden Anteilen zu überweisen seien, wobei die Überweisungen mit im Beschluß näher angeführten Vermerken zu versehen seien.

Dem dagegen erhobenen Rekurs der Österreichischen Postsparkasse gab die 2.Instanz nicht Folge. Sie sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Der Beschluß entspreche den Vereinbarungen der Erben. Damit habe das Erstgericht der Bestimmung des § 174 Abs 1 AußStrG entsprochen, wonach die Konten bei den Kreditunternehmungen aufzuheben seien, sobald der Erbe sein Erbrecht gehörig ausgewiesen und alle ihm obliegenden Verbindlichkeiten erfüllt habe. Ähnlich wie die Verwahrungsabteilungen Verteilungsbeschlüsse nur nach einem schriftlichen Auftrag des Verwahrschaftsgerichtes auszufolgen hätten, hätten auch andere Stellen wie die Österreichische Postsparkasse zur Ausführung eines gerichtlichen Beschlusses, womit ein Konto in einer Verlassenschaft aufgeteilt werde, mitzuwirken (§ 315 Abs 2 Geo).

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diesen Beschluß erhobene Revisionsrekurs der Österreichischen Postsparkasse ist zulässig und berechtigt.

Im Revisionsrekurs wird zu Recht ausgeführt, daß am Verfahren nicht beteiligte Dritte nicht durch eine gerichtliche Anordnung zu bestimmten Leistungen verpflichtet werden können. Mit der Anordnung der Aufteilung eines Meistbotbetrages, der bei einem Kreditinstitut verwahrt wird, läßt sich der vorliegende Sachverhalt schon deshalb nicht vergleichen, weil der aufzuteilende Betrag nicht gerichtlich erlegt und nicht gerichtlich verwahrt wurde. § 315 Geo bildet für die angeordneten Überweisungsaufträge ebensowenig eine Grundlage wie § 149 Abs 4 Geo. Diese Bestimmungen enthalten lediglich Formerfordernisse für Ausfolgungsanordnungen. Auch aus den Vorschriften über die Einantwortung (§ 174 AußStrG) läßt sich für die Ansicht des Gerichtes zweiter Instanz nichts gewinnen.

Mit der Einantwortung erwirbt der Erbe Eigentum an den Nachlaßgegenständen. Er kann seinen Anspruch - bei Bedarf im Rechtsweg - gegenüber jedermann, der Nachlaßgegenstände innehat, geltend machen. Zugleich wird der eingeantwortete Erbe Schuldner der Erbschaftsgläubiger (Welser in Rummel2 I, Rz 5 zu §§ 797, 798 ABGB). Es liegt daher an den Erben selbst, sich um die Inbesitznahme des Nachlasses und die Befriedigung der Nachlaßgläubiger zu bemühen. Vor der Einantwortung haben sich um allenfalls seitens des Nachlasses zu begleichende Kosten (vgl §§ 111, 145 AußStrG) diejenigen Personen zu kümmern, denen die Besorgung und Verwaltung des Nachlasses überlassen wurde (§§ 129, 145 AußStrG, § 810 ABGB - vgl Avancini-Iro-Koziol, Österr Bankvertragsrecht I, 273 f).

Die Entscheidungen der Vorinstanzen, die ohne Rechtsgrundlage ergingen, waren daher ersatzlos zu beheben.