JudikaturJustiz7Ob1522/84

7Ob1522/84 – OGH Entscheidung

Entscheidung
08. November 1984

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Flick als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Petrasch, Dr. Wurz, Dr. Warta und Dr. Egermann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1.) E*****, und 2.) E*****, beide *****, beide vertreten durch Dr. Klaus Braunegg, Dr. Klaus Hoffmann, Dr. Karl Preslmayr und Dr. Horst Auer, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagten Parteien 1.) Ing. H*****, und 2.) E*****, beide *****, beide vertreten durch Dr. Peter Kisler, Rechtsanwalt in Wien, wegen Entfernung einer Mauer (Streitwert 65.000 S), infolge außerordentlicher Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 20. März 1984, GZ 12 R 10/84 48, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision der klagenden Parteien wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Dass ein Vertrag erst zustande kommt, wenn eine Einigung über sämtliche Umstände, und zwar auch Nebenumstände, die zum Gegenstand der Vertragsverhandlungen gemacht wurden, erzielt wurde, ist ständige Rechtsprechung (SZ 54/112, JBl 1982, 652, EvBl 1978/139 ua). Die in der Revision aufgezeigte Ausnahme bei Kaufvertragsabschlüssen hat auch nicht Nebenabreden zum Gegenstand, die bei den Vertragsverhandlungen erörtert worden sind.

2. Die Ausführungen des Berufungsgerichts bezüglich der Unanwendbarkeit der §§ 417 f ABGB sind zwar unrichtig, weil es sich nach den getroffenen Feststellungen (S 212 dA) um eine Stützmauer handelt und eine solche als Bauwerk zu werten ist (SZ 51/143 ua), doch hat das Berufungsgericht aus diesen Ausführungen keine Konsequenzen gezogen, weil es die Sache ohnedies nach § 418 ABGB behandelt hat. Die Entscheidung hängt also nicht von der Lösung dieser Rechtsfrage ab, sodass deren unrichtige Lösung die Zulässigkeit der Revision nach § 502 Abs 4 Z 1 ZPO nicht begründen kann.

3. Die Rechtsfolgen des Überschreitens der Grundgrenze bei Errichtung eines Bauwerks hat das Berufungsgericht in Übereinstimmung mit der Judikatur (SZ 51/143 und die dort zitierte Literatur) richtig dargestellt. Es ging demnach davon aus, dass eine Entfernung des errichteten Bauwerks nur im Falle einer unredlichen Bauführung, die ein schuldhaftes Überschreiten der Grundgrenze voraussetzen würde, gefordert werden kann, hiebei allerdings ein strenger Maßstab anzulegen ist. Es ist hiebei aufgrund der Umstände des konkreten Falls zu dem Ergebnis gelangt, dass hier auch bei Anlegung eines strengen Maßstabs Fahrlässigkeit nicht anzunehmen ist. (Der vom Berufungsgericht gewählte Ausdruck „auffallende Sorglosigkeit“ mag allerdings in diesem Zusammenhang fragwürdig sein, doch hat das Berufungsgericht sowieso jede Fahrlässigkeit im Ergebnis verneint, sodass dieser Rechtsfrage hier keine Bedeutung zukommt.) Ob die Umstände des Einzelfalls diesen Schluss rechtfertigen, geht aber in seiner Bedeutung über den Einzelfall nicht hinaus, weshalb auch bezüglich dieser Frage die Voraussetzungen des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO nicht gegeben sind.