JudikaturJustiz7Ob108/00h

7Ob108/00h – OGH Entscheidung

Entscheidung
15. September 2000

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Tittel, Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller und Dr. Kuras als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Bernadette G*****, vertreten durch Dr. Johannes Luger, Dr. Christoph Ganal, Rechtsanwälte in Dornbirn, wider die beklagte Partei Dipl. Arch. Andreas S*****, vertreten durch Dr. Hans-Jörg Vogl, Rechtsanwalt in Feldkirch, wegen S 333.246,20 sA, über die Revision der beklagten Partei (Revisionsinteresse S 233.246,20 sA), gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 2. Februar 2000, GZ 3 R 205/99t-10, womit der Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 7. Oktober 1999, GZ 5 Cg 166/99p-5, nicht Folge gegeben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S

11.430 (darin enthalten S 1.905 an Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die Klägerin beauftragte den Beklagten zur Errichtung eines Reihenhauses zu einem fixen Pauschalentgelt von S 2,380.330. Dabei war die Klägerin auch verpflichtet, vor Baubeginn eine unwiderrufliche Bankgarantie abrufbar "gegen Vorlage einer durch einen gerichtlich beeideten Sachverständigen oder Baumeister abzugebenden Baufortschrittserklärung" zu übergeben. Obwohl die Klägerin diese nicht beibrachte, begann der Beklagte mit der Errichtung des Reihenhauses. Die Klägerin leistete Teilzahlungen, sodass schließlich vom vereinbarten Entgelt nur noch S 333.246,20 offen blieben. Deren Leistung verweigerte die Klägerin, da das Bauwerk nach ihrer Ansicht verschiedene Mängel aufwies und nicht vollständig errichtet war. Sie einigte sich schließlich mit dem Beklagten dahin, eine abstrakte Bankgarantie über den Restbetrag von S 333.246,20 zur Verfügung zu stellen, die aber vom Beklagten nach der Vereinbarung aber nur dann abgerufen werden durfte, wenn er selbst der Klägerin eine Bankgarantie über S 100.000 mit einer Laufzeit von einem halben Jahr, die sich dann, wenn während dieser Zeit ein Rechtsstreit über die Werkerstellung anhängig sein sollte bis zu zwei Monate nach Rechtskraft der Entscheidung über den Rechtsstreit verlängern sollte, zur Verfügung stellte. Mit dieser Vereinbarung sollte dem Beklagten der offene Werklohn zur Verfügung stehen und die Klägerin die Sicherheit für den Fall erhalten, dass die offenen Streitpunkte nicht einvernehmlich geregelt wurden.

Der Beklagte rief die ihm von der Klägerin übermittelte abstrakte Bankgarantie über S 333.246,20 ab, obwohl er seinerseits die zugesagte Bankgarantie über S 100.000 der Klägerin nicht zur Verfügung gestellt hatte.

Die Klägerin begehrt mit ihrer Klage die Rückzahlung des auf Grund der Bankgarantie geleisteten Betrages von S 333.246,20 samt Zinsen und stützte dies darauf, dass der Beklagte die Bankgarantie entgegen der Vereinbarung abgerufen habe ohne seinen eigenen Verpflichtungen nachzukommen. Der restliche Werklohn sei auch noch nicht fällig, da dem Werk nach wie vor eine Fülle von Mängeln anhafte und dieses nicht fertiggestellt sei.

Der Beklagte bestritt und wendete ein, dass die Klägerin jedenfalls nicht mehr zurückfordern könne, als die von ihr selbst begehrte Bankgarantie über S 100.000. Nur in diesem Umfange könne der Beklage schadenersatzpflichtig werden. In compensando wandte der Beklagte dann noch eine Werklohnforderung in Höhe von zumindest S 400.000 ein.

Das Erstgericht erachtete das Klagebegehren als zu Recht bestehend, jedoch die eingewendete Gegenforderung als nicht aufrechenbar. Es führte rechtlich aus, dass der Beklagte entgegen den getroffenen Vereinbarungen die Bankgarantie abgerufen habe und daher die Klägerin Anspruch auf Rückzahlung dieses Betrages habe. Die erhobene Gegenforderung sei zur Aufrechnung nicht geeignet, da nach dem Zweck der Vereinbarung die Klägerin nicht ohne Sicherstellung leisten sollte. Das Zinsenmehrbegehren wies das Erstgericht ab.

Das Berufungsgericht gab der nur gegen die Stattgebung der Klage in Höhe von S 233.246,20 gewandten Berufung des Beklagten nicht Folge. Es begründete dies damit, dass dem Garantieauftraggeber gegen den Begünstigten, der in Wahrheit keinen Anspruch auf die in der Garantie zugesicherte Leistung habe, ein Bereicherungsanspruch in analoger Anwendung von § 1431 ABGB zustehe. Da die Vermögensverschiebung aber durch den Auftraggeber nicht mehr beeinflussbar wäre, scheide eine analoge Anwendung des § 1434 zweiter Satz ABGB aus. Diese Bestimmung solle nur den auf die Erfüllungshandlung des Schuldners vertrauenden Gläubiger schützen. Dem Einwand, dass die Klägerin nur den Anspruch auf Beistellung einer Bankgarantie habe, stehe schon das Neuerungsverbot entgegen. Diese würde im Übrigen nur eine Besichererung ihres Rückforderungsanspruches darstellen. Grund der Rückabwicklung der Vermögensverschiebung sei nicht die Ungültigkeit des Vertragsverhältnisses, sondern die vertragswidrige Abrufung der beigestellten Bankgarantie. Die eingewendete Gegenforderung sei nicht aufrechenbar, da dem der Vertragszweck, dass die Klägerin die restliche Werklohnforderung nicht ohne eigene Absicherung bezahlen wollte, entgegenstünde.

Die ordentliche Revision erachtete das Berufungsgericht als zulässig, da die Judikatur, dass § 1434 Satz 2 ABGB nicht analog anzuwenden sei (vgl 6 Ob 559/85 = RdW 1987, 194) in der Lehre nicht uneingeschränkt Zustimmung gefunden habe, sodass vom Vorliegen einer Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO auszugehen sei.

Die von der Beklagten gegen dieses Urteil erhobene Revision ist ungeachtet des den Obersten Gerichtshof nicht bindenden gegenteiligen Ausspruch des Berufungsgerichtes (vgl § 508a Abs 1 ZPO) unzulässig.

Rechtliche Beurteilung

Die Beklagte releviert in ihrer Revision im Wesentlichen nur, dass die Klägerin ihr Zurückbehaltungsrecht gegen eine Bankgarantie von S 100.000 "getauscht" habe und im Ergebnis der Beklagte die Bankgarantie lediglich vor der vereinbarten Fälligkeit abgerufen hätte, weshalb § 1434 Satz 2 ABGB anwendbar sei.

Nach § 1434 ABGB 2. Satz kann die Bezahlung einer richtigen und unbedingten Schuld nicht deswegen nach § 1431 ABGB zurückgefordert werden, weil die Zahlungsfrist noch nicht verfallen ist.

Nach ständiger Judikatur kann bei der - hier im Hinblick auf die ausdrückliche Vereinbarung zur Gänze - nicht berechtigten Abrufung einer Bankgarantie der Auftraggeber in analoger Anwendung von § 1431 ABGB Bereicherungsansprüche gegen den Empfänger geltend machen (vgl RIS-Justiz RS0106545 = SZ 69/178, zuletzt etwa 4 Ob 348/99a mzwN).

Der Oberste Gerichtshof hat nun in seiner bereits vom Berufungsgericht beachteten Entscheidung vom 5. 3. 1987, 6 Ob 559/85

(= RdW 1987, 194 = ÖBA 1987, 505 mit Anmerkung von Koziol = GesRZ

1988, 168 = WBl 1987, 123) einerseits ausgeführt, dass die Anwendung

des zweiten Satzes von § 1434 ABGB schon deshalb nicht in Betracht komme, da § 1431 ABGB nur analog angewandt werde. Der Regelungszweck des § 1434 zweiter Satz ABGB, den auf die Erfüllungshandlungen des Schuldners vertrauenden Gläubigers zu schützen, komme hier nicht in Betracht, da der Garantieauftraggeber auf die Erfüllung gar keinen Einfluss habe. Daher ist § 1434 zweiter Satz ABGB auf diese Rückforderungsansprüche nicht anzuwenden. Nur ergänzend hat der Oberste Gerichtshof auch festgehalten, dass § 1434 ABGB deshalb nicht anwendbar sei, weil die Abhängigkeit von einer im Synallagma stehenden und noch nicht erbrachten Gegenleistung einer "Unwissenheit" im Sinne des § 1434 ABGB erster Satz gleichkomme und nicht bloß eine Fälligkeitsfrage im Sinne des zweiten Satzes dieser Bestimmung darstelle. Nur gegen letztere Ausführungen hat sich aber die Kritik der Lehre gerichtet (vgl Rummel in Rummel ABGB2 § 1434 Rz 4, Konsel/Mader in Schwimann ABGB2 § 1434 Rz 3). Diese Frage ist aber hier gar nicht entscheidend, da die Anwendung von § 1434 zweiter Satz ABGB schon im Hinblick auf die Unzulässigkeit der Anwendung dieser Bestimmung auf die Rückforderung der zu Unrecht abgerufenen Bankgarantien ausscheidet (insoweit zustimmend Koziol, ÖBA 1987, 508). Im Übrigen hat der dafür beweispflichtige Beklagte nicht unter Beweis stellen können, dass eine Werklohnforderung fällig geworden wäre.

Die Revision stellt jedenfalls keine Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO dar, weshalb sie zurückzuweisen war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 50 und 41 ZPO. Die Klägerin hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.